LVwG-600131/2/Zo/SA

Linz, 14.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des P O, geb. X, vertreten durch RAe Z & M, vom 28.01.2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Linz-Land vom 29.11.2013, VerkR96-17939-2013, wegen einer Übertretung des GGBG

 

 

zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Beschwerde wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

 

II.          Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I:

1.            Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis zusammengefasst vorgeworfen, dass er als verantwortlicher Beauftragter des Beförderers, der H N GmbH, S F, I A, es unterlassen habe, sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass bei der Beförderung gefährlicher Güter in begrenzter Menge - „LQ“/105 Kg - das Fahrzeug und die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufwiesen. Es wurden konkrete Mängel betreffend die Sicherung der Ladung im Spruch angeführt. Der Transport erfolgte mit dem Sattelkraftfahrzeug X, X, die Kontrolle fand am 5.11.2012 um 14.30 Uhr auf der A1, Straß im Attergau, bei Km 243,800 statt.

 

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 37 Abs. 2 Z. 8 i.V.m. § 13 Abs. 1a GGBG sowie näher genannter Bestimmungen des ADR begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 20 Euro verpflichtet.

 

2.            In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst folgendes geltend:

 

Er habe eine Sichtprüfung bei der Verladung durch den Lenker durchführen lassen. Diesem seien dabei keine offensichtlichen Mängel aufgefallen, die bei der Kontrolle festgestellten Mängel hätten auch erst während der Fahrt auftreten können. Die Verformung der mit schwarzer Folie umwickelten Paletten sei nicht während des Verladevorganges eingetreten.

 

Der Lenker, Herr R L, weise die für Gefahrguttransporte erforderlichen Fachkenntnisse auf. Hätte er irgendwelche Bedenken hinsichtlich der Ladungssicherung gehabt, so wäre er verpflichtet gewesen, mit dem Beschwerdeführer Rücksprache zu halten. In der Vergangenheit habe der Lenker das auch immer so gehandhabt. Es handle sich um einen langjährigen Mitarbeiter, welcher bisher sehr zuverlässig gewesen sei, weshalb der Beschwerdeführer auf ihn vertrauen durfte. Weiters machte der Beschwerdeführer umfangreiche Ausführungen zur Qualifikation und Schulung des Lenkers und dem firmeninternen Kontrollsystem.

 

Der im Spruch angeführte Tatort sei falsch. Die Kontrolle habe zwar auf der A1 bei Km 243,800 stattgefunden, er hätte jedoch seiner Überprüfungspflicht nicht dort nachkommen müssen sondern bei der Verladung der Gefahrgüter, also dem Standort der Fa. D in D- A. Dieser Tatort liege außerhalb Österreichs.

 

Der  Beschwerdeführer machte Ausführungen zur Strafbemessung und führte an, dass allenfalls eine Ermahnung angebracht gewesen sei.

 

3.           Die Verwaltungsbehörde hat den Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ohne Erlassung eine Beschwerdevorentscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, wobei dieses durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, weshalb gemäß § 44 Abs.2 VwGVG von einer Verhandlung abgesehen wird.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Herr R L lenkte am 5.11.2012 das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug. Bei der Kontrolle um 14.30 Uhr auf der A1 bei Km 243,800 wurden von Polizeiorganen Mängel betreffend die Sicherung der Ladung festgestellt und mit Fotos dokumentiert. Beförderer der Gefahrgüter war die H & N GmbH mit Sitz in S F, I A.

 

Die Polizeiorgane erstatteten Anzeige an die BH Vöcklabruck als Tatortbehörde. Diese ermittelte Herrn F D als handelsrechtlich en Geschäftsführer der H & N GmbH und übertrug das Strafverfahren gemäß § 29a VStG an die Wohnsitzbehörde des Hr. D, die LPD Oberösterreich.

 

Die LPD Oberösterreich ermittelte den nunmehrigen Beschwerdeführer als verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG und verhängte über diesen mit Strafverfügung vom 23.4.2013 eine Geldstrafe in Höhe von 260 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 55 Stunden). Der Beschwerdeführer ist im Bezirk Linz-Land wohnhaft. Nach einem von diesem rechtzeitig eingebrachten Einspruch übertrug die LPD Oberösterreich gemäß § 29a VStG das Strafverfahren an die BH Linz-Land. Diese führte das weitere Verfahren durch und erließ das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

5. Darüber hat der zuständige Richter des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Gemäß § 29 a VStG kann die zuständige Behörde, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, das Strafverfahren oder den Strafvollzug an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat.

 

Gemäß § 37 Abs. 7 GGBG gilt in den Fällen des § 37 Abs. 2 Z. 8 GGBG als Tatort der Ort der Kontrolle, an dem die den Tatvorwurf begründenden Mängel festgestellt worden sind.

 

5.2. Der Tatort der gegenständlichen Übertretung befindet sich gemäß § 37 Abs. 7 GGBG auf der A1 bei Km 243,800, also im Sprengel der BH Vöcklabruck. Diese Behörde hat das Strafverfahren an die Wohnsitzbehörde des handelsrechtlichen Geschäftsführers der H & N GmbH übertragen, weil sie offenbar davon ausgegangen ist, dass es sich bei diesem um den für die Übertretung Verantwortlichen handelt. Dazu ist festzuhalten, dass die Übertragung nur an die Wohnsitzbehörde des Beschuldigten möglich ist. Als „Beschuldigter“ wird die einer Verwaltungsübertretung verdächtige Person aber erst ab der ersten gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bezeichnet (§ 32 Abs. 1 VStG). Bereits aus diesem Grund ist zweifelhaft, ob die Übertragung gemäß § 29a VStG überhaupt wirksam sein konnte, weil zu diesem Zeitpunkt der handelsrechtliche Geschäftsführer noch gar nicht Beschuldigter im Sinne des § 32 Abs. 1 VStG war. Stellt sich später heraus, dass jene Person, hinsichtlich der das Strafverfahren übertragen wurde, tatsächlich Beschuldigter des Verfahrens wird, könnte damit die Übertragung der Zuständigkeit (nachträglich) wirksam werden. Genau das ist aber hier nicht der Fall, weil Hr. D nie Beschuldigter des Verfahrens wurde.

 

Jedenfalls kann die Übertragung aber nur hinsichtlich jener Personen zu einem Übergang der Zuständigkeit führen, hinsichtlich der das Strafverfahren übertragen wurde. Ein Zuständigkeitsübergang hinsichtlich einer anderen Person findet dadurch nicht statt. Eine Übertragung des Strafverfahrens ist auch nur gegen eine bestimmte Person möglich, weil § 29a VStG an den Wohnsitz eines Beschuldigten anknüpft, was zwingend voraus setzt, dass eine bestimmte Person der Verwaltungsübertretung beschuldigt wird.

 

Im konkreten Fall erfolgte die Übertragung an die LPD hinsichtlich F D. Die LPD hat in weiterer Folge festgestellt, dass es sich bei diesem nicht um den Beschuldigten der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handeln kann, weil Herr P O (der jetzige Beschwerdeführer) wirksam zum Verantwortlichen Beauftragten bestellt worden war. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die Übertragung des Strafverfahrens nicht zulässig war und die LPD für das Verfahren gegen den jetzigen Beschwerdeführer nicht zuständig geworden war. Dennoch hat sie das Verfahren gegen Hr. O mit einer Strafverfügung eingeleitet und in weiterer Folge gemäß § 29a VStG an die Wohnsitzbehörde des Beschuldigten, die BH Linz-Land, übertragen.

 

Die Übertragung des Verfahrens kann jedoch nach dem klaren Wortlaut des       § 29a VStG nur von der zuständigen Behörde erfolgen. Da die LPD jedenfalls betreffend den jetzigen Beschwerdeführer nie zuständig geworden ist, weil ihr das Verfahren gegen diesen nie übertragen wurde, konnte sie ihre (gar nicht bestehende) Zuständigkeit auch nicht (weiter) übertragen. Die BH Linz-Land war daher für die Durchführung des Strafverfahrens und die Erlassung des Straferkenntnisses nicht zuständig. In diesem Sinne ist auch die Rechtsprechung des VwGH zu verstehen (sh. z.B. 82/03/0216 v. 11.5.1983 und 98/03/0169 v. 17.3. 1999).

 

Der Beschwerde war daher statt zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben. Die Unzuständigkeit der Behörde ist gemäß § 27 VwGVG auch dann wahrzunehmen, wenn sie in der Beschwerde nicht geltend gemacht wurde. Für das weitere Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass auch eine Verfolgungshandlung einer örtlich unzuständigen Behörde die Verfolgungsverjährung hemmt, sofern sie alle erforderlichen Tatbestandsmerkmale umfasst. Ob die Strafverfügung der LPD diese Voraussetzungen erfüllt, hat die Tatortbehörde zu beurteilen.

 

 

Zu II:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 29a VStG ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiter ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl