LVwG-500046/2/Kü/HK/AK
Linz, 23.05.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn X, X, vertreten durch Dipl.-Ing X, X, vom 14. April 2014 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 1. April 2014,
UR96-3-2014, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.
II. Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 1. April 2014, UR96-3-2014, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden Bf) wegen Übertretungen des § 79 Abs. 1 Z 17 iVm § 62
Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) in 4 Fällen jeweils Geldstrafen in Höhe von 2.100 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 48 Stunden, verhängt.
Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
UR-305638/22-20004-Kü/Hi (festgelegte Erfüllungsfrist in der Verfahrensanordnung vom 05.10.2011, UR-2006-909/85),
UR-2006-909/Mh/Ed (festgelegte Erfüllungsfrist in der Verfahrensanordnung vom 05.10.2011, UR-2006-909/85)
UR-2006-909/72-Pol (festgelegte Erfüllungsfrist in der Verfahrensanordnung vom 05.10.2011, UR-2006-909/85) sowie
UR-2006-909/85 (festgelegte Erfüllungsfrist in der Verfahrensanordnung vom 05.10.2011, UR-2006-909/85)“
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in welcher beantragt wird, das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.
Begründend wurde vorgebracht, dass der Bf mit Schreiben vom 25.6.2010 der Behörde das Ausführungsoperat von DI H vorgelegt habe. Längstens seit Einlangen dieses Gutachtens hätte der Behörde bekannt sein müssen, dass
DI X die Interessen der X vertrete und hätten sämtliche Zustellungen auch an
DI X ergehen müssen.
Der Bf sei im guten Glauben gewesen, dass durch die Vorlage von verschiedenen Schriftstücken und die persönliche Vorsprache bei der Behörde die Verfahrensanordnungen einer Erledigung zugeführt worden seien. Durch die Vorlage des Gutachtens DI X sei der Bf der Behörde bzw. dem Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Es wäre Aufgabe der Behörde gewesen, ihre Sachverständigen aufzufordern, ihre Gutachten zu ergänzen und sich dabei mit den Aussagen im Gutachten DI X im Detail auseinanderzusetzen und insbesondere auch dessen Grundlagen zu erörtern und darzulegen, warum die Annahmen in diesem Gutachten nach Ansicht der Sachverständigen nicht richtig gewesen wären. Dies sei ein grober Verfahrensmangel, den ausschließlich die Behörde zu vertreten habe. Es sei anzunehmen, dass dadurch wesentliche grundlegende Änderungen in den Verfahrensanordnungen gegeben gewesen wären.
Es sei außerdem verabsäumt worden, jeweils bei Nichterfüllung einer Verfahrensanordnung mittels Bescheid die Beschwerdeführer zu veranlassen, den Konsens herzustellen. Dies sei von ausschlaggebender Bedeutung, da gegen eine
Verfahrensanordnung kein Rechtsmittel zulässig sei und ein Rechtsmittel nur gegen einen Bescheid möglich sei.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Beschwerde mit Schreiben vom 22. April 2014 zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass
1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und
2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrmals im Zusammenhang mit Strafbestimmungen der Gewerbeordnung, die auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweisen, hingewiesen, dass das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Strafbestandes wird, was voraussetzt, dass derartige Auflagen so klar gefasst sein müssen, dass sie den Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen (VwGH 18.6.1996, 96/04/0008, 22.4.1997, 96/04/0127 u.a.).
Die Spruchanforderungen im Sinne des § 44a Z 1 VStG gelten daher in gleicher Weise auch für bescheidförmige Auflagen, deren Gebote oder Verbote zum Gegenstand des Straftatbestandes gehören. Der Inhalt dieser Auflagen bildet einen Teil der verweisenden Strafnorm. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu wiederholt ausgesprochen, dass es für die spruchmäßige Zuordnung des Tatverhaltens der ausdrücklichen bescheidmäßigen Bezeichnung und der wörtlichen Anführung solcher Auflagen bedarf, die einen Teil der Strafnorm bilden (vgl. etwa VwGH vom 25.5.1995, 93/04/0112, 20.9.1994, 94/04/0041 u.a.).
Der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides ist nicht als ausreichend anzusehen, da sich die entsprechende Tatzuordnung in Ansehung der in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmale aus dem Spruch des Straferkenntnisses - unabhängig von in diesem Zusammenhang erforderlichen Begründungsdarlegungen - selbst ergeben muss (VwGH vom 19.6.1990, Zl. 89/04/0249).
Diese Sprucherfordernisse haben in gleicher Weise auch für die Erfüllung behördlicher Anordnungen und Aufträge Anwendung zu finden.
Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses, der sich auf die ziffernmäßige Anführung von nicht erfüllten Auflagen der Genehmigungsbescheide und eine nicht näher bestimmte Erfüllungsfrist einer Verfahrensanordnung beschränkt, entspricht nicht den von der Judikatur vorgegebenen Anforderungen an die Tatumschreibung. Aus der Formulierung des Spruches ist jedenfalls nicht erkennbar, welche Anordnungen von der Behörde in den jeweiligen Auflagenpunkten getroffen wurden und warum der Bf - sei es durch Nichtvorlage von Unterlagen, sei es durch geänderte Ausführungen der Anlage - diesen Anordnungen nicht entsprochen hat. Zudem ist auch aus dem Spruch nicht erkennbar welche Erfüllungsfristen dem Bf gesetzt wurden und ob der Bf innerhalb der Erfüllungsfrist eine Reaktion bzw. keine Reaktion gesetzt hat. Somit ist aus dem Spruch des Straferkenntnisses das dem Bf angelastete Tatverhalten nicht abzuleiten, weshalb bereits aus diesen Gründen, ohne nähere Erörterung der einzelnen Beschwerdepunkte, der Beschwerde zu folgen war.
Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der
Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).
Festzuhalten ist, dass auf Grund der Tatzeitangabe im Spruch (von 02.01.2012 bis 04.02.2013) zwischenzeitig die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr überschritten ist, weshalb dem Bf ein geänderter Tatvorwurf nicht angelastet werden kann. Es ist daher Verfolgungsverjährung eingetreten. Aus diesem Grund war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger