LVwG-150008/3/EW
Linz, 07.05.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Wiesbauer über die Beschwerde von M W, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. L J K und Dr. J M, X, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde St. Thomas vom 4.11.2013, Zl Bau-401/379-2013
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 13 Abs 1 VwGVG als unzulässig zurückweisen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Schreiben der Gemeinde St. Thomas vom 4. Februar 2013 wurde die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) aufgefordert, hinsichtlich des überdachten Containers zur Hühnerhaltung auf Grundstück Nr. X, KG X, welches die Widmung „Landwirtschaftlicher Nutzgrund – Grünland“ aufweist, ein Verwendungskonzept über die Nutzung der baulichen Anlage im Sinne des § 30 Abs 5 Oö ROG vorzulegen.
Durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter gab die Bf mit Schreiben vom 12. Februar 2013 bekannt, dass der Container als Stall für ungefähr 30 Legehühner und für 6 bis 10 Hasen sowie als Unterbringung für Futtermittel diene. Außerdem folgte am 21. Juni 2013 eine Bauanzeige gem § 25 Abs 1 Z 1 b Oö BauO 1994, in eventu ein Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung dem § 28 Oö BauO 1994, für die Errichtung eines Containers als Hühner- und Hasenstall sowie für die Aufbewahrung für Futtermittel im Rahmen der landwirtschaftlichen Tätigkeit der Bf auf Grundstück Nr. X, KG X, mit entsprechenden Planunterlagen.
I.2. Die Amtssachverständige für Landwirtschaft kam in ihrer Stellungnahme vom 28. Juni 2013 zu dem Ergebnis, dass Grundvoraussetzung für die Errichtung von Bauten und Anlagen gemäß § 30 Abs 5 Oö ROG 1994 das Vorhandensein eines aktiven land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mit entsprechendem Produktionsumfang sei, um einen maßgeblichen Einkommensbeitrag zu erzielen. Da die landwirtschaftliche Nutzfläche der Bf von 1,1 ha vollständig verpachtet sei, könne nicht von einem aktiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betrieb ausgegangen werden und seien Bauten auf Grundstück Nr. X, KG X, als nicht notwendig zu bezeichnen.
Auf Grundlage dieser Stellungnahme untersagte der Bürgermeister von St. Thomas mit Bescheid vom 12. August 2013, zugestellt am 13. August 1013, die Ausführung des angezeigten Bauvorhabens wegen Widmungswidrigkeit.
I.3. In ihrer Berufung vom 28. August 2013 erklärte die Bf im Wesentlichen, dass sie vor Errichtung des Stallgebäudes vom Bürgermeister der Gemeinde St. Thomas die Genehmigung dafür erhalten habe und in der Folge die Errichtung nicht untersagt bzw. geduldet worden sei. Im Zeitpunkt der Errichtung des Stallgebäudes sei das gegenständliche Grundstück mit der Sonderwidmung „kommunale Einrichtung“ versehen gewesen und das Stallgebäude hätte dieser Flächenwidmung nicht widersprochen. Danach wurde das Grundstück der Bf unzulässiger Weise in „landwirtschaftlicher Nutzgrund – Grünland“ umgewidmet, wodurch die Bf in ihren rechtlichen Interessen verletzt worden sei. Auch wenn gem § 30 Abs 5 Oö ROG 1994 die Errichtung von Bauten im Grünland nur zulässig sei, wenn diese Bauten für die widmungsgemäße Nutzung nötig sind, erfülle das gegenständliche Stallgebäude jedenfalls die Voraussetzungen: die Unterbringung der Hühner und Hasen und der Verkauf der Hühnereier würden jedenfalls eine landwirtschaftliche Nutzung des Stallgebäudes darstellen und es handle sich dabei um eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten nachhaltige Tätigkeit. Es liege ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb vor, der nichts mit der Ausübung eines Hobbys zu tun hätte. Außerdem werde das Gras auf dem gegenständlichen Grundstück mindestens 4-5 mal im Jahr gemäht, wobei die Bf selbst über einen Traktor samt Kipper, eine Erdäpfelsetzmaschine, einen Holzspalter sowie über alle üblichen landwirtschaftlichen Geräte verfüge.
I.4. In der aufgrund der Berufung von der belangten Behörde eingeholten Rechtsauskunft der Oö Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, vom 4. September 2013 wurde ausgeführt, dass es sich bei einem Hühner- und Hasenstall nicht um eine kommunale und somit gemeindliche öffentliche Einrichtung (wie in der Legende zur Flächenwidmungsplanänderung 2.8 angeführt: Kindergarten, Verwaltungsgebäude, Gastronomie, Feuerwehr, Bauhof, Abfallsammelstellen, Nahwärmeanlagen, Sportplatz, etc.) handle, sondern vielmehr um ein rein privates Bauwerk, welches nicht mit der Sonderwidmung „kommunale Einrichtung“ vereinbar sei.
In der zu dieser Rechtsauskunft ergangenen Stellungnahme der Bf vom 1. Oktober 2013 wiederholte sie aufgrund der schon in der Berufung vorgebrachten Hinweise die Gründe für die Zulässigkeit der Errichtung des Stallgebäudes auf dem gegenständlichen Grundstück mit der Widmung „landwirtschaftlicher Nutzgrund – Grünland“ und verwies auf die positive naturschutzbehördliche Stellungnahme der BH Grieskirchen vom 23. August 2013.
I.5. Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde St. Thomas vom 4. November 2013, Bau-401/379-2013 (Beschluss vom 29. Oktober 2013) welcher der Bf am 6. November 2013 zugestellt wurde, wurde die Berufung der Bf als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters aus folgenden Gründen bestätigt: Der Bürgermeister der Gemeinde St. Thomas habe vor Errichtung des Stallgebäudes weder mündlich noch in sonst einer Form die Genehmigung dazu erteilt. Außerdem sei eine mündlich erteilte Bewilligung nach ständiger Rechtsprechung des VwGH unwirksam und könne eine Baubewilligung weder durch Überprüfung während der Bauführung noch durch Kenntnis der Behörde ersetzt werden. Weiters sei es durch die vorgenommene Umwidmung nicht zu einer Verletzung der Interessen der Bf gekommen, weil auch in der Sonderwidmung „kommunale Einrichtung“ die Errichtung eines privaten Hühnerstalls unzulässig gewesen wäre. Hinsichtlich der Einzeländerung des Flächenwidmungsplans für das gegenständliche Grundstück von der Sonderwidmung „kommunale Einrichtung“ „landwirtschaftlicher Nutzgrund – Grünland“ weist die belangte Behörde darauf hin, dass die Bf selbst als Antragstellerin fungiert habe und die Änderung daher in ihrem Interesse und in ihrem Sinn durchgeführt wurde. Außerdem seien auch die verfahrensrechtlichen Bestimmungen zur Änderung des Flächenwidmungsplanes eingehalten worden. Zum Zeitpunkt der Bauanzeige der Bf sei jedenfalls schon die rechtsgültige Flächenwidmung „landwirtschaftliche Nutzgrund – Grünland“ gültig gewesen. Hinsichtlich der Unzulässigkeit des gegenständlichen Vorhabens in der Widmung „landwirtschaftliche Nutzgrund – Grünland“ verweist die belangte Behörde auf die agrarfachliche Stellungnahme der Amtssachverständigen und kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Haltung von ca. 30 Legehühnern und 6 bis 10 Hasen nicht um einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb sondern um einen so genannten Hobbybetrieb handle, weil hier keine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten nachhaltige Tätigkeit von landwirtschaftlichen Gewicht vorliege.
