LVwG-850072/5/Bm/HK/SA

Linz, 28.03.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Michaela Bismaier über die Beschwerde der Frau x und des Herrn x, x, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 20.1.2014,
BZ-BA-0079-2013, mit dem über Ansuchen der x, Wels, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Erweiterung der bestehenden Betriebsanlage im Standort x, KG x, erteilt worden ist,  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 20.01.2014, BZ-BA-0079-2013, mit der Maßgabe bestätigt, dass die unter Spruchpunkt 1. „Art und Umfang der Anlage“ enthaltene Betriebsbeschreibung wie folgt zu lauten hat:

      „Erweiterung des x durch Errichtung eines Hochregallagers mit Unterteilung in einen Kühllagerbereich bis max. +15° C, 2 Lagerräume für brennbare Flüssigkeiten, einen Lagerraum für Druckgaspackungen und Räumlichkeiten für haustechnische Einrichtungen, Büroräume, Sanitär- und Sozialräume“

 

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Eingabe vom 1.7.2013 hat die x (in der Folge: Kw), Wels, unter Vorlage von Projektunterlagen um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch Errichtung eines Lagergebäudes im Standort x, KG x, angesucht.

 

Mit oben bezeichnetem Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels wurde diesem Ansuchen nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens Folge gegeben und die gewerbebehördliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung gemäß § 81 GewO 1994 unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

 

2. Gegen diesen Bescheid haben die Nachbarn x (in der Folge: Bf) Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, im angefochtenen Bescheid werde in Bezug auf die Lagergüter auf das Brandschutzkonzept und das Gutachten des Amtssachverständigen verwiesen und lapidar festgestellt, dass ausreichende Sicherheitsvorkehrungen in Bezug auf den Explosionsschutz gegeben wären.

Dem werde entgegengehalten, dass eine derartige Konzentration von feuergefährlichen Stoffen und gesundheitsschädlichen Pulverlacken immer äußerst bedenklich sei, da es in technischer und menschlicher Hinsicht keine Sicherheit gebe, wie ja in den Nachrichten immer wieder zu hören und zu sehen sei. Dieses Lager mit seinen gewaltigen Mengen an gefährlichen und gesundheitsschädlichen Stoffen stelle für die Bf und die auf der südlichen Straßenseite gelegene Wohnsiedlung eine ständige Bedrohung (Explosion, Verpuffung, Großbrand, giftige Dämpfe) dar, die jederzeit Realität werden könne. Diesem Supergaurisiko könne man nur begegnen, wenn man das Klumpenrisiko auf mehrere kleinere Lagereinheiten aufteile und diese möglichst nicht neben Wohngebieten situiert würden.

Das geplante Bauvorhaben mit einer Bauhöhe von über 16 Metern nehme den Bf westseitig jegliche Sonneneinstrahlung im Garten und Pool. Damit würden alle Investitionen, die die Bf in den letzten 5 Jahren getätigt haben (Garten und Wege neu angelegt, Pool errichtet) obsolet. Dies widerspreche dem Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, wo festgehalten werde, „bezüglich einer etwaigen Eigentumsgefährdung ist nach der Judikatur des VwGH eine solche im Sinne der Schutzinteressen der Gewerbeordnung nur dann vorliegend, wenn die Substanz des Eigentums gefährdet wird, wenn die Sachnutzung bedroht ist oder wenn eine sinnvolle Nutzung der Sache wesentlich beeinträchtigt wird oder überhaupt nicht mehr möglich ist“, würden die Bf genau das Gegenteil herauslesen. Bei den Bf sei eben die Sachnutzung bedroht bzw. eine sinnvolle Nutzung des Gartens und des Pools wesentlich beeinträchtigt bzw. überhaupt nicht mehr möglich. Wann denn, als am späteren Nachmittag bzw. in den Abendstunden nutze man als berufstätiger Mensch Garten und Pool.

Es passe einfach nicht, dass ein gemischt genutztes Gebiet (Wohnhaus der Bf mit Geschäftslokal) und ein Industriegebiet ohne Abstandsregelung aneinandergrenzen. Hier liege ein massives Versagen von Seiten der zuständigen Stellen des Magistrates der Stadt Wels vor, keinen entsprechenden Flächenwidmungsplan erlassen zu haben.

Es werde daher die Aufhebung der gewerberechtlichen Genehmigung bzw. eine Genehmigung nur unter der Auflage, das Lagervolumen bzw. die Lagermenge nicht zusätzlich zu erhöhen, gefordert.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Beschwerde gemeinsam mit dem bezughabenden Verwaltungsverfahrensakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) vorgelegt.

 

4. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zu BZ-BA-0079-2013.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte abgesehen werden, da der entscheidungswesentliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage eindeutig feststeht und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung auch nicht erwarten lässt.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.    das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.    die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.    die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.    die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.    eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z  2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 2 GewO 1994 ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn dies zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

5.2. Mit Eingabe vom 1.7.2013 hat die Kw um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage unter Vorlage von Projektunterlagen angesucht.

Diese Projektunterlagen beinhalten im Wesentlichen neben der Betriebsbeschreibung die erforderlichen planlichen Darstellungen, elektrotechnische Projekte, ein schalltechnischen Projekt sowie ein Brandschutzkonzept.

Demnach bezieht sich das zur Genehmigung beantragte Vorhaben auf die Errichtung eines Lagergebäudes mit Unterteilung in einen Kühllagerbereich bis max. +15° C und 2 Lagerräume für brennbare Flüssigkeiten, einen Druckgaspackungslagerraum, Räumlichkeiten für haustechnische Einrichtungen, Büroräume, Sanitär- und Sozialräume. Die betriebliche Tätigkeit umfasst Lagerbetrieb sowie Ladetätigkeiten einschließlich LKW-Fahrbewegungen im Bereich der Ladezone.

 

Über dieses Ansuchen wurde von der belangten Behörde am 14.11.2013 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und wurde dieser Verhandlung ein bautechnischer und ein gewerbetechnischer Amtssachverständiger beigezogen. Diese Sachverständigen haben sich umfassend mit dem vorliegenden Projekt auseinandergesetzt und eine gutachterliche Beurteilung hinsichtlich des erforderlichen Gefahrenschutzes im Hinblick auf die Schutzinteressen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 vorgenommen.

 

Wenngleich die Gesichtspunkte der Feuergefahr und des Brandschutzes nicht ausdrücklich in § 74 Abs. 2 angeführt sind, so sind doch bei Betriebsanlagen, die wegen ihrer Größe oder wegen der in ihnen ausgeübten Tätigkeiten eine über das normale Ausmaß hinausgehende Feuergefahr bedeuten, auch auf die Gesichtspunkte des Brandschutzes oder Explosionsschutzes Bedacht zu nehmen.

Da es sich bei der gegenständlichen Betriebsanlage zweifellos um eine dementsprechende Anlage handelt, wurde von der Kw mit den Projektunterlagen ein entsprechendes Brandschutzkonzept vorgelegt. Dieses Brandschutzkonzept geht zum einen auf mögliche Gefährdungspotentiale durch die Nutzung des beantragten Vorhabens ein und zum anderen werden darin Maßnahmen festgesetzt, die sowohl den baulichen Brandschutz als auch den anlagentechnischen, betrieblichen und organisatorischen sowie abwehrenden Brandschutz gewährleisten sollen.

Des Weiteren wurde von der Kw ein Explosionsschutzdokument vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass auch Maßnahmen zum vorbeugenden (primären) Explosionsschutz gesetzt werden. Da erste Voraussetzung für eine Explosion das Auftreten explosionsfähiger Atmosphäre ist, dient der primäre Explosionsschutz der Verhinderung der Bildung gefährlicher Explosionsgemische.

 

Vom beigezogenen Amtssachverständigen wurden diese Konzepte geprüft und dem Stand der Technik entsprechend angesehen. Die beschriebenen vorbeugenden Brandschutzmaßnahmen wurden vom Amtssachverständigen unter Vorschreibung weiterer Auflagen als jedenfalls ausreichend beurteilt.

 

Die von der belangten Behörde eingeholten Gutachten stellen sich als nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei dar. Es bestehen keine Bedenken, diese Gutachten der Entscheidung zugrunde zu legen und sich diesbezüglich der belangten Behörde anzuschließen. Die beigezogenen Amtssachverständigen verfügen aufgrund ihrer Ausbildung und beruflichen Erfahrung zweifelsfrei über jene Fachkunde, die ihnen eine Beurteilung des Projektes in Hinblick auf den Brandschutz und den damit verbundenen Auswirkungen ermöglicht. Die Vorbringen der Bf, die nur allgemeine Bedenken beinhalten, konnten Zweifel oder Unschlüssigkeiten nicht aufzeigen, da sie keine die Sachverständigenbeurteilung tatsächlich widerlegenden Aussagen enthalten und dem abgegebenen Gutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten.

 

Darüber hinaus wurde aufgrund des Beschwerdevorbringens von der Kw nochmals eine fachliche Stellungnahme zum vorliegenden Brandschutzkonzept durch die IBS-Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung Technisches Büro GmbH, datiert mit 11.3.2014, vorgelegt, wo darauf hingewiesen wird, dass das Brandschutzkonzept unter Berücksichtigung der entsprechenden Schutzziele erstellt worden ist. Die Schutzinteressen und -ziele werden beim gegenständlichen Projekt durch die Wahl der vorgesehenen Baustoffe und Bauteile, der vorgesehenen Feuerwiderstandsklassen, der Bildung von Brandabschnitten, der Herstellung ausreichend bemessener Fluchtwege, durch den Einbau technischer Brandschutzeinrichtungen (Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, Brandmeldeanlagen und Löschanlage) und der Umsetzung organisatorischer Maßnahmen gewahrt.

 

5.3. Soweit die Bf Einwendungen hinsichtlich Beschattung ihres Grundstücks durch das beabsichtigte Vorhaben und eine damit verbundene Eigentumsgefährdung vorbringen, ist hierzu festzuhalten, dass - wie bereits von der belangten Behörde ausgeführt – nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einer Gefährdung des Eigentums nur dann gesprochen werden kann, wenn dieses in seiner Substanz bedroht ist, ferner wenn der Betrieb der Anlage jedwede Nutzung des Eigentums unmöglich machen würde, bzw. wenn die nach der Verkehrsanschauung übliche bestimmungsgemäße Nutzung oder Verwertung ausgeschlossen oder zumindest wesentlich beeinträchtigt ist (VwGH 27.6.2003, 2001/04/0236).

Keiner dieser Anwendungsfälle liegt im gegenständlichen Fall vor. Keinesfalls wird durch die Errichtung des Lagergebäudes die Substanz des Eigentums (im Konkreten des Gartens und des Pools) der Bf vernichtet, ebenso wenig die bestimmungsgemäße Sachnutzung ausgeschlossen. Die Benützung des Gartens und des Pools ist weiterhin gegeben. Zudem ist festzuhalten, dass das Grundstück der Bf -wie von ihnen selbst vorgebracht – nicht gänzlich (zu allen Tageszeiten) beschattet wird.  

 

5.4. Soweit die Bf raumordnungsrechtliche Belange vorbringen, ist darauf zu verweisen, dass diese im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht zu prüfen sind.

 

6. Aus sämtlichen oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Michaela Bismaier