LVwG-800022/2/Bm/AK
Linz, 24.03.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn x, vertreten durch x, x, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom
13. Dezember 2013, GZ: Ge96-62-2013, wegen einer Übertretung der
GewO 1994
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde, noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I. und II.:
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom
13. Dezember 2013, GZ: Ge96-62-2013, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 81 iVm § 366 Abs. 1
Z 3 GewO 1994 verhängt.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:
„Sie haben es als das gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma x mit Sitz in x, x, zu verantworten, dass - wie durch Nachbarbeschwerden bekannt wurde - die bestehende Betriebsanlage durch die Inbetriebnahme eines Hochdruckreinigers geändert wurde, obwohl die Änderung genehmigungspflichtig ist und bis zum Tatzeitpunkt keine entsprechende Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung erwirkt wurde und Nachbarn aufgrund des Betriebes des Hochdruckreinigers durch Lärm und sonstige Emissionen unzumutbar beeinträchtigt werden konnten.
Tatort: x, x
Tatzeit: 28.02.2013, 19.58 Uhr“
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf durch seinen anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, welche sich im Wesentlichen auf die Zeugenaussagen der Familien x und x stützen würden, seien aktenwidrig. Die Feststellungen würden in der Aktenlage keine Deckung finden, da sich aus den im Akt einliegenden Aussagen der Zeugen ergebe, dass lediglich x und x die Inbetriebnahme des Hochdruckreinigers zum Tatzeitpunkt visuell bzw. nur akustisch wahrgenommen hätten. Von den Nachbarn x und x sowie x und x sei hingegen im Rahmen der durchgeführten Zeugenvernehmungen klargestellt worden, dass sie entweder einen Waschvorgang persönlich nicht wahrgenommen hätten bzw. nicht mehr mit Sicherheit sagen könnten, diesen persönlich wahrgenommen zu haben.
Auch erweise sich die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung als unschlüssig. Dies deshalb, da nach den Ausführungen der belangten Behörde zwar auf dem von den Nachbarn vorgelegten Lichtbildern ein Waschvorgang eindeutig erkennbar sei, dass es sich dabei allerdings um einen Waschvorgang unter Verwendung eines Hochdruckreinigers handeln würde, könne den beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde nicht entnommen werden. Darüber hinaus habe die belangte Behörde den bekämpften Bescheid deshalb mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, da dem in § 44a Z 1 VStG normierten Konkretisierungsgebot nicht entsprochen worden sei.
Um § 44a Z 1 VStG zu entsprechen, müsse dem Spruch des Straferkenntnisses zu entnehmen sein, dass es sich bei der vorgeworfenen konsenslosen Änderung um die einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage handle. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordere dieser Umstand, dass der gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigungsbescheid im Spruch des Straferkenntnisses genannt werde.
Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses lasse eine solche nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderliche Nennung des betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheides vermissen.
Darüber hinaus habe sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid über den relevanten Einwand des Bf, dass der gelegentliche Betrieb eines Hochdruckreinigers zur Herstellung der Verkehrssicherheit der betriebseigenen LKW keine unzulässige Änderung der genehmigten Betriebsanlage darstelle, sondern von der bestehenden Konsenslage mitumfasst sei, ohne nähere Begründung hinweggesetzt. Damit habe die Behörde auch das Recht auf Parteiengehör verletzt.
Es werde daher der Antrag gestellt,
der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge der Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben; in eventu unter Anwendung des § 21 VStG eine bescheidmäßige Ermahnung aussprechen; in eventu für den Fall einer Bestrafung die Mindeststrafe verhängen.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem OÖ. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt.
3.1. Mit 1. Jänner 2014 trat das OÖ. Landesverwaltungsgericht (LVwG) an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG. Die Zuständigkeit der erkennenden Richterin ergibt sich aus § 3 Abs. 7 VwGbk-ÜG.
4. Das OÖ. LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis zu beheben ist.
5. Das OÖ. LVwG hat erwogen:
5.1. Gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.
5.2. Nach § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass
1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,
2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.
Was den vorstehenden Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2. anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus.
Vom Bf wird zu Recht eingewendet, dass der Tatvorwurf diesen Anforderungen nicht entspricht.
Unter „Änderung“ einer genehmigten Betriebsanlage ist jede durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte, bauliche oder sonstige, die Anlage betreffende Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage zu verstehen, durch die sich die im § 74 Abs. 2 Z 1 bis 5 GewO 1994 bezeichneten Gefährdungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen Auswirkungen ergeben können. Jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von dem im Genehmigungsbescheid (Betriebsbeschreibung) umschriebenen Projekt abweicht, bedeutet eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage und bedarf unter den Voraussetzungen des § 81 GewO 1994 einer gewerbebehördlichen Genehmigung.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Erfüllung des Straftatbestandes des § 366 Abs. 1 Z 3 eine (von der genehmigten Änderung betroffene) genehmigte Betriebsanlage voraus. Dieser Umstand erfordert aber im Sinn der im § 44a Z 1 VStG normierten spruchgemäßen Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat die sachverhaltsmäßig von der Behörde in Betracht gezogene „genehmigte Betriebsanlage“.
Diesem Konkretisierungsgebot wird im Regelfall jedenfalls durch einen Hinweis auf den (konkreten) Genehmigungsbescheid Rechnung getragen (vgl. Gruber/Paliege-Barfuß, GewO, § 366, Anm. 88 mit Judikaturnachweisen).
Weder im Spruch noch in der Begründung des Straferkenntnisses noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. August 2013 befindet sich ein Hinweis über eine Genehmigung der Betriebsanlage bzw. die Zitierung diesbezüglicher Genehmigungsbescheide. Das Vorliegen einer genehmigten Betriebsanlage ist aber Voraussetzung für den Änderungstatbestand bzw. den Tatbestand des Betriebes einer Betriebsanlage nach Änderung ohne Änderungsgenehmigung.
Die im Spruch gewählte Formulierung „bestehende Betriebsanlage“ ist nicht ausreichend, da nicht jede bestehende gewerbliche Betriebsanlage auch genehmigungspflichtig ist.
Da sohin der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG nicht entspricht, war spruchgemäß zu entscheiden.
6. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.
Zu III.: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Michaela Bismaier