LVwG-700015/2/AL

Linz, 18.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Astrid Lukas über die Beschwerden der X, geb. X, X, gegen die Straferkenntnisse des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems, jeweils vom 24. Oktober 2013, GZ: Sich96-228-2013-Ma, Sich96-230-2013-Ma, Sich96-229-2013-Ma, wegen Übertretungen nach dem Meldegesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird den Beschwerden mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Geldstrafen auf jeweils 15 Euro und der Beitrag zu den Verfahrenskosten erster Instanz auf jeweils 1,5 Euro herabgesetzt sowie die Ersatzfreiheitsstrafen mit je 7 Stunden neu festgesetzt werden.

 

II.         Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B‑VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Strafverfügungen der belangten Behörde jeweils vom 10. Oktober 2013, Sich96-228-2013, Sich96-230-2013, Sich96-229-2013, wurden über die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) gemäß § 22 Abs 1 Z 1 Meldegesetz 1991 drei Geldstrafen in Höhe von jeweils 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 24 Stunden) verhängt, weil sie es verabsäumt habe, einerseits ihre Unterkunftnahme mit Nebenwohnsitz am 5.12.2012 in X, bei der zuständigen Meldebehörde innerhalb von drei Tagen danach anzumelden und die Anmeldung über die Unterkunftnahme bei der Meldebehörde bis zumindest 6.6.2013 unterlassen habe, und anderseits als Erziehungsberechtigte ebenfalls bis zum 6.6.2013 die sie treffende Meldepflicht zur Anmeldung der zwei minderjährigen Kinder X und X mit Nebenwohnsitz am 5.12.2012 an derselben Adresse innerhalb von drei Tagen danach unterlassen habe, obwohl man sich bei einer Unterkunftnahme in einer Wohnung innerhalb von 3 Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden habe. Die Meldepflicht für einen Minderjährigen treffe, wem dessen Pflege und Erziehung zustehe.

 

Dagegen wurde in offener Frist Einspruch gegen das Strafausmaß eingebracht, worüber die belangte Behörde entschied.

 

Spruchmäßig wurde dem Einspruch gegen das Strafausmaß vom 21.10.2013 gemäß § 56 AVG iVm § 49 Abs 2 und § 19 VStG seitens der belangten Behörde Folge gegeben und die Geldstrafen auf jeweils 20 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 12 Stunden herabgesetzt (Verfahrenskosten: jeweils 10 Euro; Gesamtbetrag somit jeweils 30 Euro).

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass aufgrund des Einspruches hinsichtlich der verhängten Strafhöhe unter Bedachtnahme auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bf eine Herabsetzung der Strafen vertretbar sei.

 

Bei der Bemessung der Strafen seien die mit der Tat verbundene Schädigung bzw. Gefährdung der Rechtsschutzinteressen und die sonstigen nachteiligen Folgen als Grundlage richtig angenommen worden. Bei der Überprüfung der Strafhöhen sei das Ausmaß des Verschuldens und auch der Umstand, dass der Bf der Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit zugute komme, gewertet und somit die Erschwernis- und Milderungsgründe gegeneinander abgewogen worden.

 

I.2. Gegen diese der Bf zugestellten Straferkenntnisse richten sich die vorliegenden, jeweils am 8. November 2013 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingelangten Rechtsmittel.

 

Darin bringt die Bf vor, dass die Betroffenen ab 6.6.2013 gemeldet gewesen seien und bittet um Erlassung der Geldstrafen.

 

I.3. Mit Schreiben jeweils vom 14. November 2013 hat die belangte Behörde diese Rechtsmittel samt den bezughabenden Verwaltungsakten dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. 

 

Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, gelten die Rechtsmittel der Bf als rechtzeitig erhobene Beschwerden gem Art 130 Abs 1 Z 1 B‑VG und können die Verfahren gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG von der zuständigen Richterin des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden.

 

II.1.  Gemäß § 2 VwGVG hat das OÖ. Landesverwaltungsgericht in den verfahrensgegenständlichen Sachen durch eine Einzelrichterin zu entscheiden.

 

Gemäß § 44 Abs 3 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.

 

II.2. Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten der belangten Behörde.

 

II.3. Bei seiner Entscheidung geht das Oö. Landesverwaltungsgericht von dem unter Punkt I. dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

III. In der Sache selbst hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

III.1. Gemäß § 22 Abs 1 Z 1 Meldegesetz 1991, BGBl. 9/1992, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I 45/2006 (im Folgenden: MeldeG), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, zu bestrafen, wer die ihn treffende Meldepflicht nach §§ 3, 4, 5 oder 6 nicht erfüllt.

 

Nach § 3 Abs 1 MeldeG ist, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.

 

Gemäß § 7 Abs 2 MeldeG trifft die Meldepflicht für einen Minderjährigen, wem dessen Pflege und Erziehung zusteht.

 

III.2. Nachdem sich die vorliegenden, als Beschwerden zu wertenden, Rechtsmittel der Bf nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der erhobenen Einsprüche gegen die ursprünglichen Strafverfügungen lediglich gegen die Höhe der verhängten Strafen richtet und somit die Tatbegehung an sich nicht in Abrede stellt, ist von der Rechtskraft der Schuldaussprüche gegen die Bf auszugehen. Eine diesbezügliche Überprüfung war dem Oö. Landesverwaltungsgericht sohin verwehrt. Dies gilt jedoch nicht für die Beurteilung der jeweiligen Strafbemessung.

 

III.3. Gemäß § 19 Abs 1 VStG iVm § 38 VwGVG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs 2 VStG iVm § 38 VwGVG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

III.3.1. Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung (vgl. ua. VwGH vom 28. November 1966, 1846/65), die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. ua. VwGH vom 13. Dezember 1971, Slg. 8134 A). § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 - 46 VStG) erfolgt.

 

Darüber hinaus normiert § 19 Abs 2 VStG für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, insbesondere Verschulden sowie Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs 3 leg.cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua. im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

III.3.2. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde hinsichtlich der Einkommens‑, Vermögens- und Familienverhältnisse von den vor dieser glaubhaft gemachten finanziellen Situation der Bf aus und setzte die in den Strafverfügungen verhängten Strafen herab. Erschwerungsgründe wurden von der belangten Behörde keine festgestellt, während die bisherige Unbescholtenheit der Bf zu Recht strafmildernd gewertet wurde.

 

Ergänzend ist nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichtes die bereits verstrichene Verfahrensdauer (Tatzeitpunkt: 5.12.2012 bis 6.6.2013), die grundsätzliche Einsichtigkeit sowie das Bedauern der Bf und ihr Schuldeingeständnis von Beginn an (vgl. dazu ihre niederschriftlichen Angaben vom 11.6.2013) strafmildernd zu berücksichtigen. Auch ist entsprechend mildernd zu werten, dass die Meldungen am 6.6.2013 nicht erst als Reaktion auf das Tätigwerden der belangten Behörde erfolgten, sondern in völliger Selbstständigkeit durch die Bf selbst; so kam es erst zur behördlichen Anzeige, als die Bf bei der Behörde wegen der ausstehenden Anmeldung vorstellig wurde.

 

Weiters ist entsprechend zu berücksichtigen, dass der Gatte der Bf bereits seit 5.12.2012 ordnungsgemäß angemeldet war und dass die Familie davon ausgegangen ist, dass die gesamte Familie automatisch mit ihm als angemeldet gilt (vgl. dazu ua. den Aktenvermerk seitens der belangten Behörde vom 11.6.2013). Zwar schützt Unkenntnis des Gesetzes freilich nicht vor einer Bestrafung; allerdings kann dies sehr wohl entsprechend in die Strafbemessung mit einfließen. So ist der Umstand, dass sich die Bf wohl aufgrund bloßer Unbesonnenheit auf die Meldung ihrer Person und insbesondere auch die ihrer zwei Kinder durch die ordnungsgemäß erfolgte Meldung ihres Ehemannes verlassen hat, nach Auffassung der erkennenden Richterin entsprechend mildernd zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der Erschwerungsgründe geht die belangte Behörde selbst davon aus, dass solche nicht vorliegen.

 

Schließlich ist auch noch zu bemerken, dass die Bf begründend ausführt, die Anmeldung aufgrund der Übersiedlung und der beginnenden Selbstständigkeit ihres Ehemannes schlichtweg übersehen zu haben. Wenn auch derartige – nach allgemeiner Lebenserfahrung durchaus nachvollziehbare – Umstände die Unterlassung der behördlichen Meldung nicht rechtfertigen können, so sind diese nach Auffassung der erkennenden Richterin des Oö. Landesverwaltungsgerichtes sehr wohl geeignet, das Verschulden der Bf zu verringern und in der konkreten Strafbemessung entsprechend mildernd berücksichtigt zu werden.

 

Vor diesem Hintergrund findet es das Oö. Landesverwaltungsgericht in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die verhängten Geldstrafen auf jeweils 15 Euro herabzusetzen und in angemessener Relation dazu auch die Ersatzfreiheitsstrafen mit je 7 Stunden neu festzusetzen.

 

In diesem Sinne war auch der Beitrag zu den Kosten der Verwaltungsstraf-verfahren vor der belangten Behörde adäquat zu reduzieren.

 

III.3.3. Eine Anwendung des § 45 Abs 1 letzter Absatz VStG (Ermahnung) und damit verbunden das Absehen von den Strafen scheidet insofern aus, als das tatbildmäßige Verhalten der Bf nicht hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

IV. Bei diesem Ergebnis war der Bf gemäß § 52 Abs 8 VwGVG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht aufzuerlegen.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. L U K A S