LVwG-650700/18/Bi/CG

Linz, 24.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin         Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn M P, vertreten durch Frau RAin S E, vom 7. September 2016 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11. August 2016, VerkR21-198-2016, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17. November 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid im Beschwerdeumfang bestätigt.  

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) in Bestätigung des Mandatsbescheides der belangten Behörde vom 10. Mai 2016, VerkR21-198-2016, gemäß §§ 7, 8, 24, 26, 30 FSG und § 2 Nachschulungsverordnung die Lenkberechtigung – Führerschein ausgestellt von der Stadt Passau zu Nr. x am 18.6.2016 – für die Klassen A1, A2, A, B und BE wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab dem Tag der vorläufigen FS-Abnahme, dem 30. April 2016, bis einschließlich 30. Oktober 2016 entzogen und ihm das Recht aberkannt, allenfalls von einem ausländischen Führerschein während der Dauer der Entziehung seiner Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Außerdem wurden folgende Anordnungen getroffen: 1. Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme von einer vom zuständigen Bundes­minister ermächtigten Stelle, 2. Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker bei einer vom zuständigen Bundesminister ermächtigten Stelle, 3. Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung iSd § 8 FSG. Gemäß § 13 Abs.2 VwGVG wurde die aufschiebende Wirkung im Fall einer gegen diesen Bescheid einzubringenden Beschwerde wegen Gefahr im Verzug im Interesse des öffentlichen Wohles ausgeschlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 18. August 2016.

 

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Am 17. November 2016 wurde in Verbindung mit dem Verfahren LVWG-601532 eine (beantragte) öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf, seiner Rechtsvertreterin Frau RAin S E sowie der Zeugen J W (W), KI G G (KI G) und Meldungsleger GI R K (Ml) durchgeführt. Die Vertreterin der belangten Behörde war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, ihm werde vorgeworfen, er habe sich der Alkoholkontrolle entzogen und er habe ein Fahrzeug in Betrieb genommen, obwohl er dazu aufgrund einer deutlichen Alkoholisierung nicht berechtigt gewesen sei: beide Vorwürfe träfen nicht zu. Er sei am 30. April 2016 von den beiden Polizeibeamten schlafend vorgefunden worden. Unstreitig sei, dass die Fahrertür leicht geöffnet worden sei und er seine Füße darauf gelegt habe. Dass der Motor gelaufen sei, sei unzutreffend. Es sei zwar die Zündung eingeschaltet gewesen, damit er die Standheizung in Betrieb nehmen habe können. Die Standheizung habe aber nicht er in Betrieb genommen sondern der Zeuge W, damit der Bf nicht erfriere, zumal er beabsichtigt habe, im Auto zu nächtigen. Er sei so alkoholisiert gewesen, dass er sich nicht mehr um sich selbst kümmern hätte können. Er sei Alkohol nicht gewohnt und nach 4-5 Halben Bier sturzbetrunken gewesen. Die Beamten hätten selbst beschrieben, dass er nicht zu wecken gewesen sei. Er selbst habe den Pkw nach dem Abstellen durch den Zeugen W keinen Millimeter bewegt. Er sei im Fahrzeug eingeschlafen und von den Beamten am nächsten Morgen aus dem Tiefschlaf geweckt worden. Er habe nie die Absicht gehabt, das Fahrzeug zu lenken. Zum Beweis dafür wird die Einvernahme des Zeugen J.W. beantragt.

Er habe sich der Alkoholkontrolle nicht entzogen. Der Versuch, seinen Alkoholstatus festzustellen, habe fast 30 Minuten gedauert. Zunächst sei der Vortester verwendet worden, der offensichtlich nicht funktioniert habe. Er habe gemäß der Aufforderung der beiden Beamten mindestens dreimal heftig und lange geblasen, ohne dass das Gerät irgendetwas angezeigt habe. Auf die Frage, was er getrunken habe, habe er angegeben, das wisse er nicht mehr so genau, verneinte aber den Alkoholkonsum nicht. Er verneinte aber, mit dem Pkw gefahren zu sein. Als ihn die beiden Polizeibeamten nach einer halben Stunde noch einmal blasen lassen wollten, möglicherweise mit einem anderen Gerät, was er nicht erkannt habe, habe er gesagt, das Gerät funktioniere sowieso nicht. Er habe das Ganze ein wenig als Schikane empfunden, ihm sei schlecht gewesen und er habe sich überfordert gefühlt. Widerstand habe er keinen geleistet; dazu habe er weder die Kraft gehabt noch die Einsicht, sich gegen etwas wehren zu müssen. Er wäre jederzeit bereit gewesen, zur PI mitzukommen oder sich Blut abnehmen zu lassen; dazu sei er nicht aufgefordert worden. Er habe trinken dürfen, solang er nicht die Absicht gehabt habe, das Fahrzeug in diesem Zustand zu bewegen. Die Standheizung habe nicht er in Betrieb gesetzt. Hätte er den Motor laufen gelassen, wäre am nächsten Morgen die Batterie leer gewesen bzw das Benzin verbraucht. Ein laufender Motor verursache Geräusche, über die sich sicher Anwohner bereits nachts beschwert hätten. Die geräuschlose Standheizung habe niemand wahrgenommen; um den Motor in Gang zu setzen, hätte der Schlüssel weiter gedreht werden müssen. Beantragt wurde die Aufhebung des Bescheides.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Bf und seine Rechtsvertreterin gehört, die Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die angeführten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 288 StGB einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der 1974 geborene Bf ist deutscher Staatsbürger ohne Wohnsitz in Deutschland und mit Aufenthaltsort in Österreich, nämlich in K auf dem C, wo er in einem Wohnanhänger lebt. Er arbeitet in Passau in einem Gebraucht­möbelladen. Er war am 30. April 2016 im Besitz eines deutschen Führerscheins, ausgestellt von der Stadt Passau.

Am Abend des 29. April 2016 besuchte ihn der Zeuge W, Gastronom und Veranstalter in Passau, der sich von einem Mitarbeiter hinbringen ließ, wobei vereinbart war, dass ihn ein anderer Mitarbeiter abholen werde. Nach den – unwidersprochen gebliebenen – Schilderungen des Zeugen W roch der Bf bereits bei dessen Ankunft nach Alkohol und trank in seiner Gegenwart noch weitere 4 bis 6 Bier, wobei der Bf selbst bestätigte, er habe an diesem Tag erhebliche private Probleme gehabt. Der Zeuge W trinkt nach eigenen Angaben keinen Alkohol. Gegen Mitternacht bekamen die beiden Hunger und der Bf sagte etwas von einem Freund, zu dem sie noch fahren könnten, worauf der Zeuge den auf den Vater des Bf zugelassenen Pkw x in Richtung Esternberg lenkte. Dort war aber nichts mehr offen und der Bf konnte sich nicht an die genaue Adresse seines Freundes erinnern. Da der Bf nach dem Eindruck des ortsunkundigen Zeugen W sehr stark alkoholisiert und schläfrig war, auch noch das Benzin laut Tankanzeige zur Neige ging und der Zeuge wegen des Verhaltens des Bf immer ungehaltener wurde, stellte er schließlich nach Mitternacht den Pkw auf der Pyrawanger Straße bei der Kreuzung mit einer landwirtschaftlichen Zufahrt am Fahrbahnrand ab und beschloss, seinen Mitarbeiter anzurufen und sich von dort abholen zu lassen. Dieser kam zwischen 00.30 Uhr und 00.45 Uhr.

 

Der Zeuge W schilderte in der Verhandlung, er und der Bf seien aus dem Pkw ausgestiegen, um dort die kleine Notdurft zu verrichten, und der Bf habe sich danach auf den Lenkersitz gesetzt und die Rückenlehne verstellt, wobei dem Zeugen dieses Verhalten so routiniert vorgekommen sei, dass er daraus geschlossen habe, dass der Bf bereits des Öfteren im Auto übernachtet haben müsse. Der Bf bestätigte diese Aussage des Zeugen in der Verhandlung damit, er fahre oft auf Flohmärkte, wo er im Auto schlafe, um rechtzeitig bei Beginn da zu sein.

Der Zeuge W gab in der Verhandlung an, er habe den Pkw abgestellt und das Licht ausgeschaltet. Da es in der Nacht frisch gewesen sei, sei die Heizung gelaufen. Er war sich in der Verhandlung sicher, zwar den Motor abgestellt, aber die Standheizung bzw Lüftung laufen gelassen zu haben, er habe den Zündschlüssel von Stufe 3 auf Stufe 2 gedreht, aber nicht abgezogen. Für ihn sei klar gewesen, dass der Bf im Auto schlafen werde; er habe aber nie daran gedacht, dass der Bf dort in Schwierigkeiten geraten könnte. Dieser habe es sich im Auto bequem gemacht, habe die Autotür eine Spalt offen gelassen und die Füße auf der Autotür innen abgelegt.

Als der Zeuge W mit seinem Mitarbeiter nach Achleiten gekommen sei, habe er kurz daran gedacht, den Bf mit Benzin zu versorgen, habe das dann aber zu diesem Zeitpunkt für unnötig gehalten und mit seinem Mitarbeiter vereinbart, dass dieser dem Bf am nächsten Morgen Benzin bringen solle. Der Bf habe ihn aber am nächsten Morgen angerufen und ihm vom Vorfall erzählt.     

 

Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes ist die Aussage des Zeugen W sowohl hinsichtlich der Schilderung des Verhaltens des Bf als auch hinsichtlich seines eigenen Verhaltens im Hinblick auf das zur Neige gehende Benzin und seiner Entscheidung, sich abholen und den Bf dort alleine zurück zu lassen, glaubhaft. Dass es für den Bf nicht ungewöhnlich ist, im Auto zu schlafen, hat dieser selbst bestätigt. Die Schilderungen des Zeugen W widersprechen nicht den Aussagen des Bf; dass sich der Bf wegen seiner Alkoholisierung nicht mehr an den Vorfall im Einzelnen erinnern kann, heißt nicht, dass sich der Vorfall nicht so zugetragen hat, wie vom Zeugen geschildert. Da beim Eintreffen der Polizei der Motor des Pkw in Betrieb war, ist davon auszugehen, dass der Bf ihn selbst gestartet hat – naheliegend ist, dass er in diesen fast 7 Stunden zwischen dem Wegfahren des Zeugen W um etwa 00.45 Uhr und dem Erscheinen der Polizei um ca 7.10 Uhr nicht durchgehend geschlafen hat, sondern aussteigen musste, um die Flüssigkeitsmenge von 4 bis 6 Bier „loszuwerden“ und beim Einsteigen, vielleicht weil ihm kalt war, die Heizung aufgedreht und dabei den Motor gestartet hat. Glaubhaft ist, dass er weder die Absicht hatte, das Fahrzeug zu bewegen, noch, es auch tatsächlich in Betrieb zu nehmen.

 

Der Bf wurde nach einer Verständigung der PI Münzkirchen, dass an der Pyrawanger Straße eine Person in einem abgestellten Auto schlafe, von den beiden Polizeibeamten um 7.10 Uhr bei der Kreuzung L1158 mit einer landwirtschaftlichen Zufahrt bei ca km 2,3 tatsächlich dort im Pkw x auf dem Lenkersitz fest schlafend angetroffen, wobei die Fahrertür einen Spalt offen war und der Bf die Füße innen auf den Türgriff gelegt hatte. Nach übereinstimmenden Aussagen der beiden Beamten lief der Motor des Pkw. Der Ml griff ins Fahrzeug, drehte den Fahrzeugschlüssel um und zog ihn ab. Der Schlüssel wurde dem Bf, wie später auch der Führerschein, vorläufig abgenommen. Die beiden Beamten bestätigten zeugenschaftlich inhaltlich übereinstimmend, der Bf habe fest geschlafen und sei nicht leicht zu wecken  gewesen. Schließlich habe er sich doch aufgerichtet und habe nach Aufforderung des Ml, den Führerschein auszuhändigen, diesen irgendwo hergenommen und ausgehändigt. Er habe nach Alkohol gerochen und eindeutige Alkoholsymptome (zB bei der Aussprache) aufgewiesen. Auf die Frage, warum er da schlafe, habe er etwas von einem Campingplatz gesagt, das die Beamten zunächst nicht zuordnen hätten können, sei dann aber, als ihn der Ml zum Alkoholvortest aufforderte, ausgestiegen. Als der Ml den Vortester einschaltete, bemerkte er, dass dieser nicht funktionierte, weshalb er den Bf zur Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat aufforderte. Der Bf ging mit zum Kofferraum des hinter seinem Pkw abgestellten Polizeifahrzeuges, wo der dort befindliche Alkomat eingeschaltet und während der etwa viertelstündlichen Aufwärmphase die Daten aufgenommen wurden.

 

Dass der Motor beim Eintreffen der Polizei am nächsten Morgen in Betrieb war, haben beide Polizeibeamte absolut glaubwürdig bestätigt. Einem Polizeibeamten, der sich einem Fahrzeug nähert, ist zumutbar, beurteilen zu können, ob der Motor läuft oder nur die Heizung in Betrieb ist, auch wenn die Fahrertür offen ist. Der Ml hat den Motor abgestellt und den Schlüssel abgezogen. Da sich dort keine Nachbarn in unmittelbarer Nähe befinden, geht das Argument in der Beschwerde, wenn der Motor tatsächlich gelaufen wäre, hätten sich die Nachbarn schon in der Nacht beschwert, ins Leere.

 

Nach der Schilderung der Polizeibeamten wurde bereits beim Einschalten des Alkoholvortestgerätes festgestellt, dass dieses nicht funktioniert, weshalb der Bf vom Ml sofort aufgefordert wurde, eine Atemluftalkoholuntersuchung durchzuführen. Da bereits beim Einschalten eine Funktionsstörung ersichtlich wird (zB dass der Akku leer ist), ist nachvollziehbar, dass der Bf dieses Gerät nie in die Hand bekam. Das einzige Gerät, in das er hineinblasen sollte, war demnach der Alkomat. Dieser Alkomat mit der GeräteNr. x war zum Zeitpunkt dieser Amtshandlung technisch in Ordnung, wie sich aus den vom Ml in der Verhandlung vorgelegten und mit der Rechtsvertreterin erörterten Überprüfungsberichten der Fa. Dräger vom 24. November 2015 und vom 1. Juni 2016 ergab; ebenso war laut Eichbestätigung die Eichung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) am 12. November 2014 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2016 einwandfrei. Der bei der ggst Amtshandlung verwendete Alkomat mit der GeräteNr. x war sohin ordnungsgemäß geeicht und technisch einwandfrei. Die Verantwortung des Bf – bzw die Formulierung der Rechtsvertreterin, der der Bf zustimmte – er wisse nicht, warum das Gerät ausgetauscht wurde und er habe in irgendein Gerät geblasen und das ging irgendwie nicht, kann daher nicht zutreffen.    

 

Die beiden Polizeibeamten schilderten in der Verhandlung übereinstimmend, der Ml habe den Bf darüber aufgeklärt, wie er hineinzublasen habe und habe ihm nach Aufstecken eines frischen Mundstücks den Schlauch in die Hand gedrückt. Der Bf nahm das Mundstück zwar in den Mund, blies aber nicht hinein und auch nicht daneben. Er wurde insgesamt fünfmal darauf hingewiesen, dass er da hineinblasen müsse und sein Verhalten ansonsten als Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung gewertet werde, wobei er auch auf die  Rechtsfolgen einer Verweigerung – nämlich Strafbarkeit und Entziehung der Lenkberechtigung – hingewiesen wurde. Der Bf erklärte auch, er verweigere eh nicht, tat aber gar nichts. Nach der fünften erfolglosen Aufforderung durch beide Beamte wurde der Alkotest abgebrochen und dem Bf erklärt, dass sein Verhalten als Verweigerung qualifiziert werde. Um 7.28 Uhr wurde die Bestätigung über die vorläufige Abnahme des Führerscheins ausgestellt, um 7.35 Uhr wurde die Amtshandlung beendet. Der Bf wurde von den Beamten schließlich zum Campingplatz in Kasten gebracht „aus Sicherheitsgründen“. Der Pkw wurde vom Ml weiter in die landwirtschaftliche Zufahrt hineingestellt, dazu hat er die Rückenlehne des Fahrersitzes, die nicht in Liegeposition sondern nur etwas zurückgestellt war, nicht verstellt. Den Schlüssel hat der Bf später bei der PI Münzkirchen abgeholt. 

 

Die Aussagen der beiden Polizeibeamten, der Bf habe trotz insgesamt 5maliger Aufforderung samt Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verweigerung des Alkotests zwar das Mundstück in den Mund genommen, aber nicht hineingeblasen, was aufgrund des fehlenden Pfeiftones und der nicht aufleuchtenden Sternchen des Alkomaten eindeutig festzustellen war, sind zum einen deshalb glaubwürdig, weil ein (wenn auch nur begonnener) Blasvorgang für einen Beobachter leicht festzustellen ist und zum anderen war nie die Rede von gesundheitlichen Problemen, die den Bf an der ordnungsgemäßen Durchführung der Alkomat-Untersuchung gehindert hätten. Dass der Bf, wie die Rechtsvertreterin in der Verhandlung darlegte, nachdem er um ca 7.10 Uhr geweckt worden war, zum Zeitpunkt der Beendigung der Aufforderung gegen 7.28 Uhr (Uhrzeit der vorläufigen Abnahme des Führerscheins) noch so verschlafen gewesen wäre, dass er zwar in der Lage war, Anordnungen der aufgrund ihrer Kleidung und des Polizeifahrzeuges offenbar als solche von ihm wahrgenommenen Polizeibeamten mechanisch nachzukommen (zB selbständig zum Kofferraum des Polizeifahr­zeuges zu gehen), aber zu keinem Blasversuch fähig gewesen wäre, obwohl zwei Beamte daneben standen, die ihn immer wieder aufforderten hineinzublasen, ist lebensfremd. Auch die von KI G bestätigte Antwort des Bf auf die Aufklärung der Folgen einer Verweigerung, er verweigere ja nicht, vermag nicht zu überzeugen, zeigt aber, dass der Bf das Wort „verweigern“ zuordnen konnte. Der Bf hat nicht einmal einen Blasversuch begonnen, er hat überhaupt nichts getan außer das Mundstück in den Mund zu nehmen. Auch in Deutschland ist Voraussetzung für eine (zwangsweise) Blutabnahme die Verweigerung des Alkotests durch entsprechendes Verhalten, dh der Bf kann sich hier nicht auf die deutsche Vorgehensweise berufen, weil lediglich die Rechtsfolge eine andere ist. Beide Polizeibeamte sind für Alkoholamtshandlungen entsprechend geschult und zweifellos in der Lage, das Verhalten des Bf im Sinne einer Verweigerung des Atemalkoholtests zu beurteilen. Das Verhalten des Bf war trotz gegenteiliger Erklärung eindeutig und ohne jeden Zweifel als Verweigerung anzusehen.

 

Beide Beamten konnten sich nicht erinnern, ob der Bf Schuhe anhatte, bzw bestätigten, er sei nicht im Fahrzeug „gelegen“ sondern „gelehnt“ und er habe sicher nichts davon gesagt, dass er im Auto in Ruhe weiterschlafen wollte – was wegen des Absperrens des Pkw und der Schlüsselabnahme ohnehin nicht gegangen wäre – ebenso sei die behauptete geringe Benzinmenge nicht aufgefallen – das Fahrzeug ließ sich vom Ml offensichtlich problemlos von der Straße weglenken. Für ein Zutreffen der von der Rechtsvertreterin in der Verhandlung ausführlich argumentierten Behauptung, der Bf habe von der Amtshandlung wegen des Weckens aus dem Tiefschlaf, seiner Alkoholisierung und seiner Übelkeit nur wenig mitbekommen und sei deshalb nicht in der Lage gewesen wäre, einen ordnungsgemäßen Alkomattest durchzuführen, besteht nach dem umfangreichen Beweisverfahren kein Anhaltspunkt.    

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 30 Abs. 2 FSG hat die Behörde einem Besitzer einer ausländischen EWR- oder Nicht-EWR-Lenkberechtigung, der einen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z1) in Österreich hat, die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen. Der eingezogene Führerschein ist der Ausstellungsbehörde zusammen mit einer Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln. Nach Ablauf der Entziehungs­dauer hat der Betroffene gegebenenfalls im Fall einer EWR-Lenkberechtigung einen Antrag auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung zu stellen.

 

Unter Wohnsitz gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 FSG ist der Wohnsitz im Sinne des Art. 12 der Richtlinie über den Führerschein ABl. Nr. 403/2006 zu verstehen; gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung liegt ein Wohnsitz in Österreich gemäß Abs. 1 Z 1 vor, wenn sich die betreffende Person aufgrund ihrer persönlichen und – sofern vorhanden – beruflichen Bindungen innerhalb der letzten zwölf Monate nachweislich während mindestens 185 Tagen in Österreich aufgehalten hat oder glaubhaft macht, dass sie beabsichtigt, sich für mindestens 185 Tage in Österreich aufzuhalten. Als Wohnsitz eines Führerscheinwerbers oder -besitzers, dessen berufliche Bindungen in einem anderen Staat als seine persönlichen Bindungen liegen, gilt unabhängig von der 185-tägigen Frist der Ort der persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Auch wenn die Person nicht regelmäßig an den Ort der persönlichen Bindungen zurückkehrt, gilt der Ort der persönlichen Bindungen als Wohnsitz, wenn sich die Person in dem anderen Staat nur zur Ausführung eines Auftrages von bestimmter Dauer aufhält. Der Besuch einer Universität oder einer Schule hat keine Verlegung des Wohnsitzes zur Folge.  

 

Der Bf hat in Deutschland keinen Wohnsitz, aber seine Arbeitsstelle, nämlich in Passau. Seinen Wohnsitz hat er selbst in Österreich angegeben, nämlich auf dem Campingplatz in K, wo er nach seinen Angaben in der Verhandlung einen Wohnanhänger stehen hat und wo ihm Post zugestellt werden kann. Er kehrt nach eigenen Angaben dorthin auch regelmäßig nach der Arbeit zurück. Damit ist, unabhängig von einer Absicht, den Wohnort in Österreich zu belassen, sein Wohnsitz in Österreich und damit § 30 Abs. 2 FSG anzuwenden, der auf die Bestimmungen der §§ 24 bis 29 FSG verweist.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 1 FSG hat gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist (§ 83 Abs. 1 SPG lautet: „Wer sich in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt und in diesem Zustand eine Tat begeht, die ihm außer diesem Zustand als Verwaltungs­übertretung zugerechnet würde, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 500 Euro zu bestrafen.“)

Gemäß § 99 Abs. 1 lit.b StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 11. August 2016, VerkR96-2385-2016, den Bf einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit.b StVO 1960 insofern schuldig erkannt, als er sich am 30. April 2016 um 7.35 Uhr in 4092 Esternberg, L1158 Pyrawanger Straße bei km 2,1, nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet habe werden können, dass er zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort den Pkw Renault Espace, grau/silberfarbig, Kz. x, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Betrieb genommen habe. 

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landes-verwaltungsgerichtes vom 24. November 2016, LVwG-601532/  /Bi/CG, als unbegründet abgewiesen, wobei der Tatort von „km 2,1“ auf „ca km 2,3“ der L1158 Pyrawanger Straße abgeändert und der Tatvorwurf insofern ergänzt wurde, als die Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung dadurch erfolgte, dass er trotz fünfmaliger Aufforderung und Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verweigerung keine Luft in das Mundstück des Alkomaten geblasen hat. 

 

Nach der sich infolge der Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren, die gemeinsam mit jener im Entziehungsverfahren abgeführt worden war, sowie der  oben zusammengefassten Beweislage ist das Landesverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangt, dass der Bf den Pkw s durch Starten des Motors in Betrieb genommen, den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.  

Er hat daher eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 1 FSG verwirklicht, für die im § 26 Abs. 2 Z 1 FSG eine Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten vorgesehen ist.

 

Gemäß § 26 Abs. 2 Z 1 FSG ist, wenn beim Lenken oder der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

§ 26 FSG regelt die sogenannten Sonderfälle der Entziehung, in deren Zusammenhang der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, dass hier in Bezug auf die Mindestentziehungsdauer der Gesetzgeber die Wertung schon vorweg genommen hat und daher der Behörde diesbezüglich keine Wertungskompetenz mehr zukommt (VwGH 23.3.2004, 2004/11/0008 ua).

 

Da gemäß § 29 Abs. 4 FSG die Entziehungsdauer, wenn der Führerschein gemäß § 39 FSG vorläufig abgenommen und nicht wieder ausgefolgt wurde, ab dem Tag der vorläufigen Abnahme zu berechnen ist, sind die sechs Monate im ggst Fall ab dem 30. April 2016 zu berechnen, dh bis 30. Oktober 2016.

 

Die von der belangten Behörde verfügten weiteren Maßnahmen wie die Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker gemäß § 2 FSG-Nachschulungsverordnung und die Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG samt verkehrspsychologischer Stellungnahme vor Ablauf der Entziehungsdauer und die Aberkennung des Rechts, von einem allenfalls vorhandenen weiteren ausländischen Führerschein im genannten Zeitraum in Österreich Gebrauch zu machen, sind gesetzlich vorgesehene Folgen und daher gemäß § 24 Abs. 3 FSG von den Führerscheinbehörden im Falle der Entziehung der Lenkberechtigung jedenfalls vorzuschreiben.

 

Gemäß § 24 Abs. 3 FSG hat die Behörde bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 eine Nachschulung anzuordnen. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrs­psychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

          

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

 

Es war damit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger