LVwG-600180/2/Zo/SA

Linz, 11.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung (seit 1.1.2014 Beschwerde) des S Sp, geb. 1978, vertreten durch RAe D, X & Partner, vom 20.12.2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Ried im Innkreis vom 26.11.2013, VerkR96-13049-2012, wegen einer Übertretung des KFG zu Recht   erkannt:

 

I.         Der Beschwerde gegen Punkt 2 wird stattgegeben.

 

 

II.       Der Beschwerdeführer hat keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. 

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I:

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat dem Beschwerdeführer im Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfen, dass er – wie bei einer Kontrolle am 2.10.2012 um 14.44 Uhr auf der B148 bei Km 13,100 festgestellt worden sei – als Lenker eines näher bezeichneten Sattelkraftfahrzeuges am 27.9.2012 von 11.36 Uhr bis 17.54 Uhr bei einer Lenkzeit von 5 Std und 9 Min keine Fahrtunterbrechung eingelegt habe. Dies stelle gemäß Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG einen schwerwiegenden Verstoß dar.

 

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gem. Art.EG-VO 561/2006 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 i.V.m. Abs. 1b KFG eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2.           In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung (diese gilt seit 1.1.2014 als Beschwerde) machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass er die Lenkzeitüberschreitung am 27.9. nicht habe vermeiden können. Auf Grund einer Sperre der A8 bei Stuttgart habe er eine Umleitungsstrecke fahren müssen. Wegen des dort herrschenden „stop and go Verkehrs“ sei auf der Fahrerkarte durchgehend Fahrzeit dokumentiert, obwohl sich das Fahrzeug kaum bewegt habe. Er habe dann auf dem ersten freien Parkplatz außerhalb der Autobahn die Lenkpause eingelegt. Er habe diesen Umstand auch in seinem Wochenbericht dokumentiert.

 

3.           Die Verwaltungsbehörde hat den Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen. Dieses hat durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG die  Verhandlung entfällt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten Kraftwagenzug. Dieser ist mit einem digitalen Kontrollgerät ausgestattet, die Auswertung der Fahrerkarte ergab an einem Tag eine Überschreitung der Tageslenkzeit und in zwei Fällen eine Unterschreitung der täglichen Ruhezeit. Weiters hielt der Beschwerdeführer am 27.9.2012 bei einer Lenkzeit von 5 Std und 9 Min keine Lenkpause ein. Der Beschwerdeführer hatte bereits bei der Kontrolle angegeben, dass sich diese Übertretung wegen eines Staues nicht habe vermeiden lassen. Im Verfahren legte er einen handschriftlichen Arbeitszeitplan für die Woche vom 24.-29.9. vor, welcher allerdings nicht sämtliche Arbeitszeiten chronologisch umfasst sondern nur „Unregelmäßigkeiten“ und deren Grund. Im gesamten Auswertezeitraum von 28 Tagen hielt der Beschwerdeführer die Lenkpausen ansonsten immer ein.

 

Dazu ist anzuführen, dass der Arbeitszeitplan wegen der fehlenden chronologischen Aufzeichnung nicht zwingend das tatsächliche Vorhandensein eines Staues am 27.9. beweist. Dieser Arbeitszeitplan könnte durchaus auch erst im Nachhinein für das Verfahren angefertigt worden sein. Entsprechend Art. 12 der EG-VO 561/2006 wäre es sinnvoller gewesen, diesen besonderen Umstand auf einem Ausdruck des Kontrollgerätes gleich nach Erreichen des Halteplatzes handschriftlich festzuhalten. Allerdings ist im konkreten Fall zu Gunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, dass er den Stau gleich bei der Kontrolle erwähnt hat und auch im gesamten Überwachungszeitraum keine weiteren „Lenkpausenprobleme“ aufscheinen. Die Angaben des Beschwerdeführers sind deshalb glaubwürdig.

 

5.           Darüber hat der zuständige Richter des Landesverwaltungsgerichtes OÖ. in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1.      Gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) 561/2006 hat ein Fahrer nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens
15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Abs.1 eingehalten werden.

 

Gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) 561/2006 kann, sofern die Sicherheit im Straßenverkehr nicht gefährdet wird, der Fahrer von den Artikeln 6 bis 9 abweichen, um einen geeigneten Halteplatz zu erreichen, soweit dies erforderlich ist, um die Sicherheit von Personen, des Fahrzeuges oder seiner Ladung zu gewährleisten. Der Fahrer hat Art und Grund dieser Abweichung spätestens bei Erreichen des geeigneten Halteplatzes handschriftlich auf dem Schaublatt des Kontrollgeräts oder einem Ausdruck aus dem Kontrollgerät oder im Arbeitszeitplan zu vermerken.

 

 

5.2.      Der Beschwerdeführer hat  wegen eines Staus die erforderliche Lenkpause um 39 Min zu spät eingelegt. Diese Abweichung war erforderlich, um einen Parkplatz zu erreichen und es gibt keinen Hinweis darauf, dass er dadurch die Verkehrssicherheit gefährdet hätte. Er hat diesen Umstand (wenn auch nicht genau nach den Vorgaben des Art. 12 EG-VO) auch dokumentiert und damit ausreichend glaubwürdig gemacht, weshalb er im konkreten Einzelfall von Art. 7 EG-VO abweichen durfte. Seiner Beschwerde war daher statt zu geben.

 

Es ist noch darauf hinzuweisen, dass sich die Beschwerde nicht gegen die Punkte 1 und 3 des Straferkenntnisses richtet. Die in diesen Punkten verhängten Strafen und Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt 495 € sind daher rechtskräftig.

 

 

Zu II:

Für das Beschwerdeverfahren sind gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG keine Kosten vorzuschreiben.

 

 

Zu III:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Beschwerde bzw. Revision ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl