LVwG-600238/3/Zo/CG

Linz, 25.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des X, geb.1975, vom 17.3.2014 gegen Punkt 1 des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Ried im Innkreis vom 12.2.2014, VerkR96-12770-2013, wegen einer Übertretungen der StVO

 

 

zu Recht e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben, Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I:

1.           Die BH Ried im Innkreis hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 28.7.2013 um 02.55 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X (D) in Obernberg am Inn auf der L510 bei Km 14,450 gelenkt habe, obwohl er sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (2,01 Promille).

 

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gem. § 5 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 lit. a StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 € (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 200 Euro verpflichtet.

 

Dem Beschwerdeführer wurde in Punkt 2 des Straferkenntnisses weiters vorgeworfen, ein Anhaltezeichen eines Straßenaufsichtsorganes missachtet zu haben. Die Beschwerde richtet sich nicht gegen diesen Punkt des Straferkenntnisses, weshalb die dafür verhängte Strafe samt Verfahrenskosten in Höhe von 110 Euro rechtskräftig ist.

 

2.           In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass er wegen dieser Trunkenheitsfahrt bereits in Deutschland rechtskräftig bestraft worden sei. Die von der BH Ried verhängte Strafe verstoße daher gegen den Grundsatz, nicht zweimal wegen derselben Sache bestraft zu werden.

 

3.           Die Verwaltungsbehörde hat den Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ohne Beschwerdevorentscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).

 

4.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung einer Stellungnahme des Amtsgerichtes Passau. Daraus  ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich war (§ 44 Abs. 2 VwGVG).

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer lenkte am 28.7.2013 um 02.55 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X in Obernberg am Inn auf der L 510 Xstraße. Bei Km 14,450 missachtete er ein von einem Polizeibeamten deutlich sichtbar gegebenes Anhaltezeichen und setzte die Fahrt ohne Anhalten in Richtung Deutschland fort. Die Polizisten nahmen die Nachfahrt auf und konnten den Beschwerdeführer nach ca. 3 Km in Deutschland, 94072 Bad Füssing, Xstraße 2110, anhalten. Eine in weiterer Folge von deutschen Polizisten durchgeführte Blutabnahme ergab einen Alkoholgehalt von 2,01 Promille. Der Beschwerdeführer wurde wegen der Alkofahrt vom Amtsgericht Passau mit Strafbefehl vom 5.9.2013, 10 Cs 24 Js 8093/13 zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro verurteilt. Dieser Strafbefehl ist laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Passau rechtskräftig.

 

5.           Darüber hat der zuständige Richter des Landesverwaltungsgerichtes OÖ. in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1.      Gemäß § 22 Abs. 2 VStG sind die Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch mehrere selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.

 

Gemäß Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.

 

5.2.       Nach der Rechtsprechung des VwGH liegt dann, wenn der Lenker eines Fahrzeuges dieses kurz anhält ohne das Fahrzeug zu verlassen und dann die Fahrt fortsetzt, nur eine einheitliche Fahrt (und damit im Fall der Alkoholisierung des Lenkers) nur ein fortgesetztes Delikt vor (Hauer/Leukauf, E 119 zu § 22 VStG). Im gegenständlichen Fall hat der Lenker sein Fahrzeug gar nicht angehalten (diesbezüglich wurde er ohnedies rechtskräftig bestraft), weshalb es sich bei seiner Fahrt (bezüglich der Alkoholisierung) jedenfalls nur um ein Delikt handelt. Da der Beschwerdeführer seine Fahrt jedoch erst in Deutschland beendete, kann der Sachverhalt nicht ausschließlich nach der (österreichischen) Bestimmung des § 22 VStG beurteilt werden.

 

Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK verbietet die neuerliche Verfolgung durch denselben Staat. Auch diese Regelung kann nicht unmittelbar angewendet werden, weil der Beschwerdeführer einerseits vom Amtsgericht Passau, andererseits von der BH Ried im Innkreis bestraft wurde. Sowohl aus § 22 VStG als auch aus Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMZK ist aber klar abzuleiten, dass für ein vorschriftswidriges Verhalten nur eine Strafe verhängt werden darf. Es kann dabei keinen Unterschied machen, ob sich die Alkofahrt nur auf den örtlichen Zuständigkeitsbereich einer Strafbehörde, auf zwei verschiedene Bezirke eines Staates oder auf zwei verschiedenen Staaten erstreckt hat. Der Beschwerdeführer hat mit seiner ununterbrochenen relativ kurzen Fahrt nur eine Übertretung begangen, weshalb er auch nur einmal bestraft werden darf. Wegen der bereits rechtskräftig verhängten früheren Bestrafung durch das Amtsgericht Passau war die von der BH Ried i.I. später verhängte Strafe aufzuheben.

 

Zu II:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl