LVwG-550869/2/Wim/BZ

Linz, 05.12.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wimmer über die Beschwerde des Herrn E R, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Gmunden vom 16. März 2016, GZ: Wa10-2008/09-2014/Wa, den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.         Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 16. März 2016, GZ: Wa10‑2008/09-2014/Wa, aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) an die Bezirks­haupt­mannschaft Gmunden zurückverwiesen wird.

 

 

II.      Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (in der Folge: belangte Behörde) vom 16. März 2016, GZ: Wa10-2008/09-2014/Wa, wurden dem Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) in Anpassung an den Stand der Technik gemäß § 21a Wasserrechtsgesetz 1959 folgende Maßnahmen aufgetragen:

-  Herstellung eines Anschlusses an die öffentliche Kanalisation

-  Errichtung einer flüssigkeitsdichten Senkgrube.

 

Begründend führte die belangte Behörde neben Darlegung der maßgeblichen Rechts­grundlagen Folgendes aus:

„Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 5. Juli 1974, Wa-300-1974, wurde vormals an die Ehegatten J und T R, X, X (nunmehr: E R, X, X), das Recht zur Versickerung der vorgereinigten seifenhältigen Abwässer des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. X, Kat. Gemeinde V, Gemeinde S, und der dort anfallenden Niederschlagswässer sowie die Errichtung und der Betrieb der hiefür erforderlichen Anlagen, bis zur Möglichkeit des allfälligen Anschlusses an die öffentliche Ortskanalisation mit zentraler Kläranlage erteilt.

 

Die Entsorgung der häuslichen Abwässer des Objektes auf dem Grundstück Nr. X, Kat. Gemeinde V, Gemeinde S, in ihrer derzeit bestehenden Form entspricht nicht mehr dem Stand der Technik und ist gemäß der derzeitigen Gesetzeslage wasserrechtlich nicht mehr bewilligungsfähig. Zudem befindet sich gegenständliche Anlage in der Rahmenverfügung zum Schutze des Trinkwasservorkommens im X-tal. Eine Versickerung von Abwässern ist in dieser Rahmenverfügung untersagt.

 

Zu den im Spruch aufgetragenen zu setzenden Maßnahmen ist anzumerken, dass gemäß der fachlichen Beurteilung des Amtssachverständigen für Abwassertechnik, die Beseitigung der häuslichen Abwässer über eine vollbiologische Kleinkläranlage mit anschließender  Versickerung in den Untergrund nicht möglich ist, da sich (wie bereits oben erwähnt) gegenständliche Anlage innerhalb der Rahmenverfügung zum Schutze des Trinkwasservorkommens im X-tal befindet. Einer Ableitung der gereinigten Abwässer in den ca. 50 m X-bach kann aus fachlicher Sicht ebenfalls nicht zugestimmt werden, da dieser eine teilweise zu geringe Wasserführung aufweist.

 

[...]

 

Aufgrund des ermittelten Sachverhaltes sowie der angeführten Gesetzesstellen war spruchgemäß zu entscheiden und die im Spruch angeführten Maßnahmen aufzutragen.

 

Die festgesetzten Fristen für die aufgetragenen Maßnahmen erscheinen als durchaus angemessen, insbesondere im Hinblick darauf, dass durch gegenständliche Anlage eine Gefahr für das Grundwasser nicht ausgeschlossen werden kann.“

 

1.2. Gegen diesen Bescheid hat der Bf rechtzeitig Beschwerde, datiert mit 18. April 2016, erhoben und die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

Begründend führt der Bf im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich der angeordneten Herstellung eines Anschlusses an die öffentliche Kanalisationsanlage die Gemeinde S aus nicht näher bekannten Gründen sich nicht in der Lage sehe, eine entsprechende Kanalführung zu bewerkstelligen. Soweit der ange­fochtene Bescheid unabhängig hievon die Herstellung eines Anschlusses an die öffentliche Kanalisation auf Kosten des Bf anordne, werde vorgebracht, dass diese Anordnung gemäß § 21a WRG 1959 unverhältnismäßig sei, da der mit der Erfüllung dieser Maßnahme verbundene Aufwand des Bf außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehe. Dabei seien insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Wasserbenutzung ausgehenden Auswirkungen und Beeinträchtigungen sowie die Nutzungsdauer, die Wirtschaftlichkeit und die technische Besonderheit der Wassernutzung zu berücksichtigen.

Eine Herstellung eines Anschlusses an die öffentliche Kanalisation ohne Mitwirkung der Gemeinde und allein auf Kosten und Risiko des Bf würde eine Pumpleitung mit eigener Schneidwerkpumpe über eine Länge von 130 m zum nächsten Kanalschacht in der Straßenführung der Straße „X“ (südlich der Liegenschaft des Bf) erforderlich machen. Die diesbezüglichen Errichtungs- und Betreibungskosten würden sich auf rund 25.000 Euro belaufen.

 

Für die alternativ geforderte Errichtung einer flüssigkeitsdichten Senkgrube komme aufgrund der topografischen Gegebenheiten des Grundstückes Nr. X lediglich der nördliche „Spitz“ dieses Grundstückes in Frage. Im dortigen Bereich sei die bereits bestehende Versickerungsanlage situiert. Eine neue flüssigkeits­dichte Senkgrube im nötigen Volumen erfordere einen Aushub im Durchmesser von rund 10 m und eine Aushubtiefe von rund 4 bis 5 m. Allein der ent­sprechende Aushub greife in nicht unerheblichem Ausmaße in die statischen Verhältnisse der beschwerdeführereigenen Baulichkeit X (Grundstück Nr. X, KG V) ein. Bei einer entsprechenden Anfrage bei der X Bau GesmbH hätte der dortige Werksleiter bekanntgegeben, dass er für eine derartige Baumaßnahme einschließlich Einbau eines Monolith-Stahlbeton-Behälters „System X“ keinerlei Verantwortung übernehmen könne; dies insbesondere hinsichtlich der statischen Belastung des bestehenden Wohn­gebäudes. Es wäre unter Umständen eine zusätzliche Stützmauer erforderlich. Insbesondere greife der Aushub infolge des erforderlichen Durchmessers in die Eigentumsrechte der Liegenschaftsnachbarn im Bereich des „Spitzes“ ein.

Zudem sei auszuführen, dass über den gegenständlichen Bereich ein Dienst­barkeitsweg für zwei dienstbarkeitsberechtigte Liegenschaftsnachbarn führe. Die Dienstbarkeitsrechte seien grundbücherlich nicht eingetragen; sie seien ersessen. Ebenso würde über den gegenständlichen Bereich eine Vielzahl von Versorgungs­leitungen (Strom, Telefon, Fernsehen) geführt werden, welche nicht nur dem Haus des Bf, sondern auch den Liegenschaftsnachbarn dienen würden.

Eine Situierung einer flüssigkeitsdichten Senkgrube an einer anderen Stelle der Liegenschaft des Bf sei technisch ebenfalls äußerst aufwändig zu realisieren. Dies insbesondere im Hinblick auf das natürliche Gefälle sowie im Hinblick auf die Befahrbarkeit durch Entsorgungsfahrzeuge.

Dem Bf würden für die Errichtung einer flüssigkeitsdichten Senkgrube und der damit einhergehenden Verlegung der genannten Versorgungsleitungen und Befestigungen für den Dienstbarkeitsweg Kosten von rund 20.000 bis 25.000 Euro erwachsen.

 

Der Bf sei auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, die aufge­tragenen und unverhältnismäßigen Maßnahmen zu erfüllen. Die finanzielle Situation des Bf sei insbesondere durch die Pflegebedürftigkeit seiner Mutter besonders angespannt. Durch deren Gesundheitszustand seit 18. Februar 2016 sei eine 24-Stunden-Pflege erforderlich, welche einschließlich der Lebenshal­tungskosten für die Mutter und die Pflegerin rund 3.500 Euro ausmache. Derzeit beziehe die Mutter des Bf ein Pflegegeld aufgrund der Pflegestufe 3, wobei eine Einstufung in Pflegestufe 5, eventuell Stufe 6, maßgeblich sein werde. Die Mutter beziehe derzeit Einkünfte aus Pension und Pflegegeld in der Höhe von monatlich rund 1.800 Euro, wobei ein monatlicher Fehlbetrag von 1.200 bis 1.700 Euro (je nach Zuerkennung einer aktuellen Pflegestufe) zu Lasten des Bf verbleiben würde. Hierzu komme, dass während der zur Erfüllung der aufgetragenen Maßnahmen notwendigen Umbaumaßnahmen das für die Mutter des Bf eingerichtete behindertengerecht adaptierte Bad nicht benutzbar wäre. Der Bf sei auch für seine 16-jährige Tochter (Schülerin) und seinen 4-jährigen Sohn sorgepflichtig. Das Einkommen des Bf betrage monatlich 2.068,38 Euro.

 

Aufgrund des angeführten Sachverhaltes ergebe sich, dass die geforderten Maßnahmen, insbesondere in Hinsicht auf § 21a Abs. 3 lit. a WRG, unverhältnismäßig seien.

Gemäß § 21a Abs. 3 lit. b WRG sei bei Eingriffen in bestehende Rechte nur das jeweils gelindeste noch zum Ziele führende Mittel zu wählen. Aufgrund der örtlichen und sachlichen Gegebenheiten sei es keineswegs ausgeschlossen, dass die zur Versickerung der vorgereinigten seifenhältigen Abwässer und der anfallenden Niederschlagswässer genehmigte Anlage dadurch ersetzt werden könne, dass die Abwässer und die Niederschlagswässer in die bestehende und genehmigte Fäkaliengrube eingeleitet werden könnten.

 

Im Übrigen werde vorgebracht, dass die mit Bescheid vom 5. Juli 1984, Wa‑300‑1974, erteilte wasserrechtliche Bewilligung bis zur Möglichkeit des Anschlusses an eine Ortskanalisation befristet sei. Gerade dieser Umstand sei aufgrund der diesbezüglichen Untätigkeit der Gemeinde nicht gegeben, sodass die wasserrechtliche Bewilligung nach wie vor aufrecht und gegeben sei.

 

1.3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 27. April 2016 die gegenständliche Beschwerde mit ihrem Verfahrensakt dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

 

2.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG schon deshalb abgesehen werden, weil sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

2.2.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. Juli 1974, GZ: Wa-300-1974, wurde den Rechtsvorgängern des Bf das Recht zur Versickerung der vorgereinigten seifenhältigen Abwässer des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. X, KG V, und der dort anfallenden Niederschlagswässer sowie die Errichtung und der Betrieb der hierfür erforderlichen Anlagen, bis zur Möglichkeit des allfälligen Anschlusses an die öffentliche Ortskanalisation mit zentraler Kläranlage, erteilt.

 

Diese Anlage entspricht nicht (mehr) dem Stand der Technik.

 

Mit Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 25. Jänner 1984 (BGBl. Nr. 78/1984) wurde eine wasserwirtschaftliche Rahmenverfügung zum Schutze des Trinkwasservorkommens im X-tal erlassen.

 

Das Grundstück des Bf, auf dem auch die verfahrensgegenständliche Anlage situiert ist, liegt innerhalb des Widmungsgebietes dieser Verordnung.

 

Darin maßgebliche Bestimmungen lauten:

 

„§ 3. Bei der Handhabung der §§ 8, 9, 10, 15, 28 bis 38 und 112 des Wasserrechtsgesetzes 1959 im Widmungsgebiet (§ 2) ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Nutzbarkeit der Gewässer entsprechend dem Widmungszweck weder beeinträchtigt noch gefährdet wird. Es ist hiebei insbesondere darauf zu achten, daß die Ergiebigkeit der Quell- und Grundwässer und der mit ihnen im Zusammenhang stehenden Oberflächengewässer sowie die Beschaffenheit dieser Wässer in chemischer, physikalischer und bakteriologischer Hinsicht erhalten bzw. verbessert werden.

§ 4. Zur Wahrung der in § 3 angeführten Gesichtspunkte ist insbesondere zu beachten:

1.   Die Errichtung und der Betrieb von Abwasseranlagen haben so zu erfolgen, daß ein möglichst hoher Anteil der anfallenden Schmutzstoffe erfaßt wird und diese einer weitgehenden Reinigung zugeführt werden können. Die Abläufe aus landwirtschaftlichen Tierhaltungen und Siloabwässer sind zur Gänze einer landwirtschaftlichen Verwertung zuzuführen. Die Einleitung von Abwässern in das Widmungsgebiet ist zu vermeiden.“

 

Der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige für Abwassertechnik hat nach Durchführung eines Ortsaugenscheines am 8. April 2014 folgende Stellungnahme abgegeben:

„Es wurde mit der Marktgemeinde X vereinbart, dass die Machbarkeit eines öffentlichen Kanalanschlusses am gegenständlichen Objekt geprüft wird. Ebenso wird die allfällige Kanalanschlussgebühr berechnet und Herrn R mitgeteilt. Aus fachlicher Sicht ist der Anschluss an die öffentliche Kanalisation sowohl aus ökologischen als auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten die nachhaltigste Lösung. Nachdem die gegen­ständliche Liegenschaft innerhalb der sogenannten ‚Gelben Linie‘ gemäß UFG liegt, hat sich die Gemeinde X fördertechnisch auch dazu verpflichtet, einen Kanal­anschluss herzustellen. Sollte aus diversen Gründen dieser Kanalanschluss doch nicht zustande kommen, so gibt es für Herrn E R noch 2 Möglichkeiten einer ordnungsgemäßen Abwasserentsorgung:

-      Errichtung einer flüssigkeitsdichten Senkgrube

-      Herstellung des Anschlusses an die öffentliche Kanalisation von Herrn R selbst

 

Die Ableitung der häuslichen Schmutzwässer über eine vollbiologische Kläranlage mit anschließender Versickerung in den Untergrund ist nicht möglich, da das gegenständliche Gebiet innerhalb der Rahmenverfügung zum Schutze des Trinkwasservorkommens im X‑tal liegt. Eine Ableitung der gereinigten Abwässer in den ca. 50 m entfernten X-bach ist aufgrund der teilweise sehr geringen Wasserführung ebenfalls nicht möglich.

Als Frist wird für die Vorlage der geplanten Variante der 31.05.2014 vorgeschlagen, als Termin für den Abschluss der Arbeiten der 31.12.2015.“

 

2.2.2. Im Hinblick darauf, dass die wasserrechtliche Bewilligung vom 5. Juli 1974, „bis zur Möglichkeit des Anschlusses an eine systematische Ortskanalisation mit zentraler Kläranlage“ befristet erteilt wurde, wurden keine Feststellungen dahingehend getroffen, ob die Anschlussmöglichkeit bereits besteht. Auch wurde nicht festgestellt, ob die Ortskanalisation die zusätzlichen Abwässer in quantitativer Hinsicht aufnehmen kann und gegebenenfalls, warum der Anschluss der Liegenschaft des Bf tatsächlich noch nicht hergestellt wurde.

 

Weiters wurden auch keinerlei Ermittlungen hinsichtlich verhältnismäßiger Maßnahmen, direkt bezogen auf das gegenständliche Wasserbenutzungsrecht, vorgenommen.

 

2.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem Verwaltungs­akt.

 

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

3.1.2. Nach § 27 Abs. 1 lit. c Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) erlöschen Wasserbenutzungsrechte durch Ablauf der Zeit bei befristeten und durch Tod bei höchst-persönlichen Rechten sowie durch dauernde Einschränkung oder Untersagung nach § 21a.

 

3.1.3. Gemäß § 21a Abs. 1 WRG 1959 hat die Behörde, sofern sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d) ergibt, dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen ent­haltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, vorbe­haltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage ent­sprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen, Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.

 

Nach § 21a Abs. 2 WRG 1959 sind für die Erfüllung von Anordnungen nach Abs. 1 sowie für die Planung der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen und die Vorlage von diesbezüglichen Projektsunterlagen von der Behörde jeweils angemessene Fristen einzuräumen; hinsichtlich des notwendigen Inhalts der Projektsunterlagen gilt § 103. Diese Fristen sind zu verlängern, wenn der Verpflichtete nachweist, dass ihm die Einhaltung der Frist ohne sein Verschulden unmöglich ist. Ein rechtzeitig eingebrachter Verlängerungsantrag hemmt den Ablauf der Frist. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist findet § 27 Abs. 4 sinngemäß Anwendung.

 

Nach § 21a Abs. 3 leg. cit. darf die Behörde Maßnahmen nach Abs. 1 nicht vorschreiben, wenn diese Maßnahmen unverhältnismäßig sind. Dabei gelten folgende Grundsätze:

a)   der mit der Erfüllung dieser Maßnahmen verbundene Aufwand darf nicht außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen, wobei insbe­sondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Wasserbenutzung ausge­henden Auswirkungen und Beeinträchtigungen sowie die Nutzungsdauer, die Wirtschaftlichkeit und die technische Besonderheit der Wasserbenutzung zu berücksichtigen sind;

b)   bei Eingriffen in bestehende Rechte ist nur das jeweils gelindeste noch zum Ziele führende Mittel zu wählen;

c)   verschiedene Eingriffe können nacheinander vorgeschrieben werden.

 

3.2.1. Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes (beginnend mit VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungs­behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer „Delegierung“ der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

 

3.2.2. Angesichts der dargestellten Rechtslage wäre zunächst zu klären, ob das gegenständliche Wasserbenutzungsrecht bereits erloschen oder noch aufrecht ist.

 

Hierzu ist festzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Frage des Anschlusszwanges bzw. einer Ausnahme davon nicht im Wasser­rechtsverfahren zu prüfen ist. Entscheidend für die Frage des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes ist, ob die Möglichkeit des Anschlusses an die öffentliche Ortskanalisation besteht oder nicht (vgl. dazu VwGH 24.10.2013, 2012/07/0180, zu einem Fall des Anschlusses an die öffentliche Wasserversor­gungsanlage sowie VwGH 28.04.2011, 2010/07/0072).

 

Das Höchstgericht sprach in seiner Entscheidung vom 31. März 2016 weiters aus, dass eine Anschlussmöglichkeit jedenfalls zu bejahen ist, wenn eine Anschluss­pflicht gegeben ist; umgekehrt bedeutet das Fehlen einer Anschlusspflicht noch nicht zwingend, dass eine Anschlussmöglichkeit zu verneinen ist (vgl. VwGH 31.03.2016, 2013/07/0023, wiederum zum Anschluss an die öffentliche Wasser­versorgungsanlage, wobei die Feststellung auch für den Fall des Anschlusses an eine öffentliche Kanalisation herangezogen werden kann).

 

Es wurden keine (ausreichenden) Ermittlungen bzw. Feststellungen zum Bestehen der Anschlussmöglichkeit (technisch, faktisch und rechtlich) an die Ortskanalisation getätigt. Dem Verfahrensakt sind auch keine Feststellungen zu entnehmen, ob die Ortskanalisation die zusätzlichen Abwässer in quantitativer Hinsicht aufnehmen kann bzw. ob der Anschluss der Liegenschaft des Bf möglich oder vorgesehen ist.

 

Im Erlöschensfall wären neben der Feststellung des Erlöschens entsprechende letztmalige Vorkehrungen hinsichtlich der Wasserbenutzung vorzuschreiben. Nur wenn kein Erlöschen vorliegt, ist ein Verfahren nach §21a zu führen.

 

3.2.3. § 21a WRG 1959 sieht folgende Maßnahmen zur Erreichung des gebo­tenen Schutzes öffentlicher Interessen vor:

- andere oder zusätzliche Auflagen,

- Anpassungsziele und Projektvorlage,

- vorübergehende Einschränkung von Art und/oder Ausmaß der Wasser­benut­zung,

- vorübergehende Untersagung der Wasserbenutzung,

- dauernde Untersagung der Wasserbenutzung.

 

Dem § 21a Abs. 1 sind zwar keine Kriterien zu entnehmen, nach denen zwischen diesen Möglichkeiten zu wählen wäre. Aus Abs. 3 ergibt sich jedoch, dass nur das jeweils gelindeste noch zum Ziele führende Mittel zu wählen ist und dass verschiedene Eingriffe nacheinander vorgeschrieben werden können. Damit stehen die in Abs. 1 genannten Handlungsoptionen in enger Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitserfordernis. Im Einzelfall könnte es etwa strittig sein, welche der möglichen Handlungsformen das jeweils gelindeste zum Ziele führende Mittel sein mag. Dieser weit gespannte Handlungsspielraum setzt aber nicht nur die sorgfältige Prüfung der Voraussetzung des nicht hinreichenden Schutzes öffentlicher Interessen voraus, sondern ist auch an die strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebotes des § 21a Abs. 3 gebunden; beides muss eingehend und nachvollziehbar begründet werden. Der Ermittlung der Sachverhalts­grund­lagen und der präzisen Darlegung, dass die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 21a gegeben sind, kommt im Hinblick auf den Eingriff in bestehende Rechte besondere Bedeutung zu; bloß allgemein gehaltene Erwägungen vermögen einen solchen Eingriff nicht zu tragen (Oberleitner/Berger, WRG‑ON 1.04 § 21a, Rz 25 [Stand: Juli 2016, rdb.at]).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt § 21a Abs. 3 lit. a WRG 1959 eine gesetzmäßige Verhältnismäßigkeitsbeurteilung der vorge­schrie­benen Maßnahmen zwangsläufig entsprechend konkrete Sachverhalts­feststellungen sowohl auf der Seite des Aufwandes als auch auf der Seite des Erfolges voraus (VwGH 07.12.2006, 2005/07/0115).  

 

Aus der Systematik des § 21a WRG 1959 ergibt sich für das Landes­verwal­tungsgericht Oberösterreich, dass durch diese Regelung nur Anordnungen hinsichtlich eines grundsätzlich bestehenden Wasserrechtes getroffen werden können.

 

Die vorgeschriebenen Maßnahmen betreffen jedoch nicht in ihren unmittelbaren Auswirkungen das Wasserbenutzungsrecht, sondern gehen darüber hinaus und regeln zumindest nach dem WRG bewilligungsfreie Maßnahmen. Dies ist vom Anordnungsumfang des § 21a WRG 1959 nicht mehr gedeckt. Als maximale Vorschreibung würde nach der stufenweisen Anordnung der Maßnahmen nur die dauernde Untersagung der Wasserbenutzung auf der Basis des § 21a WRG 1959 zulässig sein.

 

Weiters hätte die belangte Behörde ausführlich prüfen und auch begründen müssen, ob und aus welchem Grund es sich bei den vorgeschriebenen Maßnah­men um das jeweils gelindeste zum Ziele führende Mittel handelt und hätte die Behörde das Verhältnismäßigkeitsgebot des § 21a Abs. 3 WRG 1959 beachten und begründen müssen.

 

Kurz gesagt wurden auch umfassende Sachverhaltsermittlungen, die für eine Anwendung des § 21a WRG 1959 erforderlich sind, großteils unterlassen.

 

3.3.1. Ergänzend darf noch angemerkt werden, dass im Hinblick auf die Ausführung des Amtssachverständigen für Abwassertechnik in seiner Stellung­nahme vom 8. April 2014, wonach „[...] die gegenständliche Liegenschaft innerhalb der sog. „Gelben Linie“ gemäß UFG liegt, [und] sich die Gemeinde X fördertechnisch dazu verpflichtet hat, einen Kanalanschluss herzustellen“, auch noch eine ausführliche Stellungnahme der Gemeinde dazu einzuholen sein wird und auch für die derzeitige Haltung der Gemeinde, einfach keinen Ortskanalstrang in die Nähe des Bf zu verlegen, angesichts der obigen Ausführungen kein besonderes Verständnis besteht, da dadurch der Bf eventuell zu erhöhten Ausgaben gezwungen wird, die eigentlich - wenn auch vielleicht rechtlich nicht verpflichtend - von der öffentlichen Hand zu tragen wären.

 

3.3.2. Im Sinne des Servicecharakters der öffentlichen Verwaltung sollten nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich auch Ermittlungen dahin­­gehend durchgeführt werden, wie und mit welchem Volumen die bestehende Senkgrube bei der Liegenschaft des Bf ausgeführt ist, welche und in welchem Ausmaß derzeit Abwässer in diese Senkgrube eingeleitet und gesam­melt werden und ob diese Senkgrube zusätzliche Abwässer aufnehmen kann.

 

3.3.3. Anzumerken ist weiters, dass (unabhängig von der Unzulässigkeit der inhaltlichen Anordnungen) dem angefochtenen Bescheid auch nicht zu entneh­men ist, ob die vorgeschriebenen Maßnahmen nacheinander (und wenn ja, in welcher Reihenfolge) oder gleichzeitig oder (wie vermutet gewollt) alternativ zu erfüllen sind.

 

3.4. Zusammengefasst steht der für eine inhaltliche Entscheidung maßgebliche Sachverhalt im Sinne des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG jedenfalls nicht fest, was im Übrigen auch aus der Beschwerdeschrift hervorgeht.

 

3.5. Fraglich ist für eine Anwendung des § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG leg. cit. daher lediglich, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist nicht ersichtlich, dass die eigene Sachverhaltsermittlung eine Kostenersparnis in welche Richtung auch immer (konkrete Amtshandlung/Gesamtverfahren) bewirken könnte, da die belangte Behörde auch für die wasserrechtliche Bewilligung zuständig war und insbesondere auch die Örtlichkeit der Behörde bekannt ist.

 

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die belangte Behörde ihr Ermittlungs­verfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt abschließen wird können als das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich ein von ihm geführtes abschließen könnte. Zudem würde dadurch dem Bf die Möglichkeit zur Erhebung einer Beschwerde gegen die „inhaltliche Entscheidung“ an das Verwaltungs­gericht genommen werden.

 

In diesem Zusammenhang ist auch hervorzuheben, dass unter der Annahme, dass das Verfahren nach §§ 27ff WRG 1959 zu führen ist, allfällige letztmalige Vorkehrungen vorzuschreiben wären und auch ein inhaltlich anderslautender Auftrag an den Bf zu ergehen hätte.

 

In diesem Fall wäre jedoch dem Verwaltungsgericht eine (inhaltliche) Entschei­dung verwehrt, da „Sache“ des Beschwerdeverfahrens nur jene Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruchs der belangten Behörde gebildet hat (vgl. jüngst VwGH 30.06.2016, Ra 2016/11/0044).

Mit anderen Worten: Eine allfällige erstmalige Vorschreibung von letztmaligen Vorkehrungen nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens würde die „Sache des Beschwerdeverfahrens“ jedenfalls überschreiten und ist auch aus diesem Grund eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde geboten.

 

4. Im Ergebnis liegen somit die Voraussetzungen für die Behebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung des Verfahrens an die belangte Behörde vor und war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Wimmer