LVwG-600188/9/Zo/CG/SA LVwG-600189/9/Zo/CG/SA

Linz, 22.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerden des Herrn F G, geb. X, X, vom 12.02.2014 gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13.01.2014, Zlen. VerkR96-6386-2013 (LVwG-600188) sowie VerkR96-6345-2013 (LVwG-600189), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.04.2014

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Beide Beschwerden werden abgewiesen und die angefochtenen Straferkenntnisse vollinhaltlich bestätigt.

 

 

II.       Der Beschwerdeführer hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für die Beschwerdeverfahren jeweils einen Kostenbeitrag in Höhe von 145,20 Euro (jeweils 20 % der verhängten Geldstrafe), insgesamt daher 290,40 Euro zu bezahlen.

 

III.        Es ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof  zulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I:

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat dem Beschwerdeführer im Straferkenntnis zu Zl. VerkR96-6386-2013 vorgeworfen, dass er am 20.08.2013 um 17.05 Uhr in Munderfing auf der B 147, bei Strkm. 11,850, den PKW mit dem Kennzeichen X, auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreffenden Klasse oder Unterklasse, in die das gelenkte Kraftfahrzeug fällt, war, da ihm diese mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13.05.2013, Zl. VerkR21-559-2012, entzogen worden war. Dieser Vorfall wird vom Landesverwaltungsgericht OÖ. zu Zl. LVwG-600188 bearbeitet.

 

Im Straferkenntnis zu Zl. VerkR96-6345-2013 hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn dem Beschwerdeführer eine weitere „Schwarzfahrt“ mit demselben PKW am 26.08.2013 um 16.08 Uhr in Mattighofen, Postgasse 11, vorgeworfen (hs. Zl. LVwG-600189).

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat dem Beschwerdeführer in beiden Fällen eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs.3 FSG vorgeworfen, wobei sie jeweils Geldstrafen von 726 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) gemäß § 37 Abs.1 und Abs.4 Z.1 FSG verhängt hat. Weiters hat sie den Beschwerdeführer zur Zahlung von Verfahrenskosten in Höhe von jeweils 72,60 Euro verpflichtet.

 

2.           In den dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerden führte der Beschwerdeführer zum Vorfall vom 20.08.2013 (VerkR96-6386-2013 bzw. LVwG-600188) zusammengefasst aus, dass die Vorwürfe falsch seien. Er habe an diesem Tag kein Kraftfahrzeug gelenkt und daher keine Übertretung begangen. Obwohl der unschuldig sei, habe die BH Braunau falsche Strafverfügungen ausgestellt. Die BH würde ihm noch immer 10.000 Euro schulden und ihm die gestohlenen Gegenstände nicht zurückgeben.

 

Zum Vorfall vom 26.08.2013 (Zl. VerkR96-4345-2013 bzw. LVwG-600189) gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er dreimal bei der Polizei mündlich bzw. telefonisch vorgesprochen habe, weil er den Führerschein verloren habe. Zweimal sei ihm geantwortet worden, dass er eine Verlustanzeige machen solle, ein Polizist habe ihm gesagt, dass eine solche Anzeige keinen Sinn mache. Es sei auch nicht richtig, dass er versucht habe, bei der Amtshandlung Widerstand zu leisten. Es habe lediglich ein Handgemenge gegeben, weil er sich den Autoschlüssel und den Personalausweis nicht stehlen lasse.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Beschwerden ohne Beschwerdevorentscheidungen dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergab sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.04.2014. An dieser haben der Beschwerdeführer und ein Vertreter der Verwaltungsbehörde teilgenommen und es wurden die Polizeibeamten GI. H und GI. S zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13.05.2013, Zl. VerkR21-559-2012 die Lenkberechtigung entzogen. Eine Berufung gegen diesen Bescheid wurde vom UVS OÖ. mit der Maßgabe abgewiesen, dass dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung bis zur Erfüllung seiner Verpflichtung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, entzogen wurde. Der damalige Anlass für dieses Verfahren waren Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Der Beschwerdeführer hat sich bis zur mündlichen Verhandlung nicht amtsärztlich untersuchen lassen.

 

Den Vorfall vom 26.08.2013 bestritt der Beschwerdeführer inhaltlich nicht. Zum 20.08.2013 gab er an, dass er damals einem Bekannten seinen PKW geliehen habe. Dieser habe den PKW zurückgebracht, wobei er ihn mit laufendem Motor in seiner Einfahrt habe stehen lassen, weil er dringend die Toilette habe aufsuchen müssen. Aus diesem Grund habe er selbst den PKW lediglich auf seiner Einfahrt in Richtung Garage gelenkt und ihn dort abgestellt. Als er gerade aus dem Fahrzeug ausgestiegen sei, sei die Polizei gekommen und habe ihn nach dem Zulassungsschein gefragt. Er habe dem Polizisten den Zulassungsschein ausgehändigt, auf den Umstand, dass er selbst den PKW nur in der Zufahrt gelenkt habe, habe er nicht aufmerksam gemacht. Von der Polizei sei er auch nicht darauf angesprochen worden, dass er mit dem PKW nicht habe fahren dürfen bzw. dass ihm die Lenkberechtigung entzogen sei. Er habe deshalb seinen Bekannten nicht erwähnt, dieser habe sich die gesamte Zeit über im Haus – vermutlich auf der Toilette – befunden. Auch in der mündlichen Verhandlung war der Beschwerdeführer nicht bereit, den Namen dieses Bekannten mitzuteilen.

 

Der Meldungsleger GI. H schilderte den Vorfall zusammengefasst dahingehend, dass ihnen während einer Streifenfahrt der PKW des Beschwerdeführers auf der B 147 im Bereich des Ortsendes Munderfing entgegengekommen sei. Er habe sowohl den PKW als auch den Lenker selbst erkannt und gewusst, dass dieser nicht im Besitz einer Lenkberechtigung sei. Deshalb hätten sie den Streifenwagen gewendet und seien dem Fahrzeug nachgefahren, wobei sie es kurz aus den Augen verloren hätten. Sie hätten das Fahrzeug erstmals wieder gesehen, als dieses bereits in der Zufahrt des Hauses stand, zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer gerade vom Fahrersitz aus dem PKW ausgestiegen. Er habe den Beschwerdeführer dann darauf angesprochen, dass er nicht im Besitz einer Lenkberechtigung sei und deshalb nicht mit dem PKW fahren dürfe, der Beschwerdeführer habe jedoch sinngemäß nur geäußert, dass er den Führerschein habe und sich diesen nicht wegnehmen lasse. Einen anderen Lenker habe der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt erwähnt. Sowohl zum Zeitpunkt des Gegenverkehrs als auch während der Amtshandlung in der Einfahrt des Beschwerdeführers habe sich keine weitere Person im Fahrzeug oder in der Nähe befunden.

 

Der Zeuge GI. S schilderte den Vorfall im Wesentlichen gleichlautend, wobei dieser offenbar nicht mehr eine so detaillierte Erinnerung wie sein Kollege an den Vorfall hatte. Dies ist vor dem Hintergrund verständlich, dass der Zeuge S Lenker des Streifenwagens war und die Amtshandlung von seinem Kollegen geführt wurde.

 

Die Frage, ob der Polizeibeamte H bei der Amtshandlung den Zulassungsschein vom Beschwerdeführer verlangt hat oder nicht, ist für die Beurteilung nicht weiter von Bedeutung. Die Kontrolle des Zulassungsscheines gehört zu den Standardtätigkeiten im Rahmen einer Verkehrskontrolle, weshalb es durchaus nachvollziehbar wäre, wenn der Polizist den Zulassungsschein auch von einer Person verlangt, welche er kennt und von der er weiß, dass ihm das Fahrzeug gehört.

 

4.2. Zu diesen unterschiedlichen Angaben ist in freier Beweiswürdigung folgendes anzuführen:

 

Es ist glaubwürdig und nachvollziehbar, dass beiden Polizeibeamten der Beschwerdeführer persönlich bekannt ist, sie wussten, dass er nicht im Besitz einer Lenkberechtigung ist und ihnen auch dessen PKW bekannt war. Eine Verwechslung mit einem anderen Fahrzeuglenker kann schon deshalb ausgeschlossen werden, weil sich der Lenker alleine im Fahrzeug befand und der Beschwerdeführer gerade vom Fahrersitz aus aus dem PKW ausgestiegen ist, als die Polizeibeamten ihn wieder erblickt haben. Hätte es tatsächlich den vom Beschwerdeführer angeführten anderen Lenker gegeben, so wäre es naheliegend gewesen, wenn der Beschwerdeführer die Polizisten gleich auf diesen Umstand hingewiesen hätte. Letztlich war der Beschwerdeführer nicht einmal in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht bereit, diesen angeblichen Lenker bekannt zu geben. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass es diesen angeblichen zweiten Lenker gar nicht gibt und der Beschwerdeführer sein Fahrzeug selbst gelenkt hat.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

5.1. Gemäß § 1 Abs.3 FSG sind das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs.5, nur mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt.

 

5.2. Dem Beschwerdeführer wurde die Lenkberechtigung rechtskräftig bis zu jenem Zeitpunkt entzogen, an dem er seiner Verpflichtung nachkommt, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen. Dieser Verpflichtung war er zum Zeitpunkt der beiden Vorfälle noch nicht nachgekommen, weshalb er nicht im Besitz einer Lenkberechtigung der Klasse B war. Dennoch hat er den PKW in beiden Fällen selbst gelenkt und damit die ihm vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

5.3. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass ihm von Polizisten die Auskunft erteilt worden sei, er müsse eine Verlustanzeige machen, kann ihn nicht entschuldigen. Diese Auskunft ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass er selbst lediglich behauptet hatte, den Führerschein verloren zu haben. Es musste ihm aber aufgrund der Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn sowie der Berufungsentscheidung bewusst sein, dass er nicht im Besitz einer Lenkberechtigung ist. Er hat daher zumindest fahrlässiges Verhalten zu verantworten.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 37 Abs.1 FSG begeht, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheide oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36,00 Euro bis zu 2.180,00 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

 

Gemäß § 37 Abs.4 FSG ist eine Mindeststrafe von 726 Euro zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl

1.   die Lenkberechtigung entzogen wurde oder

2.   gemäß § 30 Abs.1 ein Lenkverbot ausgesprochen wurde.

 

Der Beschwerdeführer weist mehrere rechtskräftige verkehrsrechtliche Vormerkungen auf, weshalb ihm der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht zu Gute kommt. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Zugunsten des Beschwerdeführers sind bei der Strafbemessung seine ungünstigen finanziellen Verhältnisse (monatliche Pension von 900 Euro bei Sorgepflichten für seine Gattin) zu berücksichtigen. Dennoch können die von der Verwaltungsbehörde verhängten Strafen nicht herabgesetzt werden, weil es sich dabei – wie bereits die Verwaltungsbehörde ausgeführt hat – um die gesetzlichen Mindeststrafen handelt.

 

 

Zu II.: Die Vorschreibung der Verfahrenskosten für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 52 VwGVG.

 

 

Zu III.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verfassungs-gerichtshofes zu den Lenk- und Ruhezeiten ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Beschwerde bzw. Revision ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l