LVwG-850081/5/Re/SA

Linz, 26.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde von Herrn und Frau x, x, vom 31. Jänner 2014 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 17. Dezember 2013, Ge20-125-2012, betreffend die Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Anlagenbeschreibung (Betriebsbeschreibung des Projektes im Zusammenhang mit der Lagerkapazität von Reifen) wie folgt geändert und die Lagerkapazität somit beschränkt wird:

„Im Freibereich wird in einem Abstand von 10 Metern nördlich der Halle auf der befestigten Fläche der Lagerbereich für Gitterboxen mit den darin befindlichen Reifen vorgesehen. Die Lagerzone umfasst insgesamt eine Fläche von maximal 12 Quadratmeter und eine Gesamthöhe von 2,5 Meter, somit ein Volumen von maximal 30 Kubikmeter.“

 

Nachstehende Auflage ist einzuhalten:

„Der Konsensinhaber hat der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides einen maßstabsgetreuen Lageplan betreffend die Ausmaße der Reifenlagerung im Freien (12 ) in vierfacher Ausfertigung vorzulegen.“

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1.  Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit dem Bescheid vom 17. Dezember 2013, Ge20-125-2012, über Antrag des Herrn x, x, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage für den Reifenhandel sowie für die Reifenmontage (Montage von Reifen auf Felgen) auf dem Grundstück Nr. x der KG x, Gemeinde x, im Standort x, unter Vorschreibung von Auflagen im Grunde der §§ 74 und 77 GewO 1994 erteilt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, aufgrund der eingeholten Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen und des Vertreters der Brandverhütungsstelle für , die in sich schlüssig und nachvollziehbar seien, sei davon auszugehen, dass bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen eine Gefährdung oder Verletzung öffentlich rechtlicher Interessen bzw. eine Gefährdung und/oder unzumutbare Belästigung der Nachbarn nicht zu erwarten sei.

 

Zu den im Rahmen der mündlichen Verhandlung abgegebenen Einwendungen der nunmehrigen Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wird begründend ausgeführt, hinsichtlich des erforderlichen Brandschutzes liege eine Stellungnahme der Brandverhütungsstelle für vor, worin gutachtlich festgestellt werde, dass bei Einhaltung der im Gutachten normierten Auflagen aus Sicht der Brandverhütung der beantragten Genehmigung zugestimmt werden könne. Bei Einhaltung der vorgeschlagenen Auflagen sei davon auszugehen, dass eine Gefährdung der Gesundheit der Nachbarn bzw. deren Eigentums nicht gegeben sei.

Zur Lärmsituation wird bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens der Konsensantrag auf das Montieren von Reifen auf Felgen eingeschränkt und auch unter Bezugnahme von Fahrbewegungen vom Amtssachverständigen festgestellt, dass sich durch die beantragte Betriebsanlage die vorherrschende Lärm-Ist-Situation nicht verändern wird. Die beantragten Fahrbewegungen lägen unter den bisher genehmigten Fahrbewegungen und kämen ihnen eine untergeordnete Bedeutung im Vergleich zu den Fahrbewegungen auf der vorbeiführenden B138 zu.

 

 

2.  Gegen diesen Bescheid haben x mit Eingabe vom 31.1.2014, innerhalb offener Frist, Beschwerde erhoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Abstand zwischen Reifenlager und Grundgrenze sei im Bescheid nicht beschrieben, das Gefahrenpotenzial gegenüber den Anrainern sei nicht konkretisiert und liege im Brandfalle ein hochgradiges Gefahrenpotenzial vor. Es bestünden erhebliche Differenzen zwischen der Beschreibung durch den Techniker und den Angaben im Bescheid in Bezug auf die Lagerkapazitäten im Freien. Eine Richtigstellung der aufgezeigten Mängel werde erwartet. Weiters würden nachts und am Wochenende fremde Lkw parken und Lärmbelästigungen hervorrufen und werde diesem nicht zugestimmt. Diese Lkw hätten nichts mit dem Betrieb zu tun und seien es Bekannte des Mieters. Erwartet werde eine angemessene Regelung seitens der Behörde.

 

 

3.  Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems als belangte Behörde hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Rechtsmittelentscheidung vorge­legt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Beschwerdevorbringen abgegeben.

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes  Oberösterreich durch Einzel­richter ergibt sich aus §§ 2 und 3 VwGVG.

 

 

4. In der Sache hat das Landesverwaltungsgericht Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Wahrung des Parteiengehörs betreffend einschränkende und einvernehmliche Projektsabsichten. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im Grunde des § 24 Abs. 1 VwGVG mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

5.  Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 1 leg.cit. ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtliche gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.   das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.   die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.   die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.   die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.   eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 2 GewO 1994 ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

 

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Belästigung bzw. des Vorliegens einer Gesundheitsgefährdung für die Nachbarn handelt es sich jeweils um die Lösung einer Rechtsfrage.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Dem Verfahrensakt ist zu entnehmen, dass der Konsenswerber x zunächst mit Eingabe vom 13. März 2013 um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage mit der Bezeichnung „Reifenhandel und Reifenmontage“ im Standort x, angesucht hat. Mit Eingabe vom 29. Mai 2013 wurde dieser Antrag durch ein weiteres Ansuchen neuerlich eingebracht und nach Vorprüfung der Projektsunterlagen wurde von der belangten Behörde mit Kundmachung vom 11. September 2013, Ge20-125-2012, eine mündliche Augenscheinverhandlung für 10. Oktober 2013 anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt. Der mündlichen Verhandlung war ein gewerbetechnischer (auch als lärmtechnischer) Amtssachverständiger beigezogen und wurde im Vorfeld der Verhandlung auch eine fachliche Stellungnahme der Brandverhütungsstelle für Oberösterreich (brandschutz-technische Stellungnahme) eingeholt.

Von den nunmehrigen Beschwerdeführern wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung Einwendungen vorgebracht und zwar in Bezug auf befürchtete Lärmbelästigungen, Blendwirkungen, Müllverfrachtungen und Brandgefahr.

 

Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wurde festgestellt, dass unzumutbare Belästigungen oder Gefährdungen der Anrainer bei projektsgemäßer Errichtung und Betrieb sowie bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen nicht zu besorgen sind.

 

In der gegen den Genehmigungsbescheid eingebrachten Beschwerde erneuern die Beschwerdeführer einerseits ihre Sorge wegen des hochgradigen Gefahrenpotenzials der auf der Anrainerliegenschaft gelagerten hohen Kubatur von Reifen und sei die diesbezügliche Berechnung in Bezug auf das Gesamtgewicht und somit die Brandlast unerklärlich. Beschreibung und Angaben im Bescheid würden erheblich differieren. Weiters würden zum Wochenende fremde Lkw am Parkplatz parken und diese nachts gestartet werden. Diese Lkw hätten mit dem Betrieb nichts zu tun, sondern seien dies Freunde und Bekannte des Mieters.

 

Im Rahmen des über diese Beschwerde anhängigen Rechtsmittelverfahrens wurde von den Verfahrensparteien, nach telefonischer Rücksprache, eine weitere Äußerung zur Beschwerde eingebracht.

 

Nach Wahrung des Parteiengehörs liegt nunmehr eine von den Beschwerdeführern und vom Konsenswerber unterfertigte einvernehmliche Projektskonkretisierung bzw. Konsenseinschränkung vor, wonach die laut Projekt in einer Entfernung von 10 Meter von der Hallenaußenwand, somit im ebenfalls definierten Abstand zur Nachbargrundgrenze, die gelagerte Reifenmenge im Freien von einer derzeitigen Lagerfläche von 70 und einer Gesamthöhe von 5 Meter, somit einer Lagerkubatur von 350 m³ auf eine maximale Lagerfläche von 12 und einer Gesamthöhe von 2,5 Meter, somit einer maximalen Lagerkubatur  von 30 m³ eingeschränkt wird.

 

Bei dieser maximalen Kubatur von gelagerten Reifen handelt es sich nach einvernehmlicher Auffassung der Verfahrensparteien um eine Minimierung der Brandlast im Freigelände und so auch um eine akzeptable Lösung zum Einwand bzw. zur Beschwerde. Eine weitere Sachverständigenmeinung zur Einschränkung war nicht erforderlich, da die von den Amtssachverständigen bereits im Verfahren definierten Erfordernisse nicht nur eingehalten, sondern jedenfalls unterschritten werden.

 

Von den Anrainern wurde auch in Bezug auf die Lärmbelästigung von Abstellungen gesprochen, wonach bei Einhaltung der Konsenslösung keine nächtliche Störung durch abgestellte Lkw (laufende Motoren und Aggregate) auftreten würde.

 

Aufgrund des Ergebnisses der ergänzend eingelangten Äußerungen der Verfahrensparteien war es somit möglich, den Genehmigungsbescheid unter Berücksichtigung der Projektseinschränkung abzuändern, dies im Bewusstsein, dass durch diese Änderung Gefährdungen von Nachbarn oder unzumutbare Belästigungen nicht zu besorgen sind. Dem Konsenswerber war zur Vervollständigung der Projektsunterlagen in den Verfahrensakten gleichzeitig aufzutragen, einen diesem Ergebnis des Rechtsmittelverfahrens entsprechenden Lageplan über die Lagerfläche von Reifen im Freien in vierfacher Ausfertigung nachzureichen. Auf die Vergebührungspflicht der Unterlagen wird hingewiesen.

 

 

Zu II.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­ver­waltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu ent­richten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. Reichenberger