LVwG-600303/6/Br/SA

Linz, 26.05.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier über die Beschwerde des Ing. K F, X, vertreten durch  RA Dr. J P, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 14.3.2014, GZ: VerkR96-15374-2013,  nach der am 26.5.2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

II. Gemäß § 52 Abs.2 VwGVG hat der Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren einen Kostenbeitrag von 24 Euro zu leisten.

 

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschwerdeführer wegen der Übertretung nach §  20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2d StVO 1960 eine Geldstrafe von 120 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 34 Stunden] verhängt, weil er am 20.10.2013 um 14:40 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X (D) auf A8 bei km 62.055, Gemeindegebiet Ort im Innkreis, Fahrtrichtung Suben, gelenkt und dabei die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 41 km/h überschritten habe.

 

 

 

I.1. Begründend führte die Behörde folgendes aus:

Sie haben als Lenker des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X (D) am 20.10.2013 um 14:10 Uhr diesen auf der A8, Strkm. 62.055, Gemeinde Ort im Innkreis, Fahrtrichtung Suben, gelenkt und die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 41 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits abgezogen. Die Geschwindigkeits-überschreitung wurde mit geeichtem und vorschriftsmäßig verwendetem Kontrollgerät Multanova / MUVR 6FM 696, Eichdatum: 13.09.2012, festgestellt. Die Landesverkehrsabteilung erstattete daraufhin am 24.10.2013 zu GZ 129174/2013-131023-API-Ried-1 Anzeige.

 

Daraufhin legte Ihnen die Behörde mit Strafverfügung vom 05.11.2013 die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung zur Last und verhängte eine Geldstrafe von 120,00 Euro.

 

Gegen diese Strafverfügung erhoben Sie mit Fax vom 11.11.2013 fristgerecht Einspruch mit folgender Begründung: „Wie Sie sicher wissen, muss nach deutschem Recht einem Lenker durch ein Frontfoto die Geschwindigkeitsübertretung nachgewiesen werden. Daher bitten wir Sie um Zusendung eines Frontfotos. Andernfalls ersuchen wir Sie mangels Rechtsgrundlage um Einstellung der Strafverfügung."

 

Mit Schreiben vom 25.11.2013 wurden Sie als Zulassungsbesitzer von der Bezirkshauptmannschaft Ried i.l. gem. § 103 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, binnen 2 Wochen mitzuteilen, wer das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X (D) am 20.10.2013 um 14:10 Uhr gelenkt hat. Diese Auskunft muss Name und Anschrift der betreffenden Person enthalten. Weiters wurden Sie darauf hingewiesen, dass das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft strafbar ist. Dem Schreiben wurde auch ein Radarfoto beigelegt.

Sie kamen der Aufforderung nicht nach.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Ried i.l. vom 14.01.2014 wurde Ihnen aufgetragen, sich binnen 2 Wochen zum Tatvorwurf zu rechtfertigen sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekanntzugeben. Weiters wurden Sie ersucht, Ihre Einkommens-, Vermögens-, und Familienverhältnisse bekanntzugeben und mit geeigneten Unterlagen zu belegen.

 

Mit Fax vom 22.01.2014 gaben Sie bekannt, RA Dr. P mit Ihrer Vertretung beauftragt zu haben und Sie beantragten Akteneinsicht.

 

 

Nach erfolgter Akteneinsicht stellten Sie am 12.02.2014 den Antrag auf Beischaffung des Eichscheines des verwendeten Radargerätes.

 

Der Eichschein wurde Ihnen mit Schreiben vom 24.10.2014 übermittelt und es wurde Ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme bis 10.03.2014 eingeräumt.

 

Mit Schreiben vom 27.02.2014 gaben Sie folgende Stellungnahme ab: „Die Urkunde des BEV vom 28.09.2012 betrifft das Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät der Bauart MUVR 6F des Herstellers Multanova AG mit der Identifikationsnummer 696. Aus dem Eichschein ergibt sich, dass dieses Gerät am 13.09.2012 geeicht wurde; im Gegensatz zu anderen Eichscheinen findet sich auf dem aktenkundigen der Ablauf der Eichung nicht. In der Verwaltungsstrafakte findet sich ein Heckfoto vom X mit dem deutschen Kennzeichen X, ein sogenanntes Kennzeichenfoto und eine Vergrößerung der Daten des Radarbildes. Aus diesen Daten ergibt sich zwar, dass ein Radargerät der Bauart 6F des Herstellers Multanova verwendet wurde, nicht aber die Identifikationsnummer, weswegen der Eichschein vom 28.09.2012 den aktenkundigen Radarbildern nicht zugeordnet werden kann; die Eichung bzw. fristgerechte und erfolgreiche Nacheichung dieses Gerätes ist damit nicht hinreichend dokumentiert. In meinem Einspruch vom 11.11. des Vorjahres habe ich darauf hingewiesen, dass nach deutschem Recht die Lenkereigenschaft mit einem Frontfoto nachgewiesen werden muss, weswegen ich um Zusendung eines solchen ersuche, andernfalls das Verfahren mangels Rechtsgrundlage eingestellt werden möge. Wegen einer Verwaltungsübertretung darf eine Strafe nur aufgrund eines nach diesem Bundesgesetz durchgeführten Verfahrens verhängt werden. (§ 23 VStG) Beschuldigter ist die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen Sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache, der Beschuldigte ist Partei im Sinne des AVG. (§ 32 Abs. 1 VStG) Der Beschuldigte kann zur Beantwortung der an ihn gestellten Fragen nicht gezwungen werden. (§ 33 Abs. 2 VStG) Da ich zum Zeitpunkt der Zustellung des Lenkerauskunftsersuchens bereits Beschuldigter war und über mich in der Strafverfügung vom 05.11.2013 eine Geldstrafe wegen Geschwindigkeitsüberschreitung verhängt wurde, war ich Beschuldigter, weswegen höflich der Antrag gestellt wird, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. [...]"

 

Hierüber hat die Behörde erwogen:

 

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

Gemäß § 99 Abs. 2d StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 70 bis zu 2180,00 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.

 

Das Ausmaß der Geschwindigkeitsübertretung konnte auf Grund der widerspruchsfreien Angaben in der Anzeige als gegeben angenommen werden. Die Messfehlertoleranz wurde zu Ihren Gunsten abgezogen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Unabhängigen Verwaltungssenates für Oberösterreich handelt es sich bei einer Messung mit einem Radar - auch bei Heckaufnahmen - um ein taugliches Beweismittel. Da die Verwaltungsübertretung in Österreich begangen wurde bzw. der Tatort in Österreich liegt, ist österreichisches Recht (und nicht deutsches) anzuwenden, weshalb ein Frontfoto für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens nicht erforderlich ist.

 

Mitunter sehen Sondervorschriften von § 33 Abs 2 VStG abweichende Regelungen vor. Diese müssen - als Durchbrechung des in Art 90 Abs 2 B-VG und Art 6 EMRK verankerten Verbots des Zwangs zur Selbstbelastung - in Verfassungsrang stehen (vgl insb die Verfassungsbestimmung des §103 Abs 2 letzter Satz KFG über die Lenkerauskunft; VwGH 89/02/0166) Ein Aussageverweigerungsrecht kommt Ihnen daher nach den einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften (Verfassungsbestimmung!) nicht zu. Wegen Ihrer Mitwirkungspflicht im Strafverfahren hätten Sie nach den einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften der Behörde bekannt geben müssen, welche konkrete andere Person das Fahrzeug gelenkt hat um glaubhaft zu machen, dass Sie nicht selbst Lenker waren. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Auskunft in der Form zu erfolgen, dass der verantwortliche Lenker eines Fahrzeuges jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen von der Behörde festgestellt werden kann. Sie darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein (VwGH vom 16.06.2003, ZI. 2002/02/0271). Indem Sie dies gänzlich unterlassen haben, wird im Zuge der freien Beweiswürdigung angenommen, dass Sie das Ihnen überlassene Fahrzeug zur Tatzeit selbst gelenkt haben. Zu Ihrer Eigenschaft als Lenker ist festzuhalten, dass es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bei der Feststellung, wer ein Fahrzeug gelenkt hat, um einen Akt der Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs. 2 AVG handelt (vgl. VwGH vom 28.05.1993, GZ 92/17/0248 mit weiteren Nachweisen). Sie haben nie behauptet, nicht selbst gefahren zu sein, und der Behörde keine wie immer gearteten Beweisangebote dahingehend gemacht, dass das Fahrzeug nicht von Ihnen selbst gelenkt worden wäre. Zudem entspricht es auch der allgemeinen Erfahrung, dass Zulassungsbesitzer Ihr Fahrzeug in der Regel selbst lenken.

 

Zum Ablauf der Eichung ist anzumerken, dass auf der Rückseite des Eichscheines des BEV vermerkt ist, dass die Nacheichfrist mit 31.12.2015 endet, (vgl. auch VwGH 99/03/0330).

 

Zur eindeutigen Zuordnung von Radarbild zum Messgerät ist auszuführen, dass sich aus dem Radarfoto keine Zuordnung zum Messgerät ergeben muss. Eine eindeutige Zuordnung ist aber über die Radarmessprotokolle der Polizei möglich. Im gegenständlichen Fall wurde der Behörde die Verwendung des gegenständlichen Gerätes (696) zum Tatzeitpunkt am Tatort von Chefinspektor F von der API nach Einsicht in die Aufzeichnungen bestätigt.

 

Aufgrund der Anzeige und des vorliegenden Radarfotos, sieht die Behörde die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung, nämlich das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 41 km/h, somit als erwiesen an. Ihre Vorbringen waren nicht geeignet, den Tatvorwurf zu entkräften.

 

Zum Verschulden ist zu bemerken, dass gemäß §5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Umstände, welche Ihr Verschulden an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ausschließen würden, sind von Ihnen im Verfahren nicht wirksam vorgebracht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben. Hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung von 41 km/h bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h ist jedenfalls von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist die verhängte Strafe als angemessen zu bezeichnen. Geschwindigkeitsüberschreitungen gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung und stellen eine der häufigsten Unfallursachen dar. Da im gegenständlichen Fall jedoch keine konkreten nachteiligen Folgen bekannt geworden sind konnte mit der verhängten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden.

 

Zur Strafhöhe ist zu bemerken, dass der Strafrahmen für Übertretungen nach § 20 Abs. 2 StVO gemäß § 99 Abs. 2d StVO von 70,00 bis zu 2180,00 Euro beträgt, die verhängte Geldstrafe von 120,00 Euro sich also im untersten Bereich des Strafrahmens bewegt. Die Geldstrafe entspricht auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die Behörde mangels entsprechender Nachweise Ihrerseits davon ausgeht, dass Sie über ein monatliches Einkommen von 1.300,00 Euro, bei durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügen.

 

Als strafmildernd wurde Ihre bisherige Unbescholtenheit bei der BH Ried im Innkreis gewertet, sonstige Straferschwerungs- und Strafmilderungsgründe lagen nicht vor.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Kostenausspruch ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.“

 

 

II. Mit der dagegen  fristgerecht durch die ausgewiesene Rechtsvertreterschaft erhobenen Beschwerde wird dem Schuld- u. Strafausspruch mit nachfolgend zitierten Ausführungen entgegen getreten:

 

Gegen das Straferkenntnis der BH Ried im Innkreis vom 14.3.2014, VerkR96-l5374-2013, erhebe ich durch meinen ausgewiesenen Verteidiger RA Dr. P

 

Beschwerde

 

an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

Der behördliche Strafbescheid wird zur Gänze angefochten.

Dieser wurde meinem Verteidiger am 19.3. zugestellt, die Beschwerdefrist iSd § 7 Abs.4 Z.l VwGVG ist gewahrt.

 

Die über mich verhänge Bestrafung verletzt mich im einfachgesetzlich gewährleisteten Recht, nicht bestraft zu werden sowie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren nach Art.6 Abs.l EMRK sowie wegen Verstoßes gegen die Unschuldsvermutung nach Art.6 Abs.2 EMRK.

 

Chronologie des Verfahrens:

Strafverfügung vom 5.11.2013:

Verhängung einer Geldstrafe von €  120,-- nach § 20 Abs.2 StVO wegen Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit von 130 um 41 km/h Einspruch vom 11.11.2013

Lenkererhebung nach § 103 Abs.2 KFG vom 25.1.2013

Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.1.2014, in welcher kursorisch auf den Tatvorwurf in der Strafverfügung Bezug genommen wird BVM + AUA meines Verteidigers vom 22.12014 Übermittlung der Anzeige durch die Behörde am 6.2.2014

Antrag auf Beischaffung des Eichscheins des verwendeten Radargeräts vom 12.2.2014 Übermittlung des Eichscheins am 24.2.2014 Stellungnahme und Einstellungsantrag vom 27.2.2014 Straferkenntnis vom 14.3.2014

 

Begründung der Beschwerde:

 

a) anzuwendendes Recht:

 

§ 20 Abs.2 StVO: sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

§ 99 Abs.2d StVO: eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 70 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.

 

§ 23 VStG: wegen einer Verwaltungsübertretung darf eine Strafe nur auf Grund eines nach diesem Bundesgesetz durchgeführten Verfahrens verhängt werden.

 

§ 25 Abs.2 VStG: die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände sind in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

 

§ 32 Abs.1 VStG: Beschuldigter ist die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinne des AVG.

 

§ 33 Abs.2 VStG:

der Beschuldigte kann zur Beantwortung der an ihn gestellten Fragen nicht gezwungen werden.

 

Artikel 129 erster Satz B-VG: für jedes Land besteht ein Verwaltungsgericht des Landes.

 

Artikel 130 Abs.1 Z.1 B-VG: die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Artikel 132 Abs.1 Z.1 B-VG: gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

(Seit 1.1.2014 gibt es dazu kein einfachgesetzliches Pendant mehr - vgl. § 51 Abs.l VStG in der mit Ende 2013 außer Kraft getretenen Fassung).

§ 44 VwGVG: mündliche Verhandlung vor dem VwG

§ 48 VwGVG: Unmittelbarkeit des Verfahrens

§ 50 VwGVG: Entscheidung des VwG durch Erkenntnis

 

Artikel 1 EMRK - Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte

Die Hohen Vertragschließenden Teile sichern allen ihrer Jurisdiktion unterstehenden Personen die in Abschnitt I dieser Konvention niedergelegten Rechte und Freiheiten zu.

 

Artikel 6 EMRK - Recht auf ein faires Verfahren

 

Abs.1: Jedermann hat Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden, jedoch kann die Presse und die Öffentlichkeit während der gesamten Verhandlung oder eines Teiles derselben im Interesse der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einem demokratischen Staat ausgeschlossen werden, oder wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen, oder, und zwar unter besonderen Umständen, wenn die öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde, in diesem Fall jedoch nur in dem nach Auffassung des Gerichts erforderlichen Umfang.

 

Abs.2: bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.

 

b) Begründung der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Verwaltungsbehörde:

Die Behörde ist der Ansicht, dass Sondervorschriften Regelungen enthalten, die von § 33 Abs.2 VStG abweichen, wonach der Beschuldigte zur Beantwortung der an ihn gestellten Fragen nicht gezwungen werden kann und zitiert dazu den in Verfassungsrang sehende Bestimmung des letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG sowie dazu ergangene Rechtsprechung des VwGH.

 

Diese Betrachtung greift zu kurz, weil dabei die Konventionsrechte nach Art.6 Abs.l und 2 EMRK nicht beachtet werden.

 

Weiters übersieht die Behörde, dass das Verfahren betreffend das Abverlangen einer Lenkerauskunft nach § 103 Abs.2 KFG kein Straf- sondern ein Administrativverfahren ist (VwGH vom 23.1.2007, 2005/11/0049*).

 

Schon dieses Verständnis zeigt, dass im Verwaltungsstrafverfahren § 33 Abs.2 VStG zu § 103 Abs.2 KFG lex specialis ist; daran ändert nichts, dass dessen letzter Satz in Verfassungsrang steht, weil dieser auf seine Anwendbarkeit im Verwaltungsstrafverfahren nicht Bezug nimmt.

Selbst wenn man das Gegenteil annehmen wollte, steht dem das Konventionsrecht des Art.6 Abs.l und 2 EMRK als höherrangiges Völker(Verfassungs)recht entgegen.

 

In die selbe Kerbe schlägt die Belehrung im behördlichen Lenkerauskunftsersuchen vom 25.11., welche ein juristischer Laie nur dahin verstehen kann, dass eine Bestrafung wegen Verweigerung der Lenkerauskunft ausgesprochen wird, wenn der Zulassungsbesitzer keine dem behördlichen Aufforderungsschreiben entsprechende Auskunft erteilt.

 

Diese Rechtsbelehrung der Bezirkshauptmannschaft Ried findet ihre Rechtsgrundlage in der von der Behörde im Lenkerauskunftsersuchen zitierten Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG.

 

Im Urteil vom 08.04.2004 im Fall Weh gegen Österreich, Beschwerde-Nr. 38544/97, sieht der EGMR mit 4 : 3 Stimmen keine Verletzung des fairen Verfahrens nach Art. 6 Abs. 1 EMRK, weil ohne ausreichend konkrete Verbindung mit einem Strafverfahren die Anwendung von Zwang in Form der Verhängung einer Geldstrafe zur Erlangung von Informationen über den Fahrzeuglenker kein Problem bezüglich des Rechts zu schweigen und sich nicht selbst zu bezichtigen aufwirft.

Nichts deutet darauf hin, dass der Beschwerdeführer wegen des Verkehrsdelikts „angeklagt" im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EMRK war sondern nur aufgrund seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges aufgefordert wurde, Auskunft zu erteilen.

 

Im Zusammenhang mit der Belehrung im behördlichen Lenkerauskunftsersuchen ist auch von entscheidungswesentlicher Bedeutung, dass ich in diesem Zusammenhang nicht auf eine allfällige Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren hingewiesen wurde.

 

Wird nicht auf die Mitwirkungspflicht hingewiesen, reicht die Tatsache der Verweigerung der Lenkerauskunft als Indiz für die Feststellung der Lenkereigenschaft des Zulassungsbesitzers nicht aus (UVS im Land Niederösterreich vom 14.06.2011, Senat-PL-10-0194, S. 7).

Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist (Art. 6 Abs. 2 EMRK).

 

Jede angeklagte Person gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig (Art. 48 Abs. 1 der seit 01.12.2009 in Kraft stehenden Grundrechte-Charta der EU sowie Art. 14 Abs. 2 IPbpR, welches von Österreich am 10.09.1978 ratifiziert wurde und auf einfach gesetzlicher Stufe steht).

Die Unschuldsvermutung ist ein Grundsatz des Strafrechts, welche bedeutet, dass jemand erst dann bestraft werden darf, wenn Sachverhalt und Verschulden in einem gesetzmäßigen Verfahren festgestellt wurden („Exklusivität der verfahrensmäßigen Schuldfeststellung"). Das Erfordernis eines „gesetzmäßigen Verfahrens" wird vom EGMR im Sinne eines rechtsstaatlichen Verfahrens verstanden; das nationale Recht der Staaten ist jedenfalls nicht alleiniger Gesichtspunkt der Beurteilung (EGMR vom 07.10.1988 im Fall Salabiaku, ÖJZ 1989, 347), insbesondere sind die Mindestrechte des Abs. 3 zu wahren (VfSlg. 8483 und 8505).

 

Jeder Zweifel kommt dem Angeklagten zugute (EGMR vom 20.03.2011 im Fall Telfner gegen Österreich, Beschwerde-Nr. 33501/96, worin der EGMR eine unzulässige Verlagerung der Beweislast auf den Angeklagten festgestellt hat).

 

Eine natürliche Person als Kfz-Zulassungsbesitzer darf überdies im Vergleich zu einer juristischen Person in dieser Eigenschaft nicht schlechter gestellt werden, weil eine solche als Fahrzeuglenker von Vornherein ausscheidet und daher die offenkundig hier angewendete Fiktion, dass der Zulassungsbesitzer in der Regel auch der Lenker ist, nicht greifen kann; dies auch dann, wenn der Zulassungsbesitzer nach § 103 Abs. 2 KFG eine auskunftspflichtige Person benannt hat (vgl. UVS des Landes Oberösterreich vom 19.01.2011, VwSen-150813).

Ein aus dem bloßen Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers nach einer Lenkeranfrage gezogener Schluss auf seine Tätereigenschaft (betreffend das Grunddelikt) ist schon deshalb unzulässig, weil das Gesetz keine dementsprechende gesetzliche Fiktion, ja nicht einmal eine darauf gerichtete gesetzliche Vermutung enthält. Vielmehr geht das Gegenteil gerade daraus, dass die Nichterteilung der geforderten Auskunft gesondert unter Strafe gestellt ist, der unmissverständliche Wille des Gesetzgebers hervor, dass speziell in jenen Fällen, wo die Lenkereigenschaft durch ein entsprechendes Auskunfterteilen nicht eindeutig geklärt werden kann, ausschließlich eine Bestrafung wegen Verletzung dieser spezifischen Obliegenheitspflicht zu erfolgen hat (UVS des Landes Oberösterreich vom 03.07.2009, VwSen-130596 sowie die darin zitierte VorJudikatur, vom 18.07.2008, VwSen-130597 sowie vom 19.01.2011, VwSen-150813).

