LVwG-300248/2/Py/KR
Linz, 21.03.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richterin
Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Finanzamtes Grieskirchen Wels, Dragonerstraße 31, 4601 Wels, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 6. Februar 2014, SV96-24-2012, mit dem das gegen Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) eingestellt wurde
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde keine Folge gegeben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 6. Februar 2014, SV96-24-2012, wurde das mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. März 2013 wegen des Verdachts der Übertretung nach § 28 Abs.1 Z.1 lit.b iVm § 18 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 idF. BGBl. I Nr. 99/2006 gegen den Beschuldigten, Herr X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.
Auf Grund der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 13. August 2012, FA-GZ. 054/74088/32/2012, wurde dem Beschuldigten mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. März 2013 folgende Verwaltungsübertretung zur Last gelegt:
„Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer – und somit zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 VStG – der Xgesellschaft mbH. mit Sitz in X.
Zum Tatzeitpunkt war für die Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes kein verantwortlicher Beauftragter gemäß
§ 28a Abs. 3 AuslBG bei der Abgabenbehörde namhaft gemacht, weshalb Sie die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit trifft.
Von der Xgesellschaft mbH. wurde als inländische Dienstleistungsnehmerin vertraglich die Erbringung von Arbeitsleistungen auf der unten angeführten Baustelle mit der Firma „X s.r.o.“ mit Sitz in X, Slowakei – und somit als Arbeitergeberin (§ 2 Abs. 3 lit. d AuslBG) ohne Betriebssitz im Inland – vereinbart.
Von der slowakischen Gesellschaft „X s.r.o“ wurden vom 04.04.2012 bis zumindest 11.04.2012, 17.30 Uhr (Kontrollzeitpunkt), die rumänischen Staatsangehörigen
a) X, geb. 1993,
b) X, geb. 1980,
c) X, geb. 1977,
d) X, geb..1981,
e) X, geb. 1975,
f) X, geb. 1977 und vom 04.04.2012 bis 06.04.2012, der weitere Rumäne
g) X, geb. 1981
auf der Baustelle „X“ als Arbeitnehmer mit der Durchführung von Fassaden- bzw. Vollwärmeschutzarbeiten beschäftigt.
Sie haben es zu verantworten, dass von der Xgesellschaft mbH. die angeführte Arbeitsleistung in Anspruch genommen wurde, obwohl nicht dafür gesorgt wurde, dass für die angeführten ausländischen Beschäftigten jeweils eine gültige Entsendebewilligung erteilt war.“
In der Begründung ihres Einstellungsbescheides führt die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass die eingeschränkten Zugangsbestimmungen zum österreichischen Arbeitsmarkt für rumänische und bulgarische Staatsangehörige seit 1. Jänner 2014 nicht mehr anzuwenden sind. Gemäß dem zwingenden gesetzlichen Günstigkeitsprinzip des § 1 Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz gelangt daher die nunmehr gültige Rechtslage (Arbeitnehmerfreizügigkeit für rumänische und bulgarische Staatsangehörige) zur Anwendung. Es sei daher von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und dieses einzustellen gewesen.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Finanzamt Grieskirchen Wels, Finanzpolizei Team 46, als am Verfahren beteiligte Organpartei eingebrachte Beschwerde vom 20. Februar 2014.
Als Beschwerdegrund wird darin unrichtige rechtliche Beurteilung namhaft gemacht und den Ausführungen der belangten Behörde entgegengehalten, dass das strafrechtliche Unwerturteil für die Beschäftigung von Ausländern ohne entsprechende Bewilligung nach dem AuslBG generell weiterhin aufrecht ist, auch wenn durch das Auslaufen der Übergangsfrist die beschäftigten AusländerInnen nunmehr nicht mehr vom Beschäftigungsverbot erfasst sind. Es geht um einen Verstoß gegen eine konkrete Verhaltenspflicht (nämlich die im Vorhinein mit Ablaufdatum versehene Einschränkung für den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur EU), die zur Zeit seiner Begehung strafbar war, deren Strafbarkeit nach Begehung der Tat, aber noch vor der Verhängung der Strafe weggefallen ist.
3. Mit Schreiben vom 3. März 2014 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, das gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin zu entscheiden hat, die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt vor.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht bestritten wird und im vorliegenden Verfahren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen sind, konnte gemäß § 24 VwGVG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen, zumal diese auch nicht beantragt wurde.
4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschuldigte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Xgesellschaft mbH mit Sitz in X (in der Folge: Firma X).
Von der Firma X wurde mit der slowakischen Firma "X s.r.o." mit Sitz in X (in der Folge: Firma X), und somit von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des europäischen Wirtschaftsraumes, die vorübergehende Erbringung von Arbeitsleistungen auf der Baustelle „X " vereinbart.
In der Folge wurden von der Firma X vom 4.4.2012 bis 11.4.2012 die rumänischen Staatsangehörigen
1. X, geboren 1993,
2.X, geboren 1980,
3. X, geboren 1977,
4. X, geboren 1981,
5. X, geboren 1975,
6. X, geboren 1977,
und vom 4.4.2012 bis 6.4.2012 der weitere Rumäne
7. X, geboren 1981
zur Durchführung von Fassadenarbeiten auf diese Baustelle entsandt.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
5.1. Zunächst ist auszuführen, dass die beschwerdeführende Organpartei mit ihrer Rechtsrüge, das Günstigkeitsprinzip gelange im gegenständlichen Verfahren nicht zur Anwendung, im Recht ist.
Die belangte Behörde hat das mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. März 2013 gegen den Beschuldigten eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren unter Hinweis auf das gemäß § 1 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz normierte Günstigkeitsprinzip mit der Begründung eingestellt, dass Staatsangehörige der Republik Bulgarien und Rumänien ab Jänner 2014 nicht mehr vom Übergangsarrangement betroffen seien.
Gemäß § 1 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Anwendung findet, richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.
Im vorgeworfenen Tatzeitraum 4.4.2012 bis 11.4.2012 bzw. 6.4.2012 war für die Beschäftigung der rumänischen Staatsangehörigen - vor Auslaufen des Übergangsarrangements hinsichtlich der unbeschränkten Zulassung von Arbeitskräften aus Rumänien zum österreichischen Arbeitsmarkt mit 31.12.2013 - die Einholung einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung erforderlich. Die Strafbarkeit der Beschäftigung von rumänischen Staatsbürgern sollte von vornherein nur für eine bestimmte Zeit gelten. Durch die spätere Rechtslage wurde jedoch – wie die beschwerdeführende Organpartei zutreffend ausführt - das strafrechtliche Unwerturteil der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat, nämlich die Pönalisierung der Beschäftigung von Ausländern ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung, nicht beseitigt. Das Auslaufen der Übergangsfrist für die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit führt damit nicht zum Wegfall des Unwerturteils über das zur Zeit seiner Begehung strafbare Verhalten. Die Beschäftigung von Ausländern ohne entsprechende Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ist weiterhin strafbar und mit der gleichen Strafsanktion bedroht, auch wenn das Ausländerbeschäftigungsgesetz seit einem bestimmten, nach dem strafbaren Verhalten liegenden Zeitpunkt die im konkreten Fall beschäftigten rumänischen Staatsangehörigen nicht mehr umfasst und das gleiche strafbare Verhalten daher in Zukunft nicht mehr gesetzt werden kann (vgl. dazu VfGH vom 8. März 2012, Zl. B 1003/11-7).
Im Ergebnis erfolgte jedoch die Einstellung im Hinblick auf die Anlastung eines unrichtigen Tatvorwurfes und die damit eingetretene Verfolgungsverjährung zu Recht:
5.2. In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. März 2013 wird dem Beschuldigten eine Übertretung des § 28 Abs. 1 1 lit. b iVm § 18 Abs. 1 AuslBG zur Last gelegt.
Im gegenständlichen Fall erfolgte die Betriebsentsendung der ausländischen Staatsangehörigen durch ein Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes, nämlich der Slowakei. Für derartige Sachverhalte wurde in Ansehung des Rechtes der EWR-Mitgliedsstaaten auf Ausübung der Dienstleistungsfreiheit in einem anderen EU-Mitgliedsstaat (Art. 56 AEUV und Art. 57 AEUV) die Sonderbestimmung des § 18 Abs. 12 AuslBG getroffen.
Gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG, BGBl. 218/1975 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I 78/2007 ist für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistungen nach Österreich entsandt werden, keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn
1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und
2. die österreichischen Lohn-und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices hat binnen 2 Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.
In § 28 Abs. 1 Z 5 AuslBG wird eine Übertretung dieser Bestimmung unter Strafe gestellt.
Bei Betrachtung des gegenständlichen, unbestritten gebliebenen Sachverhalts gelangt daher auf die vorliegende Betriebsentsendung durch ein Unternehmen mit Betriebssitz in der Slowakei die Bestimmung des § 18 Abs. 12 AuslBG zur Anwendung und wäre somit dem Beschuldigten eine Übertretung des § 28 Abs. 5 iVm § 18 Abs. 12 AuslBG zur Last zu legen. Beim Tatvorwurf des § 18 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1. Z1 lit.b AuslBG handelt es sich um einen anderen als nach § 28 Abs. 5 iVm § 18 Abs. 12 AuslBG. Zur Verfolgung wäre daher eine geeignete, eindeutige und vollständige (auf alle wesentlichen Tatbestandselemente bezogene) Verfolgungsverhandlung (Tatanlastung) innerhalb der in § 31 Abs.1 VStG iVm § 28 Abs. 2 AuslBG festgelegten Verjährungsfrist erforderlich, welche auch eine eindeutige Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ermöglicht (vgl. VwGH v. 23.5.2002, Zl. 2012/09/0116).
Der in der gegenständlichen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. März 2013 enthaltene, auf eine Übertretung des § 28 Abs. 1 lit.b iVm § 18 Abs. 1 AuslBG gerichtete Tatvorwurf wird dieser Anforderung jedoch nicht gerecht.
Da somit innerhalb der Verfolgungsverjährung dem Beschuldigten die konkrete Tat nicht angelastet wurde erfolgte der von der belangten Behörde ergangene Einstellungsbescheid - wenn auch aufgrund anderer rechtlicher Erwägungen -zurecht.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden und die gegen den Einstellungsbescheid erhobene Beschwerde abzuweisen.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr.in Andrea Panny