LVwG-500008/2/Kü/TO/Bu

Linz, 21.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn x, x, x, vom 12. Dezember 2013, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22. November 2013 , GZ: 0012644/2013, betreffend Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG)

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß  § 38 VwGVG iVm § 45 Abs.1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.

 

 

II.       Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs.9 VwGVG) zu leisten.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22. November 2013, GZ: 0012644/2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 79 Abs. 1 Z 15b Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) iVm § 80 Abs.1 AWG iVm Artikel 37 Abs.2 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 730,-- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 7 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 146,-- Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

„1) Der Beschuldigte, Herr x, hat am 01.06.2012 vorsätzlich versucht, nicht gefährliche Abfälle, nämlich 60 Stück Altreifen „tripliert" und 2 Scheinwerfer (Glas zersplittert, SN 35204) entgegen § 69 AWG ohne Zustimmung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß Kapitel II der EG- VerbringungsV zur grenzüberschreitenden Verbringung aus Österreich über Deutschland nach Nigeria auszuführen.

Die Ausfuhr dieses nicht gefährlichen Abfalles wurde vom Beschuldigten von x, x, aus veranlasst (Versender laut CMR und Kaufvertrag) und in Deutschland durch die Regierung von Niederbayern angehalten.

 

2) Der Beschuldigte, Herr x, hat am 01.10.2012 vorsätzlich versucht, nicht gefährliche Abfälle, nämlich Altreifen „tripliert", Altautoteile und Motoren entgegen § 69 AWG ohne Zustimmung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß Kapitel II der EG- VerbringungsV zur grenzüberschreitenden Verbringung aus Österreich über Deutschland nach Nigeria auszuführen.

Die Ausfuhr dieses nicht gefährlichen Abfalles wurde vom Beschuldigten von x, x, aus veranlasst (Versender laut CMR und Kaufvertrag) und in Deutschland durch die Regierung von Niederbayern angehalten.“

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 12. Dezember 2013 in der der Bf wörtlich wiedergegeben anführt:

„Ich bin fassungslos über diesen gewaltigen Brief. Bin mir absolut keiner Schuld bewußt.

Das Stimmt, ich hatte am 01.06.2012 und am 01.10.2012 eine Kontrolle. Daß es auf diesen Transport „Etwas" zu bemängeln gibt hätte ich nie gedacht und ausgeführt. Beide Transporte wurden nach Österreich zurück geschickt. Es entstand dadurch ein großer finanzieller Schaden. Immerhin kostet ein Transport ja viel Geld. Das Österreichische Umweltministerium und die Bezirkshauptmannnschaft Steyr-Land hat sich Alles angeschaut, und festgestellt, daß ich triplierte Reifen und 2 Scheinwerfer (siehe Anhang) herausnehmen und entsorgen muß. Das habe ich dann auch sofort gemacht. Außerdem gehören Auto samt Inhalt einen Bekannten in Nigeria.

Sein Name ist - x. Ich habe diesen Mann nur geholfen bei diesen Transport.

Möchte mich aber entschuldigen, daß ich nicht früher mit Ihnen Kontakt aufgenommen habe.

Ich bitte Sie um Verständnis in dieser Angelegenheit. Danke.“

 

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstraftakt mit Schreiben vom 13. Jänner 2014 dem Landesverwaltungsgericht (LVwG) zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

Mit 1.1.2014 trat das LVwG an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs.1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde im Sinne des Art 130 Abs.1 Z 1 B-VG. Die Zuständigkeit des erkennenden Richters ergibt sich aus § 3 Abs.7 VwGbk-ÜG.

 

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs.2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

5. Erwägungen des Oö. Landesverwaltungsgerichtes:

 

5.1. Gemäß § 79 Abs.1 Z 15 b AWG 2002 begeht wer entgegen § 69 Abfälle ohne die erforderliche Bewilligung oder die sonstigen erforderlichen Zustimmungen gemäß der EG-VerbringungsV verbringt – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 Euro bis 36.340 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht.

 

Gemäß § 80 Abs.1 AWG (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 35/2012) ist in den Fällen des § 79 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 15 Abs.3 letzter Satz, § 79 Abs.1 Z 7, § 79 Abs. 1 Z 15a, § 79 Abs.2 Z 3 in Verbindung mit § 15 Abs.3 letzter Satz und § 79 Abs.2 Z 18, 19, 20 oder 22 der Versuch strafbar.

 

5.2. Dem Bf wird vorgeworfen am 1.6.2012 sowie am 1.10.2012, die Ausfuhr von nicht gefährlichem Abfall (Reifen und Kfz-Teile) von Österreich nach Nigeria ohne die erforderliche Zustimmung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vorsätzlich versucht zu haben.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 VStG unterliegt, sofern eine Verwaltungsvorschrift den Versuch einer Verwaltungsübertretung ausdrücklich für strafbar erklärt, der Strafe, wer vorsätzlich eine zur wirklichen Ausübung führenden Handlung unternimmt.

 

Die belangte Behörde unterstellt den gegenständlichen Sachverhalt der Strafbestimmung des § 79 Abs.1 Z 15b iVm § 80 Abs. 1 AWG 2002 und verhängt über den Bf zwei Geldstrafen. § 8 VStG erklärt die Begehung einer Verwaltungsübertretung in Form des Versuchs nur dann strafbar, wenn die betreffende Verwaltungs­vorschrift den Versuch einer Verwaltungsübertretung ausdrücklich für strafbar erklärt. § 80 Abs. 1 AWG 2002 definiert jene Fälle, in denen der Versuch strafbar ist. In der zu den Tatzeitpunkten geltenden Fassung des § 80 Abs.1 AWG 2002 war § 79 Abs.1 Z 15b AWG 2002 nicht enthalten. Dies führt zum Ergebnis, dass die dem Bf in Form des Versuches angelasteten Übertretungen zu den genannten Tatzeiten nicht für strafbar erklärt wurden. Erst mit der Änderung des AWG 2002, BGBl. I Nr. 103/2013 (Inkrafttreten am 21.7.2013) fand § 79 Abs.1 Z 15b AWG 2002 Aufnahme in den § 80 Abs.1 AWG 2002 und ist seit diesem Zeitpunkt der Versuch der Verbringung von Abfällen ohne die erforderlichen Zustimmungen strafbar.

 

Sache im Sinne des § 50 VwGVG ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der belangten Behörde gebildet hat. Wie dem Spruch des Straferkenntnisses zu entnehmen ist, wurde der vom Bf veranlasste Transport in Deutschland durch Organe der Regierung von Niederbayern angehalten. Dieser Umstand verdeutlicht aber, dass bereits ein grenzüberschreitender Transport der Abfälle stattgefunden hat, so dass die Verbringung nicht im Versuchsstadium geblieben ist, sondern eine Verbringung ins Ausland bereits tatsächlich stattgefunden hat. Im Verwaltungsstrafverfahren ist das Landesverwaltungsgericht nicht berechtigt, in der Entscheidung dem Bf eine andere Tat zur Last zu legen, als er im erstbehördlichen Straferkenntnis schuldig erkannt wurde. Ein Versuch einer Verwaltungsstraftat kann im Beschwerdeverfahren daher außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht in die Vollendung derselben umgewandelt werden, weil damit eine nicht zulässige Auswechslung der Tat verbunden wäre. Aus diesem Grund war der Beschwerde stattzugeben, der Bescheid der belangten Behörde aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger