LVwG-780010/2/MB
Linz, 01.04.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerden von Frau E.A., wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 21. Jänner 2014 im Zuge einer Delogierung aufgrund eines Beschlusses des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems, 1E3585/09b durch 4 Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der PI Kremsmünster erkannt:
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 7 Abs. 4 i.V.m. § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Schreiben vom 27. Jänner 2014 übermittelte die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) ein für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bestimmtes Schriftstück an die Polizeiinspektion Kremsmünster. Darin erklärt die Bf die am 21. Jänner 2014 durchgeführte Zwangsdelogierung zum Gegenstand einer Beschwerde.
Zunächst moniert die Bf darin, dass Polizeibeamte der PI Kremsmünster ihre Identität nicht bekannt gegeben haben und zudem Amtsmissbrauch gem. § 302 StGB begangen haben sollen. Zudem sei ihr Sohn im Zuge dieser Amtshandlung verhaftet worden. Auch beantrage im Wege dieses Schreibens ihr Sohn (Herr G.A.) die Bescheidausfertigung betreffend die und Aufhebung der Festnahme bzw. Verweisung aus dem Krankenzimmer. Darüber hinaus wird von der Bf die Auskunft betreffend verschiedener Fragen zur konkreten Amtshandlung begehrt.
2. Mit Schreiben vom 6. Februar 2014 erhielt die Bf von der Landespolizeidirektion Auskunft betreffend die Amtshandlung vom 21. Jänner 2014.
3. Mit Schreiben vom 12. Februar 2014 erhob die Bf sodann gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 6. Februar 2014 „Maßnahmenbeschwerde“ an das Bundesverwaltungsgericht für Oberösterreich.
Darin führt die Bf im Wesentlichen aus, dass durch die Zwangsdelogierung verschiedenste Rechtsverletzungen stattgefunden haben. So sei diese Maßnahme entgegen den Bestimmungen der Exekutionsordnung, der Zivilprozessordnung, der Strafprozessordnung und des Strafgesetzbuches durchgeführt worden. Die Beschwerdeführerin habe im Zuge der Amtshandlung am 21. Jänner 2014 lautstark bekannt gegeben, dass das Vorgehen der vier Beamten rechtswidrig sei, dass sie 84 Jahre alt, schwer krank und bettlägerig sei und daher keinen Widerstand von ihr erwartet werden könne.
Zudem sei sie von den Beamten der Polizeiinspektion in lautstarker und drohender Form aufgefordert worden, die Wohnung sofort zu verlassen, dass sie nicht mehr Eigentümerin selbige sei. Dies sei mit dem Ordner folgt: Sie haben sofort die Wohnung zu verlassen, wir befördern sie mit dem beigestellten Krankentragesessel aus der Wohnung. Diese Vorgehensweise habe die Beschwerdeführerin sehr schockiert und traumatisiert, woran sie bis heute leide und auch behandelt werde. Die Beschwerdeführerin fürchtete, dass die unhöflichen Beamten (insbesondere ein Beamter mit Vollbart) sie vom Tragesessel beim stiegen Abgang hinunterschmeißen könnten.
Weiters sei – wie schon im Unterpunkt eins erwähnten Schreiben ausgeführt – die Festnahme des Sohnes der Beschwerdeführerin rechtswidrig erfolgt.
Die Ausführungen der Landespolizeidirektion zur Festnahme sei Herrn wahrheitswidrig und werden von der Beschwerdeführerin ausdrücklich bestritten. Einzugestehen sei jedoch, dass der Beamte mit Vollbart die gegen den Sohn der Beschwerdeführerin ausgesprochene Festnahme am Parkplatz vor der Wohnung wieder zurückgenommen habe.
Abschließend führt die Beschwerdeführerin aus: „Das geschilderte Vorgehen der Beamten der Polizeiinspektion hier insbesondere des Beamten mit Vollbart wird hiermit im Sinne der Maßnahme Beschwerde ausgestellt und die Feststellung beantragt dass diese Beamten bei den zitierten Rechtsfolgen rechtswidrig gegen mich vorgegangen sind.“
Zudem sei am Rande erwähnt, dass im gegenständlichen Schreiben Schadenersatz aufgrund der erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin geltend gemacht wird.
4. Insofern ergeben sich aus dem dargestellten Verfahrensgang verschiedenste Beschwerde Anknüpfungspunkte:
· Rechtswidrige Durchführung der Delogierung
· Nichtbekanntgabe der Identität der Beamten
· Festnahme des Sohnes der Beschwerdeführerin
· Verdächtigung der handelnden Beamten nach den §§ 302,314 StGB
5. Mit Schreiben vom 18. März 2014 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die verfahrensgegenständliche Angelegenheit gemäß § 6 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
II.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist.
III.
1. § 6 Abs. 1 AVG normiert, dass die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen hat und bei ihr einlangende Anbringen, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreitens an die zuständige Stelle weiterzuleiten hat.
§ 17 VwGVG normiert wiederum, dass § 6 AVG in Verfahren betreffend Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzuwenden ist.
Gemäß § 7 VwGVG ist die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mit sechs Wochen bemessen.
2. Da, wie sich bereits unter Pkt. I. ergibt, die „Beschwerde“ am 12. Februar 2014 beim – insofern unzuständigen – Bundesverwaltungsgericht in Wien eingebracht wurde und von diesem iSd § 6 AVG auf Gefahr des Einschreiters an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erst mit 18. März 2014 weitergeleitet wurde, war es dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich verwehrt, über die beschwerdetauglichen Umstände abzusprechen, zumal die vorgenommenen Handlungen bereits am 21. Jänner 2014 stattgefunden hatten.
3. Die Frist zur Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist gem. § 7 Abs. 4 letzter Satz VwGVG bereits mit 5. Februar 2014 abgelaufen, da gem. § 12 VwGVG die Maßnahmenbeschwerde beim (zuständigen) Verwaltungsgericht einzubringen ist.
4. Zudem sei erwähnt, dass betreffend das der ordentlichen Gerichtsbarkeit aufgrund Beauftragung zuzurechnende Verhalten der Organe der öffentlichen Sicherheit und des Gerichtsvollziehers die Möglichkeit der Vollzugs- bzw. Aufsichtsbeschwerde (§ 68 EO bzw. § 78 Abs. 1 GOG) besteht und insofern kein durch Maßnahmenbeschwerde zu beanstandendes Verwaltungshandeln vorliegt.
5. Weiters gilt es darauf hinzuweisen, dass die Geltendmachung der Verletzung fremder subjektiver Rechte durch die Bf auch – abgesehen von der Verfristung – als unzulässig zurückzuweisen wäre.
IV.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Brandstetter