LVwG-000006/2/AL/EG
Linz, 10.04.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch die Richterin Mag. Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde des X gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 23. Mai 2013, GZ. Pol-49/13, wegen einer Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 20,00 zu leisten (20% der verhängten Strafe).
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat mit Straferkenntnis vom 23. Mai 2013, GZ. Pol-49/13, über Herrn X wegen einer Verwaltungsübertretung des § 3 Abs 2 Z 1 iVm § 15 Abs 1 Z 2 und Abs 2 Oö. Hundehaltegesetz, LGBl.Nr. 147/2002, eine Geldstrafe von 100 Euro gemäß § 15 Abs 2 Oö. Hundehaltegesetz verhängt, weil er es als Hundehalter zu vertreten habe, dass er seinen Hund (Kaukasischer Schäferhund) nicht derart beaufsichtigt habe, dass Menschen und Tiere durch diesen Hund nicht gefährdet wurden, da dieser Hund am 3.2.2013 gegen 15:45 Uhr in X, vor dem Hause Arbeiterstraße X (nächst der dortigen Fa. T), den Hund von Herrn M.G. attackierte und biss und dessen Hund dadurch gefährdete. Der Hund von Herrn M.G. sei verletzt worden. Der Beschwerdeführer habe die Leine seines Hundes derart um die Hand gewickelt gehabt, dass dieser sich losreißen konnte. Der Hund sei somit vom Beschwerdeführer nicht derart verwahrt worden, dass Tiere durch diesen nicht gefährdet werden. Da Hunde in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren und zu führen sind, dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, stelle oa. Tatbestand eine Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes dar.
Überdies wurde der Beschwerdeführer gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 10 Euro verpflichtet.
I.2. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen an, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt Hundehalter im Sinne des § 1 Abs 2 Z 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 gewesen war. Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung gehöre zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr, weshalb es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handle und der Gesetzgeber den Täter schon durch den objektiven Tatbestand belaste und die Schuld präsumiere, solange der Beschuldigte nicht das Gegenteil glaubhaft mache. Infolge Außerachtlassens der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt habe der Beschuldigte verkannt, dass er durch sein Verhalten einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklicht habe und habe als Grad des Verschuldens zumindest Fahrlässigkeit angenommen werden müssen. Die Übertretung der Bestimmungen des Oö. Hundehaltegesetzes 2002 seien sohin aufgrund der Anzeige von Herrn M.G. sowie aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen gewesen.
Strafmildernd wurde die völlige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet, erschwerende Umstände waren nicht bekannt geworden. Die verhängte Geldstrafe entspreche dem Verschuldensgehalt, dem Strafrahmen der angewendeten Rechtsvorschriften sowie den sozialen und finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten.
I.3.1. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 11. Juni 2013 die niederschriftlich am 4.6.2013 aufgenommene – rechtzeitige – Berufung samt dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.
Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.
Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, gilt die Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B‑VG und kann das Verfahren gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG von der zuständigen Richterin des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden.
I.3.2. Begründend führt der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel aus, dass er der Ansicht sei, dass Herr M.G. etwas weiter weg gehen hätte sollen, als er sah, dass der Beschwerdeführer dort stehe; gleichzeitig ersucht er um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, da der Vorfall nicht seine Schuld sei.
II. Gemäß § 2 VwGVG hat das OÖ. Landesverwaltungsgericht in der verfahrensgegenständlichen Sache durch eine Einzelrichterin zu entscheiden.
Gemäß § 44 Abs 3 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.
Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde. Der unter III.2. dargestellte objektive Sachverhalt wird im Übrigen auch vom Beschwerdeführer selbst in seiner Berufung nicht bestritten; vielmehr führt dieser lediglich in Bezug auf die Schuldfrage aus, dass Herr M.G. "weiter weg gehen hätte sollen als er sah, dass [der Beschwerdeführer] da stehe"; hauptsächlich sei es Herrn M.G. Schuld.
III.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht daher von folgendem – unbestrittenen – Sachverhalt aus:
Herr M.G. ging am 3.2.2013 gegen 15.45 Uhr mit seinem Hund (Collie) an der Leine spazieren. Nächst der Arbeiterstraße X in X traf Herr M.G., als er um eine Ecke bog, auf den beim Zigarettenautomaten stehenden Beschwerdeführer, welcher die Hundeleine seines Hundes (Kaukasischer Schäferhund) um die Hand gewickelt hatte. Als der Hund des Beschwerdeführers den Hund des Herrn M.G. sah, lief er in der Folge auf den angeleinten Hund des Herrn M.G. zu und riss dabei die Leine aus der Hand des Beschwerdeführers. Die beiden Hunde begannen zu raufen und der Hund des Beschwerdeführers biss den Hund des Herrn M.G. in die linke hintere Pfote. Die Verletzung wurde noch am selben Tag tierärztlich behandelt.
III.2. Die maßgebliche Rechtslage des Oö. Hundehaltegesetzes 2002, LGBl 147/2002, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl 124/2006 (in der Folge: Oö. HundehalteG 2002), lautet wie folgt:
Eine Verwaltungsübertretung begeht gem. § 15 Abs 1 Z 2, wer einen Hund entgegen der Bestimmungen des § 3 Abs 1 und 2 hält.
§ 3 Abs 2 Z 1 Oö. HundehalteG 2002 normiert, dass ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen ist, dass
1. Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, oder
2. Menschen und Tiere nicht über ein unzumutbares Maß hinaus belästigt werden, oder
3. er an öffentlichen Orten oder auf fremden Grundstücken nicht unbeaufsichtigt herumlaufen kann.
IV.1. Es steht unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer seinen Hund im vorgeworfenen Tatzeitpunkt zwar an der Leine führte, es dem Hund jedoch gelang, sich loszureißen, um auf den angeleinten Hund des Herrn M.G. zuzulaufen und diesem eine Bissverletzung zuzufügen. Ein solcher Vorgang stellt die Gefährdung des Hundes des Herrn M.G. durch den Hund des Beschwerdeführers dar. Diese Gefährdung manifestiert sich in eindrücklicher Weise durch die sogar faktisch erfolgte tatsächliche Bissverletzung, die dem Hund des Herrn M.G. vom Hund des Beschwerdeführers zugefügt wurde. Sohin liegt eine vom Beschwerdeführer zu verantwortende Übertretung der oben erwähnten Bestimmung des Oö. HundehalteG 2002 vor: Der Beschwerdeführer hat seinen Hund nicht in der gemäß § 3 Abs 2 Z 1 Oö. HundehalteG 2002 geforderten Weise beaufsichtigt, verwahrt oder geführt, dass Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden.
Der Beschwerdeführer hat damit das objektive Tatbild unzweifelhaft erfüllt.
IV.2. Zum Deliktscharakter des § 3 Abs 2 Z 1 Oö. HundehalteG 2002 hat schon der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wiederholt festgehalten, dass es sich dabei um ein Gefährdungsdelikt handelt (zB Oö. UVS VwSen-300792/2/Wei vom 26.8.2008). Diese Bestimmung setzt daher einen konkreten Gefährdungserfolg (im Sinne eines besonderen Naheverhältnisses zur drohenden Rechtsgutsverletzung) durch den Hund als in der Außenwelt erkennbaren Erfolg voraus. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde handelt es sich demnach nicht um ein bloßes Ungehorsamsdelikt, auf das die Beweisregel des § 5 Abs 1 Satz 2 VStG anwendbar gewesen wäre. Es war daher auch nicht Sache des Beschwerdeführers, sich zu entlasten, vielmehr hatte die Strafbehörde den objektiven und subjektiven Tatbestand zu erheben:
Wie die belangte Behörde in der Bescheidbegründung festhält, ist dem Beschwerdeführer das Außerachtlassen der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt vorzuwerfen, weshalb zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen ist. Der Beschwerdeführer hatte die Leine seines Hundes derart um die Hand gewickelt, dass sich dieser losreißen konnte. Die nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Einhaltung der objektiven Sorgfaltspflicht heranzuziehende Maßfigur des einsichtigen und besonnenen Menschen, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat, aus dem Verkehrskreise der Hundehalter hätte in der konkreten Situation bei der Bedienung des Zigarettenautomaten die Leine fester gehalten und sicherer an ihrer Hand fixiert. Diese Sorgfaltsübung wäre dem Beschwerdeführer auch subjektiv möglich und zumutbar gewesen. Wie die belangte Behörde zu Recht annimmt, ist dem Beschwerdeführer daher jedenfalls Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
Das Argument des Beschwerdeführers, dass die hauptsächliche Schuld bei Herrn M.G. liege, da dieser etwas weiter weg gehen hätte sollen, als er gesehen habe, dass der Beschwerdeführer da stehe, geht dabei jedenfalls ins Leere. Wie der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme selbst angab, kam Herr M.G. mit seinem Hund um die Ecke und auf den Beschwerdeführer zu. Herrn M.G., der seinen Hund an der Leine führte, ist jedenfalls kein Vorwurf zu machen, dass er dem Beschwerdeführer mit seinem Hund nicht weiträumiger ausgewichen war. Vielmehr könnte im Gegensatz dazu dem Beschwerdeführer ebenfalls entgegengehalten werden, dass auch er sich mit seinem Hund entfernen hätte können, als Herr M.G. und sein Hund an der Leine auf ihn zugekommen sind. Dabei handelt es sich allerdings um keine zielführenden Überlegungen. Der Vorfall hätte allein dadurch verhindert werden können, dass beide Hunde dem Sorgfaltsmaßstab entsprechend an der Leine gehalten worden wären. Eben dies war aber beim Hund des Beschwerdeführers mangels entsprechend geübter Sorgfalt nicht der Fall, weshalb der Beschwerdeführer die angelastete Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten hat.
IV.3. Gemäß § 19 Abs 1 VStG iVm § 38 VwGVG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus verlangt § 19 Abs 2 VStG für das ordentliche Verfahren die Berücksichtigung und Abwägung einer Reihe weiterer Umstände.
Nach § 19 Abs 2 VStG iVm § 38 VwGVG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der von der belangten Behörde verhängte Strafbetrag von 100,- Euro liegt im ganz untersten Bereich des Strafrahmens des § 15 Abs 2 Oö. HundehalteG 2002 von bis zu 7.000,- Euro. Die konkret verhängte Strafe ist dabei nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichtes ob der doch untergeordneten Sorgfaltspflichtverletzung und der zugrundezulegenden Vermögensverhältnisse (kein Vermögen; lebt von Gattin; keine Sorgepflichten) jedenfalls schuldangemessen. Straferschwerungsgründe liegen keine vor. Strafmildernd war entsprechend der Ausführungen der belangten Behörde die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Lukas