LVwG-550040/3/Wim/MaS/AK

Linz, 25.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde des G S, in Vertretung des X und dessen Mitglieder G S, E N, F P, W W, W W, F Ö,
Ing. F Ö, M K, F K, A M und J E sowie J K, alle vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. G L, X, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15. Oktober 2013, GZ: BZ-Wa-3049-2011, betreffend Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 122 Wasserrechts­gesetz 1959

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Hinsichtlich des Fischereirevieres x wird die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.       Hinsichtlich G S, E N, F P, W W, W W, F Ö, Ing. F Ö, M K, F K, A M, J E und J K wird die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen und der in Beschwerde gezogene behördliche Bescheid bestätigt.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I. u. II.:

 

1. Mit Eingabe vom 22. August 2013 brachten die Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) Einwendungen gegen die von der Wassergenossenschaft Welser Mühlbach beantragte wasserrechtliche Detailgenehmigung für die Mühlbach­abkehr 2013 vor und beantragten die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 122 WRG 1959. Der Antrag wurde zusammengefasst damit begründet, dass während einer Bachabkehr eine Restwasserdotation von 400 l/s erforderlich sei, um ein Absterben von Fischen, Kleinlebewesen und Futtertieren zu vermei­den. Es liege daher Gefahr im Verzug insoweit vor, als zu befürchten sei, dass das Bachbett während der Mühlbachabkehr 2013 weitgehend trocken fallen würde und es dadurch zu einem massiven Absterben von Fischen, Klein­lebe­wesen und Futtertieren kommen würde.

 

Beantragt wurde, dass die erkennende Behörde wegen Gefahr im Verzug mit einstweiliger Verfügung anordnen und sicherstellen möge, dass eine allfällige Abkehr des Welser Mühlbaches samt Nebengewässern 2013 nur unter der Bedingung und Auflage durchgeführt werden dürfe, dass während der gesamten Dauer der Bachabkehr und auf dem gesamten Verlauf des Welser Mühlbaches samt Nebengewässern eine Restwasserdotation von zumindest 400 l/s sicher­gestellt sei. Auch wurde ausdrücklich der Antrag gestellt, die erkennende Behörde möge Sachverständige für Biologie, für Fischkunde und für Veterinär­wesen beiziehen und jeweils deren Befund und Gutachten zum Beweis dafür einholen, dass ab sofort die Belassung einer Restwassermenge im Ausmaß von zumindest 400 l/s während der gesamten Dauer der Bachabkehr und auf dem gesamten Verlauf des Baches wegen Gefahr im Verzug zwingend erforderlich sei, um ein Absterben von Fischen, Kleinlebewesen und Futtertieren während der Bachabkehr zu verhindern.

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15. Oktober 2013,
GZ: BZ-Wa-3049-2011, wurde der Antrag der Bf auf Erlassung einer einst­weiligen Verfügung gemäß § 122 WRG 1959 abgewiesen. Die Abweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Fischereirecht nicht im WRG 1959, sondern im Fischereigesetz verankert sei, den Fischereiberechtigten gemäß § 15 WRG 1959 nur eingeschränkte Parteistellung zukomme und somit die Fischerei bzw. das Fischereirecht kein Schutzgut gemäß WRG 1959 darstelle. Weiters liege keine Gefährdung des Schutzgutes Wasser in seinem Bestand vor.

 

Zudem finde eine einstweilige Verfügung, die sich zu dem Zweck, ihre eigenen bescheidmäßig getroffenen Vorschreibungen zu überprüfen, an die Behörde selbst richtet, keine Deckung in § 122 WRG 1959.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der den Bf am 21.10.2013 zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters zugestellt wurde, erhob dieser binnen offener Frist am 4.11.2013 Berufung und beantragte, den angefochtenen Bescheid abzuän­dern, sodass dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattge­geben werde, in eventu Aufhebung des Bescheides erster Instanz und Zurück­verweisung der Rechtssache, in eventu Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchführung der Bachabkehr 2013 ohne Erlassung der beantragten einstwei­ligen Verfügung. Begründet wurde die Berufung zusammengefasst damit, dass der Schutz der Fischerei bzw. der Fischereirechte ein vom WRG 1959 aner­kanntes Schutzgut darstelle, welches im Rahmen des § 30 WRG 1959 zu beachten sei, die Bf ein rechtliches Interesse an der genauen Überprüfung der Einhaltung der behördlich festgelegten Restwassermenge hätten und jedenfalls Gefahr im Verzug anzunehmen gewesen sei.

 

3. Aufgrund des am 1. Jänner 2014 eingetretenen Zuständigkeitsüberganges legte das Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht die Berufung unter Anschluss des Bezug habenden Verwal­tungs­aktes mit Vorlageschreiben vom 2. Jänner 2014, Wa-2014-305934/15-Gra/Lei, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Damit ergab sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entschei­dungs­findung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, gilt die Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B‑VG.

 

4. Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Verfahrensakt.

 

4.1. Da bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und die Bf im Übrigen auch keinen entsprechenden Antrag gestellt haben, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4.2. Aufgrund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Die Bf sind Inhaber von Fischereirechten am Welser Mühlbach. Mit mittlerweile in Rechtskraft erwachsenem wasserrechtlichen Bescheid vom 30. September 2011 wurde der Wassergenossenschaft Welser Mühlbach die wasserrechtliche Grund­satzbewilligung für die Durchführung der Mühlbachabkehren in den Jahren 2011, 2013 und 2015 unter Einhaltung von Nebenbestimmungen erteilt. Am
25. April 2013 wurde seitens der Wassergenossenschaft Welser Mühlbach das Detailprojekt zur wasserrechtlichen Bewilligung vorgelegt.

 

Mit Eingabe vom 22. August 2013 beantragten die Bf die Erlassung der nunmehr verfahrensgegenständlichen einstweiligen Verfügung.

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 3. September 2013,
GZ: BZ-Wa-3049-2011, wurde die Detailbewilligung für die Abkehr des Welser Mühlbaches in der Zeit vom 12. bis 20.10.2013 samt Nebenbestimmungen und Auflagen erteilt. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Entscheidung des Landeshauptmannes vom Oberösterreich vom 8. Oktober 2013 nicht Folge gegeben, woraufhin der Bescheid über die Detailbewilligung rechtskräftig wurde.

 

Am 15. Oktober 2013 erging der Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels, mit dem der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als unbegründet abgewiesen wurde.

 

Die Mühlbachabkehr wurde in der Zeit vom 12. bis 20. Oktober 2013 vollständig durchgeführt und abgeschlossen.

 

Gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15. Oktober 2013  erhoben die Bf fristgerecht die Beschwerde beim OÖ. Landesverwaltungsgericht.

 

4.3. Der wesentliche Sachverhalt ergab sich für den erkennenden Richter des
OÖ. Landesverwaltungsgerichtes zweifels- und widerspruchsfrei aus dem Verwal­tungsakt sowie hinsichtlich der erfolgten Bachabkehr aus der Information der Erstinstanz.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 108 Abs. 2 WRG 1959 sind allen Verfahren über Vorhaben mit möglicherweise nachteiligen Folgen für die Fischerei die nach den landesgesetzlichen Bestimmungen zur Wahrnehmung der Fischereiinteressen beru­fenen Stellen (Fischereirevierausschüsse) beizuziehen. Eine Beteiligung des Fischereirevieres als solches ist weder im WRG 1959, noch im
OÖ. Fischereigesetz vorgesehen. Eine Antragstellung gemäß WRG 1959 durch das Fischereirevier ist daher unzulässig und war die Beschwerde hinsichtlich des Fischereirevieres als unzulässig zurückzuweisen.

 

5.2. Gemäß § 122 WRG 1959 können bei Gefahr im Verzuge - zur Wahrung öffentlicher Interessen von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Antrag - die erforderlichen einstweiligen Verfügungen getroffen werden.

 

Unter Gefahr im Verzug iSd § 122 WRG 1959 ist eine erhebliche und konkrete Gefahr für eines der im WRG 1959 geschützten Rechtsgüter und Interessen zu verstehen, die eine Situation voraussetzt, welche zur Abwehr ein sofortiges behördliches Einschreiten erfordert (VwGH 25.10.1994, 92/07/0102;
28.3.1995, 93/07/0072; 23.1.2008, 2007/07/0060 [Abwehr einer bestehenden oder wahrscheinlichen Gefahr]; 29.6.2000, 99/07/0039; 21.2.2002, 2001/07/0124, RdU-LSK 2002/17 [die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr genügt]).

Welche öffentlichen Interessen oder Rechte Dritter bei Gefahr im Verzug zu schützen sind, ergibt sich aus den materiellrechtlichen Bestimmungen des WRG 1959 (Bumberger/Hinterwirth, WRG Wasserrechtsgesetz2, K1 zu § 122).

 

Die Bf vermeinen, der Schutz der Fischerei bzw. der Fischereirechte stelle ein vom WRG anerkanntes Schutzrecht dar, welches im Rahmen des § 30 WRG 1959 zu beachten sei. Anders sei es nicht zu erklären, dass die Fischereiberechtigten gemäß § 15 WRG 1959 gerade Maßnahmen zum Schutz der Fischerei begehren könnten. In § 102 Abs. 1 lit. b leg. cit. wird der Parteistellung der Träger wasserrechtlich geschützter Rechte im Sinn des § 12 Abs. 2 leg. cit. jene der Fischereiberechtigten nach § 15 Abs. 1 leg. cit. an die Seite gestellt, woraus hervorgeht, dass die Fischereiberechtigung nicht der Bestimmung des § 12 Abs. 2 leg. cit., sondern der Sondervorschrift des § 15 leg. cit. unterliegt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1998, Zl. 98/07/0124; ferner etwa die in Oberleitner/Berger, WRG3, zu § 15 WRG 1959 E 5 zitierte Judikatur).

 

Wie auch die belangte Behörde in ihrem Bescheid zur Detailgenehmigung vom
3. September 2013 richtig ausführte, gehören Fischereirechte zwar zu den „fremden Rechten“ iSd § 15 WRG 1959, nicht aber zu den „bestehenden Rechten“ iSd § 12 Abs. 2 WRG 1959 (Bumberger/Hinterwirth, WRG Wasser­rechtsgesetz2, K1 und K2 zu § 12). Gemäß § 12 Abs. 1 WRG 1959 ist allerdings in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nur auf die mögliche Verlet­zung „bestehender Rechte“ Bedacht zu nehmen. Nur solche können einer wasserrechtlichen Bewilligung entgegenstehen. Im gegenständlichen Verfahren besitzen die Bf, ebenso wie sämtliche weiteren Fischereiberechtigten, also eine nur beschränkte Parteistellung. § 15 WRG 1959 findet dabei nur auf Bewilligungsverfahren Anwendung, nicht auch auf Verfahren gemäß § 122
WRG 1959 (vgl. Bumberger/Hinterwirth, WRG Wasserrechtsgesetz2, K14 zu
§ 15).

 

Die Bf gehen daher zu Unrecht davon aus, dass das Fischereirecht zu den Wasserrechten zählt. Es zählt vielmehr eben nicht zu den Wasserrechten, da es nicht im WRG 1959, sondern in den Fischereigesetzen der Länder erfasst und geregelt ist. Dass das Fischereirecht keine Nutzungsbefugnis nach § 5 Abs. 2 ist und auch nicht als rechtmäßig geübte Wassernutzung gelten kann, ergibt sich aus der Sonderregelung des § 15. Dass es nicht zum Grundeigentum zählt, ist offenkundig, weil es ein Zueignungsrecht ist (§ 383 ABGB), das zwar mit dem Grundeigentum verbunden sein kann (§ 477 ABGB), aber nicht mit ihm verbun­den sein muss. Demgemäß kann es auch nicht als bestehendes Recht (§ 12
Abs. 2) eingewendet werden (VfGH 27.9.1971, Slg 6517; VwGH 16.12.1961,
Slg 5663; 2.7.1998, 98/07/0031; OGH 14.6.1971, 1 Ob 107/71; stRsp). Eine Fischereiberechtigung ist kein wasserrechtlich geschütztes Recht iSd § 12 Abs. 2 WRG 1959 (VwGH 29.10.1998, 98/07/0124; 24,5,2012, 2009/07/0199).

 

Daran vermag auch eine Bezugnahme auf § 30 WRG 1959 nichts zu ändern, da die Formulierung „im Rahmen des öffentlichen Interesses“ auch bedeutet, dass aus § 30 WRG 1959 grundsätzlich keine subjektiven Rechte abgeleitet werden können (Bumberger/Hinterwirth, WRG Wasserrechtsgesetz2, K4 zu §30).

 

5.3. Zudem wurde die Mühlbachabkehr 2013 bereits zwischen 12. und
20. Oktober 2013 durchgeführt, weshalb auch die Voraussetzung der Gefahr im Verzug im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr gegeben war.

 

5.4. Aus den genannten Gründen war dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels Gefahr im Verzug für ein im WRG 1959 geschütztes Rechtsgut nicht stattzugeben.

 

Im Ergebnis war bereits aus den dargelegten Gründen der Beschwerde der Erfolg zu versagen und der Bescheid der belangten Behörde zu bestätigen, sodass sich ein Eingehen auf weiteres Vorbringen erübrigt.

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landes­ver­waltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr.  W i m m e r