LVwG-300154/44/MK/BZ

Linz, 07.12.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Kitzberger über die Beschwerde (Berufung) des Herrn S K, geb. X, X, H, vertreten durch Mag. W K, Rechtsanwalt, X, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, vom 4. März 2013, GZ: 0020501/2012, betreffend eine Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Aus Anlass der Beschwerde wird das angefochtene Straferkenntnis wegen Eintritt der Strafbarkeitsverjährung aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 Verwaltungsgerichts­verfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstraf­gesetz (VStG) eingestellt.

 

 

II. Der Beschwerdeführer hat keine Kostenbeiträge zu leisten.

 

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche
Revision unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landes­hauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 04.03.2013 wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH, X, L, wegen einer Übertretung des § 7i Abs. 3 Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) in vier Fällen eine Geldstrafe in der Höhe von je 2.500 Euro (gesamt 10.000 Euro), für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 17 Stunden (gesamt 68 Stunden), verhängt. Gleich­zeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 1.000 Euro vorge­schrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

Der Beschuldigte, Herr S K, geboren am X, wohnhaft: H, X, hat folgende Verwaltungs­übertretungen als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Ge­schäftsführer der X GmbH mit dem Sitz in L, X, zu vertreten:

 

 

 

Die X GmbH hat als Arbeitgeberin in der Zeit von 1.9.2011 bis 31.10.2011 die folgenden Arbeitnehmer als x-binder beschäftigt, ohne dass diesen der ihnen nach dem Kollektiv­vertrag x-gewerbe und x-industrie zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien (Bruttostundenlohn von € 11,46, das entspricht einem Bruttomonatslohn von € 1.942,47) geleistet wurde:

 

 

 

1.         A G, geb. am X,

 

2.         I L, geb. am X,

 

3.         A T, geb. am X,

 

4. M Z, geb. am X.

 

 

 

Die Arbeitnehmer erhielten einen Bruttostundenlohn von € 9,92. Das entspricht einer Unter[ent]lohnung von 13,4%.“

 

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung (nunmehr: Beschwerde) vom 20. März 2013, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstraf­verfahrens, in eventu die Einstellung wegen Geringfügigkeit der Übertretung bzw. die Herabsetzung der Strafe beantragt werden.

 

I.3. Mit Schreiben vom 28. März 2013, eingelangt am 4. April 2013, hat die belangte Behörde die Berufung (nunmehr: Beschwerde) samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem vormals zuständigem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

 

II.1. Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG (BGBl I Nr. 51/2012) ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen, mit Ablauf des 31. Dezembers 2013 anhängigen Verfahrens auf das Oö. Landesverwaltungs­gericht übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz- VwGbk-ÜG (BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013) gelten zulässige Berufungen als rechtzeitig erhobene Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1
B-VG.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

II.2. Mit Erkenntnis vom 14. März 2014, GZ: LVwG-300154/2, wurde der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

Gegen diese Entscheidung brachte die X-X- und X-kasse in W, vertreten durch Mag. V N, Rechtsanwältin in W, X, Revision beim Verwaltungsgerichtshof ein.

 

Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2015, Ra 2014/11/0013-6, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 25. Jänner 2016, behob der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oö. vom 14. März 2014 infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

Nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31. Mai 2016 hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 8. Juni 2016, GZ: LVwG-300154/29/MK/BZ, der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Gegen diese Entscheidung brachte wiederum die X-X- und X-kasse in W, vertreten durch Mag. V N, LLM, Rechtsanwältin in W, X, eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof ein.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9. November 2016, Ra 2016/11/0120-7, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

 

Infolge Aufhebung der Entscheidung ist das Landesverwaltungsgericht Oö. berufen, über das Rechtsmittel des Bf neuerlich zu entscheiden.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass auch im System der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich von einer Bindungswirkung der Verwaltungsgerichte an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes iSd § 63 Abs. 1 VwGG aus­zugehen ist.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Gemäß § 31 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 31 Abs. 2 leg. cit. erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungs­übertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1.   die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;

2.   die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwal­tungsbehörde geführt wird;

3.   die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

4.   die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfas­sungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fort­führung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Die Strafbarkeitsverjährung ist von Amts wegen wahrzunehmen (VwGH 26.06.2012, 2010/09/0016).

 

III.2. Im gegenständlichen Straferkenntnis wird dem Bf – kurz zusammen­gefasst – vorgeworfen, er habe in der Zeit vom 1.9.2011 bis 31.10.2011 durch Unterentlohnung von Arbeitnehmern eine Verwaltungsübertretung nach § 7i Abs. 3 AVRAG begangen.

 

Aufgrund des angelasteten Tatzeitraumes beginnt die dreijährige Frist mit 31. Oktober 2011 zu laufen. Durch die Einbringung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof wurde die Verjährung für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof jeweils gehemmt. Entsprechend dem Verfahrensakt ist die (erste) Beschwerde, datiert mit 30. April 2014, am 19. Mai 2014 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt. Die Entscheidung des Verwaltungs­gerichtshofes wurde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 25. Jänner 2016 zugestellt. Im Sinne des § 31 Abs. 2 Z 4 VStG war die Verjährungsfrist somit vom 19. Mai 2014 bis 25. Jänner 2016, also für die Dauer von 1 Jahr, 8 Monaten und 6 Tagen unterbrochen.

Die (zweite) Beschwerde vom 21. Juli 2016 ist entsprechend dem Verfahrensakt am 30. August 2016 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist am 24. November 2016 dem Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich zugestellt worden, sodass die Verjährungsfrist vom 30. August 2016 bis 24. November 2016, also für die Dauer von 2 Monaten und 25 Tagen neuerlich unterbrochen war.

 

Ohne diese Unterbrechungen wäre die Strafbarkeit der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung am 31. Oktober 2014 erloschen. Durch die im § 31 Abs. 2 Z 4 VStG geregelte Hemmung der Verjährungsfrist ist zur Berechnung des tatsächlichen Endes der Verjährungsfrist die Zeit der Unterbrechung der in § 31 Abs. 2 VStG geregelten Frist zuzurechnen. Unter Berücksichtigung der Unterbrechungen erlosch die Strafbarkeit hinsichtlich der vorgeworfenen Tat daher am 1. Oktober 2016.

 

Im Hinblick auf die eingetretene Strafbarkeitsverjährung bedarf es keiner weiteren Erörterungen. Das angefochtene Straferkenntnis war aus Anlass des erhobenen Rechtsmittels aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen, weil nunmehr mit der Straf­barkeitsverjährung ein Umstand vorliegt, der die Strafbarkeit aufhebt. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Kitzberger

Beachte:

Der angefochtene Beschluss wurde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 20. September 2017, Zl.: Ra 2017/11/0031-7