LVwG-600174/7/Br/AE/CG

Linz, 25.03.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier, über die Beschwerde des J K, geb. 1957, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft  Freistadt vom 17. Jänner 2014,  Zl. VerkR96-2370-2013, nach der am 25.3.2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung,

 

zu Recht  e r k a n n t:

 

 

 

I.   Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.   Gemäß § 52 Abs.1 und 2 hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 10,- zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.            Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat über Beschwerdeführer wegen einer Übertretung nach § 9 Abs.4 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden verhängt, wobei ihm sinngemäß zur Last gelegt, er habe am 21.3.2013 um 15:30 Uhr, auf der Mühlkreisautobahn, Rampe 3, Abfahrt Franzosenhausweg in Fahrtrichtung Wien, bei Straßenkilometer 0,290, als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X, nicht vor der dort befindlichen Kreuzung mit dem Vorschriftszeichen „HALT“ eingehalten.

 

 

 

I.1. Begründend wurde der Schuldspruch auf die Anzeige  der Autobahnpolizeiinspektion Haid vom 22.3.2013 gestützt. Die Behörde folgte in ihrer Beweiswürdigung der Aussage des Polizeibeamten. Dieser habe sowohl in der Stellungnahme vom 19.6.2013 als auch im Zuge seiner Zeugenaussage zweifelsfrei dargestellt, dass das von Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug vor der Haltelinie nicht eingehalten worden sei. Diese Tatsache sei von Polizeibeamten von einem am Tatort befindlichen Nebenweg wahrgenommen worden. Der Zeuge habe das Verkehrsgeschehen bewusst beobachtet, wobei einem Polizeiorgan mit dessen Erfahrung zugemutet werden könne, derartige Übertretungen fehlerfrei wahrzunehmen. Der Polizeibeamte kenne dem Beschuldigten nicht persönlich, weshalb auch kein Grund ersichtlich sei, dass der Zeuge  dem Beschuldigten zu Unrecht belasten wollte. Eine bewusste falsche Beweisaussage würde nicht zuletzt für den Polizeibeamten strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Eine solche wolle der Polizeibeamte wegen einer relativ geringfügigen Verkehrsübertretung wohl nicht in Kauf nehmen.

Des Weiteren verweist die Behörde, dass für die Strafbarkeit im Sinne des § 5 Abs.1 VStG bereits Fahrlässigkeit genüge, wobei die gegenständliche Übertretung ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt darstelle. Ein Entlastungsbeweis sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen.

 

 

II.          In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde bestreitet der Beschwerdeführer dem zur Last gelegte Verwaltungsübertretung. Er sei überzeugt, das Fahrzeug zum Stillstand gebracht gehabt zu haben. Nach Rücksprache mit seinem Anwalt sei er ferner darauf aufmerksam gemacht wurden, dass die Bearbeiterin der Behörde eines Verfahrensfehler gemacht habe, weil sie nicht die in seinem Einspruch namhaft gemachte Ehefrau als Zeugen einvernommen habe. Daher ersuche er um Verfahrenseinstellung.

III.         Der Verfahrensakt wurde unter Anschluss eines Inhaltsverzeichnisses dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Behörde entschuldigte sich ob ihrer Nichtteilnahme.

 

III.1. Zur Anzeige  ist zu bemerken, dass diese keine inhaltlichen Ausführungen zum Gegenstand hat sondern sich auf die bloßen den Tatvorwurf umschreibenden Fakten, einschließlich des Hinweises „die Übertretung dienstlich wahrgenommen zu haben“ beschränkt.

Vorerst wurde der Beschwerdeführer zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers zur fraglichen Zeit aufgefordert und nach Erteilung dieser, wurde ihm eine mit 17. 4. 2013 datierte Strafverfügung übermittelt. Diese wurde vom Beschwerdeführer im Ergebnis inhaltsgleich wie nun in der vorliegenden Beschwerde beeinsprucht, wobei als Zeugin die im Fahrzeug mitfahrende Frau zum Beweis dafür namhaft gemacht wurde, dass der Beschwerdeführer schon vor der Haltelinie zum Stillstand gekommen sei, weil ein Lieferwagen von links  gequert habe. Die Polizeibeamten wären mit ihrem Dienstwagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf einem etwas tieferliegenden Feldweg gestanden und hätten daher nur unter der Leitschiene durchsehen können. Es stelle sich daher die Frage, ob die Polizeibeamten auf diese Entfernung überhaupt feststellen  haben können, ob sein Fahrzeug zum Stillstand gekommen ist.

Dazu wurde in weiterer Folge der Meldungsleger zur Stellungnahme aufgefordert, welche am 19.6.2013 mit dem bloßen Hinweis auf die Anzeige angaben beantwortet wurde.

Mit Schreiben vom 16.7.2013 hat die Landespolizeidirektion Oberösterreich das Verfahren gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt abgetreten.

Diese hat folglich einen Auszug aus dem Verwaltungsvormerkregister eingeholt welcher den Beschwerdeführer als unbescholten erscheinen lässt.

Am 16.9.2013 wurde der Meldungsleger vor der Behörde zeugenschaftlich einvernommen. Darin gab er an, die Anzeige vollinhaltlich aufrecht zu erhalten, da das Fahrzeug an der Haltelinie nicht angehalten worden sei, wobei die Übertretung von ihm von einem Nebenweg aus wahrgenommen worden sei und nicht von der Örtlichkeit  wie diese auf dem von Beschwerdeführer vorgelegten Fotos dargestellt ist, sondern aus einer anderen Position.

Dieses Ergebnis wurde dem Beschwerdeführer letztlich am 11.10.2013 im Rahmen einer Niederschrift vor der Behörde zur Kenntnis gebracht. Er verwies dabei nochmals auf seine bisherige Verantwortung und bekannte sich nicht schuldig. Er könne sich heute noch genau in den Lieferwagen erinnern, welcher die Straße vor der Stopptafel gequert habe, sodass er jedenfalls angehalten gehabt hätte. Darüber hinaus habe er an dieser Kreuzung im rechten Winkel einbiegen müssen, sodass er aus diesem Grund in den ersten  Gang zu schalten gehabt habe.

Abschließend bat er auch damals schon die Behörde das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Am 17. Jänner 2014 wurde schließlich das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

 

IV. An der öffentlichen mündlichen Verhandlung nahm jedoch der Beschwerdeführer trotz der ihm durch Hinterlegung zugestellten Ladung und auch im Rahmen eines Telefonates bereits genannten Termins unentschuldigt nicht teil. In Vorbereitung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde ein Luftbild von der verfahrensgegenständlichen Örtlichkeit beigeschafft.

Der Meldungsleger wurde als Zeuge gehört.

 

 

IV.1. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Der Meldungsleger legt anlässlich der Verhandlung mehrere Fotos von seiner Beobachtungsposition vor. Diese Zeuge n seinen Standort etwa fünfzehn Meter gegenüber der fraglichen Haltelinie. Der Zeuge gab an die Beobachtung vom Dienstfahrzeug aus gemacht und dabei zweifelsfrei festgestellt zu haben, wie sich der Beschwerdeführer mit seinem vorzeitig mit geschätzten 10-15 km/h der Haltelinie  näherte und mit dieser Geschwindigkeit ohne anzuhalten in Richtung Franzosenhausweg abgebogen ist. Er ist von der Autobahn gekommen und in Richtung Franzosenhausweg abgefahren. Der Zeuge zeigt auf dem vom Verhandlungsleiter vorgelegten Luftbild seine Position mit einem „X“ und die Haltelinie der betroffenen Örtlichkeit (Bild 2).

Ebenso wird dies auf dem als Beilage 1 markiertem Foto ebenso dargestellt.  Damit ist anschaulich und nachvollziehbar belegt, dass der Meldungsleger sehr wohl eine gute Beobachtungsposition hatte und die Überwachung letztlich auf Grund einer auf Beschwerden basierenden Anordnung seiner  Dienstbehörde erfolgt ist. Der Zeuge hinterließ einen glaubwürdigen und sachlichen Eindruck. Es bestehen keine Zweifel an seiner wahrheitsgemäßen Aussage und dessen eindeutigen Wahrnehmungsmöglichkeit.

Demgegenüber erweist sich das Vorbringen des der Verhandlung fern gebliebenen Beschwerdeführers als Schutzbehauptung.

 

 

 

IV.         Rechtslage:

Das Überfahren des Verkehrszeichens Halt, ohne überhaupt anzuhalten, erfüllt nicht den Tatbestand nach § 9 Abs 4 StVO, sondern denjenigen des § 52 lit.c Z 24 StVO idF BGBl. I Nr. 34/2011.

Das Vorrangzeichen nach § 52 lit.c Z24 StVO „HALT“ ordnet an, dass vor einer Kreuzung anzuhalten und gemäß § 19 Abs. 4 Vorrang zu geben ist. Fehlt eine Bodenmarkierung oder ist sie nicht sichtbar, so ist das Fahrzeug an einer Stelle anzuhalten, von der aus gute Übersicht besteht. Das Zeichen ist vor allem vor solchen Kreuzungen anzubringen, die besonders gefährlich sind und an denen die Lenker von Fahrzeugen die Verkehrslage in der Regel nur dann richtig beurteilen können, wenn sie anhalten. Ob und in welcher Entfernung es vor schienengleichen Eisenbahnübergängen anzubringen ist, ergibt sich aus den eisenbahnrechtlichen Vorschriften (vgl. VwGH 15.10.1987, 87/02/0077 und  VwGH 28.9.1988, 88/02/0007). Daran ergaben sich im Rahmen dieses Verfahrens ebenfalls keine Zweifel, bzw. kein Vorbringen in dieser Richtung.

Haltelinien bedürfen, damit sie für den Verkehrsteilnehmer verbindlich sind, einer verordnungsmäßigen Grundlage (VwGH 19.03.1990, 85/18/0174 mit Hinweis auf VwGH  8.5.1987, 85/18/0257 verstSen.). Daran ergaben sich in diesem Verfahren ebenfalls keine Zweifel.

 

V.           Zur Stafbemessung:

 

Nach § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß Abs.2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Dieses beläuft sich beim Beschwerdeführer auf 1.300 Euro monatlich.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen  (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980). Ein Ermessensfehler kann in der mit 60 Euro bereits in der Strafverfügung geradezu unverständlich niedrig bemessenen Strafe nicht erblickt werden.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei /  die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. B l e i e r