LVwG-700043/2/BP/WU
Linz, 11.04.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 21. Jänner 2014, GZ: S-36.238/13-2, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm. § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 40 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 21. Jänner 2014, GZ. S-36.238/13-2, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 81 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 200,-Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt.
Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:
In ihrer Begründung führt die belangte Behörde Folgendes aus:
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 21. Februar 2014, in welcher der Bf vorerst angibt, inhaltlich die Ausführungen von der Rechtfertigung vom 11. Dezember 2013 zu wiederholen.
Weiters führt der Bf begründend aus:
3. Mit Schreiben vom 1. April 2014 legte die Landespolizeidirektion Oberösterreich den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.
Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der Sachverhalt völlig geklärt und unwidersprochen feststand. Der Bf beantragte auch keine Durchführung, sondern legt insbesondere in der Beschwerde dar, weshalb sein unbestrittenes Verhalten keinen Rechtsnormen widersprechen würde. Es geht also lediglich um die Klärung einer Rechtsfrage.
5.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt I. 1. dieses Erkenntnisses dargestellten und vom Bf völlig unwidersprochenen relevanten Sachverhalt aus:
II.
Nachdem der Sachverhalt völlig unwidersprochen feststand, erübrigt sich auch eine spezifische Würdigung der Beweise.
III.
1. Gemäß § 81 Abs.1 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu € 218,-- zu bestrafen, wer durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.
2.1. Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes bedarf es sohin eines besonders rücksichtslosen Verhaltens einer Person, das zu einer ungerechtfertigten Störung der öffentlichen Ordnung auch tatsächlich führen muss.
2.2.1. Im Sinne von § 81 Abs. 1 SPG ist jedes menschliche Verhalten tatbildlich, das als besonders rücksichtslos qualifiziert werden kann. Demnach kommen verschiedene Verhaltensweisen in verschiedenen Lebenszusammenhängen in Betracht, sofern sie nur nach den jeweiligen Umständen besonders rücksichtslos sind. Rücksichtslos ist das Verhalten, das gegen jene ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit verstößt, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinanderleben angesehen wird (vgl. Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz, 4. Auflage 2011, S. 772).
2.2.2. Nach dem vorliegenden Sachverhalt hatte sich der Bf im Zugangsbereich des Büros eines Mitglieds der Oö. Landesregierung, nachdem er keinen unmittelbaren Termin bei dem Landesrat erhalten hatte, im Treppenhaus postiert. Er versperrte die Treppe mit einer feingliedrigen Kette in Höhe von ca. 1,2 Metern. Dazu trug er Transparente, die die Partei des Landesrates als Heuchelpartei auswiesen.
2.2.3. Mag noch angedacht werden können, dass Transparente, auf denen eine politische Partei als Heuchelpartei bezeichnet wird, im Sinne der freien Meinungsäußerung von Politikern und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu tolerieren sind, gilt dies aber nicht für das Versperren des Zugangs zu deren Büros durch eine Kette. Ein derartiges Unterfangen kann nicht nur in einem potentiellen Notfall für das Leben und die Gesundheit von Menschen höchst gefährlich ausschlagen, sondern gereicht jedenfalls zu einem Ärgernis, das die normalen Abläufe in einem Amtsgebäude zu behindern mehr als geeignet ist; dies nicht nur in ideeller Hinsicht, mit Blick auf die Außenwirkung, wenn der Zugang zu einem Landesregierungsmitglied durch Eisenketten verwehrt ist, sondern auch in rein praktischer Hinsicht in Bezug auf den Kundenverkehr. Der Verweis, dass das Büro noch per Lift erreichbar gewesen wäre, ändert an dieser Feststellung nichts.
Völlig abzulehnen ist die vom Bf in der Beschwerde angedachte Alternative des völligen Versperrens des Eingangsbereiches mit technischen Hilfsmitteln für einen ganzen Tag. Nur, weil er auf ein solches Vorgehen verzichtete, kann nicht darauf geschlossen werden, dass das tatsächlich vorgefallene Verhalten nicht besonders rücksichtslos gewesen wäre.
Das Tatbestandselement des besonders rücksichtslosen Verhaltens ist sohin fraglos gegeben.
