LVwG-600019/15/Bi/BD

Linz, 05.05.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn I Z, X, Rumänien, vom 11. Mai 2013 gegen das  Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 23. April 2013, VerkR96-18597-2011, wegen Übertretungen des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 28. April 2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht  e r k a n n t:

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in allen drei Punkten aufgehoben und das Verwaltungsstraf­verfahren eingestellt.  Die für die drei Punkte anteilig eingehobene vorläufige Sicherheit in Höhe von 100 Euro wird gemäß § 37a Abs.5 VStG frei.

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG fallen keine Kostenvorschreibungen für das Beschwerdeverfahren an.

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

I. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1), 2) und 3) je §§ 102 Abs.10 KFG 1967 Geldstrafen von 1) und 3) je 37 Euro und 2) 37 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 24 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 9,10 Euro auferlegt, dh ein Gesamtbetrag von 100,10 Euro.

Ihm wurde laut Schuldspruch zur Last gelegt, er habe am 20. Mai 2011, 14.50 Uhr, in der Gemeinde Traun auf der B1 bei km 193.830 als Lenker des Lkw X, eines weißen VW X, 1) kein geeignetes Verbandszeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung gesichert sei, mitgeführt – es sei überhaupt kein Verbandszeug mitgeführt worden, 2) keine geeignete, der ÖNORM EN 471 entsprechende Warnkleidung mit weiß retroreflektierenden Streifen mitgeführt und 3) keine geeignete Warneinrichtung mitgeführt.

Außerdem wurde im Spruch ausgeführt: „Die für die im Spruch angeführten Über­tretungen bereits von Ihnen einbehaltene Sicherheitsleistung in Höhe von 100 Euro wird diesem Strafbetrag angerechnet bzw auch zur Deckung der Verfahrenskosten herangezogen, weshalb von Ihnen keine Zahlung mehr zu leisten ist.“

2. Dagegen wurde fristgerecht eine mit 11. Mai 2013 datierte Berufung  eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit (Eingangs­stempel) 21. November 2013 vorgelegt wurde. Diese Berufung ist nunmehr als Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG anzusehen, über die gemäß Art.131 B-VG das Landesverwaltungsgericht OÖ  zu entscheiden hat. Am 28. April 2014 wurde auf Antrag eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers (mit Frau E L als Dolmetscherin) und der Zeugen Meldungsleger RI R R (Ml) und J D(D) durchge­führt. Die Vertreterin der belangten Behörde war entschuldigt.

 

3. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, er habe sowohl das Verbandszeug als auch zwei Warnwesten und ein Pannendreieck mitgeführt und zwar in einer Tasche, mit der er auch in den Lkw bei Rosenheim einge­stiegen und in Traun angehalten worden sei – als Zeuge dafür wird Herr T S, Bulgarien, geltend gemacht. Weiters beantragt er die Ladung des Zeugen D zur mündlichen Verhandlung, der damals nach der Amtshandlung zum Anhalteort gekommen sei und bestätigen könne, dass er diese Ausrüstungs­gegenstände in einer Tasche mitgeführt habe, aus der er auch die vom Ml für die Abnahme der Sicherheitsleistung von 400 Euro ausgestellte Bestätigung genommen habe. Er könne aber nicht sagen, ob der Ml, als er die Bestätigung hineingegeben habe, auch die Ausrüstungsgegenstände gesehen und absichtlich nichts gesagt habe oder ob der diese nicht gesehen habe. Er habe die Gegenstände zwar nicht vorgewiesen aber mitgeführt. Der Ml habe anlässlich der Amtshandlung mehrmals Aussagen getätigt, die sich nachher als unrichtig herausstellten, zB habe er behauptet, er habe seine in mehreren Sprachen vorgebrachten Deutungen zu den Punkten 3-5 der Strafverfügung in deutscher Sprache bejaht – er sei aber wE der deutschen noch der Gebärdensprache mächtig. Beantragt wird die Zeugeneinvernahme des Ml ebenso wie die der Beamten E und G, obwohl diese nach eigenen Angaben nichts gesehen oder gehört hätten, allerdings hätte Insp E seine Angaben bestätigt. Für die Verhandlung sei für ihn ein Rumänisch-Dolmetsch erforderlich, für den Zeugen T ein Bulgarisch-Dolmetsch.

Zu seinen finanziellen Verhältnisse führt er aus, er sei arbeitslos und erhalte 100 Euro monatlich Unterstützung, seine Gattin sei ebenfalls arbeitslos, er habe für die drei minderjährigen Kinder und seine kranken Schwiegereltern zu sorgen. Die Schätzung sei nur insofern richtig, als er kein Vermögen habe.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Beschwerdeführer im Wege der Übersetzung durch eine Dolmetscherin gehört, die Ausführungen der belangten Behörde laut Begründung des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses berück­sichtigt sowie die oben genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 288 StGB einvernommen wurden. Der Antrag auf Zeugeneinvernahme von Stoyan T und der weiteren Polizisten wurde in der Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten, sodass darauf verzichtet wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Beschwerdeführer lenkte am 20. Mai 2011 gegen 14.50 Uhr den angeführten deutschen Lkw auf der B1 und wurde bei km 193.830 vom Ml angehalten. Er wies auf Aufforderung die Papiere vor und wurde vom Ml nach einem Pannendreieck, einem Verbandszeug und einer Warnkleidung gefragt, wobei das Beweisverfahren ergab, dass der Beschwerdeführer wE der deutschen noch der englischen Sprache mächtig ist und der Ml ihn unter Zuhilfenahme der Hände auf Deutsch, Englisch bzw „Ja“ gesagt, genickt und zu suchen begonnen, aber die verlangten Gegenstände nicht vorgewiesen. Der Ml nahm ihm die Kennzeichentafeln und den Zulassungsschein ab und verlangte eine Sicherheits­leistung in Höhe von pauschal 400 Euro, die der Beschwerdeführer bezahlte. Er bekam die Bestätigung über die Sicherheitsleistung, nicht aber über die abgenommenen Kennzeichentafeln und den Zulassungsschein.

 

Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes ist nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens keine eindeutige Aussage möglich, dass der Beschwerdeführer tatsächlich verstanden hat, was der Ml von ihm verlangt hat, auch wenn dieser sich offenbar bemüht hat, ihm die Begriffe „Pannendreieck“, „Warnweste“ und „Verbandspaket“ zu übermitteln.

 

Nach den durchaus glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers, der im Zeitraum von drei Monaten einige Fahrzeuge aus Deutschland, Belgien und Holland nach Rumänien überstellt hat, hat dieser die verlangten Gegenstände – und zwar seine eigenen, weil deren Vorhandensein zB in Ungarn immer kontrolliert wird – bei jE Fahrt in einer schwarzen Tasche bei sich und bewahrt diese Tasche im Führerhaus am Boden neben oder unter dem Sitz auf. Er hat diese Gegenstände auch in der Verhandlung vorgewiesen. Der Zeuge D, der auf telefonisches Ersuchen eines gemeinsamen Freundes zum Beschwerdeführer fuhr und vom noch anwesenden Ml die Bestätigung über die vorläufige Abnahme der Kennzeichentafeln und des Zulassungsscheines erhielt, gab an, der Beschwerde­führer habe die Bestätigung über die Sicherheitsleistung aus einer schwarzen Tasche genommen und dabei habe er darin diese Gegen­stände gesehen, ohne zu wissen, dass ein Teil der Sicherheitsleistung für deren Fehlen vorgeschrieben worden war; er habe daher den Ml nicht darauf angesprochen. Hätte der Beschwerdeführer verstanden, was vom ML gemeint war, wäre es leicht gewesen, mit der telefonischen Hilfe des Freundes bei der Übersetzung zwischen dem Zeugen D und dem Ml das Vorhandensein dieser Gegenstände klarzumachen. Weil aber wE im Gespräch zwischen D und dem Ml noch zwischen D und dem Beschwerdeführer von diesen Gegenständen die Rede war, ist durchaus glaubhaft, dass der Ml nicht verstanden hat, was der Ml tatsächlich verlangt hat, auch wenn er aufgrund des Nickens und der Bejahung meinte, der Beschwerdeführer verstehe ihn.

 

Aus all diesen Überlegungen war in rechtlicher Hinsicht davon auszugehen, dass den Beschwerdeführer kein Verschulden trifft, wenn er dem Verlangen des Ml nicht nachkam. Damit ist auch nicht ausgeschlossen, dass er tatsächlich ein geeignetes Verbandspaket, ein Pannendreieck und, wie er sagt, sogar 2 Warnwesten mitführte. Damit war im Zweifel zugunsten des Beschwerdeführers spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die eingehobene vorläufige Sicherheit macht für die Punkte 3) bis 5) anteilig 100 Euro aus, die der Beschwerdeführer glaubhaft aus eigener Tasche bezahlt hat. Er hat sich in der Verhandlung damit einverstanden erklärt, wenn diese 100 Euro auf das Konto Nr. X bei der Raiffeisen Landesbank , BLZ 34000, lautend auf A D, überwiesen werden, zumal sich die Gattin des Zeugen D ihm gegenüber einverstanden erklärt hat, ihm das Geld nach Rumänien zu überweisen. Nach den Ausführungen des Beschwerdeführers hat der Zeuge D ihn zwar im Verfahren vor der belangten Behörde, bei der Erhebung der Beschwerde und in der Verhandlung vertreten, dafür aber keine Forderungen an ihn gestellt. Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes ist dem nichts entgegenzuhalten.  

 

Zu II.:

Gemäß § 52 Abs.8 LVwG fallen naturgemäß keine Kosten des Beschwerdeverfahrens an.

 

Zu III.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. WE weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 


 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger