LVwG-750111/11/SR/WU
Linz, 28.04.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des A M, geboren am X, Staatsangehöriger von Georgien, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Mag. B und Mag. L, X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 11. November 2013, GZ.: 1061107/FRB, mit dem über den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum verhängt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 4. April 2014 zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG iVm §§ 52 f FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012 wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des befristeten Einreiseverbotes mit 3 Jahren festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 11. November 2013, GZ.: 1061107/FRB, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF., eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen. Gemäß § 55 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit einem Monat ab Durchsetzbarkeit des Bescheides festgelegt.
Begründend führt die belangte Behörde aus:
2. Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde.
3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 zur Entscheidung vor.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat für 4. April 2014 eine öffentliche Verhandlung anberaumt und hiezu die Verfahrensparteien geladen. Die belangte Behörde ist entschuldigt nicht erschienen.
Der Rechtsvertreter hat am 1. April 2014 aktuelle Einkommensverhältnisse der Eltern des Bf vorgelegt und darauf hingewiesen, dass dieser im gemeinsamen Haushalt mit den Eltern lebe und auch gelegentlich im Betrieb des Vaters aushelfe.
Abschließend wurde bekannt gegeben, dass der Rechtsvertreter an der öffentlichen Verhandlung am 4. April 2014 nicht teilnehmen werde.
Im Hinblick auf die sehr guten Deutschkenntnisse des Bf konnte von der Beiziehung eines Dolmetschers Abstand genommen werden.
II.
1. Die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde fanden im Rahmen des in der öffentlichen Verhandlung erhobenen Sachverhalts eine Bestätigung.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht daher bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt I 1. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt und folgenden – in der öffentlichen Verhandlung hervorgekommenen - Sachverhaltselementen aus.
Am 15. November 2013 erstattete die Landespolizeidirektion Oberösterreich Anzeige an die Staatsanwaltschaft Linz, da der Bf verdächtigt wurde, gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen zu haben. Im Zuge einer Personenkontrolle des Bf wurden am 31. Oktober 2013 um 15.28 Uhr in seiner Jackentasche ein Joint mit 0,9 g Marihuana-Tabakgemisch sowie in seiner rechten vorderen Hosentasche ein Klemmsäckchen mit 0,9 g Cannabiskraut vorgefunden und sichergestellt.
Gegenüber den einschreitenden Beamten gab der Bf sinngemäß Folgendes an:
„Ich habe das Marihuana heute im Bereich X von einem Schwarzafrikaner geschenkt bekommen. Das Suchtgift wäre für meinen Eigenbedarf bestimmt gewesen und ich bestreite, dass ich damit handle. Ich bin mit der Vernichtung einverstanden und benötige keine Abnahmebestätigung. Ich habe mit dem Konsum von Marihuana eigentlich aufgehört, mein letzter Konsum liegt ca. 4 Monate zurück. Einen Drogenschnelltest stimme ich nicht zu.“
Der Bf ist bei der öffentlichen Verhandlung überwiegend glaubwürdig aufgetreten und hat die ihm vorgeworfenen Verstöße gegen die innerstaatliche Rechtsordnung nicht bestritten. Die von ihm gesetzten Taten hat er zwar verbal bereut, jedoch teilweise die Schuld bei „falschen Freunden“ gesucht und unerfüllbare Berufswünsche vorgeschoben (vgl. Niederschrift vom 4. April 2014: „Ich weiß, dass ich schuldig und kein Engel bin. Ich kam in diese Situation, weil ich diese falschen Leute kennengelernt habe. Ich möchte nicht die ganze Schuld auf diese schieben.“; „Wenn man als Jugendlicher 24 Stunden zuhause sitzt, kommt man auf solche Gedanken. Hätte ich einen Beruf oder eine Lehre gehabt, wäre das nicht passiert.“). Auch wenn er in der Verhandlung eingeräumt hat, dass er zukünftig ein geordnetes und rechtskonformes Leben zu führen beabsichtige, arbeiten und einen Beruf erlernen wolle, kam hervor, dass sich an seinen Lebensumständen, abgesehen von den nunmehr offenen Forderungen von ca. 35.000 Euro, nicht umfassende positive Änderungen ergeben werden. Der Bf wurde laufend von den Eltern großzügig finanziert und hatte keine Geldprobleme. Die familiäre Situation war vor und nach den Tatbegehungen intakt. Bedingt durch die drohende Rückkehrentscheidung scheint der Bf verstärkt die Nähe zur Familie zu suchen.
Die Kontakte zum Suchtgiftmilieu und der Suchtmittelkonsum waren der Mutter in diesem Ausmaß nicht bekannt. Wie die Anzeige vom 15. November 2013, die Aktenlage und die Aussage in der öffentlichen Verhandlung aufzeigen, hat der Bf erstmals 2008 Suchtmittel konsumiert und zumindest bis Ende Oktober 2013 einschlägige Kontakte gehabt.
2. Der festgestellte Sachverhalt ist überwiegend unstrittig. Wenig glaubwürdig waren die Aussagen zur Kontrolle am 31. Oktober 2013 und der behauptete nachhaltige Gesinnungswandel.
III.
1.1.1. Gemäß § 125 Abs. 21 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013, läuft, sofern eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz, gegen die eine Berufung zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden ist, die Berufungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diese Entscheidung nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Berufung erhoben, so kann gegen diese vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 15. Jänner 2014 Beschwerde beim jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht erhoben werden. Das Landesverwaltungsgericht hat in diesen Fällen dieses Bundesgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden. Eine gegen eine solche Entscheidung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG.
Gemäß Abs. 22 leg. cit. sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei einem Unabhängigen Verwaltungssenat der Länder anhängigen Berufungsverfahren und Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach diesem Bundesgesetz ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.
1.1.2. Es ist sohin gemäß § 125 Abs. 22 FPG zur Beurteilung des vorliegenden Falles das Fremdenpolizeigesetz in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012 heranzuziehen.
1.2. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
2. Im vorliegenden Fall steht zunächst auch vom Bf völlig unbestritten fest, dass er über keinen Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfügt. Es sind die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 FPG somit grundsätzlich gegeben.
Es ist jedoch bei der Beurteilung der Rückkehrentscheidung bzw. des Einreiseverbotes auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.
3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.
3.2. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.
Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen.
3.3. Im Fall des Bf sind von der fremdenpolizeilichen Maßnahme sowohl das Familienleben als auch das Privatleben betroffen.
3.4.1. Der Bf hält sich seit November 2001 in Österreich auf. Bedingt durch die lange Dauer des Asylverfahrens verfügte der Bf bis Juli 2010 über ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem AsylG. Im Hinblick auf das nicht abgeschlossene Asylverfahren der Mutter erklärte die Sicherheitsdirektion Oberösterreich am 28. Oktober 2010 fremdenpolizeiliche Maßnahmen vorübergehend für unzulässig. Am 7. Mai 2013 hat die Mutter des Bf die Beschwerde gegen die negative Asylentscheidung zurückgezogen. Daraufhin hat die Landespolizeidirektion Oberösterreich am 6. September 2013 eine begründete Stellungnahme gemäß § 44b Abs. 2 NAG abgegeben und fremdenpolizeiliche Maßnahmen für zulässig erklärt.
3.4.2. Der Bf ging im Bundesgebiet keiner nennenswerten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Er plant zwar eine solche für den Fall der Gewährung eines Aufenthaltstitels. Eine berufliche Integration oder gar Selbsterhaltungsfähigkeit ist nicht einmal ansatzweise gegeben. Der Lebensunterhalt wurde von seinen Eltern großzügig gewährleistet. Die kostenintensiven Freizeitaktivitäten hat der Bf mit den „Erlösen“ aus seinen kriminellen Machenschaften finanziert.
Auch in sozialer Hinsicht liegen keine Sachverhaltselemente vor, die die Annahme einer verfestigten Integration rechtfertigen würden.
3.4.3. Im vorliegenden Fall können keine Aspekte ausgemacht werden, die eine besondere Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Bf im Bundesgebiet nach sich ziehen würden. Zuflucht in den Kreis der Familie hat der Bf erst nach seiner Haftentlassung und auf Grund der weiterhin bestehenden Mittellosigkeit gesucht.
3.4.4. Der Bf verbrachte die ersten 9 Lebensjahre in seinem Heimatland und erfuhr dabei eine gewisse Grundsozialisierung sowohl in sprachlicher als auch kultureller Hinsicht. In Georgien hat der Bf drei Jahre lang die Grundschule besucht und dort lesen und schreiben gelernt. Auch wenn der Bf auf die lange Aufenthaltsdauer in Österreich verweist und damit nur mehr rudimentäre Sprachkenntnisse glaubhaft machen möchte, ist ihm seine Aussage in der öffentlichen Verhandlung entgegenzuhalten, wonach in der Familie ständig georgisch und deutsch gesprochen wird. Folgt man dem Vorbringen des Bf, so ist er arbeitswillig und gesund. Einer allfälligen beruflichen Eingliederung in Georgien stehen keine nennenswerten Hindernisse entgegen.
3.4.5. Auf die zahlreichen Straftaten des Bf, die teilweise als Verbrechen zu qualifizieren waren und sich über einen langen Zeitraum erstrecken, wird später Bezug zu nehmen sein. Jedenfalls wiegen diese in einer Interessensabwägung schwer zu Lasten des Bf.
3.4.6. Das Asylverfahren hat übermäßig lange gedauert. Das Privatleben entstand – wenn überhaupt - unter einem aufenthaltsrechtlich unsicheren Status.
3.5. Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass die persönlichen Interessen des Bf am Verbleib im Bundesgebiet deutlich hinter die öffentlichen Interessen an seiner Außerlandesschaffung zurücktreten müssen, zumal die Interessensabwägung eindeutig ein Überwiegen der öffentlichen Interessen ergibt.
Der Bf kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.
4.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung unter Einem ein Einreiseverbot erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren, in den Fällen der Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
7. aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
4.2. Mit einer Rückkehrentscheidung ist also gemäß § 53 Abs. 1 FPG grundsätzlich gleichzeitig ein Einreiseverbot zu verhängen. Bei der Bemessung dessen Dauer hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
4.2.1. Es ist nun unbestritten, dass der Bf zuletzt am 24. Jänner 2013 zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 8 Monate unbedingt, rechtskräftig wegen der schweren Verstöße gegen das StGB (§§ 127, 128 [1], 129 Z. 1 und 2, 130 4. Fall, 15 [1] StGB) verurteilt worden ist.
Schon deshalb ist § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG klar gegeben.
4.2.2. Es ist – im Hinblick auf die festzusetzende Dauer des Einreiseverbotes sowie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bf auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit schwerwiegend zu gefährden.
Die Verhinderung von Straftaten, wie sie zuletzt zu Tage getreten sind (Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls [großteils] durch Einbruch, Vergehen nach dem Waffengesetz) zählen unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert.
Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bf hinkünftig rechtskonform verhalten wird.
4.3. Es zeugt fraglos von konstanter und erheblich krimineller Energie, wenn der Bf über zwei Jahre hinaus (Juli 2010 bis August 2012) wiederholt (42 Tathandlungen) weitgehend schwere Verstöße gegen die Rechtsordnung setzt.
Auch wenn der Bf glauben machen will, dass er die Straftaten nur begangen habe, weil er zum Nichtstun angehalten war („Wenn man als Jugendlicher 24 Stunden zuhause sitzt, kommt man auf solche Gedanken. Hätte ich einen Beruf oder eine Lehre gehabt, wäre das nicht passiert.“), sich in der Schule benachteiligt gefühlt und falsche Freunde gehabt habe, zeigen seine Aussagen bei diversen Einvernahmen nach Einbruchsdiebstählen und die einzelnen Tathandlungen ein anderes Bild auf. Darüber hinaus beschränkt sich der Bf im Wesentlichen auf seine letzte Verurteilung und geht auf sein kriminelles Vorleben nicht ein.
Wie dem Vorlageakt aber zu entnehmen ist, trat der Bf bereits wenige Jahre nach seiner illegalen Einreise strafrechtlich in Erscheinung (Verdacht der Sachbeschädigung und des versuchten Einbruchdiebstahls – Oktober/November 2006). Die Anzeigen wurden gemäß § 6 Abs. 1 und 2 JGG zurückgelegt.
Am 22. Juli 2007 wurde der Bf vom BG X für schuldig erkannt, das Opfer durch Versetzen mehrerer Faustschläge ins Gesicht vorsätzlich verletzt zu haben (leicht blutende Prellmarke an er Unterlippe mit oberflächlicher Abschürfung und Schwellung der Lippe, Schwellung am linken Auge mit Blutergüssen in der Augenregion, eine Sensibilitätsstörung der Oberlippe links bis zum Nasenflügel und eine Sensibilitätsstörung am 1. und 2. Zahn des linken Oberkiefers). Gemäß § 13 Abs. 1 JGG wurde die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren vorbehalten.
Das SPK Linz hat den Bf am 29. November 2010 an die Staatsanwaltschaft Linz angezeigt, da er im Verdacht stand, gegen das Suchtmittelgesetzt verstoßen zu haben. Im Anschlussbericht wurde dem Bf vorgeworfen, dass er Marihuana durch Tausch von Diebsgut oder gegen Barzahlung erworben und dies in der Folge besessen bzw. konsumiert und Cannabiskraut unentgeltlich weitergegeben habe. Der am 26. November 2010 durchgeführte Drogentest verlief positiv. Ein dreimaliger Drogenkonsum in den letzten beiden Jahren wurde vom Bf eingestanden.
Abgesehen von der Verurteilung im Jänner 2013 lässt bereits das Verhalten des Bf vor dem Tatzeitraum Mitte 2010 bis Mitte 2012 seine kriminelle Energie erkennen. Auch wenn einzelne Straftaten zu keiner Verurteilung geführt haben, ist die negative Grundeinstellung des Bf bereits in diesem Zeitraum erkennbar.
Auch wenn der Bf in der öffentlichen Verhandlung am 4. April 2014 – in einer Momentaufnahme – sich geläutert darzustellen versucht, lässt sich seinen Ausführungen deutlich entnehmen, dass die Schuld an den Taten im Wesentlichen andere Personen trifft und sein strafrechtlich relevantes Verhalten auf äußere Umstände (Nichterfüllung des Berufswunsches, Verpflichtung zum Nichtstun) zurückzuführen ist.
Ein Blick in das Urteil vom 24. Jänner 2013 (Auflistung von 42 Tathandlungen über einen mehr als zweijährigen Zeitraum) lässt erkennen, mit welcher Beständigkeit der Bf Straftaten zur Steigerung seiner Lebensqualität begangen hat. Der verursachte Schaden und die Folgewirkungen für die Opfer haben den Bf kaum berührt.
Im vorliegenden Fall sind neben der vielfachen Tatwiederholung und dem langen Tatzeitraum besonders bedeutsam, dass der Bf trotz einschlägiger Vorstrafe neben einem Vergehen ein Verbrechen mit mehrfacher Qualifikation begangen hat und äußerst rasch rückfällig geworden ist.
In Zusammenschau mit den von ihm begangenen Straftaten ergibt dies fraglos ein Bild, dass der Bf keinesfalls mit rechtlich geschützten Werten verbunden ist.
Von einem relevanten Wohlverhalten kann im vorliegenden Fall auf Grund des kurzen Zeitraums nicht gesprochen werden.
4.4. Es wird eines längeren Zeitraums bedürfen, in dem der Bf einen Gesinnungswandel dokumentiert.
Es kann dem Bf derzeit keinesfalls eine günstige Zukunftsprognose ausgestellt werden.
Da das Verhalten des Bf auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet, ist der Beurteilung der belangte Behörde zu folgen.
4.5. Die belangte Behörde verhängte das in Rede stehende Einreiseverbot im Ausmaß von 5 Jahren. Grundsätzlich scheint diese Befristung nicht unverhältnismäßig, bei Würdigung aller Umstände ist jedoch eine Befristung von 3 Jahren als angemessen anzusehen.
Es war also im Ergebnis der Beschwerde dahingehend stattzugeben, als die Dauer des Einreiseverbotes mit 3 Jahren festzusetzen war.
4.6. Nachdem der Bf über sehr gute Deutschkenntnisse verfügt, konnte gemäß § 59 Abs. 1 FPG auf die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides verzichtet werden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Christian Stierschneider