LVwG-750377/5/MB/BD
Linz, 06.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der A A, geb x, x, B/Irak, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13.7.2016, GZ: Pol18-5576, wegen der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13.7.2016, GZ: Pol18-5576, wurde der Erstantrag der Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gemäß § 21a und § 11 Abs 2 1 iVm Abs 4 und Abs 2 Z 4 iVm Abs 5 NAG abgewiesen.
Ihre Entscheidung begründend führt die belangte Behörde Folgendes aus:
„Sie haben am 15.03.2016 im Wege der Österreichischen Botschaft Amman einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" eingebracht.
Als Zusammenführenden haben Sie ihren Ehegatten A J, geb. x, österreichischer Staatsbürger, angegeben; als beabsichtigten Wohnsitz die Adresse L, W.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 31.03.2016, wurden Sie über das Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und Ihnen mitgeteilt, dass die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land beabsichtigt, Ihren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" abzuweisen.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere aus den, Ihrem Antrag beigefügten Unterlagen.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Gemäß § 47 Abs. 2 NAG ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.
Gemäß § 21a Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, haben Drittstaatsangehörige mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms oder Kurszeugnisses einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Dri
Gemäß § 21a Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, haben Drittstaatsangehörige mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms oder Kurszeugnisses einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom oder das Kurszeugnis darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.
Ein diesbezügliches Deutsch-Zertifikat wurde von Ihnen nicht vorgelegt.
Am 13.04.2016 wurde von Ihrem Ehegatten diesbezüglich Folgendes Schreiben abgegeben: „Ich am 18. April 2016 anfangen Deutschkurs A1 und das dauert dreiundhalb Monate nacher bekomme ich die Prüfung fürA1. Bitte ich brauche Zeit bis ich fertig mit dem Deutschkurs und die Prüfung Danke"
Gemäß § 21a Abs. 4 Z 2 NAG gilt Abs. 1 nicht für Drittstaatsangehörige, denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustandes die Erbringung des Nachweises nicht zugemutet werden kann; dies hat der Drittstaatsangehörige durch ein amtsärztliches Gutachten oder ein Gutachten eines Vertrauensarztes einer österreichischen Berufsvertretungsbehörde nachzuweisen.
Am 15.06.2016 haben Sie im Wege der Österreichischen Botschaft Amman folgende Bestätigung des Vertrauensarztes der Ö, Dr. R S, vorgelegt:
„Nach Untersuchung der Rat, befand Sie sich in guter Gesundheit. Frau A I ist Psychisch und Mental sehr alteriert, Sie hat keine Möglichkeit die Schule zu besuchen. Aus med. Sicht kann die Pat keine Möglichkeit die Deutsche-Sprache zu lernen."
Da das Ergebnis des ggst. Gutachtens weder schlüssig noch nachvollziehbar ist, da nicht erkannt werden kann, warum jemand der sich lt. Gutachten „in guter Gesundheit befand", aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit haben sollte die Deutsche Sprache zu lernen, wird das Gutachten nicht als Nachweis, dass Ihnen die Erbringung eines Nachweises über Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Niveau A1 nicht zugemutet werden kann, akzeptiert.
Der im § 21a Abs. 1 NAG geforderte Nachweis über Kenntnisse der deutschen Sprache wurde somit von Ihnen nicht erbracht. Alleine schon auf Grund dieser Tatsache war Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" abzuweisen.
§ 11 Abs. 1 Z 4 NAG normiert, dass Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden dürfen, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.
Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
Gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet.
Gemäß § 11 Abs. 4 Z 1 NAG widerstreitet der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Da der Aufenthalt eines Fremden gem. § 11 Abs. 2 Z 4 NAG zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen darf, müsste Ihr Ehegatte ein monatliches Einkommen erzielen, das über dem derzeit geltenden ASVG-Richtsatz liegt und zudem Kosten für den Wohnungsaufwand und eventuelle Kredite abdeckt. Der Richtsatz für ein Ehepaar und ein minderjähriges Kind im Jahr 2016 beträgt 1.459,79 (=1.323,58Euro+136,21) monatlich. Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass ihr Ehemann durchschnittliche monatliche Einkünfte (Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe) in der Höhe von 656,40 Euro hat. Nach Abzug der monatlichen Miet- und Kreditbelastungen bleibt eine Differenz von -1.232,55 Euro.
Aus den oben dargelegten Gründen wird festgestellt, dass Ihr Ehemann nicht in der Lage ist, für Ihren Unterhalt aufzukommen. Aus diesem Grund besteht die begründete Gefahr, dass Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet der Republik Österreich zu einer finanziellen Belastung einer öffentlichen Gebietskörperschaft führen wird. Des Weiteren gefährdet dieser Mangel an Unterhaltsmittel - laut Erkenntnis des VwGH 30.01.2007, 2006/18/0448 - die öffentliche Ordnung und Sicherheit.
Im oben zitierten Erkenntnis führt der VwGH aus, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der finanziellen Belastung der Republik Österreich und die Gefahr der illegalen Beschaffung der Mittel zum Unterhalt resultiert. Vermag ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen, so ist sowohl der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 NAG als auch der Versagungsgrund des Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 leg.cit. erfüllt. Dass dieser Mangel an Unterhaltsmitteln die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, ergibt sich im Übrigen auch aus § 60 Abs. 2 Z 7 iVm Abs. 1 Z 1 FPG.
Gemäß § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
Art. 8 Abs. 2 EMRK normiert, dass eine Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen darf, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Sie haben Ihr gesamtes bisheriges Leben in Ihrem Heimatland verbracht. Eine Integration in Österreich ist nicht gegeben, da Sie bisher nicht in Österreich gelebt haben und auch sonst nichts in diese Richtung vorgebracht haben. Ihre Ehe mit Herrn J A wurde im Jahr 2013 geschlossen.
Nach Prüfung Ihres Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK kommt die hs. Niederlassungsbehörde zum Ergebnis, dass durch die Abweisung Ihres Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" zwar von einem Eingriff in Ihr Privatleben auszugehen ist, dieser aber zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten und somit zulässig ist.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.“
2. Gegen den genannten Bescheid erhob die Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.
Im Rechtsmittelschriftsatz führt die Bf Folgendes aus:
„Mit diesem Schreiben, möchte ich gegen den Bescheid (GZ Poll8-5576/2016) bezüglich der Abweisung meines Antrages vom 15.03.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" Beschwerde einlegen.
Im Bezug des Sprachdiplomes: Ich bin Analphabetin, da ich als Kind keine Schule besuchen durfte. In meiner Muttersprache Arabisch kann ich weder lesen noch schreiben. Es ist wirklich unmöglich, dass ich die deutsche Sprache lerne, nicht weil ich nicht möchte, sondern weil ich nicht kann.
Im Bezug des Einkommens: Mein Aufenthalt in Österreich wir zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen, weil mein Ehemann zurzeit bei zwei verschiedenen Firmen arbeitet, und er verdient etwa 1.700 Euro monatlich. Selbstverständlich werde ich mich auch bemühen um eine Arbeitsstelle zu finden sobald ich in Österreich bin.
Ich bitte Sie ganz höflich um nochmalige Untersuchung meines Antrages, damit ich, bei positiver Erledigung, so schnell wie möglich mit meinem Mann und unserem Sohn unter einem Dach in Österreich leben kann.“
3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Darin führt sie ergänzend an, dass der Ehegatte der Bf ein Kind aus vorhergehender Ehe hat, für welches er auch unterhaltspflichtig sein werde. Dieser Umstand sei der belangten Behörde bei Ausfertigung des Bescheides noch nicht bekannt gewesen.
Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
II.
1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Zudem wurde der Zusammenführende aufgefordert sämtliche Lohnzettel und Kontoauszüge der letzten 6 Monate beizuschaffen, sowie sämtliche Umstände für finanzielle Belastungen darzulegen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich sohin unstrittig aus den unter Pkt. I ausführten Schriftsätzen. Es konnte vor diesem Hintergrund gem. § 24 VwGVG von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da diesbezüglich keine weiterführenden Beweisergebnisse zu erwarten waren.
2. Zudem gilt es ausdrücklich festzustellen: Die Bf ist nicht in Österreich wohnhaft und aufhältig. Sie ist mit dem Zusammenführenden, der österreichischer Staatsbürger ist, seit 2013 verheiratet und hat einen 2014 geborenen gemeinsamen Sohn. Die Bf kann keine Nachweise der deutschen Sprache erbringen, sondern legt ein Schreiben eines österreichischen Vertrauensarztes der Botschaft Österreichs im Amman vor. Der Zusammenführende führt ein erst unmittelbar vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes beginnende Tätigkeit an (2 Arbeitsverhältnisse) die in Summe – ohne dies genauer belegen zu können – 1700 Euro in den Verdienst bringen sollen. Zuvor hat der Zusammenführende Arbeitslosengeld bzw. Notstandhilfe bezogen. Der Zusammenführende hat über das Kind mit der Bf noch zwei weitere minderjährige Kinder mit seiner vormaligen Ehefrau (2007, 2010), für die er unterhaltspflichtig ist.
III.
1. Gem. § 47 Abs 1 NAG idgF sind Zusammenführende im Sinne der § 47 Abs. 2 bis 4 NAG Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.
Gem. § 47 Abs. 2 NAG ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.
Gem. § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn:
1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß §52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. (aufgehoben)
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
Gem. § 11 Abs. 2 NAG dürfen einem Fremden nur Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.
Gem. § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß §291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
Gem. § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gem. § 11 Abs. 4 NAG widerstreitet der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn
1. | sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder |
2. | der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können. |
Gem. § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.“
Nachweis von Deutschkenntnissen
§ 21a. (1) Drittstaatsangehörige haben mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms oder Kurszeugnisses einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom oder das Kurszeugnis darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.
(2) Abs. 1 gilt auch für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 im Zuge eines Verfahrens gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 stellen.
(3) Der Nachweis gilt überdies als erbracht, wenn die Voraussetzungen zur Erfüllung des Moduls 1 oder 2 der Integrationsvereinbarung (§§ 14a und 14b) vorliegen.
(4) Abs. 1 gilt nicht für Drittstaatsangehörige,
1. die zum Zeitpunkt der Antragstellung unmündig sind,
2. denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustandes die Erbringung des Nachweises nicht zugemutet werden kann; dies hat der Drittstaatsangehörige durch ein amtsärztliches Gutachten oder ein Gutachten eines Vertrauensarztes einer österreichischen Berufsvertretungsbehörde nachzuweisen, oder
3. die Familienangehörige von Inhabern eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 41 Abs. 1, 42 oder 45 Abs. 1, letztere sofern der Zusammenführende ursprünglich einen Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ innehatte, sind.
(5) Die Behörde kann auf begründeten Antrag eines Drittstaatsangehörigen von einem Nachweis nach Abs. 1 absehen:
1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls, oder
2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).
Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(6) Durch Verordnung des Bundesministers für Inneres sind jene Einrichtungen zu bestimmen, deren Sprachdiplome und Kurszeugnisse als Nachweis gemäß Abs. 1 gelten.
(7) Der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres für den örtlichen Wirkungsbereich einer österreichischen Berufsvertretungsbehörde im Ausland durch Verordnung auch andere als in der Verordnung gemäß Abs. 6 genannte Einrichtungen bestimmen, deren Sprachdiplome und Kurszeugnisse als Nachweis gemäß Abs. 1 gelten, wenn diese Einrichtungen mit den in der Verordnung gemäß Abs. 6 genannten Einrichtungen vergleichbare Standards einhalten. Solche Verordnungen sind durch Anschlag an der Amtstafel der jeweiligen Berufsvertretungsbehörde kundzumachen und gelten für den Zeitraum eines Jahres ab Kundmachung.“
2. Die einschlägige Bestimmung der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzdurchführungsverordnung lautet in der geltenden Fassung:
„Nachweis von Deutschkenntnissen
§ 9b. (1) Kenntnisse der deutschen Sprache zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau im Sinne des § 21a Abs. 1 NAG entsprechen dem A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen, Berlin u.a., Langenscheidt 2001).
(2) Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 21a Abs. 1 NAG gelten allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse von folgenden Einrichtungen:
1. | Österreichisches Sprachdiplom Deutsch; |
2. | G-Institut e.V.; |
3. | T GmbH; |
4. | Österreichischer Integrationsfonds. |
(3) Aus dem Sprachdiplom oder Kurszeugnis muss hervorgehen, dass der Fremde über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest auf A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt. Andernfalls gilt der Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse als nicht erbracht.“
3. Es steht außer Streit, dass die Bf im Verfahren keinen Nachweis über dem § 21a NAG entsprechende Deutschkenntnisse erbracht hat.
Wenn sich die Bf auf den Ausnahmetatbestand des § 21a Abs 4 Z 2 NAG stützt ist ihr zu entgegnen, dass sie kein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten eines Vertrauensarztes einer österreichischen Berufsvertretungsbehörde vorgelegt hat, aus welchem hervorginge, dass ihr auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustandes die Erbringung eines solchen Nachweises nicht zugemutet werden kann. Die Bf legte lediglich ein Schreiben des Vertrauensarztes der Österreichischen Botschaft vor. Darin wird jedoch – unabhängig von dem Umstand, dass Herr Dr. R S als Internist und im Speziellen als Gastroenterologe ausgewiesen ist – lediglich ausgeführt, dass die Bf in gutem gesundheitlichen Zustand; aber psychisch und mental sehr alteriert (aufgeregt) ist. Sodann wird weiter – wiederum ohne jedweden Zusammenhang und weitere Feststellungen – ausgeführt, dass sie nie die Möglichkeit gehabt hat eine Schule zu besuchen. Hieraus wird wiederum gefolgert, dass aus „med. Sicht“ die Bf keine Möglichkeit hat die deutsche Sprache zu lernen. In einem sachgemäßen Gutachten werden jedoch beweiserhebliche Tatsachen festgestellt (Befundaufnahme), zusammengefasst (Befund) und aus dem Befund rechtsrelevante Schlüsse gezogen und begründet (Gutachtenserstattung). Von einem derartig aufgebauten, nachvollziehbarem und schlüssigem Gutachten, dem entnommen werden könnte, dass die Bf gesundheitlich nicht in der Lage ist, die geforderten Deutschkenntnisse zu erlernen und eine Prüfung darüber positiv abzuschließen, kann bei dem Schreiben des Dr. S nicht ausgegangen werden, denn es fehlt für die gezogenen Schlüsse der jeweils nachvollziehbare und schlüssige Befund und jedwede Begründung. Selbst das Ergebnis des Gutachtensvorganges ist als unzureichend zu erkennen, da es nicht um die Möglichkeit des Erlernens der deutschen Sprache, sondern um die physische und psychische Zumutbarkeit des Nachweises von Deutschkenntnissen auf dem Niveau A1 geht.
Bestätigung findet dieser Schluss dadurch, dass die Bf selbst in ihrem Antragsschreiben vom 15.3.2016 angibt, 4 Jahre Grundschule und 4 Jahre Sekundarschule-Allgemeinbildend abgeschlossen zu haben. Weiters bringt der Ehegatte der Bf – der auch bei der Antragstellung bei der österreichischen Botschaft Amman anwesend war – wiederholt vor, dass das Zeugnis für den Deutschkurs nachgereicht werde. Mit Schreiben vom 15.3.2016 – von der Bf selbst unterfertigt – bestätigt sie ebenfalls, die fehlenden Unterlagen nachzureichen. Schließlich mit Schreiben vom 8.4.2016 bringt die Bf vor, dass sie am 18. April 2016 einen Deutschkurs A1 angefangen werde und dieser Kurs dreieinhalb Monate dauere. Danach werde sie die Prüfung ablegen und die Bestätigung beischaffen. Am 14.6.2016 – also noch während aufrechtem Kurs – erfolgte die „Befundung“ durch den Vertrauensarzt.
Aus all diesen Gründen erkennt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, dass der Ausnahmetatbestand des § 21a Abs 4 Z 2 NAG nicht zur Anwendung kommt.
4. Die Behörde kann zudem von dem Nachweis von Deutschkenntnissen gemäß § 21a Abs 5 Z 2 NAG auf begründeten Antrag eines Drittstaatsangehörigen zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK absehen. Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig.
Bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides findet sich ein solcher begründeter Antrag im vorliegenden Verwaltungsakt nicht.
Art 8 EMRK verlangt in einem Fall wie dem hier vorliegenden eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch Wahrung eines geordneten Fremdenwesens mit dem persönlichen Interesse der Bf, einen Nachweis entsprechender Deutschkenntnisse nicht erbringen zu müssen. § 21a Abs 5 Z 2 NAG verweist für diese Prüfung auf die in § 11 Abs 3 NAG festgelegten Kriterien. Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge obliegt es in diesem Zusammenhang grundsätzlich dem bzw der Fremden, integrationsbegründende Umstände, denen maßgebliche Bedeutung zukommen könnte, geltend zu machen (VwGH 22.1.2014, 2012/22/0245). Die Bf bringt dahingehend lediglich die Ehe und den Umstand der Geburt eines Sohnes im Jahr 2014 vor.
Im Sinne des § 11 Abs. 3 NAG ist für die Bf ins Treffen zu führen, dass sie soweit ersichtlich strafgerichtlich unbescholten ist und Verstöße gegen die öffentliche Ordnung nicht vorliegen. Insbesondere dass die Bf nicht – wie vielfach in ähnlich gelagerten Fällen – illegal nach Österreich eingereist ist, muss positiv vermerkt werden; die Bf weist auch keinen Treffer im öffentlichen Melderegister auf. Dies führt freilich dazu, dass ein integrationsbegründender Aufenthalt in Österreich nicht stattgefunden hat und die Bindungen zum Heimat- bzw. Aufenthaltsstaat der Bf nach wie vor zur Gänze vorhanden und nie abgerissen sind.
Ausschlaggebend im vorliegenden Fall sind nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich jedoch vor allem die Punkte des tatsächlichen Bestehens eines Familienlebens und die Frage, zu welchem Zeitpunkt dieses entstanden ist.
Vorab ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht verkennt, dass im Rahmen der Abwägung nach Art 8 EMRK dem Bestehen einer Ehe mit einem österreichischen Partner Bedeutung zukommt (VwGH 19.12.2012, 2009/22/0257; 11.11.2013, 2013/22/0224) und dass aus dieser Ehe ein Kind entsprungen ist. Auch wird nicht verkannt, dass dem Gatten der Bf eine Ausreise in den Aufenthaltsstaat aufgrund des Umstandes des Kindes nur erschwert möglich ist. Da jedoch bereits bei Begründung dieser Ehe und der Geburt des Kindes (M A, x) kein gemeinsamer Wohnort der Eltern ausgewiesen ist und die Bf sich während der gesamten Dauer der bestehenden Ehe im Irak befand ist die – selbst wenn man das Bestehen des Familienlebens nicht in Frage stellt – Bewertung des schützenswerten Familienlebens als eher gering anzusehen (zur diesbzgl Gleichstellung mit einer Ehe siehe VwGH 30.8.2011, 2009/21/0197; 9.9.2013, 2013/22/0220). Bestätigung findet dies auch dadurch, dass der Bf unterhaltspflichtig für zwei weitere Kinder, welche er mit Frau H Q (geb. x) gezeugt hat (A A, x und M A, x), ist.
Im ggst zu beurteilenden Fall muss daher erkannt werden, dass selbst bei Vorliegen eines begründeten Antrages § 21a Abs. 5 NAG nicht zum Tragen kommt, da eine gegenläufige Entscheidung nicht zur „Aufrechterhaltung“ des Privat- und Familienlebens der Bf führen würde, da dieses Familienleben nicht in Österreich stattfand und –findet. Selbst bei Vornahme einer darüber hinausgehenden Interessensabwägung im Rahmen des Art 8 EMRK wäre ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels für die Bf gegeben, zumal die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der integrativ wirkenden Bestimmungen des Nachweises von Grundkenntnissen der deutschen Sprache nicht als gering angesehen werden können.
Die Eheschließung fand im Jahr 2010 und damit in einem Zeitpunkt statt, in welchem der Gatte der Bf bereits sieben Jahre lang in Österreich aufhältig war. Es musste den beiden Ehepartnern freilich zu diesem Zeitpunkt klar sein, dass ein gemeinsames Eheleben allenfalls außerhalb des Heimatstaates stattfinden kann. Dementsprechend ist das bestehende Familienleben auch nicht stark ausgeprägt: Die Bf und ihr Gatte haben, nachdem sie sich jahrelang nicht gesehen hatten, in Summe lediglich mehrere Monate gemeinsam in Pakistan verbracht und telefonieren mehrfach wöchentlich miteinander. Dass bereits hierdurch eine schützenswerte Verbindung zwischen den beiden geschaffen wurde, vermag jedoch vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht erkannt zu werden.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Gatte der Bf in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausgesagt hat, die Bf auch in Hinkunft – wie bisher – in Pakistan treffen zu können. Die Aufrechterhaltung des Familienlebens in der bisherigen Form ist daher auch ohne die positive Erledigung des Antrags der Bf möglich.
Auch Art 8 EMRK ermöglicht es aufgrund der dargelegten Überlegungen nicht, vom Nachweis entsprechender Deutschkenntnisse der des Lesens und Schreibens unkundigen Bf abzusehen, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass alleine der Umstand des Analphabetismus - vor dem Hintergrund der, der Bf attestierten guten Gesundheit – nicht als Grund angesehen werden kann, um von der Pflicht zum Nachweis im Rahmen des § 21a NAG eine Ausnahme zu erwirken (VwGH 30.7.2015, Ro 2014/22/0019)
5. Am Rande sei noch darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf § 11 Abs. 2 Z 4 NAG zu erkennen ist, dass der Zusammenführende der Bf für 3 Kinder unterhaltspflichtig ist und sohin der von der Bf erst kürzlich – und daher auch nicht prognosefähig – ins Treffen geführte Verdienst von 1700 Euro nicht tragfähig wäre.
6. Daher war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde der Bf abzuweisen.
IV.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da der als Abweisungsgrund herangezogene Eingriff in das im konkreten Fall nicht als schutzwürdig erkannte Familienleben der Bf und ihres Gatten eine Einzelfallprüfung darstellt und nicht verallgemeinerungsfähig ist. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Brandstetter