LVwG-650027/5/Sch /SA

Linz, 04.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde (vormals Berufung) des Herr G D, geb. X, vertreten durch Herrn RA Dr. W R, O, M, vom 23. Dezember 2013 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 05. Dezember 2013, GZ 07/066634, betreffend Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 18. Februar 2014

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 05. Dezember 2013, GZ 07/066634, wurde Herr G D (der nunmehrige Beschwerdeführer) gemäß §§ 8 Abs. 1 iVm 24 Abs. 4 FSG 1997 aufgefordert, sich innerhalb eines Monates, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn amtsärztlich untersuchen zu lassen, wodurch seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nachgewiesen werden solle, ansonsten würde ihm die Lenkberechtigung entzogen.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der dem Beschwerdeführer nachweislich am 09. Dezember 2013 zugestellt wurde, richtet sich seine rechtzeitig mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2013 erhobene Berufung, mit der beantragt wird, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben. Diese Berufung ist mit Wirksamkeit 1. Jänner 2014 als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und der Berufungswerber als Beschwerdeführer anzusehen. Die Entscheidung hat gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zu erfolgen.

 

3. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit drei Mal insofern in Erscheinung getreten ist, als er Verkehrsunfälle mit Personenschäden verschuldet hatte. Im von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt finden sich die drei relevanten Gerichtsurteile, und zwar vom 9.5.2003, AZ 2U53/03g/7, vom 6.11.2007, AZ 1U65/07i, und vom 11.4.2013, AZ 3U50/12f-24. Seitens des Gerichts wurde er jeweils wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB zu Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen verurteilt.

Im jüngsten Gerichtsurteil heißt es unter anderem:

 

„Dem Angeklagten ist ein objektiver Sorgfaltsverstoß anzulasten. Er hätte bei den gegebenen Verhältnissen durch genauere Beobachtung des hinter ihm liegenden Verkehrsbereichs die Fußgängerin über mehrere Sekunden auf der Fahrbahn befindlich sehen können und wäre dazu auch in der Lage gewesen. Umstände, wonach dem Angeklagten ein sorgfaltsgemäßes Verhalten nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre, sind nicht hervorgekommen.

 

Es ist daher sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4 1. Fall StGB erfüllt. Es war aufgrund der über 24-tägigen Gesundheitsschädigung die Strafe nach dem ersten Strafsatz des § 88 Abs. 4 StGB auszumessen. Bei der Strafzumessung war

mildernd:      das Tatsachengeständnis

erschwerend: die zwei einschlägigen Vorstrafen

zu werten.

Unter Zugrundelegung dieser Strafzumessungsgründe war eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen tat- und schuldangemessen. Aus spezialpräventiven Gründen konnte die Strafe nicht bedingt nachgesehen werden. Dem Angeklagten ist auch im Hinblick auf sein Alter klar und deutlich vor Augen zu führen, dass im Fall einer weiteren Teilnahme am Verkehr gerade bei derartigen Fahrmanövern ein um ein Vielfaches genaueres Beobachten erforderlich ist.“

 

Im Urteil wird dem Beschwerdeführer auch angelastet, ein unzureichendes Blickverhalten vor dem Verkehrsunfall an den Tag gelegt zu haben. Hätte er nämlich durch das linke Seitenfenster bzw. durch eine Überkopfwendung nach links oder durch einen der Außenspiegel geblickt, hätte er die Fußgängerin erkennen und durch ein Unterbrechen der Rückfahrbewegung den gegenständlichen Verkehrsunfall verhindern können. Die Fußgängerin wurde demgegenüber offenkundig vom Beschwerdeführer übersehen, seitlich vom Pkw erfasst, niedergestoßen und verletzt.

Ausgehend von diesen Feststellungen im Gerichtsurteil wurde dem Beschwerde-führer im Rahmen der eingangs angeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung die Simulierung eines Rückfahrmanövers abverlangt. Dabei sollte dieser ausgehend von seiner Sitzposition schildern und demonstrieren wie er eine Rückwärtsfahrt einlegt. Trotz mehrfachen Insistierens sowohl seitens des verhandlungsleitenden Richters als auch des Rechtsfreundes des Beschwerdeführers wiederholte Letzterer immer wieder bloß die Schilderung der Verkehrsunfallsituation mit der erwähnten Fußgängerin, ohne die gewünschten Erläuterungen zu geben sowie seine Körperhaltung und sein Blickverhalten bei einem Rückwärtsfahrmanöver zu demonstrieren. Als der Beschwerdeführer nach mehreren Wiederholungen der entsprechenden Aufforderung doch auf die gewünschte Situation einging, erweckte er den Eindruck, dass er ein halbwegs sicheres Manöver nicht in der Lage ist durchzuführen. Die an sich selbstverständlichen Maßnahmen seitens eines Lenkers, nämlich der Blick in sämtliche vorhandenen Spiegel, jener über die Schulter und schließlich durch die Heckscheibe kamen vom Beschwerdeführer kaum bzw. erst nach deutlichen Hinweisen seitens des Verhandlungsleiters, dass es eben eines solchen Verhaltens bedürfe. Auch machte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Demonstration einer Rückwärtsfahrt eine bemerkenswerte Körperbewegung, indem er sich nämlich auf der Sitzfläche des von ihm benützten Stuhles mit dem ganzen Körper nach rechts drehte, offenkundig um durch die rechte Seitenscheibe des Fahrzeuges zu blicken. Eine neunziggradige Veränderung der Sitzposition eines Lenkers ist allerdings bekanntermaßen völlig unmöglich.

Zusammengefasst machte der Beschwerdeführer jedenfalls bei der Verhandlung den Eindruck, dass er leicht mit bestimmten Verkehrssituationen überfordert sein kann.

Auch fehlt ihm offenkundig jegliches Einsehen in die rechtskräftige Gerichtsentscheidung. Bei seinen Schilderungen des Vorfalles beharrte er immer wieder darauf, dass ihm die Fußgängerin in das Fahrzeug „hineingelaufen“ sei. Dem gegenüber heißt es im Urteil ausdrücklich, dass er die Fußgängerin mit dem Pkw niederstieß, also seine Schilderung mit dem Urteilsspruch in keiner Form in Einklang gebracht werden kann.

 

4. Dem – in Kürze 83-jährigen – Beschwerdeführer ist zweifellos zu konzetieren, dass, wie er in seinen Schriftsätzen einwendet, Zweifel an der gesundheitlichen Eignung mit dem bloßen Alter des Inhabers einer Lenkberechtigung nicht begründet werden können (VwGH 2.3.2010, 2006/11/0125).

Dies hat die belangte Behörde gegenständlich auch gar nicht getan, sondern auf die Unfallvorgeschichte des Beschwerdeführers Bezug genommen. Dieser bringt es als Fahrzeuglenker offenkundig nicht zuwege, längere Zeit als Lenker eines Kraftahrzeuges ohne Verursachung von Verkehrsunfällen – sogar mit Personenschäden – am Straßenverkehr teilzunehmen. Diese Tatsache hat die belangte Behörde nachvollziehbar zu der Auffassung gelangen lassen, dem Beschwerdeführer könnte im Sinne des § 24 Abs. 4 FSG die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen abhanden gekommen sein.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne dieser Bestimmung begründete Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung der betreffenden Person zum Lenken von Kfz für die Erlassung einer entsprechenden Aufforderung genügen. Diese müssen zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (im Falle einer Rechtsmittelentscheidung zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides) von Seiten der Behörde nach wie vor vorhanden sein.

Es geht andererseits hiebei noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer  Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann. Es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 22.6.2010, 2010/11/0067 uva).

 

5. Wenn der Beschwerdeführer sowohl in dem jüngsten Gerichtsurteil als auch in den Ausführungen des angefochtenen Bescheides „Altersdiskriminierung“ ortet, so ist dazu Folgendes zu bemerken:

Zuständigerweise beschränkt sich das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf die Begründung des erwähnten Bescheides. Dort heißt es im Zusammenhang mit dem Lebensalter des Beschwerdeführers wie folgt:

„Im Hinblick auf das fortschreitende Lebensalter ist mit einer Zunahme derartiger Vorfälle im Straßenverkehr zu rechnen. Es bedarf daher der Überprüfung Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, da nach wie vor begründete Bedenken an Ihrer gesundheitlichen Eignung bestehen und von einer Verschlechterung auszugehen ist“.

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich ist es zweifellos eine allgemein bekannte und nicht zu verändernde Tatsache, dass mit fort-schreitendem Lebensalter die Leistungsfähigkeit eines Menschen nicht gleich bleibt, sondern zurückgeht. Ansonsten wäre es ja wohl auch nicht geboten, mit einem gewissen Lebensalter die Berufstätigkeit aufzugeben und in den Ruhestand zu treten. Die Anmerkung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid kann nur dann als Altersdiskriminierung verstanden werden, wenn man es darauf anlegt, eine solche Wertung hineinzuinterpretieren. Hat man dieses Ansinnen nicht, liest sich die zum Ausdruck gekommene diesbezügliche Ansicht der belangten Behörde als bloße Erwähnung eines allgemeinen und wohl jedermann treffenden Vorganges.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich stützt die gegenständliche Entscheidung jedenfalls nicht auf das bloße fortgeschrittene Lebensalter des Beschwerdeführers, sondern vorrangig auf seine Verkehrsunfallvorgeschichte und den Eindruck, den der zuständige Richter bei der eingangs angeführten Verhandlung vom Beschwerdeführer vermittelt bekommen hatte.

 

 

II.: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

S c h ö n