I.6. Die von der Bf gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Vorstellung langte bei der belangten Behörde per Fax am 20.11.2013 ein. Die Bf betrachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven Recht auf Nichtuntersagung der Bauausführung für das Bauvorhaben zur Errichtung eines Stallgebäudes auf dem Grundstück Nr. 68, KG Sankt Thomas, verletzt und beantragt den gegenständlichen Bescheid aufzuheben. Begründend führt sie im Wesentlichen dazu aus, dass – auch wenn Baubewilligungsbescheide der Schriftlichkeit bedürfen – der Bürgermeister die Bauausführung nicht im Sinne des § 25 a Abs 1 Oö BauO 1994 untersagt sondern vielmehr der Bauausführung ausdrücklich zugestimmt habe. Nur die Untersagung der Ausführung des Bauvorhabens und nicht auch die Nichtuntersagung der Bauausführung habe schriftlich zu ergehen. Ein Begründungsmangel liege vor, weil die belangte Behörde behaupte, dass der Bürgermeister die Nichtuntersagung der Bauausführung nicht mündlich ausgesprochen habe, ohne ein entsprechendes Ermittlungsverfahren dazu durchzuführen. Auch wenn die landwirtschaftliche Nutzfläche von 1,1 ha an den Bruder der Bf verpachtet sei, verwendet die Bf das Stallgebäude auf dem gegenständlichen Grundstück im Rahmen ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit als Hühner- und Hasenstall für ungefähr 30 Legehühner und weitere 6-10 Hasen. Das Stallgebäude diene zum Schutz der Tiere und zur Unterbringung von Futtermittel. Weil die Eier der Hühner verkauft werden, handle es sich jedenfalls um eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen Landwirtschaftsbetriebes rechtfertige, und kein Hobby darstelle. Die Errichtung des Stallgebäudes in der Widmung „landwirtschaftlicher Nutzgrund – Grünland“ sei daher jedenfalls zulässig, da die Errichtung für die widmungsgemäße Nutzung nötig sei. Außerdem diene das verfahrensgegenständliche Stallgebäude auch der landwirtschaftlichen Tätigkeit ihres Bruders, welcher die landwirtschaftliche Nutzfläche in Pacht habe. Dieser betreibe eine Vollerwerbslandwirtschaft und verfüge über landwirtschaftliche Flächen von rund 5,1 ha und es sei daher davon auszugehen, dass das Stallgebäude der landwirtschaftlichen Nutzung diene und es daher zu keiner Widmungswidrigkeit komme. Um die Abstandsvorschriften einzuhalten, könne der Container entsprechend verrückt werden. Da die Bf mit Eingabe vom 21. Juni 2013 in eventu den Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 28 Oö. BauO 1994 gestellt habe, seien allfällig fehlende Nachbarzustimmungen am Einreichplan nicht maßgeblich und die Bewilligung zu erteilen gewesen. Weiters wird die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.
I.7. Mit Schreiben vom 29. November 2013 übermittelt die belangte Behörde den Bezug habenden Verfahrensakt zur Entscheidung an das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, und nimmt folgendermaßen Stellung: Der Bürgermeister der Gemeinde St. Thomas habe weder mündlich noch in sonst einer Form die Genehmigung zur Errichtung des Bauvorhabens erteilt. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens über den Antrag der Bf vom 21. Juni 2013 gem § 25 Abs 1 Z 1 Oö. BauO 1994 (in eventu gem § 28 Oö. BauO 1994) sei per Bescheid die Untersagung der Bauausführung mitgeteilt worden. Das Vorbringen der Bf, der Bürgermeister hätte der Bf die Zustimmung zum Bauvorhaben erteilt, sei aus Sicht der Baubehörde eine nicht begründbare und nicht nachvollziehbare Behauptung. Obwohl die Bf erstmals in der Vorstellung behauptet habe, dass das Stallgebäude gleichzeitig auch der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Bruders diene, liege aus Sicht der belangten Behörde eine Nutzung der Stallgebäudes durch den Bruder bis dato nicht vor. Ob und inwieweit eine landwirtschaftliche Nutzung durch den Bruder überhaupt sinnvoll erscheine, könne nur ein agrarfachliches Gutachten klären. Es wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der besagten Person jedoch nicht um den Bruder sondern um den Schwager der Bf handle.
I.8. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2013, eingelangt am 2. Jänner 2014, legte die Oö. Landesregierung diese „Vorstellung“ samt den Bezug habenden Verfahrensakten mit Verweis auf die Übergangsbestimmung des Art 151 Abs 1 Z 8 B-VG idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 2012/51 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Baubehörde (einschließlich der Schriftsätze der Bf). Der unter I. dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte gem § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Gem § 2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in der verfahrensgegenständlichen Sache durch einen Einzelrichter zu entscheiden.
III.1. Gem § 102 Oö. Gemeindeordnung 1990, LGBl 1990/91 idF LGBl 2013/23 kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges dagegen Vorstellung erheben. Gem Abs 2 leg cit ist die Vorstellung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei der Gemeinde einzubringen. Die Vorstellung war daher rechtzeitig.
Aufgrund der Einrichtung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Wirkung zum 1. Jänner 2014 gilt die (rechtzeitige) Vorstellung gem Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51 als rechtzeitig erhobene Beschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich ergibt sich aus Art 131 Abs 1 B-VG und dem Nichtvorliegen von abweichenden Regelungen in den Absätzen 2 und 3 leg cit.
Die Beschwerde der Bf ist daher zulässig.
III.2. Gem § 55 Abs 1 Oö. BauO 1994 iVm § 58 Abs 2 Z 1 Oö. Gemeindeordnung 1990 (Oö. GemO 1990), LGBl 1990/91 idF LGBl 2013/90, ist der Bürgermeister Baubehörde erster Instanz in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs.
Der Gemeinderat entscheidet gem § 95 Oö. GemO 1990 über Berufungen gegen Bescheide anderer Gemeindeorgane in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist.
Der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Thomas als auch der angefochtene Berufungsbescheid des Gemeinderates der Gemeinde St. Thomas stammen von den zuständigen Behörden.
III.3. Die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl 1994/66 idF LGBl 2013/90, lauten:
„§ 25
Anzeigepflichtige Bauvorhaben
(1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:
1. der Neu-, Zu- oder Umbau von Wohngebäuden, ausgenommen Gebäude mit einem Fluchtniveau von mehr als 22 m oder einer allseitigen Traufenhöhe von mehr als 25 m über dem angrenzenden künftigen Gelände, einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen, wenn
a) ein Bebauungsplan rechtswirksam ist,
b) die Nachbarn durch ihre Unterschrift auf dem Bauplan erklärt haben, gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben und
c) die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Bebauungsplan und allen baurechtlichen Vorschriften von einer befugten Planverfasserin oder einem befugten Planverfasser schriftlich bestätigt wurde;
2. unter der Voraussetzung nach Z 1 lit. b und wenn die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit allen baurechtlichen Vorschriften von einer befugten Planverfasserin oder einem befugten Planverfasser schriftlich bestätigt wurde:
a) der Neu-, Zu- oder Umbau von Betriebsgebäuden - einschließlich von solchen der Land- und Forstwirtschaft - mit einer bebauten Fläche bis zu 300 m² und einer Gebäudehöhe von höchstens neun Meter, bei Zubauten jedoch bis zur Höhe des bestehenden Gebäudes, wenn diese nicht zur Tierhaltung bestimmt sind;[...]
(3) Für die Bauanzeige und deren Inhalt gilt § 28 Abs. 1 Z 1 bis 3 sinngemäß mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Bauwerbers der Anzeigende tritt. Für Bauvorhaben nach Abs. 1 Z 1 und 2 gilt zusätzlich § 28 Abs. 1 Z 4 sinngemäß, soweit die Bauvorhaben nach Abs. 1 Z 2 nicht unter eine Ausnahme des § 3 Abs. 2 fallen. [...]
§ 25a
Anzeigeverfahren
(1) Die Baubehörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen, wenn
1. Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 1 oder des § 35 Abs. 1 Z 3 vorliegen [...]
§ 28
Baubewilligungsantrag
(1) Die Baubewilligung ist bei der Baubehörde schriftlich zu beantragen. Der Antrag hat zu enthalten:
1. den Namen und die Anschrift des Bauwerbers;
2. den Namen und die Anschrift des Eigentümers der Grundstücke, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll;
3. die Grundstücksnummern und Einlagezahlen der in Z 2 angeführten Grundstücke sowie die Katastralgemeinden, in denen diese Grundstücke liegen;
4. die Daten der Bauplatzbewilligung oder einen entsprechenden Hinweis auf ein anhängiges Bauplatzbewilligungsverfahren, wenn für die Erteilung der Baubewilligung eine Bauplatzbewilligung Voraussetzung ist. [...]
§ 30
Vorprüfung
(6) Der Baubewilligungsantrag ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben
1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, [...]
§ 35
Entscheidung über den Baubewilligungsantrag
(1) Die Baubehörde hat über den Antrag gemäß § 28 einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Sofern nicht eine Zurückweisung oder eine Abweisung nach § 30 zu erfolgen hat, ist die beantragte Baubewilligung zu erteilen, wenn [...]“
Die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Raumordnung (Oö. ROG 1994), LGBl 1993/114 idF LGBl 2013/90, lautet:
„§ 30
Grünland
(5) Im Grünland dürfen nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen (Abs. 2 bis 4). Auszugshäuser dürfen, soweit die Wohnbedürfnisse im Rahmen des Ausgedinges nicht im land- und forstwirtschaftlichen Baubestand sichergestellt werden können oder ein Zubau nicht möglich ist, nur im unmittelbaren Nahbereich des land- und forstwirtschaftlichen Hauptgebäudes errichtet werden; die Ver- und Entsorgung muß sichergestellt sein. Die Eröffnung einer eigenen Einlagezahl für das Auszugshaus im Grundbuch ist unzulässig; § 9 Abs. 6 Oö. Bauordnung 1994 gilt sinngemäß.“
IV.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs erwogen:
In § 28 Abs 1 erster Satz Oö. BauO 1994 ist ausdrücklich normiert, dass Baubewilligungen bei der Baubehörde schriftlich zu beantragen sind. Gem § 25 Abs 3 Oö. BauO 1994 gelten für die Bauanzeige von Bauvorhaben nach Abs 1 Z 2 leg cit und deren Inhalt § 28 Abs 1 Z 1 bis 4 leg cit. Somit sind auch Bauanzeigen bei der Baubehörde schriftlich einzubringen (vgl Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht § 25 Oö. BauO Rz 12). Eine schriftliche Bauanzeige für den Hühner- und Hasenstall (in eventu: schriftlicher Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 28 Oö. BauO 1994) langte bei der Baubehörde erster Instanz erst am 21. Juni 2013 ein. Eine von der Bf behauptete vor dem Errichtungszeitpunkt des Hühner- und Hasenstalls gemachte mündliche Anzeige des Bauvorhabens beim Bürgermeister (darüber hinaus ohne die erforderlichen Antragsunterlagen gem § 25 Abs 4 Oö. BauO 1994) entspricht nicht den Anforderungen des § 25 Abs 3 iVm § 28 Oö. BauO 1994. Somit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Bürgermeister zu einem früheren Zeitpunkt durch Nichtuntersagung der Bauführung ausdrücklich zugestimmt hat. Da nur vollständige und ordnungsgemäße Bauanzeigen die 8‑wöchige Frist zur Untersagung nach § 25a Abs 1 Oö. BauO 1994 auslösen (Einlangen der Anzeige am 21. Juni 2013), erging der Untersagungsbescheid der Baubehörde erster Instanz vom 12.8.2013 jedenfalls rechtzeitig.
Es ist daher auch nicht von Bedeutung, ob sich der Bürgermeister zur mündlichen Anzeige der Bf geäußert hat oder nicht, da wie dargelegt diese nicht die Voraussetzungen gem § 25 Abs 3 und 4 iVm § 28 Oö. BauO 1994 erfüllt und somit eine Nichtuntersagung iSd § 25a Abs 1 leg cit zu keinem genehmigten Bauvorhaben führen kann.
IV.2. Das Grundstück der Bf ist als „landwirtschaftlicher Nutzgrund – Grünland“ iSd § 30 Abs 2 Oö. ROG gewidmet. Gemäß § 30 Abs 5 leg cit dürfen im Grünland nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen.
Es trifft zwar zu, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der landwirtschaftlichen Nutzung gehört, dass betriebliche Merkmale vorliegen, somit eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete, nachhaltige Tätigkeit ausgeübt wird oder jedenfalls beabsichtigt ist, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen Landwirtschaftsbetriebes rechtfertigt, wodurch sichergestellt ist, dass die Bestimmungen über die Flächenwidmung nicht durch die Ausübung eines "Hobbys" umgangen werden (VwGH 17.9.1996, 96/05/0076; 29.1.2008, 2006/05/0297; 19.1.2010, 2009/05/0079)
Es ist darüber hinaus aber auch maßgeblich, ob das vorliegende Grundstück, auf welchem der Hühner- und Hasenstall errichtet wurde, zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet wurde. Der VwGH verneint nämlich das Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, falls die Bf diesen verpachtet hätte (vgl VwGH 13.05.1993, 93/06/0015; 23.9.1999, 98/06/0094). In ihrer Beschwerde erklärt die Bf ausdrücklich, dass sie ihre landwirtschaftliche Nutzfläche von
1,1 ha verpachtet hat. Außerdem ist die bloße Verpachtung der 1,1 ha großen landwirtschaftlichen Flächen durch die Bf an sich keine landwirtschaftliche Tätigkeit, weil es keine die Urproduktion typischer Weise begleitende Nebenerwerbstätigkeit darstellt (vgl VwGH 23.9.1999, 98/06/0094). Somit führt die Bf selbst keinen landwirtschaftlichen Betrieb und eine Errichtung von Gebäuden durch die Bf auf dem gegenständlichen Grundstück mit der Widmung „landwirtschaftlicher Nutzgrund – Grünland“ ist nicht notwendig.
Ob der Pächter der landwirtschaftlichen Flächen der Bf eine Vollerwerbslandwirtschaft betreibt und es für seinen Betrieb notwendig wäre, auf dem gegenständlichen Grundstück einen Hühner- und Hasenstall zu errichten, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, da die Bf um Genehmigung zur Errichtung des Stallgebäudes angesucht hat.
Da der Widerspruch zu § 30 Abs 5 Oö. ROG sowohl in einem Anzeigeverfahren als auch in einem Verfahren zur Erteilung der Baubewilligung zur Unzulässigkeit der Errichtung des Hühner- und Hasenstalls führt, ist nicht mehr maßgeblich, ob die Abstandsvorschriften durch Verrückung des Stallgebäudes eingehalten werden könnten und war gemäß § 25a Abs 1 iVm § 30 Abs 6 Oö. BauO 1994 spruchgemäß zu entscheiden.
IV.3. Hinsichtlich des noch im Sinne der Vorstellung gestellten Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nun zum Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich Folgendes auszuführen: § 13 Abs 1 VwGVG normiert zwar grundsätzlich, dass rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerden grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben, jedoch trifft der Materiengesetzgeber in § 56 Abs 1 Oö. BauO 1994 eine abweichende Regelung: Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung, wenn durch den angefochtenen Bescheid eine Berechtigung eingeräumt wird. Da es sich bei dem von der Bf bekämpften Bescheid aber um einen Untersagungsbescheid iSd § 25a Abs 1 Oö. BauO 1994 handelt und mit diesem eine angestrebte behördliche Genehmigung verweigert wurde, kommt § 56 Abs 1 leg cit nicht zur Anwendung. Aufschiebende Wirkung kommt der Beschwerde jedoch trotzdem nicht zu, da mit dem Untersagungsbescheid der Bf weder ein Recht verliehen noch eine Pflicht auferlegt wurde (vgl VwGH 27.9.1989, 89/02/0032). Da die Untersagungsfirst bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch nicht abgelaufen war, ist die Berechtigung zur Bauausführung auch mit der Anzeige noch nicht entstanden. Sie kann nicht mit Hilfe der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erlangt werden (vgl zur wortgleichen Bestimmung des § 64 Abs 1 AVG Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 RZ 497).
Soweit die Bf vorbringt, dass eine Vollstreckung des Untersagungsbescheides durchgeführt werden könnte, ist einerseits darauf hinzuweisen, dass Gegenstand dieses Verfahrens der Untersagungsbescheid iSd § 25a Abs 1 Oö. BauO 1994 und kein Vollstreckungsbescheid ist. Ferner stünde der Bf im Falle eines derartigen Vollstreckungsbescheids, der sie beträfe, der Rechtsschutz offen und könnte sie in jenem Verfahren die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragen (vgl VwGH 28.10.2013, AW 2013/05/0063).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (VwGH 27.9.1989, 89/02/0032; 13.05.1993, 93/06/0015; 23.9.1999, 98/06/0094), noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Elisabeth Wiesbauer