LVwG-350014/3/Kü/TO/BRe
Linz, 07.02.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über den Antrag des Herrn J S, dzt. J W, X, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 13. August 2013, SO10-685875, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Spruchpunkt 2) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, GZ: SO10-685875, vom 13. August 2013 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Gewährung von Zusatzleistungen und zwar auf Übernahme der Kosten für die Kaution (Baukostenbeitrag) in Höhe von 637,23 Euro sowie für Genossenschaftsanteile (Beitrittsgebühr und 3 Geschäftsanteile) in Höhe von 123,55 Euro gemäß §§ 6, 7, 22, 27, 31 Abs.1 OÖ. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) abgewiesen.
Der Bescheid wurde laut Postrückschein am 16. August 2013 durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt. Damit begann die gemäß § 63 Abs.5 AVG iVm § 24 VStG mit zwei Wochen bemessenes Berufungsfrist zu laufen. Letzter Tag der Berufungsfrist wäre sohin der 31. August 2013 gewesen. Da dieser Tag jedoch auf einen Samstag fiel, ist der darauffolgende Werktag heran-zuziehen (§ 33 Abs. 2 AVG) und endete die Berufungsfrist somit mit 2. September 2013. Trotz ordnungsgemäßer Rechtmittelbelehrung wurde die Berufung joch erst am 4. September 2013, um 2359 Uhr – somit um 2 Tage verspätet – mittels E-Mail eingebracht.
Der Bf wurde in Wahrung des Parteiengehörs mit Schreiben vom 5. September 2013 auf die verspätete Einbringung des Rechtsmittels hingewiesen. Dieses Schreiben wurde vom Bf am 17. September 2013 übernommen.
Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Schreiben vom 21. November 2013 den Aktenvorgang dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes OÖ zur Entscheidungsfindung vorgelegt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes OÖ, GZ: VwSen-560326/2/Kü/Ba, hat mit Erkenntnis vom 5. Dezember 2013 die Berufung als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
2. Mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) an die Stelle des Oö. Verwaltungssenates. Gemäß § 3 Abs. 6 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) erkennen die Verwaltungsgerichte ab 1. Jänner 2014 über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Verfahren, die in diesem Zeitpunkt gemäß Art 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf die Verwaltungsgerichte übergegangen sind oder, wären sie in diesem Zeitpunkt noch anhängig, übergehen würden. Gemäß Art 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der bei den mit 31. Dezember 2013 aufgelösten Behörden anhängigen Verfahren auf die Verwaltungsgerichte über.
Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter. Die Zuständigkeit des erkennenden Richters ergibt sich aus § 3 Abs. 7 VwGbk-ÜG.
3. Mit Schreiben vom 23. 12. 2013, zu Post gegeben am 13. 1. 2014, eingelangt am beim Landesverwaltungsgericht am 14. 1. 2014, beantragt der Bf die Wiederaufnahme des Verfahrens in der Sache VwSen-560326/2/Kü/Ba. Er begründet dies damit, dass ihm die Sozialarbeiterin der Justizanstalt Wels dazu geraten habe, da seine Stellungnahme sehr wohl innerhalb der gesetzten Frist abgegeben worden sei.
Aufgrund des Umstandes, dass der Antrag des Bf die Versäumung der fristgerechten Einbringung einer Berufung (Beschwerde) zum Inhalt hat, ist diese Eingabe entgegen der Bezeichnung durch den Bf vielmehr als Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs.1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zu werten ist.
Der Bf argumentiert in seinem Antrag im Wesentlichen damit, dass er am 14. 9. 2013 verhaftet worden sei. Drei Tage danach, am 17.9.2013, habe er das Schreiben der BH vom 5. 9. 2013 in der Justizanstalt erhalten. Er habe auch ein paar Tage nach Übernahme des Schreibens eine Stellungnahme verfasst und aufgrund des Umstandes, dass er keine Briefmarke hatte, habe er einem Mitarbeiter des Sozialdienstes in der Justizanstalt diese Stellungnahme in einem Briefkuvert mit der Bitte dies der Bezirkshauptmannschaft Wels zukommen zu lassen, übergeben. Da dies offensichtlich nicht passiert sei, sei die Frist zur Stellungnahme versäumt worden.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oö hat erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) kann jegliches (äußere) Geschehen, aber auch ein psychologischer Vorgang, wie Vergessen, Verschreiben, sich irren usw. als „Ereignis“ im Sinne der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewertet werden (vgl zuletzt etwa VwGH 27.9.2013, Zl. 2010/05/0202; 28.2.2012, Zl. 2011/09/0125 mwN).
Ein Ereignis ist nach der Rechtssprechung des VwGH dann „unvorhergesehen“, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte. Die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit ist dann noch gewahrt, wenn der Partei bzw. ihrem Vertreter in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein „minderer Grad des Versehens“ unterläuft (vgl etwa VwGH 27.9.2013, Zl. 2010/05/0202; 10.11.2011, Zl. 2011/07/0232 mwN.)
Zur Sachlage ist festzustellen, dass dem Bf der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 13. 8. 2013 im Wege der Hinterlegung am 16. 8.2013 zugestellt wurde und dieser mit Ablauf der 14-tägigen Rechtsmittelfrist am 3.9.2013 in Rechtskraft erwachsen ist. Zu diesem Zeitpunkt hat sich der Bf eigenen Angaben zufolge noch nicht in Untersuchungshaft befunden. Die am Mittwoch 4. 9. 2013 per E-Mail eingebrachte Berufung ist daher nicht innerhalb der Berufungsfrist bei der Behörde eingelangt. Wenn vom Bf nunmehr vorgebracht wird, dass er am 14. 9. 2013 verhaftet wurden ist und er daher das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 5. 9. 2013, mit welchen ihm Parteiengehör hinsichtlich der verspäteten Einbringung der Berufung gewahrt wurde, nicht hätte rechtzeitig beantwortet können, ist zu entgegnen, dass dies nicht in Zusammenhang mit der am 4. 9. 2013 eingebrachten Berufung steht. Die Verhängung der Untersuchungshaft und die nicht rechtzeitige Beantwortung des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft können aufgrund der zeitlichen Abfolge kein Ereignis darstellen, welches den Bf an der rechtzeitigen Einbringung der Berufung gehindert habe. Insofern kann der Bf mit seinem Vorbringen der Verhängung der Untersuchungshaft kein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis darlegen, welches ihn an der rechtzeitigen Einbringung der Berufung gehindert hätte.
Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Tatsache, dass sich der Bf in Untersuchungshaft befindet, noch kein Hinderungsgrund ist, der bei der Versäumung einer verfahrensrechtlichen Frist die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigt. Durch den Aufenthalt in einer Haftanstalt würde die Dispositionsfähigkeit nicht so weit verloren gehen, dass der Bf allein deswegen außerstande wäre, die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels zu wahren (vgl. VwGH 19.11.2003, 2003/21/0090; 7.9.2004, 2001/18/0037).
Insgesamt ist daher festzustellen, dass es dem Bf in seinem Antrag nicht gelungen ist darzustellen, warum es ihm nicht zumutbar gewesen wäre, innerhalb der Rechtsmittelfrist eine Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 13. 8. 2013 zu erheben, weshalb der Bf nicht glaubhaft machen konnte, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert worden wäre.
Somit liegen die Voraussetzungen für einen Wiedereinsetzungsantrag nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Hinweis:
Der Bf wird darauf hingewiesen, dass beim Land OÖ, Abt. Soziales jederzeit ein Antrag auf Gewährung einer einmaligen Hilfe in besonderen sozialen Lagen gestellt werden kann.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger