LVwG-550235/3/VG
Linz, 27.05.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde des C P in X, vertreten durch X, Rechtsanwälte GmbH in X, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Ulrichsberg vom 29. August 2011, 031/2.27-2011-Ke/Th, betreffend Umweltinformation,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Ulrichsberg wird angewiesen, dem Beschwerdeführer die im Verordnungsakt der Marktgemeinde Ulrichsberg vorhandenen Umweltinformationen (insbesondere fachliche Stellungnahmen und Faktenmaterial) betreffend die Umwidmung von Grünland in Betriebsbaugebiet in Bezug auf die Baufirma X (Flächenwidmungsplan Nr. 2, Änderung Nr. 27) zur Verfügung zu stellen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Der unter I. dargestellte Sachverhalt und Verfahrensverlauf ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und insbesondere aus dem bezughabenden Erkenntnis des VwGH vom 8. April 2014, Zl. 2012/05/0061.
III.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Umweltschutzgesetzes 1996 (Oö. USchG), LGBl. Nr. 84/1996, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 81/2013, lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 13
Umweltinformationen sind sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über
[…]
3. Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie z.B. Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die sich auf die in den Z. 1 und 2 genannten Umweltbestandteile und -faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zu deren Schutz;
[…]
§ 15
Freier Zugang zu Umweltinformationen
(1) Das Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen, die bei den informationspflichtigen Stellen vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, wird jeder natürlichen oder juristischen Person ohne Nachweis eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewährleistet. Umweltinformationen sind vorhanden, wenn sie sich im Besitz der informationspflichtigen Stelle befinden und von ihr erstellt wurden oder bei ihr eingegangen sind. Umweltinformationen werden bereitgehalten, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle aufbewahrt und diese Stelle darauf einen Übermittlungsanspruch hat.
(2) Dem freien Zugang unterliegen jedenfalls Informationen über
1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Wasser, Luft und Atmosphäre, Boden, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile einschließlich genetisch veränderter Organismen und natürliche Lebensräume, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;
2. die Lärmbelastung oder Belastung durch Strahlen einschließlich der durch radioaktiven Abfall verursachten;
3. Emissionen gemäß § 13 Z. 2 in die Umwelt in zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form;
4. eine Überschreitung von Emissionsgrenzwerten;
5. den Verbrauch der natürlichen Ressourcen Wasser, Luft oder Boden in aggregierter oder statistisch dargestellter Form.
IV.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer hat ‑ wie unter Punkt I. dargestellt ‑ erfolgreich Beschwerde an den VwGH erhoben. Der VwGH konstatierte im Wesentlichen, es treffe zwar zu, dass dann, wenn sich aus dem Antrag ein Informationsbegehren ableiten lasse, das unabhängig von einer Umweltrelevanz stehe, davon ausgegangen werden könne, dass sich der Antrag nicht auf auskunftspflichtige Umweltinformationen beziehe (VwGH 2.6.1999, Zl. 99/04/0042). Im vorliegenden Fall gehe es aber um die Änderung eines Flächenwidmungsplanes und in diesem Verfahren seien die Umweltbedingungen zu prüfen und die Grundlagen für die Sicherung des Umweltschutzes zu schaffen. Es sei daher unzutreffend, dass ein Umweltinformationsbegehren über den Akteninhalt eines Flächenwidmungsverfahrens sich nicht auf auskunftspflichtige Umweltinformationen beziehe (vgl. dazu auch das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des VwGH vom 15.6.2004, Zl. 2003/05/0146).
Zu beachten sei ferner, dass der Beschwerdeführer allgemein Einsicht begehrt habe und nicht nur gefragt habe, ob Unterlagen an sich vorhanden seien. Es könne daher auch kein Zweifel bestehen, dass sich das Begehren auf den Inhalt des Aktes bezogen habe (vgl. VwGH 17.12.2008, Zl. 2004/03/0167).
Weiters sei zu bemerken, dass schon auf europarechtlichen Grundlagen der Begriff der der Auskunftspflicht unterliegenden Umweltinformation grundsätzlich weit zu verstehen sei (vgl. VwGH 29.5.2008, Zl. 2006/07/0083; 24.10.2013, Zl. 2013/07/0081), wobei im Übrigen das Oö. USchG ohnedies Geheimhaltungspflichten und Mitteilungsschranken neben Bestimmungen über den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen vorsehe (vgl. abermals VwGH 15.6.2004, Zl. 2003/05/0146), auf die die Oö. Landesregierung aber nicht eingegangen sei.
Auch ausgehend davon, dass die Änderung eines Flächenwidmungsplanes von Grünland in Betriebsbaugebiet jedenfalls als Maßnahme im Sinne des § 13 Z 3 Oö. USchG anzusehen sei, treffe es daher insgesamt nicht zu, dass sich der Antrag des Beschwerdeführers nicht auf Umweltinformationen im Sinne der §§ 13 und 15 Oö. USchG bezogen habe.
Wie sich im Übrigen aus § 16 Abs. 5 Oö. USchG ergebe, könne die Umweltinformation auch durch Einsichtnahme gewährt werden. Es verschlage daher nichts, wenn das Ansuchen auf „Einsicht“ gerichtet gewesen sei, lasse sich aus ihm doch eindeutig entnehmen, dass es dem Beschwerdeführer um Inhalte und nicht um Formales gegangen sei (vgl. im Übrigen zu einem Einsichtsbegehren auch das bereits zitierte Erkenntnis vom 15.6.2004, Zl. 2003/05/0146). Wenn die Oö. Landesregierung darauf verweise, dass es im Verfahren betreffend die Änderung von Flächenwidmungsplänen keine Parteistellung und kein Recht auf Akteneinsicht gebe, ist dem entgegenzuhalten, dass es für den Zugang zu Umweltinformationen gemäß § 15 Abs. 1 Oö. USchG keines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses bedürfe. Schließlich sei es gemäß § 16 Abs. 4 Oö. USchG auch möglich, die Auskunft anders als begehrt zu gewähren, sodass der Umstand der beantragten Einsichtnahme allein die Verweigerung der Information keinesfalls rechtfertigen könne.
Die Oö. Landesregierung habe ihre Entscheidung ausdrücklich nicht auf § 17 Oö. USchG gestützt. Der Bürgermeister habe in seinem Bescheid vom 29. August 2011 geltend gemacht, dass das Informationsansuchen im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 3 Oö. USchG zu allgemein geblieben sei. Dem könne aber im vorliegenden Fall nicht beigepflichtet werden, weil es dem Beschwerdeführer eindeutig um die näher bezeichnete Umwidmung von Grünland in Betriebsbaugebiet betreffend die Firma X gegangen sei. Wenn die Oö. Landesregierung die Vorstellung abgewiesen habe, weil keine Verletzung in subjektiven Rechten des Beschwerdeführers vorgelegen sei, so könne diese Entscheidung im Ergebnis somit auch nicht dadurch getragen werden, dass die Gemeindebehörde ohnedies eine Prüfung im Lichte des § 17 Abs. 1 Z 3 Oö. USchG vorgenommen habe.
2. Im Ergebnis bedeutet die Entscheidung des VwGH, dass das Informationsbegehren des Beschwerdeführers nicht zu allgemein gehalten war, weshalb der Ablehnungsgrund des § 17 Abs. 1 Z 3 Oö. USchG nicht vorliegt. Im gegenständlichen Fall geht es um die Änderung eines Flächenwidmungsplanes und in diesem Verfahren sind die Umweltbedingungen zu prüfen und die Grundlagen für die Sicherung des Umweltschutzes zu schaffen (vgl. § 18 Abs. 3 Z 1 und 3 Oö. ROG 1994; vgl. weiters § 2 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 leg. cit.). Zudem stellt die Änderung eines Flächenwidmungsplanes von Grünland in Betriebsbaugebiet jedenfalls eine Maßnahme iSd § 13 Z 3 Oö. USchG dar. Somit hat der Beschwerdeführer auskunftspflichtige Umweltinformationen begehrt. Dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Akteneinsicht gerichtet war, schadet nicht, weil § 16 Abs. 4 Oö. USchG ausdrücklich ermöglicht, die Auskunft auch anders als begehrt zu gewähren.
Hinweise auf das Vorliegen von (weiteren) Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründen iSd § 17 Oö. USchG oder auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse iSd § 18 leg. cit liegen nicht vor. In Entsprechung der erwähnten Judikatur des VwGH wird der Bürgermeister der Marktgemeinde Ulrichsberg dem Beschwerdeführer daher die erbetenen Umweltinformationen betreffend die Umwidmung von Grünland in Betriebsbaugebiet in Bezug auf die Baufirma X auszufolgen haben.
Da bei der Änderung eines Flächenwidmungsplanes die Umweltbedingungen zu prüfen und die Grundlagen für die Sicherung des Umweltschutzes zu schaffen sind, ist auch davon auszugehen, dass die vom Beschwerdeführer begehrten und in der Vorstellung (nunmehr Beschwerde) näher bezeichneten Umweltinformationen (etwa fachliche Stellungnahmen und Faktenmaterial im Zusammenhang mit der Umwidmung von Grünland in Betriebsbaugebiet betreffend die Baufirma X und/oder dessen Auswirkungen auf das Europaschutzgebiet „Natura 2000 - Böhmerwald und Mühltäler“) im Verordnungsakt der Marktgemeinde Ulrichsberg enthalten sind. Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, wird der Bürgermeister gemäß § 16 Abs. 2 Oö. USchG vorzugehen haben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Vielmehr basiert das gegenständliche Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich auf dem Erkenntnis des VwGH vom 8. April 2014, Zl. 2012/05/0061, in dem auf weitere hier maßgebliche Entscheidungen des VwGH verwiesen wird. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Verena Gubesch