LVwG-700201/2/BP/BD
Linz, 12.12.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Pree über die Beschwerde des G K, vertreten durch Anwaltssocietät S, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 13. April 2016, GZ: Sich96-127-2015, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm. §§ 44a und 45 VStG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 13. April 2016, GZ: Sich96-127-2015, wurde über den Beschwerdeführer
(in der Folge: Bf) gemäß § 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz – (SPG) eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen verhängt.
Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf an:
„Sie haben durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört, indem Sie am 22.08.2015 zwischen 18:30 Uhr und 20:15 Uhr, in R, V 2, K Arena, Gästesektor, während des gesamten Fußballbundesligaspiels J – S, den Sicherheitszaun des Gästesektors überstiegen.“
1.2. Begründend führt die belangte Behörde ua. aus:
„Das Bezirkspolizeikommando Ried im Innkreis hat am 25.08.2015 die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung angezeigt.
Mit Strafverfügung vom 30.09.2015 zu GZ. Sich96-127-2015-Ha wurde Ihnen von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis die in der Anzeige angeführte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt und eine Geldstrafe in der Höhe von 200,00 Euro über Sie verhängt.
Dagegen haben Sie mit Eingabe vom 08.10.2015 Einspruch erhoben und diesen im Wesentlichen wie folgt begründet (...)
In weiterer Folge wurde als Zeuge im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren Herr Gl K H von der Polizeiinspektion Ried im Innkreis einvernommen, welcher nach Hinweis über die rechtlichen Folgen einer falschen Zeugenaussage und nach Erinnerung an seinen Diensteid folgendes zum Gegenstand zu Protokoll gab:
„Vorerst verweise ich auf meine in der Anzeige vom 25.08.2015 zu GZ. VStV/915100425404/001/2015 gemachten Angaben, die der Wahrheit entsprechen und welche ich hiermit vollinhaltlich zu meiner heutigen Zeugenaussage erhebe. Am 22.August 2015 verrichtete ich während des T-Bundesligaspiels zwischen J und S als S Dienst. Ich befand mich während des Spiels in der Einsatzzentrale der Polizei, welche sich auf der Haupttribüne befindet Von dort aus konnte ich wahrnehmen, dass 2 S Fans außerhalb des Zaunes des Gästesektors am Zaun standen. Wie sie dort hingelangen konnten, habe ich nicht gesehen. Die beiden Fans standen jedenfalls während der beiden Halbzeiten am Zaun. In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf das der Anzeige beigelegte Lichtbild der Videoüberwachungsanlage, auf dem eindeutig ersichtlich ist, dass es sich bei der Person, welche mit dem roten Pfeil markiert ist, einwandfrei um G K handelte. Die Identifizierung von G K erfolgte durch die S von G. Dadurch, dass G K den Sicherheitszaun des Gästesektors bestiegen hatte, hat dieser in besonders rücksichtsloser Weise die öffentliche Ordnung gestört. Weitere Angaben kann ich zum Gegenstand nicht mehr machen."
Mit Schreiben der BH Ried im Innkreis vom 21.12.2015 wurden Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere der Vernehmung des oben angeführten Zeugen, verständigt und Ihnen zugleich die Möglichkeit gegeben, binnen Frist dazu Stellung zu nehmen. Zudem wurden Sie aufgefordert, Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen. Zu dieser Verständigung haben Sie trotz Ablauf der Frist bis heute keine Stellungnahme abgegeben.
Die Behörde hat erwogen:
(...)
Die Behörde sieht die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung aufgrund der Anzeige des BPK Ried im Innkreis vom 25.08.2015 und der Zeugenaussage von Herrn Gl H von der PI Ried im Innkreis als erwiesen an. Ihr Vorbringen im Einspruch war nicht geeignet, den Tatvorwurf bzw. die Zeugenaussage zu entkräften.
Aufgrund der genannten Zeugenaussage und der damit übereinstimmenden Lichtbilddokumentation geht die Behörde davon aus, dass Sie am 22.08.2015 während des T-Bundesligaspiels zwischen J und S den Sicherheitszaun des Gästesektors überstiegen haben. Sie konnten auf Basis des Bildmaterials von szenekundigen Beamten aus G zweifelsfrei identifiziert werden.
Durch dieses Verhalten wurde die öffentliche Ordnung insofern gestört, als Ihr vorschriftswidriges Verhalten zum einen grob gegen die Sicherheitsvorschriften des Veranstaltungsortes verstoßen hat und zum anderen auch geeignet war, den normalen, ordnungsgemäßen Ablauf der Veranstaltung zu beeinträchtigen, insbesondere andere Personen potenziell zu bewegen, sich ebenfalls vorschriftswidrig zu verhalten.
Zum Verschulden ist zu bemerken, dass bei einem Erfolgsdelikt fahrlässiges Verhalten für die Strafbarkeit genügt. Bei dem von Ihnen gesetzten Verhalten ist jedenfalls von Fahrlässigkeit auszugehen.
Umstände, die Ihr Verschulden ausschließen, sind von Ihnen im Verfahren nicht wirksam vorgebracht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben.
(...)
Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist die verhängte Strafe als angemessen zu bezeichnen.
(...)
Zur Strafhöhe ist zu bemerken, dass für Übertretungen nach § 81 Abs. 1 SPG eine Strafobergrenze von 350,00 Euro vorgesehen ist. Die verhängte Geldstrafe von 200,00 Euro bewegt sich also im mittleren Bereich des Strafrahmens. Die Geldstrafe entspricht auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die Behörde mangels vorgelegter Nachweise davon ausgeht, dass Sie über ein monatliches Einkommen von ca. 1.500,00 Euro, bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügen.
Erschwerend wurde die einschlägige Vorstrafe vom 23.01.2012 zu Sich96-32-2012 gewertet. Der Milderungsgrund der Unbescholtenheit konnte wegen dieser Verwaltungsvorstrafe bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis nicht berücksichtigt werden. Sonstige Strafmilderungs-oder Straferschwerungsgründe lagen nicht vor. [Hervorhebungen nicht übernommen]“
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Bf vom 28. November 2016, in der er ua. Nachstehendes ausführt:
„(...)
a.) Gemäß § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu € 218,00 zu bestrafen, wer durch ein besonders rücksichtloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.
Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes bedarf es sohin eines besonders rücksichtslosen Verhaltens einer Person, das zu einer ungerechtfertigten Störung der öffentlichen Ordnung auch tatsächlich führen muss. § 81 Abs. 1 SPG stellt sohin ein Erfolgsdelikt dar. Das Tatbild setzt in diesem Sinne voraus, dass zu einer bestimmten Tathandlung (= besonders rücksichtsloses Verhalten einer Person) ein kausal herbei geführter Erfolg (= Störung der öffentlichen Ordnung) eintritt (Verhalten gebundenes Erfolgsverursachungsdelikt; Hauer / Kepplinger, SPG § 81 Anm. 1 mwN); maW: die öffentliche Ordnung muss tatsächlich gestört werden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Personen wegen der Tathandlung warten müssen (VwGH 26.04.1993, 92/10/0130) oder wenn die Personen, die zu einem Konzert Einlass suchen, abgedrängt werden (VfSlg 9860/1983).
Blickt man nun auf die von der belangten Behörde im Spruch angeführte Tat (= Lebenssachverhalt) so ergibt sich, dass alleine die Tathandlung umschrieben wird. Der Deliktserfolg wird nur durch Wiederholung der verba legalia angesprochen und kein dazu passender Lebenssachverhalt angeführt (z.B. dass Personen durch das Zaunsitzen in irgendeiner Art und Weise am Weiterkommen gehindert waren).
(...)
Da nun der Taterfolg in der Anlastung durch den Spruch der belangten Behörde aber auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen wurde und insofern keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, ist es der Rechtsmittelbehörde bzw. dem Landesverwaltungsgericht nunmehr verwehrt, die Tat um den für die Strafbarkeit entscheidenden Taterfolg zu ergänzen. Dieses Faktum hat die ermittelnde Behörde bzw. die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis in keiner wie auch immer gelagerten Art und Weise dargelegt bzw. hat es die Behörde unterlassen auszuführen, in welcher Form das „besonders rücksichtslose Verhalten" die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört hat.
b.) Gemäß § 81 Abs. 1 SPG BGBl. Nr. 566/1991 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Wie aus dem Straferkenntnis zu entnehmen ist, übersieht hier die maßgebliche Behörde einen wichtigen Tatbestand bzw. einen maßgeblichen Punkt des § 81 Abs. 1 SPG. Dieser besteht aus 2 Elementen. Insbesondere muss der Täter einerseits ein besonders rücksichtsloses Verhalten setzen und andererseits muss er die öffentliche Ordnung stören. Wie bereits dargelegt, übersieht die Behörde hier das Tatbestandselement „besonders". Zum Wesen der Ordnungsstörung im Sinne des § 81 Abs. 1 SPG gehört, dass am konkreten Zustand der öffentlichen Ordnung durch das Verhalten des Beschuldigten eine Änderung eingetreten ist. Dies impliziert im Sinne der Judikatur, dass durch ein konkretes Besteigen des Zaunes im Stadium bzw. im Gästesektor eine Änderung eingetreten ist. Die Behörde unterlässt jedoch in ihrem Straferkenntnis die Feststellung, in wie weit eine tatsächliche Störung eingetreten ist. Die Behörde mutmaßt, dass durch das Besteigen eines Zaunes bzw. ein Übersteigen des Gästesektors - was nach wie vor dezidiert abgestritten wird und hiezu auch keinerlei Beweisergebnisse vorliegen - dass die öffentliche Ordnung gestört wurde. Die bloße Vermutung es könnte jemand gestört werden ist jedoch im Sinne der Judikatur nicht ausreichend. In wie weit diese Ordnungsstörung im Sinne des § 81 Abs. 1 SPG demnach vorliegt, mag dahingestellt bleiben, da faktisch keine Änderungen eingetreten sind und auch nicht von der Erstbehörde festgestellt wurden. Die ledigliche Mutmaßung, dass ein Verhalten genügen würde, dass eine Änderung eintreten könnte, ist im Sinne des Verwaltungsstrafrechtes nicht gegeben. Faktum ist, dass jeder Autofahrer zu schnell fahren könnte, jedoch eine Verwaltungsübertretung nur der begeht, der auch tatsächlich schnell gefahren ist.
Jedenfalls ist im Sinne der Bestimmung des § 81 Abs. 1 SPG keine Ordnungsstörung festgestellt worden und ist auch eine solche aus dem Straferkenntnis nicht ersichtlich. Fakt ist, dass der Beschuldigte den Zaun über die gesamte Dauer nicht den Zaun überstiegen hat und ist es jedenfalls auch äußerst bedenklich im Sinne der Judikatur ist, dass eine Vermutung zu einer Bestrafung führen könnte. Fakt ist, dass die positive Motivation der eigenen Mannschaft im Vordergrund der Aktionen des Beschuldigten stand. Der Beschwerdeführer hat weder Personen in seinem Umfeld beschimpft, noch die öffentliche Ordnung in irgendeiner Form besonders gestört. Vielmehr ist festzustellen, dass der Beschuldigte sich über die gelungenen Aktionen bzw. Tore seiner Mannschaft freute und in Folge dessen von einer positiven Emotion auszugehen ist.
Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört, wenn ein Zustand hergestellt worden ist, welcher der Ordnung widerspricht, wie sie an einem öffentlichen Ort gefordert werden muss, oder, wenn ein Zustand geschaffen wird, der den geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht. Eine Störung der öffentlichen Ordnung ist jedenfalls dann gegeben wenn es zu einem Aufsehen oder zu einem Menschenauflauf kommt. Jedenfalls muss durch das tatbildliche Verhalten entweder der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen oder ein bestimmter Zustand von Dingen wahrnehmbarer Weise gestört worden sein.
Es kommt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darauf an, ob sich die gewöhnlichen Verhältnisse in wahrnehmbarer Weise negativ verändert haben.
Dafür dass durch das Verhalten die öffentliche Ordnung an einem öffentlichen Ort (tatsächlich) gestört wird, ist es erforderlich, dass dieses unmittelbar oder mittelbar die Schaffung eines Zustandes zur Folge hat, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht, also eines Zustandes, der die gewöhnlichen Verhältnissen in wahrnehmbarer Weise negativ verändert (Hinwies E 25.05.1987, 85/10/0167).
Aus den Vorhalten der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis ergibt sich unter anderem, dass nicht bestätigt werden kann, dass durch das vermeintliche bzw. nach wie vor bestrittene Überklettern aber auch durch das Klettern und allfälliges Sitzen auf dem Zaun durch den Beschuldigten die Zuschauer tatsächlich provoziert oder aufgebracht worden sind. Sowohl aus den weiteren Ausführungen im Rahmen des ordentlichen Verfahrens, als auch aus der bis dato vorliegenden Aktenlage lässt sich kein Verhalten des Beschwerdeführers ableiten, wodurch die Ordnung am öffentlichen Ort - Fußballstadion - tatsächlich gestört wurde. Daran ändert auch die „Vermutung" der Behörde nichts. Es kann demnach nicht mit einer für eine Bestrafung notwendigen Sicherheit festgestellt werden, dass durch das vermeintliche Klettern bzw. Übersteigen des Zauns und das anschließende Hinaufsitzen auf diesen während des Fußballspiels der Beschwerdeführer ein Verhalten gesetzt hat, welches geeignet gewesen wäre, die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört hätte. Aus diesem Grund ist im vorliegenden speziellen Fall das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.
3. Anträge:
Der Beschuldigte stellt durch seine rechtsfreundlichen Vertreter sohin nachstehende
ANTRÄGE:
Das Landesverwaltungsgericht OÖ möge
1. gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen und sodann
2. das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 VStG einstellen; in eventu
das Verfahren gemäß § 38 VwGVG in Verbindung § 45 Abs. 1 letzter Satz
VStG unter Erteilung einer Ermahnung einstellen; in eventu
die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabsetzen [Hervorhebungen nicht übernommen]“
3. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2016 legte die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war abzusehen, da schon nach der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt I.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.
II.
Der unter Punkt I.1.1. dargestellte entscheidungsrelevante Sachverhalt ist völlig unbestritten, weshalb sich eine diesbezügliche Beweiswürdigung erübrigt.
III.
1. Gemäß § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl.
Nr. 566/1991, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 350 Euro zu bestrafen, wer durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.
2. Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes bedarf es sohin eines besonders rücksichtslosen Verhaltens einer Person, das zu einer ungerechtfertigten Störung der öffentlichen Ordnung auch tatsächlich führen muss.
Im Sinne von § 81 Abs. 1 SPG ist jedes menschliche Verhalten tatbildlich, das als besonders rücksichtslos qualifiziert werden kann. Demnach kommen verschiedene Verhaltensweisen in verschiedenen Lebenszusammenhängen in Betracht, sofern sie nur nach den jeweiligen Umständen besonders rücksichtslos sind. Rücksichtslos ist das Verhalten, das gegen jene ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit verstößt, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinanderleben angesehen wird (vgl. Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz, 4. Auflage 2011, S. 772). Ungerechtfertigt ist ein solches Verhalten im Sinne des § 81 Abs. 1 SPG ferner, wenn es nicht aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen (z.B. Ausübung von Grund- und Freiheitsrechten) in bestimmtem Ausmaß zu tolerieren ist.
Die Ordnungsstörung ist ein Erfolgsdelikt, weshalb für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt Der „Erfolg" besteht darin, dass der normale Ablauf an einem öffentlichen Ort beeinträchtigt wird. Diese Beeinträchtigung ist nach objektiven Kriterien zu messen. Der Verfassungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass unter „Ordnung an öffentlichen Orten" nur der Zustand des gewöhnlichen Verhältnisses der Dinge der Außenwelt zueinander verstanden werden kann, eine Ordnung, die etwa durch Aufsehen oder durch einen Menschenauflauf gestört und in der Folge wiederhergestellt werden kann, somit die äußere öffentliche Ordnung. Es muss durch das Verhalten der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen oder ein bestehender Zustand von Dingen in wahrnehmbarer Weise gestört worden sein.
Weiters ist eine solche negative Veränderung schon zu bejahen, wenn eine Person dazu bewogen wird, sich anders zu verhalten, als wenn der Vorfall nicht stattgefunden hätte. Die Ordnungsstörung muss also nicht unbedingt zu Aufsehen, einem Zusammenlauf von Menschen oder ähnlichem führen, um strafbar zu sein.
Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch zunächst die Frage, ob der im angefochtenen Straferkenntnis gewählte Tatvorwurf die Erfordernisse des § 44a VStG erfüllt.
3.1. Gemäß § 44a VStG ist die als erwiesen angenommene Tat der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt. Der Beschuldigte hat in diesem Sinne das Recht, dass ihm die Tat richtig und vollständig vorgehalten wird (VwgH 8.8.2008, 2008/09/0042). Die Umschreibung dieser Tat hat bereits im Spruch zu erfolgen und muss so präzise sein, dass der Bf nicht der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt ist und er sich entsprechend verteidigen kann (statt vieler VfSlg 11.894 A/1985). Die Tat muss somit alle Tatbestandselemente umfassen und darf keinen Zweifel daran lassen, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 23.4.2008, 2005/03/0243). Ungenauigkeiten haben nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt werden (VwSlg 15.745 A/2001).
Das Nachschärfen der Umschreibung der Tat ist vor dem Hintergrund des Schutzzweckes des § 44a VStG begrenzt und darf die Tat einerseits nicht ausgetauscht werden (zB VwGH 27.2.2015, 2011/17/0131) und ist andererseits ein Ergänzen bzw. Nachschärfen der Tat nur im Rahmen der Verfolgungsverjährung zulässig (zB VwGH 10.12.2008, 2004/17/0226).
3.2. Im vorliegenden Fall bestand das hier zu beurteilende Verhalten des Bf - laut des allenfalls unglücklich formulierten Tatvorwurfs - im dauerhaften Übersteigen eines Sektorzaunes während eines Fußballspiels. Entgegen der Ansicht des Bf ist ein derartiges Verhalten sehr wohl dazu geeignet als rücksichtslose Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung qualifiziert zu werden. Und dabei kann es auch keine Rolle spielen, ob das Tun des Bf von positiver Emotion getragen war oder nicht. Einer in Trunkenheit lautstark und begeistert feiernden Personengruppe wird man wohl deren subjektiv empfundene positive Emotion nicht absprechen können; dennoch wird man im Gegenzug davon ausgehen können, dass durch ein derartiges Verhalten der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen oder ein bestehender Zustand von Dingen in wahrnehmbarer Weise gestört werden mag.
Auch im hier zu beurteilenden Fall ist sohin von einem rücksichtslosen Verhalten auszugehen, zumal der Organisationsablauf einer Großveranstaltung insbesondere unter dem Sicherheitsaspekt durch das Besteigen oder Übersteigen eines Zaunes störende Auswirkungen für die öffentliche Ordnung zeitigt, was noch durch entsprechend geäußerte „Fanbegeisterung“ unterstrichen wird. Hier spielt es im Grunde auch keine Rolle, ob ein Zaun nur bestiegen oder auch tatsächlich überstiegen wird.
3.3. Weiters fordert § 81 Abs. 1 SPG auch den Eintritt des Erfolges der Störung der öffentlichen Ordnung. Wie oben angeführt bedarf es im Spruch eines Straferkenntnisses der Konkretisierung und der Ausgestaltung der bloßen verba legalia durch entsprechende Sachverhaltselemente. Diese Ausgestaltung wurde im vorliegenden Fall unterlassen, weshalb der Spruch im Sinne des § 44a VStG tatsächlich unter einem gravierenden Mangel leidet, der – weil die einjährige Verfolgungsverjährung bereits abgelaufen ist – vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch nicht saniert werden kann.
Ein Eingehen auf weitere Aspekte dieses Falles erübrigt sich daher.
4. Es war im Ergebnis der Beschwerde stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und gemäß § 45 VStG das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
5.1. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.
5.2. In diesem Sinn war dem Bf kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG aufzuerlegen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei:
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Pree