LVwG-350032/2/GS/KR/SA
Linz, 28.04.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Gabriele Saxinger über die Beschwerde der Frau x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Steyr-Land vom 14. Jänner 2014, GZ: SO10-505767, wegen Gewährung von bedarfsorientierter Mindestsicherung nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid des Bezirkshauptmannes von Steyr-Land vom 14. Jänner 2014, GZ SO10-505767, hat hinsichtlich des in Beschwerde gezogenen Teiles zu lauten, dass Frau x folgende Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen zuerkannt wird:
- für den Zeitraum 15.3.2012 bis 16.8.2012 in der Höhe des Mindeststandards für eine dauerunterstütze alleinstehende Person gemäß
§ 1 Abs.1 Z.4 lit.a Oö. BMSV (LGBl. Nr. 121/2011)
- für den Zeitraum vom 17.8.2012 bis 31.12.2012 in der Höhe für eine dauerunterstützte alleinstehende Person gemäß § 1 Abs.1 Z.6 lit.a BMSV (LGBl. Nr. 24/2013),
- für den Zeitraum 1.1.2013 bis 10.6.2013 in der Höhe des Mindeststandards für eine dauerunterstützte alleinstehende Person gemäß § 1 Abs.1 Z.6 lit.a BMSV (LBGl. Nr. 127/2012),
- für den Zeitraum 9.7.2013 bis 31.12.2013 in der Höhe des Mindeststandards für eine dauerunterstützte alleinstehende Person gemäß § 1 Abs.1 Z.6 lit.a BMSV (LGBl. Nr. 127/2012),
- ab 1.1.2014 in der Höhe des Mindeststandards für eine alleinstehende Person gemäß § 1 Abs.1 Z.1 Oö. BMSV (LGBl. Nr. 107/2013).
Die Rechtsgrundlage für die bereits in Rechtskraft erwachsene Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen für den Zeitraum 11.6.2013 bis 8.7.2013 wird auf
§ 1 Abs.1 Z.6 lit.a Oö. BMSV (LGBl. Nr. 127/212) korrigiert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Steyr-Land vom 14. Jänner 2014, GZ: SO10-505767, wurde x, folgende Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt zuerkannt:
1. Für den Zeitraum 15.3.2012 bis 10.6.2013 in der Höhe des Mindeststandards für eine dauerunterstütze volljährige Person, die in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, gemäß § 1 Abs.1 Z.4 lit.b sublit.ba Oö. BMSV,
2. für den Zeitraum 11.6.2013 bis 8.7.2013 in der Höhe des Mindeststandards für eine dauerunterstütze alleinstehende Person gemäß § 1 Abs.1 Z.4 lit.a Oö. BMSV,
3. für den Zeitraum 9.7.2013 bis 31.12.2013 in der Höhe des Mindeststandards für eine dauerunterstütze volljährige Person, die in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, gemäß § 1 Abs.1 Z.4 lit.b sublit.ba Oö. BMSV,
4. ab 1.1.2014 in der Höhe des Mindeststandards für eine volljährige Person, die in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, gemäß § 1 Abs.1 Z.1 lit.b Oö. BMSV,
5. die mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 7.2.2012, Zahl: SO10-505767, unbefristet gewährte Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs wird mit 14.3.2012 befristet.
Begründend wurde ausgeführt, dass im Zuge eines Ermittlungsverfahrens festgestellt worden wäre, dass Frau X bereits seit 15. März 2012 24-Stunden-Betreuung in Anspruch nehme. Folgende Betreuungspersonen wären und seien seither im Haushalt von Frau X gemeldet: x von 15.3.2012 bis 10.6.2013, x von 6.4.2012 bis 10.6.2013, x von 9.7.2013 bis 5.9.2013, x von 12.8.2013 bis 6.9.2013, x von 6.9.2012 bis 29.10.2013, x von 3.10.2013 bis jetzt und xvon 3.12.2013 bis jetzt. Im Hinblick darauf, dass Frau X zu den angeführten Zeiten nicht mehr alleine, sondern mit zumindest einer Betreuungskraft im Haushalt gelebt habe und lebe, sei für diese Zeiten nicht mehr der Mindeststandard für eine dauerunterstützte alleinstehende Person (bis 31.12.2013) bzw. für eine alleinstehende Person (ab 1.1.2014), sondern jener für eine dauerunterstütze volljährige Person, die in einer Haushaltsgemeinschaft lebe (bis 31.12.2013) bzw. für eine volljährige Person, die in einer Haushaltsgemeinschaft lebe, ab 1.1.2014, zuzuerkennen.
I.2. In der von Frau Maria X durch ihre bevollmächtigte Tochter x eingebrachte Beschwerde vom 10. Februar 2014 wird begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass unstrittig sei, dass Frau Maria X sich weiterhin in einer sozialen Notlage befindet und dass die auf Seite 2 des Bescheides erwähnten Betreuungspersonen im Haushalt gemeldet wären. Es sei festzuhalten, dass das Oö. BMSG keine Definition einer Haushaltsgemeinschaft enthalte. Die von der BH Steyr-Land im Bescheid auf Seite 3 erwähnte Bestimmung des § 1 Abs.2 Z.5 HBeG sei nicht anzuwenden. Von der Intention des Oö. Landesgesetzgebers ausgehend, die sich im 1. Hauptstück in den Allgemeinen Bestimmungen wiederfindet, sei es Ziel des Oö. BMSG, die Form und Umfang bedarfsorientierter Mindestsicherung so zu legen, dass die Stellung der hilfebedürftigen Person innerhalb ihrer Familie und ihrer sonstigen sozialen Umgebung nach Möglichkeit erhalten und gefestigt werde (Integrationsprinzip -
§ 2 Abs.3 Oö. BMSG). In diesem Sinn sei auch die Bestimmung des § 13 Oö. BMSG auszulegen. Wenn in Abs.3 lit.a leg cit „...in Haushaltgemeinschaft lebende volljährige Personen…“ angeführt wären, könne dies unter Berücksichtigung des § 2 Abs.3 Oö. BMSG nur bedeuten, dass diese Haushaltsgemeinschaft nur eine Gemeinschaft mit Familienangehörigen betreffen könne und dass diese die volljährige Person (in einer Haushaltgemeinschaft) versorge. In diesem Sinne verweise auch das Prinzip des § 2 Abs.8 Oö. BMSG auf „Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit Bezieherinnen oder Beziehern bedarfsorientierter Mindestsicherung leben…“. Demzufolge könne nur eine Haushaltsgemeinschaft mit Familienangehörigen gemeint sein. Sämtliche der auf Seite 2 des Bescheides erwähnten Personen wären keine Familienangehörigen von Frau X, sondern Betreuungspersonen, deren Leistungen seitens X zu bezahlen wären. Der erwähnte § 1 Abs.2 Z.5 HBeG regle nur den Geltungsbereich des HBeG; Z.5 leg cit enthalte keinen Verweis auf das Oö. BMSG. § 3 HBeG enthalte nur arbeitsrechtliche Sonderbestimmungen. Das HBeG sei daher für das gegenständliche Verfahren nicht anzuwenden. Aus diesen Gründen sei daher auch die – lediglich in der Begründung des Bescheides – vorgenommene Festlegung und der Ausspruch der Einbehaltung eines Übergenusses der Mindestsicherung unrichtig und entspreche nicht dem Gesetz. Eine gesetzliche Bestimmung des § 1 Z.4 lit.b sublit.ba Oö. BMSV finde sich in dieser Rechtsvorschrift nicht. Es werde daher beantragt, dass Frau X der Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatz für alleinstehende hilfsbedürftige Personen im Sinne des § 13 Abs.3 Z.2 lit.a Oö. BMSG in Verbindung mit § 1 Abs.1 Z.1 lit.a Oö. BMSV ab dem Zeitraum 15.3.2012 mit 100 %, somit ohne Abzüge zuerkannt werde und von einer Einbehaltung eines zu Unrecht festgelegten Übergenusses der Mindestsicherung abgesehen werde.
I.3. Der Bezirkshauptmann von Steyr-Land hat die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt mit Schreiben vom 21.2.2014 dem Landes-verwaltungsgericht vorgelegt.
I.4. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs.1 VwGVG unterbleiben, zumal sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt und zudem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde.
I.5. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Frau X nimmt seit 15.3.2012 (ausgenommen die Zeit vom 11.6.2013-8.7.2013) eine 24-Stunden-Betreung in Anspruch. Aus diesem Grund waren bzw. sind im Haushalt von Frau X folgende Betreuungspersonen gemeldet (jeweils als Nebenwohnsitz): x von 15.3.2012 bis 10.6.2013, x von 6.4.2012 bis 10.6.2013, x von 9.7.2013 bis 5.9.2013, x von 12.8.2013 bis 6.9.2013, x von 6.9.2012 bis 29.10.2013, x von 3.10.2013 bis jetzt und x ab 3.12.2013.
Im Hinblick darauf, dass Frau X zu den angeführten Zeiten nicht mehr alleine, sondern mit zumindest einer Betreuungskraft im Haus lebte und lebt, gewährte der Bezirkshauptmann von Steyr mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid für diese Zeiten nicht mehr den Mindeststandard für eine dauerunterstützte alleinstehende Person (bis 31.12.2013) bzw. für eine alleinstehende Person (ab 1.1.2014), sondern jenen für eine dauerunterstützte volljährige Person, die in einer Haushaltsgemeinschaft lebt (bis 31.12.2013) bzw. für eine volljährige Person, die in einer Haushaltgemeinschaft lebt (ab 1.1.2014).
Frau X hat kein Einkommen. Sie erhält ein Pflegegeld der Stufe 5 von 902,30 Euro, eine Beihilfe des Bundessozialamtes für die Finanzierung der beiden Betreuungskräfte in der Höhe von monatlich 550 Euro sowie eine Wohnbeihilfe von 175 Euro.
Die für den Zeitraum 11.6.2013 bis 8.7.2013 gewährte Hilfe ist bereits in Rechtskraft erwachsen, da für diesen Zeitraum bereits von der belangten Behörde die Hilfe in Höhe des Mindeststandards für eine dauerunterstützte alleinstehende Person zugesprochen wurde.
II. Beweiswürdigung:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Rechtsmittelvorbringen und ist in dieser Form unbestritten.
Die Frage, ob aufgrund der 24-Stunden-Betreuung (Betreuungspersonen sind bei Frau X mit Nebenwohnsitz gemeldet) der Mindeststandard in der Höhe für Personen, die in einer Haushaltsgemeinschaft leben oder für alleinstehende Personen Anwendung findet, ist eine Rechtsfrage und somit im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu behandeln.
III. Rechtslage und rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 1 Abs.1 Oö. BMSG ist Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung, die Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.
Gemäß § 4 Oö. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die
1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Österreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und
2. a) entweder österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familienangehörige,
b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,
c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistung nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,
d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder „Daueraufenthalt – Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,
e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden, sind.
Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend vom Abs.1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit
1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und
2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.
Gemäß § 5 Oö. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4 von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).
Gemäß § 8 Abs.1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung
1. des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfsbedürftigen Person sowie
2. tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.
Gemäß § 13 Abs.1 Oö. BMSG erfolgt die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandards), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.
Gemäß § 13 Abs.2 Oö. BMSG hat die Landesregierung durch Verordnung
1. jährlich zum 1. Jänner die Höhe der Mindeststandards gemäß Abs.1 und
2. die näheren Kriterien zur Zuordnung zu einzelnen Mindeststandardkategorien gemäß Abs.3 festzusetzen.
Gemäß § 13 Abs.3 Oö. BMSG sind Mindeststandards nach Abs.2 in folgenden Relationen bezogen auf den Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatz für Alleinstehende jedenfalls festzusetzen für
1. alleinstehende und alleinerziehende hilfsbedürftige Personen mindestens 100 %
2. für in Haushaltsgemeinschaft lebende volljährige Personen
a) pro Person mindestens 75 %.
Danach regelt die Oö. Mindestsicherungsverordnung – Oö. BMSV in § 1 Abs.1 Folgendes:
Für den Zeitraum vom 15.3.2012 bis 16.8.2012 beträgt der Mindeststandard laut Zi.4 lit.a für dauerunterstützte alleinstehende Personen 843,70 Euro und laut lit.b sublit.ba für dauerunterstützte Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben pro volljähriger Person 600,80 Euro (LGBl. Nr. 121/2011).
Für den Zeitraum vom 17.8.2012 bis 31.12.2012 laut Zi.6 lit.a für dauerunterstütze alleinstehende Personen 843,70 Euro und laut Zi.6 lit.b sublit.ba für dauerunterstützte Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben pro volljähriger Person 600,80 Euro (LGBl Nr. 24/2013).
Für den Zeitraum 1.1.2013 bis 31.12.2013 laut Zi.6 lit.a für dauerunterstützte alleinstehende Personen 867,30 Euro und laut Zi.6 lit.b sublit.ba für dauerunterstützte Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben pro volljähriger Person 611 Euro (LGBl Nr. 127/2012).
Für den Zeitraum ab 1.1.2014 gemäß Zi.1 für alleinstehende Personen 888,10 Euro und laut Zi.3 lit.a für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben pro Person 625,70 Euro (LGBl Nr. 107/2013).
Aus dem Bericht des Sozialausschusses betreffend das Landesgesetz, mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich (Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG) erlassen wird, Beilage 34/2011 der XXVII. Gesetzgebungsperiode, ist § 13 (Seite 13 des Ausschussberichtes) zu entnehmen, dass wie bisher der Mindeststandard der oder des Alleinstehenden als Ausgangswert mit 100 % herangezogen wird. Unter Alleinstehenden werden Personen verstanden, deren Haushalt keine anderen Personen angehören.
… Künftig wird – wie bereits bisher – bei einer Haushalts- oder Wohngemeinschaft mit sonstigen (d.h. nicht in einer Unterhaltsbeziehung stehenden) Personen – ein Prozentsatz von 75 % des Ausgangswertes angesetzt.
In den Erläuterungen zur Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art.15a B-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung (LGBl Nr. 82/2010, XXVIII. GP, RV 194/2010) wird zu Art. 10 erläutert, dass durch die Regelung in Art.10 Abs.3 Zi.1 lit.a (Anmerkung: Mindeststandard für volljährige Personen, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben) auch bloße Haushalts- oder Wirtschaftsgemeinschaften erfasst werden, da bei diesen ebenfalls regelmäßig von einem geringeren Aufwand für den Lebensunterhalt als bei alleinlebenden Personen auszugehen ist.
Gerade dieses Kriterium des geringeren Aufwandes ist jedoch bei der Aufnahme einer 24-Stunden-Betreuungskraft nicht gegeben. Ganz im Gegenteil entsteht für die zu pflegende Person ein höherer Aufwand : Bezahlung, Kost und Logis durch die Pflegeperson.
Das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft ist überdies nach Kriterien zu beurteilen, die bereits vom VwGH definiert wurden.
So hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 26.09.2011, 2009/10/0265, ausgeführt, dass nach der (mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofes übereinstimmenden) Judikatur (vgl. z.B. das Erkenntnis des VwGH vom 22. Dezember 2003, Zl. 2003/10/0216, mwN) das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand besteht, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen kann. Es kommt regelmäßig auf die Gesamtumstände des Einzelfalles an, wobei der Wirtschaftsgemeinschaft nach der Rechtsprechung überragende Bedeutung zukommt.
Unter dem Begriff der "Wirtschaftsgemeinschaft" ist zu verstehen, dass beide Partner einander Beistand und Dienste leisten und an den zur Bestreitung des Unterhalts, der Zerstreuung und der Erholung zur Verfügung stehenden Gütern teilnehmen lassen.
Der in diesem Erkenntnis verwendete Begriff "Wirtschaftsgemeinschaft" deckt sich weitgehend mit dem nunmehr im Oö. BMSV verwendeten Begriff "Haushaltsgemeinschaft".
So ergibt sich aus der Beilage 434/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtages XXVII. Gesetzgebungsperiode B, Besonderer Teil zum 2. Hauptstück zu § 6, dass Ausgangspunkt und primärer Maßstab für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die soziale Notlage – ein Begriff, der aus § 7 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 übernommen wurde – ist. Durch Abs.1 wird deutlich gemacht, dass soziale Notlagen jeweils auf der Ebene eines Haushalts betrachtet werden. Das führt u.a. zum Ergebnis, dass in einem Mindestsicherungsverfahren eine allfällige soziale Notlage von Familienangehörigen, die in anderen Haushalten leben, keine Berücksichtigung finden kann, sondern nach Maßgabe der Problemstellung und der Ressourcen in deren Haushalt zu beurteilen ist.
Die Definitionen des Lebensunterhalts (Abs.2) und Wohnbedarfs (Abs.3) folgen der Systematik der Artikel 15a B-VG Vereinbarung, bringen aber inhaltlich keine Änderung im Vergleich mit der bestehenden Rechtslage mit sich (§ 7 Abs.2 Oö. Sozialhilfegesetz 1998).
Damit aber ist klargestellt, dass der Begriff der "Haushaltsgemeinschaft" (§ 1 Abs.1 Z2 Oö. BMSV) sich an der Judikatur zum Oö. SHG 1998 orientiert und nach den bereits festgelegten Kriterien zur Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zu prüfen ist.
Auf den verfahrensgegenständlichen Fall umgelegt kann hier nicht von einer das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft kennzeichnenden „gegenseitigen Beistandsleistung“ ausgegangen werden:
Eine 24-h Pflegerin leistet rein auf Grund ihrer vertraglichen Verpflichtung Pflegedienste an der zu betreuenden Person.
Gegen eine gemeinsame Wirtschaftsführung zwischen einer 24-h Betreuungskraft und der zu pflegenden Person sprechen eine generell nicht vorliegende gemeinsame Kontoführung und eine allgemein nicht anzunehmende wechselseitige(!) Hilfe im Krankheitsfall.
Somit kann von einer gemeinsamen Wirtschaftsgemeinschaft und damit dem Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft nach der Oö.BMSV nicht ausgegangen werden.
Die Bestimmungen des Hausbetreuungsgesetzes (HBeG) finden im Oö. Mindestsicherungsrecht keine Anwendung und sind demnach im verfahrensgegenständlichen Fall rechtlich irrelevant.
Angemerkt wird, dass eine Haushaltsgemeinschaft nicht nur eine Gemeinschaft mit Familienangehörigen betreffen kann (siehe oben Erläuterungen Beilage 434/2011 zu § 13).
Festgehalten wird, dass hinsichtlich des Übergenusses an Mindestsicherung von der belangten Behörde nicht spruchmäßig abgesprochen wurde, weshalb sich weitere Ausführungen diesbezüglich erübrigen.
Hinsichtlich der eingewendeten korrekten Nennung der Paragraphen, Absätze etc. wird auf die Ausführungen unter dem Punkt III. Rechtslage verwiesen.
IV. Ergebnis:
Aus den dargelegten Gründen ist bei Aufnahme einer 24-Stunden-Betreuungskraft der Mindeststandard für eine dauerunterstützte alleinstehende Person bzw. ab 1.1.2014 für eine alleinstehende Person laut Oö. Mindestsicherungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung heranzuziehen. Dieser Mindeststandard beträgt für Frau X pro Monat jeweils:
Für den Zeitraum 15.3.2012 bis 16.8.2012 843,70 Euro,
für den Zeitraum 17.8.2012 bis 31.12.2012 843,70 Euro,
für den Zeitraum 1.1.2013 bis 10.6.2013 867,30 Euro,
vom 9.7.2013 bis 31.12.2013 867,30 Euro und
ab 1.1.2014 888,10 Euro.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gabriele Saxinger