LVwG-600217/2/MZ/CG
Linz, 24.03.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die „Beschwerde“ des A E, geb 1962, X, Bundesrepublik Deutschland, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, GZ: VerkR96-23153-2012, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs 4 iVm § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis gegen den Beschwerdeführer wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldstrafe verhängt.
2. In dem daraufhin am 16.3.2014 per e-mail eingebrachten Schriftstück verweist der Einschreiter zusammengefasst auf eine frühere Eingabe, wonach er sich zur angeblichen Tatzeit (1.10.2012, 06.39 Uhr) nicht in Österreich befunden und den PKW nicht gelenkt habe. Das Fahrzeug sei zwar auf seinen Namen gemietet gewesen, es kämen aber mehrere Personen als Lenker in Frage. Da kein Frontfoto vorliege, könne er den Lenker nicht bekannt geben. Seine Gattin könne bezeugen, dass er damals zu Hause gewesen sei. Er habe dies bereits mit Schreiben vom 4.12.2012 mitgeteilt und seither nichts mehr von der Behörde gehört.
3. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (vgl Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass die „Beschwerde“ – sollte es sich aufgrund der vagen Formulierungen überhaupt um eine solche handeln – zurückzuweisen ist, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs 2 VwGVG entfällt.
4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Die Landesverkehrsabteilung Oberösterreich. erstattete aufgrund einer Radarmessung Anzeige gegen den Lenker des PKW mit näher genannten deutschen Kennzeichen, weil dieser am 1.10.2012 um 06.39 Uhr auf der A9 bei km 37,156 die in diesem Bereich erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 12 km/h überschritten hatte.
Von der Zulassungsbesitzerin, der E A GmbH, wurde der Einschreiter als Lenker bekannt gegeben. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems verhängte gegen ihn wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung eine Strafverfügung. Der Einschreiter erhob gegen die Strafverfügung am 4.12.2012 mit der Begründung Einspruch, dass er zur angeblichen Tatzeit zu Hause gewesen sei. Er wurde mit Schreiben vom 18.12.2012 unter Anschluss des Radarfotos zur Stellungnahme aufgefordert, hat darauf jedoch nicht reagiert.
In weiterer Folge erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis. Dieses wurde im Wege der Amtshilfe über die Bezirksregierung Köln durch die Deutsche Post AG zugestellt. Herr T P als Zustellorgan konnte den Adressaten bei einem Zustellversuch am 8.2.2014 nicht antreffen, weshalb er das Schriftstück in den zur Wohnung gehörigen Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung einlegte. Der Einschreiter hat mit e-mail vom 16.3.2014 „Beschwerde“ erhoben; darin bringt er vor, dass das angefochtene Straferkenntnis am 22.2.2014 bei ihm eingegangen sei.
5. Darüber hat der zuständige Richter des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
5.1. Gemäß § 11 Abs 1 Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.
Gemäß Art 10 Abs 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl 1990/526, werden Schriftstücke (auch) in Verwaltungsstrafverfahren unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Verwendungsformen „eigenhändig“ und „Rückschein“ zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.
Gemäß Art 3 des angeführten Vertrages wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die – von der Bezirksregierung Köln im Wege der Amtshilfe über die Deutsche Post AG vorgenommene – Zustellung ist daher nach den maßgeblichen deutschen Vorschriften zu beurteilen.
Im Gegensatz zur österreichischen Rechtsordnung ist die Zustellung von behördlichen Schriftstücken nicht in einem eigenen Zustellgesetz geregelt, sondern Teil der (deutschen) Zivilprozessordnung. Die entsprechenden Bestimmungen der (deutschen) Zivilprozessordnung lauten wie folgt:
§ 178 Abs 1:
Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in den Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden
1. in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,
2. in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
3. in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.
§ 180:
Ist die Zustellung nach § 178 Abs 1 Nr 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet sind. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstückes das Datum der Zustellung.
5.2. Im gegenständlichen Fall konnte das Straferkenntnis – wie der im Akt befindlichen Zustellungsurkunde zu entnehmen ist – dem Einschreiter nicht unmittelbar gem § 178 Abs 1 dZPO durch den Zusteller, Herrn T P, zugestellt werden. Vor diesem Hintergrund wurde die Sendung vom Zustellorgan im Sinne des § 180 dZPO in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung eingelegt und – wie wiederum der Zustellungsurkunde zu entnehmen ist – als Tag der Zustellung der 8.2.2014 vermerkt. Die Sendung gilt daher mit der Einlegung am 8.2.2014 in den Briefkasten bzw die ähnliche Einrichtung als zugestellt. Dies würde gem § 189 dZPO lediglich dann nicht der Fall sein, wenn sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen lässt oder das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist. Im ggst Fall ist zum einen die Zustellungsurkunde im Akt befindlich und damit kein vernünftiger Grund gegeben, die formgerechte Zustellung des Dokuments anzuzweifeln. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, was sich ebenfalls wieder aus der Zustellungsurkunde ergibt. Der Einschreiter selbst hat auch kein Vorbringen erstattet, welches einen Anwendungsfall des § 189 dZPO indizieren würde.
Angemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass nach deutschem Recht eine allfällige Abwesenheit von der Abgabestelle keinen Zustellmangel bewirkt, sondern einen Wiedereinsetzungsgrund in den vorigen Stand darzustellen vermag. Es kann daher in diesem Verfahren außer Betracht bleiben, dass das angefochtene Straferkenntnis – dem nicht weiter belegten Vorbringen des Einschreiters zufolge – erst am 22.2.2014 beim Einschreiter „eingegangen“ ist.
5.3. Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen. Im ggst Fall erfolgte die Zustellung des in Rede stehenden Straferkenntnisses, welche das fristauslösende Element darstellt, am Samstag, den 8.2.2014. Die Beschwerdefrist endete daher gem § 38 VwGVG iVm § 24 VStG iVm § 33 Abs 2 AVG am Montag den 10.3.2014. Da der Einschreiter erst mit e-mail vom 16.3.2014 tätig wurde, ist das Rechtsmittel als verspätet zurückzuweisen.
zu II.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zustellung im Ausland ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Zeinhofer