LVwG-650004/3/Kof/CG

Linz, 07.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Geschäftszeichen:                                                                                                                                                                                                                                                 Datum:

LVwG-650004/3/Kof/CG                                                                      Linz, 7. April 2014

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn X vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 09. Jänner 2012 (richtig: 2013), VerkR21-413-2012, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung ua.,
zu Recht  e r k a n n t:

 

 

I.

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird betreffend

·   Punkte I. und II. der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B sowie einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung auf 12 Monate
– vom 24. Dezember 2012 bis einschließlich 24. Dezember 2013 –

herab- bzw. festgesetzt wird,

·                      Punkt III. – Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrer – die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der behördliche Bescheid bestätigt,

·                      Punkt IV. -  Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme – der Beschwerde stattgegeben und der behördliche Bescheid aufgehoben,

·   Punkt V. – Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung –

der Beschwerde insofern stattgegeben, als diese für den Zeitraum der nunmehr neu festgesetzten Entziehungsdauer – 24. Dezember 2012 bis einschließlich 24. Dezember 2013 – als rechtmäßig bestätigt wird.

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

-      die Lenkberechtigung für die Klasse B auf die Dauer von 16 Monaten

– vom 24. Dezember 2012 bis einschließlich 24. April 2014 – entzogen,

-      für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

● das Recht aberkannt, von einer ausländischen Lenkberechtigung

   in Österreich Gebrauch zu machen

● das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen

    und Invalidenkraftfahrzeugen verboten.

-    verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer

● eine Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrer zu absolvieren

● ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung

   zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B sowie

   eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 14. Jänner 2013 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 28. Jänner 2013 erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1. Satz B-VG) erwogen:

 

Mit Wirksamkeit 1. Jänner 2014 ist

-        der Berufungswerber als Beschwerdeführer (Bf) iSd Art. 130 Abs.1 Z1 B-VG und

-        die Berufung als Beschwerde iSd Art. 132 Abs.1 Z1 B-VG

anzusehen.

 

Dem Bf wurde – wegen der Begehung eines „Alkoholdeliktes im Straßenverkehr“, Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO – die Lenkberechtigung für die Dauer von sechs Monaten – vom 08. August 2010 bis einschließlich 08. Februar 2011 – entzogen.

 

Der Bf lenkte am 18. November 2012 um 04.25 Uhr einen – auf ihn zugelassenen, dem Kennzeichen nach näher bestimmten – PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in der Gemeinde M., Steiermark; dabei verschuldete der Bf einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und beging Fahrerflucht.

 

 

Beim Bf wurde am selben Tag um ca. 10.00 Uhr – somit ca. 5,5 Stunden nach dem Lenken/Verkehrsunfall – die Messung der Atemluft mittels Alkomat vorgenommen, welche einen Atemluftalkoholgehalt von (niedrigster Wert)
0,57 mg/l ergeben hat.

 

Der Abbauwert beträgt – nach stRsp des VwGH – pro Stunde mindestens 0,05 mg/l.

 

Die belangte Behörde ging somit davon aus, dass beim Bf – rückgerechnet auf den Zeitpunkt des Lenkens/Verkehrsunfalles – der Alkoholisierungsgrad 0,845 mg/l bzw. 1,69 Promille betragen hat.

 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat jedoch – unter Berücksichtigung eines näher bezeichneten Nachtrunk – festgestellt, dass beim Bf der Alkoholisierungsgrad „nur“ zumindest 0,92 Promille betragen hat.

Über den Bf wurde daher mit Erkenntnis des LVwG Steiermark vom 1. April 2014, 30.18-1017/2014-11 wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs.1 iVm
§ 99 Abs.1b StVO sowie § 4 Abs.5 StVO Geldstrafen – Ersatzfreiheitsstrafen – verhängt.

 

Das LVwG OÖ. ist an diese rechtskräftige Entscheidung gebunden;   

VwGH vom 20.09.2001, 2001/11/0237; vom 23.04.2002, 2002/11/0063; vom 08.08.2002, 2001/11/0210; vom 26.11.2002, 2002/11/0083; vom 25.11.2003, 2003/11/0200; vom 06.07.2004, 2004/11/0046 jeweils mit Vorjudikatur  uva.

 

Zu Punkte I. und II.:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs.3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.03.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.04.2002, 2000/11/0184; vom 22.02.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur; vom 19.07.2002, 2000/11/0171; vom 06.04.2006, 2005/11/0214.

 

Alkoholdelikte zählen zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit;

VwGH vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 24.9.2003, 2001/11/0285;

             vom 27.2.2004, 2002/11/0036; vom 20.4.2004, 2003/11/0143 uva.

 

Der Bf hat – wie dargelegt – im Jahr 2010 eine Verwaltungsübertretung nach
§ 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a und am 18.11.2012 eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1b StVO begangen.

 

Gemäß § 26 Abs.2 Z3 FSG ist in einer derartigen Fallkonstellation

die Lenkberechtigung auf mindestens acht Monate zu entziehen.

 

Beim Bf ist jedoch weiters zu berücksichtigen, dass dieser am 18.11.2012 auch einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet und Fahrerflucht begangen hat.

 

Es wird daher die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf zwölf Monate – gerechnet ab Zustellung des behördlichen Mandatsbescheides (= 24. Dezember 2012), somit bis einschließlich 24. Dezember 2013 – herab- bzw. festgesetzt; VwGH vom 25.02.2003, 2003/11/0029; vom 04.07.2002, 2002/11/0122;

          vom 23.10.2001, 2001/11/0295; vom 18.11.1997, 97/11/0158.

 

 

 

 

Gemäß § 41a Abs.6 FSG gilt ein Mopedausweis nunmehr als Führerschein für
die Klasse AM bzw. beinhaltet gemäß § 2 Abs.3 Z7 FSG jede Lenkberechtigung – somit auch jene der Klasse B – die Lenkberechtigung für die Klasse AM.

 

Anstelle des Verbotes des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen wird daher die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse AM ausgesprochen.

 

Gemäß § 30 Abs.2 FSG ist dem Besitzer einer – allfällig bestehenden (VwGH vom  17.03.2005, 2005/11/0057 und vom 20.03.2012, 2012/11/0014) – ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines
(§ 1 Abs.4 FSG) welcher einen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z.1 FSG) in Österreich hat,
die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 FSG zu entziehen.

 

Dem Bf war daher eine allfällig bestehende ausländische Lenkberechtigung –
für die nunmehr festgesetzte Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung der Klassen AM und B – zu entziehen.

 

Zu Punkt III.:

Gemäß § 24 Abs.3 FSG ist bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO innerhalb von fünf Jahren ab Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO eine Nachschulung anzuordnen.

 

Die belangte Behörde hat daher völlig zu Recht den Bf verpflichtet,

eine Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrer zu absolvieren.

 

Zu Punkt IV.:

Da beim Bf zur Tatzeit und am Tatort der Atemluftalkoholgehalt nicht 0,8 mg/l oder mehr sondern „nur“ 0,46 mg/l betragen hat, war gemäß § 24 Abs.3 FSG
die Verpflichtung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufzuheben.

 

Zu Punkt V.:

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen ua.

 

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung (= nunmehr: Beschwerde) erfolgte – für die nunmehr festgesetzte Entziehungsdauer – zu Recht.

 

 

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des

Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.  Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH und/oder einer außerordentlichen Revision beim VwGH.

Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Richter Mag. Josef Kofler