 

Der Umstand, dass die Nichterteilung der in § 103 Abs. 2 KFG geforderten Auskunft unter Strafe gestellt ist, weist auf den unmissverständlichen Willen des Gesetzgebers hin, dass speziell in jenen Fällen, wo die Lenkereigenschaft durch ein entsprechendes Auskunftserteilen nicht eindeutig geklärt werden kann, ausschließlich eine Bestrafung wegen der Verletzung dieser spezifischen Obliegenheitspflicht zu erfolgen hat, dies jedenfalls dann, wenn das durchgeführte Beweis verfahren mit keiner zur Bestrafung führenden Sicherheit den Nachweis erbringt, dass der Zulassungsbesitzer das Fahrzeug selbst gelenkt hat (UVS des Landes Oberösterreich vom 09.09.2009, VwSen-164407).

 

Vgl. in diesem Zusammenhang auch das Urteil des EGMR vom 25.02.1993 im Fall Funke gegen Frankreich, A-256-A (ÖJZ 1993, 532).

 

Weder im Zeitpunkt der Aufforderung zur Lenkerauskunft noch danach wurde ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Grunddeliktes gegen die Beschwerdeführerin geführt. Nichts deutet darauf hin, dass sie des Delikts der Geschwindigkeitsüberschreitung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EMRK angeklagt wurde, weswegen ein Zusammenhang zwischen der Auskunftspflicht und einem möglichen Strafverfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung vage und hypothetisch ist. Ohne eine ausreichende konkrete Verbindung zu diesem Strafverfahren wirft die Anwendung von Zwang zur Erlangung einer Information kein Problem hinsichtlich des Rechts zu schweigen und sich nicht selbst zu bezichtigen, auf (Fischbach-Mavromatis gegen Osterreich, Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 03.05.2005, Beschwerde-Nr. 52167/99).

 

Im Erkenntnis vom 07.11.2006, UVS 30.11-105/2006-4, im Fall J. L., Lochen am See, führt der UVS für die Steiermark (S. 5) wie folgt aus:

Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen, wenn die Behörde zunächst eine Strafverfügung wegen der Geschwindigkeitsübertretung gegen den Zulassungsbesitzer erlassen und erst aufgrund des Einspruches eine Lenkeranfrage an den Zulassungsbesitzer gerichtet hätte. Ist nämlich gegen einen Beschuldigten ein Strafverfahren wegen einer Geschwindigkeitsübertretung anhängig und erfolgt die Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG erst, nachdem er im Einspruchsvorbringen darauf hingewiesen hatte, er könne den Fahrzeuglenker zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht nennen, so verstößt die Bestrafung wegen einer nicht ordnungsgemäßen Beantwortung der Lenkeranfrage gegen das Recht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK, sich nicht selbst bezichtigen zu müssen (vgl. UVS Vorarlberg vom 10.06.2005, UVS-1-774-2004). Ein derartiger Fall liegt aber nicht vor, weil ein Strafverfahren wegen der Geschwindigkeitsübertretung im Zeitpunkt der Lenkeranfrage eben nicht anhängig war; aus diesem Grund hat der UVS für die Steiermark die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 19.09.2006 betreffend Bestrafung des Kfz-Zulassungsbesitzers wegen Verweigerung der Lenkerauskunft abgewiesen.

 

Es wird aus den genannten Gründen der

 

Antrag

 

gestellt, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge dieser Beschwerde Folge geben, den Strafbescheid der belangten Behörde vom 14.3.2014 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

Mattighofen, 15.4.2014                                                            K F“

 

 

III: Die Behörde hat den Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht mit Vorlageschreiben vom 22.4.2014 mit dem Hinweis auf die Rechtzeitigkeit der Beschwerde und dem Verzicht auf eine Beschwerdevorentscheidung zur Entscheidung vorgelegt. Es wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

 

 

III.1. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war hier in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte durchzuführen.

Beweis erhoben wurde durch eine Anfrage im Melde- u. Führerscheinregister, sowie durch Verlesung des Verfahrensaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der sowohl die Behörde als auch der Beschwerdeführer persönlich eingeladen wurde.  Die Behörde entschuldigte die Nichtteilnahme mit dienstlichen Gründen. Der Berufungswerber lies durch seinen Rechtsvertreter ausrichten zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht persönlich zu erscheinen.

 

 

 

IV. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Eingangs wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer laut Führerscheinregister am 14.9.1993, unter der GZ: VerkR-0301-35236, basierend auf eine bereits am 08.09.1972 erteilten Lenkberechtigung, ein Führerschein für die Klasse A u. B ausgestellt wurde. Im Führerscheinregister findet sich als Wohnort X eingetragen. Dabei dürfte es sich um eine unrichtig zitierte deutsche Postleitzahl handeln. An der genannten Adresse findet sich laut Ortsplan ein Gasthaus  (Quelle: GoogleMap).

Das . Landesverwaltungsgericht  erachtet es als erwiesen, dass der Beschwerdeführer den von ihm gehaltenen PKW am Sonntag den 20.10.2013 um 14:40 Uhr auf der Innkreisautobahn mit einer  (bereits verkehrsfehlerberichtigten) Fahrgeschwindigkeit von 181 km/h gelenkt hat. Es ist jedoch  an einem Sonntag von einem geringen Verkehrsaufkommen auszugehen, sodass sich der Tatunwert dieser Übertretung in der Verletzung der Rechtsnorm erschöpft. Der Tatvorwurf basiert auf die beweissichere Messung mit einem gesetzlich geeichten Radarmessgerät. Beim Fahrzeug des Beschwerdeführers  handelt es sich offenkundig um einen leistungsstarken Sportwagen der Marke X.

Der Beschwerdeführer selbst wirkte in keinem Stadium des Verfahrens an diesem sachbezogen mit, so dass an seiner Lenkereigenschaft nicht gezweifelt wird. Der Beschwerdeführer beruft sich bloß auf sein Auskunftsverweigerungsrecht, wobei er übersieht, dass ihm nicht die Auskunftsverweigerung sondern die Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last liegt. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die nach bereits erlassener Strafverfügung an ihn noch gerichtete Aufforderung zur Lenkerauskunft rechtmäßig war. Es wird wohl davon ausgegangen werden müssen, dass mit der Bestrafung des StVO-Deliktes (Grunddeliktes) der staatliche Strafanspruch erschöpft ist, wenngleich auch die Rechtsmeinung obwalten mag, auch das Auskunftsverweigerungsdelikt als weiteren und eigenständigen Straftatbestand sanktionieren zu können. Dies scheint jedoch mit Blick auf den Grundsatz ne bis in idem problematisch, zumal logisch besehen die Beweisannahme der Fahrzeugführerschaft einer Anfrage nach § 103 Abs.2 KFG die sachliche Grundlage entzieht.

Faktum ist, dass die Behörde von der Fahrzeugführerschaft des Beschwerdeführers ausgegangen ist und diese mit ihrerseits durchaus plausiblen Überlegungen als erwiesen erachtet hat. Auch im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde ist der Beschwerdeführer bereits jegliche inhaltliche Einlassung in das Verfahren schuldig geblieben. Mit dem lapidaren Hinweis, nur ein Frontfoto als beweistauglich zu sehen, vermag er vor dem Hintergrund jeglicher Mitwirkungsverweigerung der behördlichen Beweiswürdigung nicht entgegen zu treten.

Nicht anders verhält sich die Beweislage im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wobei der Beschwerdeführer trotz persönlicher Ladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung  nicht erschienen war. In diesem Rahmen hätte er die Gelegenheit gehabt dem Landesverwaltungsgericht seine Verantwortung als Fahrzeughalter über die Verwendung seines Fahrzeuges plausibel darzulegen.

Seiner bloß bestreitenden Verantwortung kann daher nur der Charakter einer Schutzbehauptung zugemessen werden.

 

 

 

V. Rechtlich hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO 1960 darf  auf österreichischen Autobahnen grundsätzlich nicht schneller als 130 km/h gefahren werden.

In Verwaltungsstrafverfahren ist der maßgebliche Sachverhalt nach den §§ 37 ff AVG von Amts wegen zu ermitteln. Einer amtswegigen Ermittlung der Person, die ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat sind aber Grenzen gesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in derartigen Fällen mehrfach auf die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten bei der Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen (vgl. VwGH 08.02.1995, Zl. 94/03/0108 ua). Ein Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) darf sich demnach nicht darauf beschränken, die Lenkereigenschaft bloß zu bestreiten. Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten erfordert es vielmehr, dem Tatvorwurf konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und dafür auch entsprechende Beweise anzubieten (vgl. VwGH 28.09.1988, 88/02/0030 ua).

In lebensnaher Würdigung dieser Umstände gelangte daher auch die das Landesverwaltungsgericht zur Überzeugung, dass der letztlich nur der  zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erschienene und auch schon bisher am Verfahren inhaltlich nicht mitwirkende Beschwerdeführer als Lenker in Betracht kommt.

Von einer vom Fahrzeughalter ist nämlich nach gesicherter höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu erwarten, dass er zumindest nachvollziehbare Aspekte darzulegen in der Lage ist die dessen Lenkerschaft (Fahrzeugführerschaft) zumindest fraglich erscheinen lassen (vgl. VwGH 20.09.1996, 96/17/0320).

Wenn all das unterblieb bildet dies einen hinreichend schlüssigen Beweis dafür, dass offenbar nur er selbst als Lenker dieses  KFZ in Betracht kommt. Ein Rechtsanspruch auf ein das Gesicht eines Fahrzeuglenkers Frontfoto besteht nicht. Darauf kann auch keine Beweisregel gestützt werden.

So hat etwa der Verfassungsgerichtshof vom 22.9.2011, B1369/10, in einem vergleichbaren Fall unter Hinweis auf die Rechtsauffassung des EGMR ausgesprochen, dass eine unzulässige Überwälzung der Beweislast auf einen Lenker nicht vorliege, wenn der Betreffende am Verfahren nicht mitwirkt oder auch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung  nicht erscheint und die Berufungsbehörde demnach im Rahmen der Beweiswürdigung den Schluss zieht,  er selbst habe die Verwaltungsübertretung begangen.

Das bloß globale Bestreiten eines Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen in einem amtswegig eingeleiteten Verfahren löst keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt bzw. durch absolutes Untätigsein des Beschuldigten nicht durchführen kann (unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137, sowie VwGH 20.9.1996, 96/17/0320 mit Hinweis auf VwGH 6.12.1985, 85/18/0051).

Nichts zu gewinnen ist für den Beschwerdeführer mit seinen Judikaturhinweisen, welche sich allesamt auf die hier nicht verfahrensgegenständliche Auskunftsverweigerung bzw. eine darauf basierende Bestrafung und eine in diesem Zusammenhang vertretene Rechtsauffassung über die Zulässigkeit einer in Österreich als Verfassungsbestimmung normierten Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe an sich stützt.  Ebenso bezieht sich das Beschwerdevorbringen auf die rechtliche Zulässigkeit einer kumulativen Bestrafung sowohl nach dem StVO-Delikt, als auch gemäß dem hierfür den Aufforderungsgrund bildenden und hier unbeantwortet gebliebenen Auskunftsbegehrens gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967. All dies ist hier nicht Gegenstand des Verfahrens, sondern bloß das dem Beschwerdeführer  angelastende Geschwindigkeitsdelikt.

 

 

 

VI. Zur Strafzumessung:

Nach § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Berufungswerber gilt wohl laut Aktenlage als unbescholten, was einen Strafmilderungsgrund bildet. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

Nach § 99 Abs.2d StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 70 bis zu 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Vor diesem Hintergrund kann bei einem geschätzten Monatseinkommen von 3.000 Euro in der mit nur 120 Euro bemessen Geldstrafe ein Ermessensfehler nicht gesehen werden. Vielmehr ist die Geldstrafe objektiv besehen als deutlich zu niedrig angesetzt zu erachten, wobei jedoch die Behörde über § 49 Abs.2 VStG versagt ist die Strafe – selbst wenn sich im sogenannten ordentlichen Verfahren straferschwerende Umstände herausstellen sollten oder eben § 19 Abs.2 VStG letzter Satz dies indizieren sollte -  im Straferkenntnis zu korrigieren. Ebenfalls gilt im Beschwerdeverfahren das Verschlechterungsverbot.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen  (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

 

 

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. B l e i e r