LVwG-000005/8/AL/CJ

Linz, 05.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde der S B, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Perg, vom 24. September 2013, GZ. Pol96-172-2012, wegen Übertretungen des Oö. Hundehaltegesetzes zu Recht erkannt:

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 2) und 3) mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Strafe von 150 Euro auf 125 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Stunden), die Strafe von 100 Euro auf 75 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 3,6 Stunden) herabgesetzt wird; im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Spruchpunkte 2) und 3) bestätigt. Spruchpunkt 1) wird aufgrund der Beschwerde gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 1 und Z 2 VStG aufgehoben und die diesbezügliche Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

 

II.       Gemäß § 52 Abs 8 und Abs 9 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht zu leisten. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren vor der belangten Verwaltungsbehörde ist gem § 38 VwGVG iVm § 64 Abs 2 VStG auf 10% der Strafbeträge, sohin 12,5 Euro und 7,5 Euro, zu reduzieren.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Perg hat mit Straferkenntnis vom 24. September 2013, Z Pol96-172-2012, über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Oö. Hundehaltegesetz Geldstrafen von 70 Euro, 150 Euro sowie 100 Euro verhängt. Der Spruch dieses Straferkenntnisses lautet wie folgt:

 

" Sie haben es unterlassen,

 

1) den Rottweiler Ihrer Tochter N mit dem Rufnahmen 'X', Hundemarken-Nr. X, sowie einen weiteren Rottweiler in einer Weise zu führen, dass die beiden Hunde nicht an öffentlichen Orten und auf fremden Grundstücken unbeaufsichtigt herumlaufen können, indem die Hunde, welche ihren Befehlen nicht gehorchten, von einem Wiesengrundstück in den daran angrenzenden Wald laufen konnten und erst nach einigen Minuten wieder zurück kehrten und sich somit Ihrer Aufsicht entzogen haben.

Tatzeit: 15.11.2012, 16:37 Uhr

Tatort: Gemeindegebiet Ried/Riedmark, X

 

2) den Rottweiler Ihrer Tochter N mit dem Rufnahmen 'X', Hundemarken-Nr. X, sowie einen weiteren Rottweiler in einer Weise zu führen, dass Menschen nicht belästigt oder gefährdet werden, indem die beiden Rottweiler Herrn M B stellen und mit aufgestellten Haaren verbellen konnten und dabei auf Ihre Zurufe nicht reagierten.
Tatzeit: 15.11.2012, 16:39 Uhr

Tatort: Gemeindegebiet Ried/Riedmark, X

 

3) den Rottweiler Ihrer Tochter N mit dem Rufnahme 'X', Hundemarken-Nr. X, sowie einen weiteren Rottweiler in einer Weise zu führen, dass Tiere nicht gefährdet werden, indem die beiden Rottweiler ein Reh hetzen konnten.

         Tatzeit: 15.11.2012, 16:37 Uhr

Tatort: Gemeindegebiet Ried/Riedmark, X

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) § 15 Abs. 1 Ziff.2 iVm § 3 Abs.2 Ziff.3 Oö. Hundehaltegesetz idgF

2) § 15 Abs. 1 Ziff.2 iVm § 3 Abs.2 Ziff.1 Oö. Hundehaltegesetz idgF

3) § 15 Abs. 1 Ziff.2 iVm § 3 Abs.2 Ziff.1 Oö. Hundehaltegesetz idgF

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von                        falls diese uneinbringlich ist,             Freiheitsstrafe von            gemäß

                                    Ersatzfreiheitsstrafe von

1) 70,00 Euro                        1) 56 Stunden                                    ----                                    1) bis 3) § 15 Abs.2.

                                                                                                                        leg.cit.

2) 150,00 Euro                        2) 112 Stunden                        ----

3) 100,00 Euro                        3) 75 Stunden".

 

 

Überdies wurde die Bf gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 32 Euro verpflichtet.

 

I.2. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen an, dass sie auf Grund einer Anzeige des Herrn M B (Jagdschutzorgan des Genossenschaftsjagdgebietes Ried/Riedmark) vom 16.11.2012 von den der Bf vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen Kenntnis erlangt habe.

Nach Abklärung einiger offener Fragen und nachdem die Anzeige von einem Organ der öffentlichen Aufsicht erstattet worden sei, sei die Bf mit Strafverfügung vom 15.3.2013, ZI. Pol96-172-2012, wegen der im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführten Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafe von insgesamt 320 Euro bestraft worden.

Gegen diese Strafverfügung habe die Bf mit Schreiben vom 24.3.2013 Einspruch erhoben und ausgeführt, dass, als die Bf in der Nähe des Hochstandes 'X' unterwegs gewesen sei, alle Hunde angeleint gewesen wären. Weiters verweise die Bf darauf, dass bei der Annäherung des Herrn B alle Hunde zu bellen begonnen hätten. Da dies keine normale Reaktion der Hunde sei, sei daraus zu schließen, dass das Auftreten von Herrn B auf die Hunde bedrohlich gewirkt habe und das Zusammentreffen auch für die Bf unangenehm gewesen sei, da Herr B bei seiner Annäherung ohne vernünftigen Grund laut geschimpft habe. Weiters vermeinte die Bf bei Herrn B eine Abneigung gegen die Rasse der Rottweiler zu erkennen, da dieser sich in seiner Anzeige ausschließlich auf diese beiden Hunde beziehe.

 

Auf Grund dieses Einspruches sei Herr B zur zeugenschaftlichen Einvernahme zur Bezirkshauptmannschaft Perg geladen worden. In seiner zeugenschaftlichen Aussage vom 10.4.2013 habe Herr B die von ihm in der Anzeige angeführten Sachverhalte vollinhaltlich aufrecht erhalten und unter anderem die geäußerte Vermutung, er habe einen Hass auf die Rasse "Rottweiler", als Unterstellung zurückgewiesen. Ebenso habe er nochmals angeführt, dass die Hunde nicht angeleint gewesen wären und diese einige 100 m von der Bf entfernt gewesen und sich außerhalb ihres Einwirkungsbereiches aufgehalten hätten. Vielmehr hätte die Bf selbst ihm gegenüber auch angegeben, gesehen zu haben, dass die Hunde ein Reh gehetzt hätten. Er habe den gesamten Vorfall in der Anzeige wahrheitsgemäß und genau geschildert.

 

In weiterer Folge habe sich die Bf telefonisch zum Ergebnis der Beweisaufnahme geäußert und ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass offensichtlich lediglich den Ausführungen von Herrn B Glauben geschenkt werde. Schließlich sei am 24.4.2013 noch eine schriftliche Stellungnahme vom 20.4.2013 eingelangt, in welcher die Bf nochmals die ihr zur Last gelegten Taten bestritten und Herrn B mehr oder weniger der Lüge bezichtigt habe.

 

Zu ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen habe die Bf weder telefonisch noch schriftlich Angaben gemacht.

 

Nach Auffassung der belangten Behörde bezwecke das Oö. Hundehaltegesetz die Vermeidung von Gefährdungen und unzumutbaren Belästigungen von Menschen und Tieren durch Hunde sowie einen sicheren und verantwortungsbewussten Umgang mit Hunden.

Freilaufende Hunde, welche sich dem Einflussbereich der verantwortlichen Person entziehen, dabei sich nähernde Personen "stellen" und andere Tiere hetzen, stellten eindeutig eine Belästigung bzw. eine Gefährdung anderer Menschen oder Tiere dar.

 

Der vorliegende Sachverhalt sei auf Grund der Anzeige sowie der zeugenschaftlichen Aussage des Anzeigelegers, an deren Richtigkeit und Unbedenklichkeit die Behörde keinen Anlass zu zweifeln fand, als erwiesen anzusehen. Dies insofern auch deshalb, weil die Anzeigendarstellungen schlüssig nachvollziehbar seien und von der Bf auch nicht widerlegt worden seien. Vielmehr hätten sich die Angaben der Bf darauf beschränkt, die Tat abzustreiten und den Anzeigeleger der Lüge zu bezichtigen, ohne darauf einzugehen, warum dieser auch nur annähernd einen Grund haben sollte, falsche Angaben zu machen und auch die Folgen einer falschen Zeugenaussage auf sich zu nehmen.

 

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung käme naturgemäß einer Zeugenaussage, zumal wenn sie von einem Organ der öffentlichen Aufsicht - in diesem Fall Jagdschutzorgan – gemacht worden sei, eine besondere Glaubwürdigkeit zu, da der Zeuge unter Wahrheitsverpflichtung stehe. Demgegenüber kann sich der Beschuldigte in jede Richtung äußern ohne Konsequenzen fürchten zu müssen, weshalb die Behauptungen der Bf als Schutzbehauptungen angesehen würden. Die Bf habe somit durch den vorliegenden Sachverhalt den im Spruch genannten Tatbestand verwirklicht und diesen verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, insofern keine Umstände vorlägen, die geeignet wären, das gesetzwidrige Verhalten zu rechtfertigen oder zu entschuldigen.

 

Die verhängte Strafe entspreche dem Ausmaß des Verschuldens.

Erschwerende Umstände lägen nicht vor. Die Tatsache, dass die Bf den in der Anzeige angeführten zweiten Rottweiler bereits seit geraumer Zeit gehalten habe, ohne diesen dem Bürgermeister der Marktgemeinde Ried/Riedmark zu melden, sei Gegenstand eines weiteren Verwaltungsstrafverfahrens und fände hier keinen Niederschlag. Die festgesetzte Geldstrafe erscheine tat- und schuldangemessen. Mildernd sei die Tatsache gewertet worden, dass zum Tatzeitpunkt im hs. Verwaltungsvorstrafenregister keine einschlägige Vormerkung aufscheine.

 

 

I.3.1. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 die
 – rechtzeitige – Berufung samt dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, gilt die Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1
B-VG und kann das Verfahren gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG von der zuständigen Richterin des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden.

 

I.3.2. Begründend führt die Bf in ihrem Rechtsmittel aus, dass das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte nach angefochten werde. Der Behörde erster Instanz sei insbesondere eine unrichtige Beweiswürdigung und schließlich eine unrichtige rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes vorzuwerfen.

 

Zum Tatvorwurf 1.) wird vorgebracht, dass die Hunde nicht unbeaufsichtigt herumgelaufen seien. Die Hunde wären weder entkommen, noch wären diese alleine unterwegs, sondern sie seien mit der Bf unterwegs gewesen und somit nicht unbeaufsichtigt. Der Bf sei somit keine Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 2 Ziffer 3 Oö. Hundehaltegesetz vorzuwerfen.

 

Zum Tatvorwurf 2.) wird vorgebracht, dass eine Gefährdung des M B keinesfalls vorgelegen habe. Auch B selbst verneine dies in seiner E-Mail an die Behörde erster Instanz vom 22.11.2012.

Eine Belästigung des M B wäre seitens der Behörde erster Instanz unter § 3 Abs 2 Ziffer 2 Oö Hundehaltegesetz zu subsumieren gewesen und nicht unter § 3 Abs 2 Ziffer 1 Hundehaltegesetz. Eine abzustrafende Belästigung des M B habe ebenfalls nicht vorgelegen, weil eine allfällige Belästigung nicht über das zumutbare Maß hinaus vorgelegen habe. Bei M B handle es sich offensichtlich um eine mit Tieren und Hunden vertraute Person. Das Verhalten der Hunde erschöpfe sich in einem lediglichen lauten Bellen und Aufstellen der Haare, was eine übliche Reaktion als Verteidigung für die Berufungswerberin und auf die verbalen Attacken des M B darstellte (Aufmerksamkeits- und/oder Verteidigungsbellen).

Sohin sei der Tatbestand des § 3 Abs 2 Ziffer 2 Hundehaltegesetz nicht erfüllt.

 

Zum Tatvorwurf 3) wird schließlich vorgebracht, dass die Behörde erster Instanz es unterlassen habe, die näheren Umstände zu eruieren, insbesondere in welchem Abstand M B sich zum behaupteten Tatgeschehen, Hetzen eines Rehs, befunden habe. Fraglich sei, ob er aus einer doch deutlichen Entfernung zum Geschehen und angesichts der vorhandenen Dämmerung tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Vorfall, wie von ihm geschildert, wahr zu nehmen. Wäre ein Hetzen des Rehs tatsächlich vorgelegen, so hätte dies wohl auch die Bf selbst wahrnehmen müssen. Sohin sei auch der Tatbestand des § 3 Abs 2 Ziffer 3 Oö Hundehaltegesetz aus Mangel an Beweisen nicht erfüllt.

 

Letztlich mangle es allen drei Tatvorwürfen an einem Verschulden der Bf. Auch sei die von der Erstbehörde verhängte Strafe nicht tat- und schuldangemessen. Die Bf sei unbescholten und weise einen ordentlichen Lebenswandel auf. Sie sei als gesellschaftlich voll integrierter, verantwortungsbewusster und hilfsbereiter Mensch bekannt. Weiters seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bf zu berücksichtigen, woraus sich wesentlich geringere Geldstrafen ergäben.

 

Es werde daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das zugrunde liegende Verwaltungsstrafverfahren gegen die Bf einzustellen, in eventu möge das angefochtene Straferkenntnis behoben und die Angelegenheit an die Behörde erster Instanz zur Verfahrensergänzung bzw. neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides/ Straferkenntnisses zurückverwiesen werden, in eventu möge in der Sache selbst entschieden und das Straferkenntnis insbesondere dahingehend abgeändert werden, dass tat- und schuldangemessene und unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse festgesetzte Geldstrafen erlassen werden.

 

II. Gemäß § 2 VwGVG hat das OÖ. Landesverwaltungsgericht in der verfahrensgegenständlichen Sache durch eine Einzelrichterin zu entscheiden.

 

Gemäß § 44 VwGVG wurde am 24. April 2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die durchgeführte mündliche Verhandlung sowie durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde und die vorliegenden Schriftsätze.

 

Die Bf führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass die beiden Rottweiler im vorgeworfenen Tatzeitraum an sog. Laufleinen geführt worden seien, die sie so adaptiert hätte, dass sie sie am Bauch befestigen konnte. Mit diesen Laufleinen könnten sich die Rottweiler ca. 5 Meter von der Bf entfernen. Den Mischlingshund habe die Bf an einer Handleine geführt, da dieser bereits älter und leicht an der Handleine zu führen sei.

 

Demgegenüber führte das Jagdschutzorgan aus, dass die freilaufenden Rottweiler ein Reh jagten und danach ihn selbst in einem Abstand von etwa 50 Metern zum Hochstand "verbellt" hätten; erklärend ergänzte das Jagdschutzorgan, dass sich die Hunde links und rechts vor ihm aufgestellt hätten und in kurzer Distanz zu ihm mit dem Kopf in seine Richtung stehend ihn laut angebellt hätten. Die Rottweiler waren seinen Ausführungen zufolge "definitiv nicht angeleint".

 

Im Rahmen der durchzuführenden Beweiswürdigung kommt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu dem Ergebnis, dass diesbezüglich dem Jagschutzorgan Glauben zu schenken ist. Insbesondere ist es sehr auffällig, dass die Bf in ihrer Berufungsschrift mit keinem Wort dementierte, dass die Rottweiler frei gelaufen wären; vielmehr finden sich in diesem Schriftsatz sogar noch Ausführungen, dass eine Leinenpflicht gerade nur an "öffentlichen Orten im Ortsgebiet" vorgeschrieben sei, "was im Konkreten nicht vorlag". Dass die Bf in der mündlichen Verhandlung schließlich ein Führen an der Leine vorbrachte, ist daher schon aus diesem Grund als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren. Weiters hat die Bf festgestellt, dass sich die etwa 5 Meter langen Leinen bei den jungen und doch energiereichen Hunden des Öfteren verknoten würden, dass sich diese allerdings von selbst wieder entknoteten, da die Hunde eben in wechselseitiger Richtung immer wieder auseinanderspringen würden; es sei ihr noch nie passiert, dass die Leinen so verheddert gewesen wären, dass sie selbst ein Entknoten vornehmen hätte müssen. Auch dies scheint vor dem Hintergrund, dass es sich um junge aktive Hunde handelte, nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht schlüssig. Vielmehr geht die erkennende Richterin davon aus, dass während der Rauchpause der Bf frei herumtollende Hunde mit Leinenlängen von 5 Metern jedenfalls so herumspringen, dass ein Verknoten der Leinen mit hoher Wahrscheinlichkeit eintritt und sich die Hunde kaum aus eigenem Verhalten heraus entknoten können. Auch dies veranlasst die erkennende Richterin zu der Annahme, dass die Bf die beiden Rottweiler im vorgeworfenen Tatzeitraum – so wie zu früheren Zeitpunkten auch schon (wie von der Bf selbst in der mündlichen Verhandlung festgestellt) – jedenfalls frei laufen hat lassen. Schließlich ist auch noch zu berücksichtigen, dass es für die erkennende Richterin nicht vorstellbar ist, wie eine zierliche Frau wie die Bf zwei junge, aktive und kräftige Hunde von stattlicher Größe, an Leinen gehalten im Zaum halten kann, wenn sie etwa ihrem spontan einfallenden und naturgemäß vorliegenden Erforschungsinstinkt (etwa angeregt durch ein auftauchendes Reh) nacheifern. Im Übrigen sind die Darstellungen des Jagdschutzorganes schlüssig und nachvollziehbar dargelegt.

 

Zur Frage, ob die beiden Rottweiler ein Reh gehetzt haben, ist ebenfalls den Ausführungen des Jagdschutzorganes Glauben zu schenken. Mag es auch tatsächlich bereits dämmrig gewesen sein, so ist doch davon auszugehen, dass auch bei Dämmerlicht eine derartige Hetzjagd in einem Abstand von etwa 200 bis 250 Metern für einen Beobachter wahrnehmbar ist. Die Ausführungen des Jagdschutzorganes, dass die Hunde das Reh in einem Abstand von etwa 40 Metern vor sich hergejagt hätten, bis dieses schließlich im Waldrand verschwunden sei, sind auch durchaus nachvollziehbar und entsprechen nicht zuletzt auch der allgemeinen Lebenserfahrung. So scheint es durchaus schlüssig, dass junge, aktive Hunde, die im freien Gelände frei laufen können, durchaus ihrem Jagdinstinkt nachgehen – ein Instinkt, der im Übrigen selbst bei Jagdhunden einer besonderen Schulung bedarf, um ihn einigermaßen in den Griff zu bekommen. Auch scheint es durchaus nachvollziehbar, dass auf freiem Felde am Waldrand ein Reh auftaucht.

 

Hinsichtlich der Frage des anschließenden "Verbellens" des Jagdschutzorganes durch die beiden Rottweiler ist ebenfalls das Jagdschutzorgan glaubwürdiger. Auch diesbezüglich sind dessen Ausführungen schlüssig. Im Gegensatz dazu führte die Bf in ihrem Schriftsatz noch aus, dass sich das Verhalten der Rottweiler "in einem lediglich lauten Bellen und Aufstellen der Haare" erschöpft habe, "was eine übliche Reaktion als Verteidigung für die [Bf] und auf die verbalen Attacken des M B darstellte (Aufmerksamkeits- und/oder Verteidigungsbellen)". In der mündlichen Verhandlung führte die Bf demgegenüber aus, dass die beiden Rottweiler das Jagdschutzorgan, das sich – interessanter Weise auch von den Hunden – unbemerkt auf etwa 10 Meter Distanz nähern konnte, nur "begrüßen wollten und aus diesem Grund angebellt hätten". Das Jagdschutzorgan hätte nach den ersten Ausführungen der Bf "laut geschimpft", als es auf sie und die Hunde zukam; auf Nachfrage durch die Richterin, dass das Jagdschutzorgan ihren ursprünglichen Angaben zu Folge laut geschimpft habe und es daher überrasche, dass sie und die Hunde das Jagdschutzorgan erst etwa 10 Meter entfernt wahrnahmen, führte die Bf demgegenüber schließlich aus, weil sie erst in dieser Entfernung des Jagdschutzorganes wahrgenommen habe, dass er "vor sich hin murmle". Diese offensichtlichen Widersprüchlichkeiten in der mündlichen Verhandlung und der im Vergleich zu den schriftlichen Ausführungen der Bf doch erkennbar deutliche "Strategie"-Wechsel in ihren Verteidigungsargumenten führen in einer Gesamtbetrachtung auch in diesem Punkt zum Ergebnis, dass die erkennende Richterin von einem tatsächlichen "Verbellen" des Jagdschutzorganes durch die beiden Rottweiler im vorgeworfenen Tatzeitraum ausgeht, bei dem das Jagdschutzorgan – in nachvollziehbarer Weise – "kein gutes Gefühl" hatte.

 

Dass das Jagdschutzorgan – wie von der Bf wiederholt vorgebracht – etwas gegen die Rasse "Rottweiler" hätte und deswegen falsche Anschuldigungen artikulierte, ist für die erkennende Richterin nicht nachvollziehbar. Vielmehr scheint es, dass die Bf dies als Mittel einsetzt, der von ihr behaupteten mangelnden Glaubwürdigkeit des Jagdschutzorganes mehr Nachdruck zu verleihen. Mag sie auch tatsächlich bereits derartige negative Erfahrungen mit der abneigenden Haltung der Gesellschaft dieser Hunderasse gegenüber gemacht haben, so ist eine derartige Haltung des Jagdschutzorganes und eine daraus resultierende ungerechtfertigte Anschuldigung der Bf und ihrer Hunde für die entscheidende Richterin in keiner Hinsicht erkennbar.

 

Was schließlich die Frage betrifft, ob die beiden Rottweiler – wie in Spruchpunkt 1) des in Rede stehenden Straferkenntnisses vorgeworfen – in den "angrenzenden Wald laufen konnten und erst nach einigen Minuten wieder zurück kehrten und sich somit [der] Aufsicht [der Bf] entzogen haben", hat die mündliche Verhandlung eindeutig ergeben, dass sich die Hunde nur ausgesprochen kurz im Wald aufgehalten haben. So führte das Jagdschutzorgan selbst aus, dass sich die beiden Rottweiler "nicht lange im Wald befunden hätten". Die beiden Hunde waren demnach nach Auffassung der erkennenden Richterin fast durchgängig in Sicht und Rufweite der Bf – was im Übrigen auch vom einvernommenen Zeugen nicht bestritten wurde.

 

III.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht daher zusammengefasst von folgendem – für das gegenständliche Verfahren relevanten – Sachverhalt aus:

Die Bf ging am 15.11.2012 gegen 16.30 Uhr bei Dämmerung in X mit drei Hunden – einem Hirtenmischling namens "S" und zwei Rottweilern namens "X" und "S" – auf einem frei zugänglichen Feldweg spazieren. Die beiden Rottweiler waren zu diesem Zeitpunkt junge, aktive Hunde im Alter von etwa einem Jahr. Bei dem genannten Hochstand legte die Bf eine Rauchpause ein. Während dieser Pause waren die Rottweiler ohne Leine. Die beiden Hunde liefen einem Reh hinterher und jagten es in den angrenzenden Waldrand. Das ganze Geschehen wurde von einem Jagdschutzorgan beobachtet, welches aus diesem Grund auf die Bf – die sich in einer kurzen Entfernung von etwa ein bis zwei Gehminuten befand – beim Hochstand zuging. Die Hunde kehrten unterdessen zum Hochstand zurück und stellten sich links und rechts versetzt vor dem Jagdschutzorgan auf und "verbellten" dieses. Durch Zurufe hat die Bf deswegen versucht, die Hunde zu beruhigen; erst nach mehrmaligen Zurufen hörten die Hunde zu bellen auf, woraufhin das Jagdschutzorgan seinen Weg zum Hochstand fortsetzte. Die Hunde liefen ebenfalls zum Hochstand. Dort angekommen führte das Jagdschutzorgan mit der Bf ein Gespräch bzgl. des Verhaltens der beiden Rottweiler.

III.2. Die maßgebliche Rechtslage des Oö. Hundehaltegesetzes 2002, LGBl 147/2002, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl 124/2006 (in der Folge: Oö. HundehalteG 2002), lautet wie folgt:

Eine Verwaltungsübertretung begeht gem. § 15 Abs 1 Z 2, wer einen Hund entgegen der Bestimmungen des § 3 Abs 1 und 2 hält. Nach § 15 Abs 2 sind Verwaltungsübertretungen grundsätzlich von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen.

§ 3 Abs 2 Oö. HundehalteG 2002 normiert, dass ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen ist, dass

1.   Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, oder

2.   Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden, oder

3.   er an öffentlichen Orten oder auf fremden Grundstücken nicht unbeaufsichtigt herumlaufen kann.

 

IV.1.1. Zum Vorwurf, dass die beiden Hunde im Wald unbeaufsichtigt waren:

 

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II. dargelegt, waren die beiden Hunde fast durchgehend in Sicht- und Rufweite der Bf. Der Umstand, dass die beiden Hunde während der Jagd des Rehs einen kurzen Moment im Wald außer Sichtweite gewesen sind, ist dabei nach Auffassung der erkennenden Richterin nicht als "unbeaufsichtigtes Herumlaufen" im Sinne des § 3 Abs 2 Z 3 leg.cit. zu qualifizieren. Dass es sich tatsächlich nur um einen ausgesprochen kurzen Moment handelte, in dem die Hunde im Wald verschwunden waren, ergibt sich dabei eindeutig aus den Ausführungen des Jagdschutzorganes in der mündlichen Verhandlung. Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses formulierte Annahme, dass die Hunde "erst nach einigen Minuten wieder zurück kehrten", trifft demnach nicht zu.

 

Da somit schon das objektive Tatbild des § 3 Abs 2 Z 3 Oö. HundehalteG 2002 nicht erfüllt ist, war der diesbezügliche Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

 

IV.1.2. Zum Vorwurf, dass die beiden Hunde ein Reh hetzten:

 

Für die erkennende Richterin steht unzweifelhaft fest, dass die beiden Rottweiler der Bf im vorgeworfenen Tatzeitraum ein Reh in den angrenzenden Waldrand hetzten. Ein solcher Vorgang stellt die Gefährdung des Rehs durch die Hunde der Bf dar. Diese Gefährdung manifestiert sich in eindrücklicher Weise durch den Umstand, dass das Reh aufgeschreckt in den Wald lief. Aus Angst vor den Hunden ergriff das Reh daher die Flucht. Hätten die Hunde das Reh erreicht, so ist aus der allgemeinen Lebenserfahrung heraus davon auszugehen, dass diesem jedenfalls Verletzungen zugefügt worden wären, wenn die Hunde es nicht überhaupt getötet hätten. Es bestand somit eine ganz akute konkrete Gefährdung des Rehs durch die Hunde der Bf. Sohin liegt eine von der Bf zu verantwortende Übertretung der oben erwähnten Bestimmung des Oö. HundehalteG 2002 vor: Die Bf hat ihre beiden Hunde nicht in der gemäß § 3 Abs 2 Z 1 Oö. HundehalteG 2002 geforderten Weise beaufsichtigt, verwahrt oder geführt, dass Tiere durch die Hunde nicht gefährdet werden.

 

Die Bf hat damit das objektive Tatbild des § 3 Abs 2 Z 1 Oö. HundehalteG 2002 unzweifelhaft erfüllt.

 

IV.1.3. Zum Vorwurf, dass die beiden Hunde das Jagdschutzorgan "verbellten":

 

Ebenfalls unzweifelhaft steht fest, dass die beiden Rottweiler das Jagdschutzorgan in kurzer Distanz stehend verbellten. Wie das Jagdschutzorgan in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar festhielt, hat diese konkrete Situation, "wo zwei große Hunde vor einem stehen und einen anbellen", jedenfalls Unbehagen hervorgerufen. Das Verbellen durch zwei große Hunde reicht über eine bloße Belästigung hinaus; vielmehr ist aufgrund der instinktiven Schutzhaltung der Hunde die Gefahr eines Angriffs auf die verbellte Person naheliegend. Auf die subjektive Einschätzung des Betroffenen kommt es dabei nicht an. Selbst wenn das Unbehagen des Jagdschutzorganes im vorliegenden Fall daher subjektiv betrachtet als bloße Belästigung empfunden worden wäre, lag im konkreten Verbellen dennoch objektiv betrachtet – aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung gemessen an objektiven Kriterien – die potentielle Gefährdung des Jagdschutzorganes durch die Hunde vor.

 

Das objektive Tatbild des § 3 Abs 2 Z 1 Oö. HundehalteG 2002 ist daher auch in diesem Fall unzweifelhaft erfüllt und wurde das konkrete Verhalten von der belangten Behörde in ihrem Spruch zu Recht unter diese Bestimmung subsumiert.

 

Das Argument des Vertreters der Bf, dass es sich bei den genannten Vorwürfen lediglich um ein Delikt handle, und daher gegebenenfalls auch nur eine Strafe verhängt werden dürfe, geht dabei ins Leere. So wurde – sogar in zeitlich klarer Abgrenzung voneinander – einerseits durch die Ermöglichung des Hetzens des Rehs und andererseits erst im Anschluss daran daraufhin des Verbellens des Jagdschutzorganes von der Bf jeweils ein entsprechendes Einschreiten zur jeweiligen Verhinderung unterlassen. Damit liegen zwei klar trennbare Sachverhalte vor, die jeweils eigenständig für sich betrachtet beurteilt werden müssen, im Übrigen auch zu unterschiedlichen Gefährdungen – des Wildes einerseits, des Jagdschutzorganes andererseits – führten und daher gegebenenfalls sehr wohl einzeln für sich betrachtet strafbar sind.

 

IV.2. Zum Deliktscharakter des § 3 Abs 2 Z 1 Oö. HundehalteG 2002 hat schon der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wiederholt festgehalten, dass es sich dabei um ein Gefährdungsdelikt handelt (zB Oö. UVS VwSen-300792/2/Wei vom 26.8.2008). Diese Bestimmung setzt daher einen konkreten Gefährdungserfolg (im Sinne eines besonderen Naheverhältnisses zur drohenden Rechtsgutsverletzung) durch die Hunde als in der Außenwelt erkennbaren Erfolg voraus. Demnach handelt es sich nicht um ein bloßes Ungehorsamsdelikt, auf das die Beweisregel des § 5 Abs 1 Satz 2 VStG anwendbar gewesen wäre. Es war daher auch nicht Sache der Bf, sich zu entlasten, vielmehr war der objektive und subjektive Tatbestand von Amts wegen zu erheben:

Der Bf ist das Außerachtlassen der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt jedenfalls vorzuwerfen, weshalb zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen ist. Die freilaufenden Rottweiler konnten ungehindert ein Reh hetzen und im Anschluss daran das Jagdschutzorgan verbellen. Die nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Einhaltung der objektiven Sorgfaltspflicht heranzuziehende Maßfigur des einsichtigen und besonnenen Menschen, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat, aus dem Verkehrskreise der Hundehalter hätte in der konkreten Situation zwei junge und energievolle Hunde, deren Jagdinstinkt noch besonders ausgeprägt und nicht kontrollierbar ist, etwa an eine (kurze) Leine genommen, gegebenenfalls – da Hunde im Rudelverhalten noch weniger kontrollierbar sind – die Hunde einzeln zu Spaziergängen geführt oder allenfalls auch eine andere Spazierroute – nicht durch das freie Gelände (wo mit Wild und anderen Ablenkungen naturgemäß zu rechnen ist) – gewählt. Diese Sorgfaltsübung wäre der Bf auch subjektiv möglich und zumutbar gewesen. Der Bf ist daher jedenfalls Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Die Vorfälle hätten allein dadurch verhindert werden können, dass beide Hunde dem Sorgfaltsmaßstab entsprechend geführt worden wären. Eben dies war aber mangels entsprechend geübter Sorgfalt der Bf nicht der Fall, weshalb diese die angelasteten Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten hat.

IV.3. Gemäß § 19 Abs 1 VStG iVm § 38 VwGVG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus verlangt § 19 Abs 2 VStG für das ordentliche Verfahren die Berücksichtigung und Abwägung einer Reihe weiterer Umstände.

 

 

Nach § 19 Abs 2 VStG iVm § 38 VwGVG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der von der belangten Behörde verhängte Strafbetrag von 150,- Euro und 100,- Euro liegt zwar im ganz untersten Bereich des Strafrahmens des § 15 Abs 2 Oö. HundehalteG 2002 von bis zu 7.000,- Euro. Die konkret verhängte Strafe ist allerdings nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichtes ob der zugrundezulegenden, besonders niedrigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse (kein Vermögen; monatliche Pension von etwa 620,- Euro; keine Sorgepflichten) dennoch zu hoch, weswegen eine Herabsetzung der Strafen auf 125,- Euro und 75,- Euro im vorliegenden Fall jedenfalls schuldangemessen ist. Eine weitere Reduktion der Strafe war mangels entsprechender Einsichtigkeit der Bf, die im Gegenteil die Begehung der Taten in der mündlichen Verhandlung bis zum letzten Moment in nicht glaubwürdiger Form vehement leugnete, nach Auffassung der erkennenden Richterin allerdings nicht möglich. Straferschwerungsgründe liegen keine vor, wenngleich sehr wohl zu berücksichtigen war, dass – wie sich aus dem vorliegenden Verfahrensakt ergibt – die Bf bereits wiederholt aufgefordert worden war, bei der von ihr gewählten Spazierroute über den Feldweg die beiden Rottweiler effektiver zu beaufsichtigen. Strafmildernd war entsprechend den Ausführungen der belangten Behörde die Unbescholtenheit der Bf zu werten.

Die Anwendung des zum Tatzeitpunkt in Geltung stehenden § 21 Abs 1 VStG aF (bzw. der nunmehrigen Bestimmung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG) kam nicht in Betracht, da dem Oö. Landesverwaltungsgericht ein Zurückbleiben hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt nicht ersichtlich ist.

V. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Lukas