LVwG-650060/14/Zo/CG
Linz, 24.03.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des F G, geb. X, vom 29.1.2014 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 14.1.2014, VerkR21-269-2013 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Klassen AM und B
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für die Klassen AM und B wie folgt eingeschränkt wird:
- Befristung auf 1 Jahr, gerechnet ab 17.3.2014 sowie Nachuntersuchung durch den Amtsarzt;
- Kontrolluntersuchung betreffend MCV, CDT und GGT, viermal innerhalb eines Jahres, jeweils innerhalb einer Woche nach Aufforderung durch die Führerscheinbehörde.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I:
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14.1.2014, VerkR21-269-2013, wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Führerscheinklassen AM und B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung entzogen.
Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen mit dem amtsärztlichen Gutachten vom 7.1.2014 begründet.
2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst folgendes geltend:
Die verkehrspsychologische Untersuchung am 5.11.2013 habe in Teilbereichen Einschränkungen bei der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit ergeben. Weiters habe er angeblich keine stabile Einstellungs- und Verhaltensänderung zum Thema Alkohol aufzeigen können. Bei dieser Untersuchung seien seine Angaben jedoch verzerrt und verkürzt wiedergegeben worden. Er habe klar zum Ausdruck gebracht, dass er keinen Alkohol trinke, wenn er fahre und dass er nicht fahre, wenn er Alkohol trinke. Die vom Verkehrspsychologen festgestellte Gesichtsrötung und der Tremor in beiden Händen sei auf die unbefriedigende Untersuchungssituation sowie die hohe Bedeutung der Lenkberechtigung für ihn als Selbstständigen zurückzuführen, wobei der Beschwerdeführer diese Umstände näher ausführte.
Der Beschwerdeführer machte weiters Gründe geltend, weshalb seiner Meinung nach das Ergebnis dieser verkehrspsychologischen Untersuchung nicht für die Entscheidung herangezogen werden dürfte. Das amtsärztliche Gutachten hätte unter Berücksichtigung der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 23.10.2013 erstattet werden müssen. Die von der Amtsärztin durchgeführte telefonische Kontaktaufnahme mit dem BMVIT finde im Gesetz keine Deckung. Aus § 18 Abs.5 FSG-GV ergebe sich kein Verwertungsverbot für die tatsächlich durchgeführte weitere verkehrspsychologische Untersuchung.
Er habe in der Zwischenzeit alkoholrelevante Laborwerte vorgelegt, welche unauffällig seien, womit seine Alkoholabstinenz seit dem Vorfall und die entsprechende Einstellungsänderung dokumentiert seien.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Beschwerde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergab sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Verwaltungsbehörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt sowie Einholung einer amtsärztlichen Stellungnahme und Wahrung des Parteiengehörs. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs.2 Z.1 VwGVG trotz Antrages des Beschwerdeführers unterbleiben, weil bereits aufgrund dieses Akteninhaltes klar ist, dass der Beschwerde stattzugeben war.
4.1. Folgender wesentliche Sachverhalt steht als erwiesen fest:
Dem Beschwerdeführer wurde die Lenkberechtigung wegen eines Alkoholdeliktes am 25.7.2013 für den Zeitraum von 6 Monaten entzogen. Wegen der Höhe der Alkoholisierung (0,95 mg/l) wurde die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme angeordnet.
Die (erste) Stellungnahme vom 11.10.2013 kam zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass aufgrund der in mehreren Teilbereichen bestehenden Einschränkungen die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit derzeit nicht ausreichend gegeben sei. Beim Untersuchten müsse von einer unkritischen Wahrnehmung der Alkoholtrinkmengen ausgegangen werden. Eine stabile Einstellung- und Verhaltensänderung zum Thema Alkohol auf Basis eines selbstkritischen Problembewusstseins sei nicht feststellbar. Weiters weise der Untersuchte eine Gesichtsrötung und an beiden Händen einen Tremor auf. Er sei daher nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet.
Die (zweite) Stellungnahme vom 23.10.2013 führte zusammengefasst aus, dass sich im kraftfahrspezifischen Leistungsbereich des schlussfolgernden Denkens und der Sensormotorik Beeinträchtigungen zeigen, welche jedoch durch die entsprechenden Ergebnisse in den anderen Leistungsbereichen kompensiert werden können, weshalb die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit gegeben sei. Im Gespräch habe sich eine ausreichende Problemeinsicht, ein adäquates Gefahrenbewusstsein und Änderungsmotivation gezeigt, weshalb unter der Voraussetzung unauffälliger Leberwerte eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung bedingt angenommen werden könne.
Der Beschwerdeführer legte normgerechte Laborwerte vom 29.10. sowie vom 6.12.2013 vor. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse kam die Amtsärztin in ihrem Gutachten vom 7.1.2014 zusammengefasst zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer derzeit nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 geeignet ist.
Der Beschwerdeführer legte im Verfahren einen weiteren normgerechten Laborwert vom 14.2.2014 sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme vom 18.2.2014 vor. Entsprechend dieser Stellungnahme sind die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen in insgesamt ausreichendem Ausmaß ausgebildet. Teilleistungsschwächen zeigten sich im Bereich der Sensormotorik durch eine Verlangsamung und im Bereich der Überblicksgewinnung, welche angesichts der übrigen normgemäßen Testwerte und der vorhandenen Fahrerfahrung als kompensierbar gewertet wurden. Aus der Deliktanalyse ergaben sich Hinweise auf einen deutlich überhöhten Alkoholkonsum, ein aktuell auffälliges Alkoholkonsumverhalten war jedoch nicht erhebbar. Der Beschwerdeführer zeigte sich bei der Untersuchung reflektiert und problembewusst, aus den standardisierten Testverfahren konnten keine unangepassten alkoholspezifischen Einstellungen oder eine erhöhte Disposition zum Alkoholmissbrauch festgestellt werden.
Auf Aufforderung durch eine Amtsärztin der Landessanitätsdirektion legte der Beschwerdeführer eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vom 13.3.2014 vor. Entsprechend dieser Stellungnahme sei beim Untersuchten von einem zurückliegenden missbräuchlichen Alkoholkonsum auszugehen. Situationsbezogen sei es im August 2013 zu einer deutlich erhöhten Trinkmenge gekommen, jedoch ohne tägliches Konsummuster oder somatisch-vegetative Entzugssymptome. Die Angaben des Untersuchten, dass er seinen Alkoholkonsum weitgehend eingeschränkt habe, sei aufgrund der vorliegenden Blutbefunde nachvollziehbar. Positiv sei eine insgesamt stabile und weitgehend der Norm entsprechende Persönlichkeitsstruktur zu vermerken. Der Facharzt befürwortete daher die befristete Erteilung der Lenkberechtigung für die Gruppe B auf ein Jahr mit kurzfristiger Untersuchung der alkoholrelevanten Laborparameter.
Unter Berücksichtigung sämtlicher angeführter Untersuchungsergebnisse kam die Amtsärztin in ihrem Gutachten vom 17.3.2014 zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer befristet auf ein Jahr zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 geeignet ist. Innerhalb dieses Jahres sei viermal kurzfristig auf Abruf eine Kontrolluntersuchung auf folgende Werte notwendig: MCV, CDT, GGP.
Dieses Gutachten wurde sowohl beim Vertreter des Beschwerdeführers als auch der Verwaltungsbehörde telefonisch zur Kenntnis gebracht, beide erklärten sich damit einverstanden.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:
5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.
Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich
1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz oder
2. um eine Entziehung der Klasse A wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.
Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend „geeignet”, „bedingt geeignet”, „beschränkt geeignet” oder „nicht geeignet” auszusprechen.
Ist der Begutachtete gemäß § 8 Abs. 3 Z 2 FSG nach dem ärztlichen Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten “bedingt geeignet” für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.
Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die Alkohol, Sucht- oder Arzneimittel abhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.
Gemäß § 18 Abs. 5 FSG-GV darf eine weitere verkehrspsychologische Untersuchung derselben Person innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten nach der erstmaligen Untersuchung nur auf ausdrückliche Anordnung der Behörde erfolgen.
5.2. Nach der nunmehr vorliegenden aktuellen amtsärztlichen Stellungnahme vom 17.3.2014, GZ Ges-311385/3-Wim ist der Beschwerdeführer – unter den im Spruch angeführten Einschränkungen- zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 gesundheitlich geeignet. Die amtsärztliche Sachverständige hat unter Berücksichtigung der fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme, der Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchungen und der aktuellen Leberwerte schlüssig dargelegt und detailliert begründet, weshalb aus amtsärztlicher Sicht eine Befristung sowie die Vorlage von alkoholrelevanten Laborwerten erforderlich ist. Entsprechend der psychiatrischen Stellungnahme lag beim Beschwerdeführer ein schädlicher Gebrauch von Alkohol vor, weshalb die weitere Kontrolle seines Alkoholkonsumverhaltens sachlich begründet ist.
Im gegenständlichen Fall konnte das Ergebnis der dritten verkehrspsychologischen Untersuchung ebenfalls zur Beurteilung herangezogen werden. Es ist zwar nachvollziehbar, dass beim Beschwerdeführer ein Übungseffekt hinsichtlich der Testung seiner kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen und auch ein Lerneffekt hinsichtlich seines Antwortverhaltens für die Beurteilung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung eingetreten ist, allerdings hat der Verkehrspsychologe diese bei der Erstellung seiner Stellungnahme zumindest teilweise berücksichtigt. Das Ergebnis der VPU stimmt auch mit der Beurteilung durch den Psychiater überein und wird durch die unauffälligen Leberwerte gestützt. In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass § 18 Abs.5 FSG-GV kein absolutes Beweismittelverwertungsverbot für kurz hintereinander durchgeführte VPUs festlegt, sondern es der Behörde freistellt, solche Untersuchungen anzuordnen.
Zu II.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Befristung von Lenkberechtigungen ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Beschwerde bzw. Revision ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gottfried Z ö b l