2.3.1. Unbestritten ist, dass der Zugang bzw. das Treppenhaus eines Amtsgebäudes als öffentlicher Ort angesehen werden muss.
2.3.2. Ein weiteres Tatbestandselement bildet die ungerechtfertigte Störung der öffentlichen Ordnung.
Jedenfalls muss durch das (rücksichtslose) tatbildliche Verhalten entweder der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen oder aber ein bestehender Zustand von Dingen in wahrnehmbarer Weise gestört worden sein. Zur Herbeiführung eines tatbildlichen Zustandes genügt aber auch, dass mehrere Personen an dem Verhalten Ärgernis genommen haben (vgl. Hauer/Keplinger, S. 776). .
2.3.3. Der Bf rechtfertigt sein Vorgehen damit, dass es den Rahmen eines verhältnismäßigen Bürgerprotests nicht gesprengt habe, denn den Bürgern müsse in angemessener Weise ein "Notwehrrecht" (Öffentlichkeitswirksamer Protest, etc.) gestattet sein, da in Österreich die Politik, Justiz, usw. in weiten Bereichen wie in einer Diktatur agieren würden.
Unabhängig davon, dass eine derartige „in weiten Bereichen“ generalisierende und gleichermaßen despektierliche Äußerung nicht angebracht scheint, lässt sich daraus nicht nachvollziehbar ersehen, warum diese Meinungsäußerung bzw. dieser Protest durch das Versperren von Treppen unterstützt werden muss. Es handelt sich nämlich dabei nicht primär um eine Äußerung einer politischen Ansicht, sondern um das bewusste Stören des Ablaufs einer Organisationseinheit, des Amtsbetriebes.
Wenn sich der Bf auf sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung beruft, verkennt er, dass die Verfassung diesem Grundrecht Schranken beigegeben hat, die etwa durch die Bestimmung des § 81 Abs. 1 SPG manifestiert werden. Unabhängig von der Tatsache, dass gegen den Bf bereits ein Hausverbot bestand, hat er durch sein Vorgehen diese Schranken zweifelsfrei durchbrochen.
Eine Rechtfertigung kann darin nicht erkannt werden.
2.3.4. Nachdem der „öffentlichkeitswirksame Protest“ vor allem von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Büros des betreffenden Landesrates als äußerst negativ störend aufgenommen wurde, wodurch ein Erfolg im Sinne des Gesetzes eintrat, ist auch das Tatbestandselement der ungerechtfertigten Störung der öffentlichen Ordnung erfüllt.
2.4. Das Vorliegen der objektiven Tatseite ist somit erfüllt.
3.1. Die Verwaltungsübertretung des § 81 Abs. 1 SPG bildet ein Erfolgsdelikt, weshalb § 5 Abs. 1, 2. Satz VStG nicht anwendbar ist. Daraus folgt aber, dass die subjektive Tatseite der Tat dem Bf nachzuweisen ist, wobei fahrlässiges Verhalten genügt.
3.2. Nun ist festzuhalten, dass es dem Bf ja gerade darauf ankam den – seiner Meinung nach – gerechtfertigten Erfolg bei dem betreffenden Landesrat bzw. seinem Büro hervorzurufen. Er sieht sich zu diesem „friedlichen öffentlichkeitswirksamen Protest“ ja auch jetzt noch berechtigt und gibt darüber hinaus auch gleich einen Einblick in die von ihm offenbar ebenfalls nicht ausgeschlossenen Alternativen eines noch wirksameren Protests. Er nahm die Folgen seines Handelns bewusst in Kauf; dies im Sinne eines „na wenn schon“, woraus sich durchaus dolus eventualis erschließen lässt.
3.3. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Bf auch die subjektive Tatseite erfüllt.
4.1. Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen.
4.2. Im vorliegenden Fall wendet sich der Bf nicht gegen die Höhe der verhängten Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe. Es sei angemerkt, dass auch das LVwG Oberösterreich keinen Anlass gefunden haben würde, diese zu bemängeln.
5. Es war daher im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
6.1. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.
6.2. In diesem Sinn war dem Bf ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG in Höhe von 40 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) aufzuerlegen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei:
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree