LVwG-301108/15/KLi

Linz, 11.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 19. Mai 2016 der S St, geb. p.A. J. K K GmbH, R-straße, H, D, vertreten durch die P V Rechtsanwälte GmbH, C-straße, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26. April 2016, GZ: SanRB96-80-2015, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht erkannt:

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde im Hinblick auf die Spruchpunkte a), b) und c) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

Die Beschwerdeführerin hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

II.      Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde im Hinblick auf die Spruchpunkte d) und e) insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Beschwerdeführerin eine Ermahnung gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG erteilt wird.

Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom
26. April 2016, GZ: SanRB96-80-2015, wurden der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes wie folgt vorgeworfen:

 

„Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als zur Vertretung nach § 9 VStG nach außen Berufene der J.K K GmbH mit Sitz in R-straße, H, zu verantworten, dass folgende Arbeit­nehmer beschäftigt wurden, ohne dass für

a) Herrn K O, geb. am 1x

b) Herrn M K, geb. am x und

c) Herrn J H, geb. am x

eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitgehalten wurde und bei

d) Herrn K O, geb. am x und

e) Herrn J H, geb. am x

ein Nachweis über die Sozialversicherung des Arbeitnehmers am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitgehalten wurde, obwohl Arbeitgeber im Sinne des Abs. 1 oder der Arbeitnehmer (Abs. 3), eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitzuhalten ist.

Tatort: Gemeinde K, K, M.

Tatzeit: 04.11.2015, 09:30 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 7b Abs. 8 i.V.m. § 7b Abs. 5 AVRAG“

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Bf hinsichtlich Spruchpunkte a), b) und c) eine Geldstrafe von jeweils 1.000 Euro, insgesamt 3.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 66 Stunden, insgesamt 198 Stunden, gemäß § 7b Abs. 8 AVRAG sowie hinsichtlich Spruchpunkte d) und e) Geldstrafen von jeweils 500 Euro, insgesamt 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 33 Stunden, insgesamt 66 Stunden, gemäß § 7b Abs. 8 AVRAG verhängt Ferner wurde sie verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von 400 Euro zu zahlen.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund des Strafantrages der Finanzpolizei Team 44 eine Aufforderung zur Rechtfertigung an die Bf ergangen sei. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der im Spruch vorgeworfene Tatbestand laut Strafantrag der Finanzpolizei festgestellt worden sei.

 

Am 4.11.2015 um 9.45 Uhr sei durch Organe der Finanzpolizei eine Kontrolle gemäß AuslBG, AVRAG und § 89 Abs. 3 EStG auf der Baustelle „K“,
x, durchgeführt worden.

 

Bei dieser Kontrolle seien drei Arbeiter der Firma J.K K GmbH, R-straße, H, D, bei Restaurierungsarbeiten / Pause angetroffen worden und zwar O K, M K (A1 sei vorgelegt worden) sowie J H. Zwei weitere Arbeiter der oben genannten Firma, die auch schon auf der Baustelle „K“, K, gearbeitet hätten, seien durch die Bf nachträglich bekanntgegeben worden, nämlich R Sch und F B.

 

Nachstehende Unterlagen seien nicht am Arbeits- oder Einsatzort aufgelegen bzw. hätten auch nicht vorgelegt werden können:

1.   Sozialversicherungsdokumente (A1) und

2.   Abschrift der Meldung (ZKO3).

 

Unter Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen hat die belangte Behörde erwogen, dass die dargelegten Tatvorwürfe in der Sache unbestritten geblieben seien und diese daher aufgrund des vorliegenden Erhebungsergebnisses objektiv erwiesen seien.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschuldige gemäß
§ 5 Abs. 2 VStG die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt habe, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet sei und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen habe können. Die Unkenntnis des Gesetzes müsse somit unverschuldet sein.

 

Daraus abgeleitet treffe die Bf deshalb zumindest der Verschuldensgrad der Fahrlässigkeit auf der subjektiven Tatseite und habe sie die vorliegende Verwaltungsübertretung zu verantworten. Die mitgeteilten Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten seien zur Strafbemessung herangezogen worden.

 

Es käme der Bf der allgemeine Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit (in Österreich) zugute. Erschwerungsgründe seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Die verhängten Strafen, im weitgehend untersten möglichen Bereich, seien dem Unrechtsgehalt der Taten sowie den Einkommens- und Vermögensverhältnissen angepasst und würden diese als ausreichend erachtet, um die Bf von der Begehung weiterer einschlägiger Verwaltungs­übertretungen abzuhalten und sie im Hinblick auf die künftige Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des AVRAG – insbesondere auch zur Verbesserung der betriebsinternen Administration – zu sensibilisieren.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 19. Mai 2016, mit welcher die Bf das Straferkenntnis dem gesamten Inhalt nach anficht. Als Beschwerdegründe werden inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie mangelhafte Strafzumessung geltend gemacht.

 

Zusammengefasst bringt die Bf vor, dass wegen des gegenständlichen Vorfalles noch drei weitere Verwaltungsstrafverfahren zu den GZ: SanRB96-77-2015, SanRB96-81-2015 und SanRB96-82-2015 an­hängig seien.

 

Gemäß dem angefochtenen Straferkenntnis sei über die Bf wegen Nicht­bereithaltens einer Abschrift der Meldung ZKO3 und eines Nachweises über die Sozialversicherung hinsichtlich fünf Arbeitnehmern gemäß §§ 7b Abs. 8 iVm 7b Abs. 5 AVRAG eine Verwaltungsstrafe in Höhe von gesamt 4.000 Euro verhängt worden. Als allgemeiner Milderungsgrund sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit (in Österreich) der Bf zu werten gewesen. Ein Erschwerungs­grund sei nicht hervorgekommen.

 

Das Straferkenntnis der belangten Behörde sei rechtswidrig. Der Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde sei - abgesehen davon, dass er bereits inhaltlich keinen Sinn ergebe - unbestimmt bzw. sei für die Bf nicht ersichtlich, wie die belangte Behörde zu der verhängten Geldstrafe der Höhe nach komme.

 

Die Begründung der Strafhöhe wäre wohl dem wörtlich wiedergegebenen Strafantrag der Finanzpolizei zu entnehmen, da sich die Begründung der Behörde darüber hinaus bloß darin erschöpfe, die §§ 7b Abs. 5 und Abs. 8 Z 3 AVRAG zu zitieren. Der Strafantrag der Finanzpolizei sei wohl dahin­gehend zu verstehen, dass bei den Arbeitnehmern K, H, Sch und B sowohl das Sozialversicherungsdokument A1 als auch die Abschrift der Meldung ZKO3, hinsichtlich des Arbeitnehmers K jedoch bloß die Abschrift der Meldung ZKO3 nicht bereitgehalten worden sei.

 

Gemäß § 7b Abs. 8 Z 3 AVRAG sei unter anderem zu bestrafen, wer das Sozialversicherungsdokument A1 und die Abschrift der Meldung ZKO3 nicht bereithalte. Für diese Verwaltungsübertretung sei eine Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu verhängen.

 

Da die Bf verwaltungsstrafrechtlich unbescholten sei, könne die Strafverschär­fung für den Wiederholungsfall jedenfalls nicht zur Anwendung kommen. Weiters werde die Bf für die Arbeitnehmer K und H offenbar doppelt bestraft. Die be­langte Behörde lege den Straftatbestand des § 7b Abs. 8 Z 3 AVRAG offenkundig unrichtig aus, indem sie für sowohl die nicht bereitgehaltene Abschrift der Meldung ZKO3 als auch das nicht bereitgehaltene Sozialversicherungsdokument A1 jeweils gesondert eine Verwaltungsstrafe ver­hänge. Eine derartige Vorgehensweise sei vom Gesetz jedoch nicht vorgesehen. Nach der Z 3 des § 7b Abs. 8 AVRAG mache sich strafbar, wer die Unterlagen entgegen Abs. 5 nicht bereithält - es handelt sich daher eindeutig um einen einzigen Straftatbestand, der nicht dadurch zweimal ver­wirklicht werde, weil mehrere der erforderlichen Unterlagen nicht bereitgehalten würden.

 

Dadurch, dass die belangte Behörde über die Arbeitnehmer K und H wegen der Übertretung desselben Straftatbestandes zweimal eine Geldstrafe verhängt habe, belastet sie ihr Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

 

Weiters sei die Bf mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 26.4.2016 zu GZ: SanRB96-77-2015 nach der Bestimmung des § 7b Abs. 8 Z 1 1. Fall AVRAG bestraft worden, daher für die Nichterstattung der Meldung ZKO3. Dadurch, dass die Bf die Meldung nach § 7b Abs. 3 AVRAG nicht erstattet habe - wofür sie grundsätz­lich nach § 7b Abs. 8 Z 1 AVRAG zu bestrafen wäre - habe sie diese denklogisch auch nicht iSd § 7b Abs. 5 AVRAG bereithalten können. Die Bf hiefür zweimal zu bestrafen käme einem Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot gleich.

 

Wie bereits in der Rechtfertigung vom 28.1.2016 ausgeführt, habe die Firma J.K K GmbH zum ersten Mal Arbeitnehmer nach Österreich bzw. das EU-Ausland entsandt. Beim Unternehmen der Bf handle es sich um ein klassisches Familienunternehmen, welches vom Vater der Bf als vormals alleinigem Gesell­schafter und Geschäftsführer Ende des Jahres 2014 an seine Tochter und Bf weitergegeben worden sei. Die Bf sei nunmehr Alleinge­sellschafterin und -geschäftsführerin.

 

Die Bf sei sich der diesbezüglichen Verpflichtungen nach der österreichischen Rechtslage, insbesondere nach dem AVRAG, nicht bewusst gewesen. Klar sei ihr, dass dies keinen Rechtfertigungsgrund darstelle und sie sich über die maßgebenden Rechtsvorschriften vorab informieren hätte müssen.

 

Die Einschreiterin sei bisher, wie von der belangten Behörde richtig festgestellt, verwaltungsstrafrechtlich - weder in Österreich noch in Deutschland - in Erscheinung getreten. Als weiterer Milde­rungsgrund sei ihr darüber hinaus anzurechnen, dass sie maßgeblich zur Aufklärung des Sachver­haltes beigetragen habe, indem sie der Finanzpolizei von sich aus noch zwei weitere Arbeitnehmer genannt habe, welche ebenfalls mit Kirchenarbeiten in der besagten Pfarrkirche in K beschäftigt gewesen seien. Die Bf sei weiters bemüht gewesen, einen dem AVRAG entsprechenden Rechtszustand herzu­stellen, indem sie die erforderlichen Meldungen (A1 und ZKO3) unverzüglich nach Aufforderung durch die Finanzpolizei nachgeholt und in der Folge recht­zeitig an diese übermittelt habe.

 

Die belangte Behörde sei in ihrem Straferkenntnis nicht darauf eingegangen, aus welchen Gründen mit einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 VStG oder einem Vorgehen nach § 20 VStG bei Überwie­gen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe nicht das Auslangen gefunden werden hätte können.

 

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergebe, sei von einem bloß geringen Verschulden der Einschreiterin auszugehen - sie habe sich in fahrlässiger Unkenntnis der Gesetzesbestimmungen befunden und diese nicht „vorsätzlich ignoriert". Gegenständlich hätte daher mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden können. Eine solche hätte ausgereicht, um die Bf für künftig auf die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des AVRAG und insbesondere auch zur Verbesserung der diesbezüglichen betriebsinternen Administration zu sensibilisieren. Insbe­sondere sei die Einschreiterin nunmehr von ihrem Rechtsvertreter über die sie nach dem AVRAG betreffenden Verpflichtungen aufgeklärt worden.

 

In eventu sei jedenfalls von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe auszugehen, sodass die in den von der belangten Behörde herangezogenen Straftatbeständen vorgesehene Mindeststrafe aus den oben angeführten Gründen bis zur Hälfte unterschritten werden könne.

 

In eventu wird vorgebracht, dass es in general- und vor allem auch spezial­präventiver Hinsicht jedenfalls ausgereicht hätte, eine Geldstrafe im absolut untersten Bereich, somit 500 Euro pro Abreitnehmer zu verhängen. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, als die Bf daneben noch mit Straferkenntnis vom 26.4.2016 zu GZ: SanRB96-77-2015 nach der Bestim­mung des § 7b Abs. 8 Z 3 AVRAG, daher für das Nichtbereithalten, bestraft worden sei.

 

Die Bf stelle daher den Antrag, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wolle 1. eine mündliche Verhandlung anberaumen, in der Sache selbst erkennen, der Beschwerde Folge geben und das angefochtene Strafer­kenntnis ersatzlos aufheben; 2. in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Verwaltungsstrafsache zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen; 3. in eventu die Einschreiterin gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG ermahnen; 4. in eventu die vom AVRAG vorgesehenen Mindeststrafen gemäß § 20 VStG wegen Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwe­rungsgründe um die Hälfte unterschreiten; 5. in eventu die zu verhängende Verwaltungsstrafe jedenfalls lediglich im untersten Bereich festsetzen.

 

I.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beraumte daraufhin für den 10. Oktober 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung an, zu welcher sowohl die Bf und der Bf-Vertreter als auch die belangte Behörde und das Finanzamt geladen wurden. Die belangte Behörde war für ihre Abwesenheit entschuldigt. Mit dem Bf-Vertreter und dem Vertreter des Finanzamtes wurde die Sach- und Rechtslage umfassend erörtert.

 

Ferner wurden die Arbeitnehmer M K und J H als Zeugen vernommen. Auf die Vernehmung der übrigen Arbeitnehmer F B, R Sch und O K wurde allseits verzichtet.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Das Unternehmen der Bf, J.K K GmbH hat seinen Sitz in Deutschland, H, R-straße. Unternehmens­gegenstand ist die Restaurierung von Kirchen. Bei diesem Unternehmen handelt es sich ursprünglich um das Unternehmen des Vaters der Bf, der Gesellschafter und Geschäftsführer dieser GmbH war. Ende 2014 übergab er sein Unternehmen an seine Tochter, die Bf. Die Bf ist seither Alleingesellschafterin und Allein­geschäftsführerin des Unternehmens.

 

Bei dem verfahrensgegenständlichen Auftrag in Österreich handelte es sich für die Bf um die erste Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich bzw. überhaupt in das EU-Ausland. Der Bf waren aufgrund mangelnder Information die Bestimmungen nach dem AVRAG nicht bekannt.

 

Die Bf ist sowohl in Österreich als auch in Deutschland unbescholten und liegen keine Übertretungen nach dem AVRAG oder anderen arbeitsrechtlichen Bestimmungen vor.

 

Sie ist sorgepflichtig für ein Kind im Alter von 10 Jahren. Für die Schaffung eines Eigenheimes hat sie Kreditraten iHv 500 Euro monatlich zu bezahlen. Die Bf verfügt über kein wesentliches Vermögen.

 

II.2. Am 4.11.2015 um 9.30 Uhr fand in der Gemeinde K, M, im Bereich der dortigen Pfarrkirche eine Kontrolle der Finanzpolizei statt. Im Zuge dieser Kontrolle wurde das Unternehmen der Bf u.a. im Hinblick auf die Bestimmungen des AVRAG und des AuslBG kontrolliert.

 

II.3. Im Zuge dieser Kontrolle wurden drei Arbeitnehmer der Bf angetroffen. Es handelte sich um die Arbeitnehmer J H, O K und M K. Darüber hinaus gab die Bf nachträglich und freiwillig zwei weitere Arbeitnehmer bekannt, die ebenfalls im Zuge der Kirchensanierung tätig waren, nämlich F B und R Sch. Hätte die Bf diese beiden Arbeitnehmer nicht aus eigenem Antrieb namhaft gemacht, wäre nicht festgestellt worden, dass auch sie auf der Baustelle tätig waren.

 

F B war von 29.6.2015 bis 15.10.2015 auf der Baustelle tätig.

R Sch war von 6.7.2015 bis 15.10.2015 auf der Baustelle tätig.

J H war von 26.10.2015 bis 18.12.2015 auf der Baustelle tätig.

O K war von 1.9.2015 bis 6.11.2015 auf der Baustelle tätig.

M K war von 13.7.2015 bis 18.12.2015 auf der Baustelle tätig.

 

II.4. Im Zuge der Kontrolle stellten die Organe der Finanzpolizei fest, dass die Bf ZKO3-Meldungen für die von ihr genannten Arbeitnehmer nicht entsprechend den Bestimmungen des AVRAG eine Woche vor Arbeitsbeginn bei der ZKO gemeldet hatte. Auch im Hinblick auf die beiden im Nachhinein namhaft gemachten Arbeitnehmer ergab sich das Unterbleiben der fristgerechten ZKO3-Meldung. Nachdem der Bf die Erforderlichkeit der entsprechenden Meldungen durch die Kontrolle bekannt wurde, holte sie diese nach und legte die ZKO3-Meldungen bei der Finanzpolizei vor. Die Meldung bei der ZKO erfolgte am 5.11.2015 zur GZ: ZKO3/2015-39678f (also am Tag nach der stattgehabten Kontrolle).

 

Nachdem die Bf die ZKO3-Meldungen nicht vor Arbeitsantritt ihrer Arbeitnehmer erstattet hatte, konnte sie naturgemäß diese auch nicht auf der Baustelle bereithalten bzw. den Organen der Finanzpolizei im Zuge der Kontrolle vorweisen. Wegen der nicht fristgerechten ZKO3-Meldung ist gegen die Bf vor der belangten Behörde ein weiteres Verwaltungsstrafverfahren bzw. vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich das Beschwerdeverfahren zu GZ: LVwG-301107-2016 anhängig.

 

II.5. Darüber hinaus konnte die Bf hinsichtlich der Arbeitnehmer O K und J H die Dokumente über die Sozialversicherung (A1-Dokument) nicht vorweisen. Der Arbeitnehmer M K verfügte im Zeitpunkt der Kontrolle über ein A1-Dokument, in welches die Organe der Finanzpolizei Einsicht nehmen konnten. Ferner steht anhand der (nachgereichten) Lohnunterlagen der betroffenen Arbeitnehmer fest, dass eine Unterentlohnung (Lohn- und Sozialdumping) nicht erfolgt ist.

 

II.6. Die Frage, inwiefern eine Herabsetzung der Strafe bzw. eine Ermahnung in Betracht kommt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

 

 

 

 

III. Beweiswürdigung

 

III.1. Die Feststellungen zum Unternehmen der Bf ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie den Erhebungen der Finanzpolizei.

 

Ferner wurde in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht die Bf befragt. Insofern steht fest, dass sie das Familienunternehmen ihres Vaters von diesem Ende des Jahres 2014 übernommen hat.

 

Die Bf hat auch glaubwürdig geschildert, dass es sich bei dem vorliegenden Verfahrensgegenstand um die erstmalige Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich bzw. in das EU-Ausland handelte. Ebenso gestand die Bf zu, dass ihr die Bestimmungen des AVRAG nicht bekannt waren und führte dazu aus, davon ausgegangen zu sein, dass besondere gesetzliche Bestimmungen nicht bestehen würden, zumal sowohl Deutschland als auch Österreich Mitglied der Europäischen Union seien. Sie habe insofern nicht in der Absicht gehandelt, gegen gesetzliche Bestimmungen zu verstoßen. Die Bf zeigte sich auch dahingehend einsichtig, dass sie sich im Vorfeld der Entsendung über die geltenden Bestimmungen informieren hätte müssen.

 

Darüber hinaus ergeben sich die persönlichen Verhältnisse der Bf bereits aus ihrer Rechtfertigung vor der belangten Behörde.

 

III.2. Die Feststellungen zur Kontrolle der Finanzpolizei am 4.11.2015 ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt. Ebenso unstrittig ist, dass im Zuge der Kontrolle lediglich drei (und nicht fünf) Arbeitnehmer der Bf angetroffen wurden. Die weiteren beiden Arbeitnehmer wurden nur deshalb verfahrensgegenständlich, weil die Bf diese freiwillig nachträglich bekannt gegeben hat.

 

Ohne diese Eigeninitiative der Bf wäre wohl nicht bekannt geworden, dass auch diese beiden weiteren Arbeitnehmer auf der Baustelle tätig waren. Das Strafverfahren gegen die Bf wäre dann von vorn herein nur wegen drei Arbeitnehmern geführt worden.

 

III.3. Dass die ZKO3-Meldungen fehlten und nicht fristgerecht erstattet wurden, ist unstrittig. Die Bf ist diesbezüglich geständig. Auch ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass die Bf unverzüglich nach der Kontrolle – nämlich gleich am nächsten Tag – die ZKO3-Meldungen bei der Zentralen Koordinationsstelle nachgeholt und die Meldungen bei der Finanzpolizei im Hinblick auf die ZKO3-Formulare vollständig nachgereicht hat.

 

Die Bf hat sich diesbezüglich geständig verantwortet; strittig ist allerdings, ob neben der Bestrafung für die nicht fristgerechte ZKO3-Meldung auch eine Bestrafung wegen des Nichtbereithaltens dieser (nicht erstatteten) Meldung zu erfolgen hat. Dies ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

III.4. Dass das Sozialversicherungsdokument (A1-Dokument) lediglich für den Arbeitnehmer M K vorhanden war, für die weiteren beiden Arbeitnehmer O K und J H aber nicht, ist unstrittig. Die Bf hat sich diesbezüglich geständig verantwortet.

 

III.5. Die Fragen der Strafzumessung und die Würdigung der Erschwerungs- und Milderungsgründe sowie der persönlichen Verhältnisse sind Fragen der rechtlichen Beurteilung.

 

 

IV. Rechtslage:

 

§ 7b. (1) Ein/e Arbeitnehmer/in, der/die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europä­ischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, hat unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf

1.

zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektiv­vertragliche Entgelt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern/Arbeit­nehmerinnen von vergleichbaren Arbeitgebern/Arbeitgeberinnen gebührt (aus­genommen Beiträge nach § 6 BMSVG und Beiträge oder Prämien nach dem BPG);

2.

bezahlten Urlaub nach § 2 Urlaubsgesetz, sofern das Urlaubsausmaß nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates geringer ist; nach Beendigung der Ent­sendung behält dieser/diese Arbeitnehmer/in den der Dauer der Entsendung entsprechenden aliquoten Teil der Differenz zwischen dem nach österreichi­schem Recht höheren Urlaubsanspruch und dem Urlaubsanspruch, der ihm/ihr nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates zusteht; ausgenommen von dieser Urlaubsregelung sind Arbeitnehmer/innen, für die die Urlaubsregelung des BUAG gilt;

3.

die Einhaltung der kollektivvertraglich festgelegten Arbeitszeitregelungen;

4.

die Bereithaltung der Aufzeichnung im Sinne der Richtlinie des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (91/533/EWG) in Österreich durch den Arbeitgeber oder den mit der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gegenüber den entsandten Arbeitneh­mern Beauftragten.

Ein/e Beschäftiger/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich gilt hinsichtlich der an ihn/sie überlassenen Arbeitskräfte, die zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, in Bezug auf die Abs. 3 bis 5 und 8, § 7d Abs. 1, § 7f Abs. 1 Z 3 sowie § 7i Abs. 1 und Abs. 4 Z 1 als Arbeitgeber/in. Sieht das nach Abs. 1 Z 1 anzuwendende Gesetz, der Kollektivvertrag oder die Verordnung Sonderzahlungen vor, hat der/die Arbeitgeber/in diese dem/der Arbeitnehmer/in aliquot für die jeweilige Lohnzahlungsperiode zusätzlich zum laufenden Entgelt (Fälligkeit) zu leisten.

[...]

(3) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und dem/der im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein/e Arbeitnehmer/in entsandt wird, diesem/dieser, die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Die Meldung hat ausschließlich automationsunter­stützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen ist die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme zu erstatten. Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäf­tigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung an den zuständigen Krankenversicherungsträger (§§ 26 und 30 ASVG), und sofern es sich um Bautätigkeiten handelt, der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse elektronisch zu übermitteln.

[...]

(5) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben, sofern für den/die ent­sandten Arbeitnehmer/innen in Österreich keine Sozialversicherungspflicht be­steht, Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers oder der Arbeitneh­merin zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Ver­ordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verord­nung (EG) Nr. 883/04) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitzuhalten oder diese den Organen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittel­bar vor Ort in elektronischer Form zugänglich zu machen. Sofern für die Beschäf­tigung der entsandten Arbeitnehmer/innen im Sitzstaat des/der Arbeitgebers/Ar­beitgeberin eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, ist auch die Genehmi­gung bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Ein­satz)orten sind die erforderlichen Unterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Ist die Bereit­haltung oder Zugänglichmachung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen nachweislich zu übermitteln, wobei die Unter­lagen bis einschließlich des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusen­den sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

[...]

(8) Wer als Arbeitgeber/in im Sinne des Abs. 1

1.

die Meldung oder die Meldung über nachträgliche Änderungen bei den Anga­ben (Änderungsmeldung) entgegen Abs. 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet oder

2.

in der Meldung oder Änderungsmeldung nach Abs. 3 wissentlich unrichtige An­gaben erstattet oder

3.

die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 nicht bereithält oder den Orga­nen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­kasse vor Ort nicht unmittelbar zugänglich macht oder

4.

die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 oder § 7h Abs. 2 nicht über­mittelt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Bei grenzüber­schreitender Entsendung gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer/innen liegt, bei wechselnden Arbeits(Ein­satz)orten am Ort der Kontrolle.

(9) Die Abs. 1 bis 8 gelten auch für Arbeitnehmer/innen, die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden.

 

 

§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohn­zahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeits­zeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprü­fung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei inner­halb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunter­lagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweit­folgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

[...]

 

 

§ 7f. (1) Die Organe der Abgabenbehörden sind berechtigt, das Bereithalten der Unterlagen nach §§ 7b Abs. 5 und 7d zu überwachen sowie die zur Kontrolle des dem/der nicht dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmer/in unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zustehenden Entgelts im Sinne des § 7i Abs. 5 erforderlichen Erhebungen durchzuführen und

1.

die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer/innen ungehindert zu betreten und Wege zu befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist,

2.

von den dort angetroffenen Personen Auskünfte über alle für die Erhebung nach Abs. 1 maßgebenden Tatsachen zu verlangen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass es sich bei diesen Personen um Arbeitgeber/innen oder um Arbeitnehmer/innen handelt, sowie

3.

in die zur Erhebung erforderlichen Unterlagen (§§ 7b Abs. 5 und 7d) Einsicht zu nehmen, Abschriften dieser Unterlagen anzufertigen und die Übermittlung von Unterlagen zu fordern, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Erfolgt bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten die Kontrolle nicht am ersten Arbeits(Einsatz)ort, sind die Unterlagen der Abgabenbehörde nachweis­lich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

(2) Die Organe der Abgabenbehörden haben die Ergebnisse der Erhebungen nach Abs. 1 dem Kompetenzzentrum LSDB zu übermitteln und auf Ersuchen des Kompetenzzentrums LSDB konkret zu bezeichnende weitere Erhebungen zu übermittelten Erhebungsergebnissen oder Erhebungen auf Grund von begrün­deten Mitteilungen durch Dritte durchzuführen.

 

 

§ 7i. (1) Wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 7d Abs. 1 oder § 7f Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen § 7g Abs. 2 oder § 7h Abs. 2 die Unterlagen nicht übermittelt.

(2) Wer entgegen § 7f Abs. 1 den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebs­räumen und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie den Aufent­haltsräumen der Arbeitnehmer/innen und das damit verbundene Befahren von Wegen oder die Erteilung von Auskünften verweigert oder die Kontrolle sonst er­schwert oder behindert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestrafen.

(2a) Wer die Einsichtnahme in die Unterlagen nach den §§ 7b Abs. 5 und 7d verweigert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist für jede/n Arbeitneh­mer/in von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestra­fen.

(3) Ebenso ist nach Abs. 2a zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in entgegen § 7g Abs. 2 die Einsichtnahme in die Unterlagen verweigert.

(4) Wer als

1.

Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

2.

Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen dem/der Beschäf­tiger/in nicht nachweislich bereitstellt, oder

3.

Beschäftiger/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeit­nehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.

(5) Wer als Arbeitgeber/in einen/e Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäf­tigt hat, ohne ihm/ihr zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektiv­vertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in § 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leis­ten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungs­behörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen. Bei Unterentlohnungen, die durch­gehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, liegt eine einzige Verwal­tungsübertretung vor. Auf Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag beruhende Überzahlungen bei den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebühren­den Entgeltbestandteilen sind auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen. Hinsichtlich von Sonderzahlungen für die in § 7g Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Arbeitnehmer/innen liegt eine Verwaltungs­übertretung nach dem ersten Satz nur dann vor, wenn der/die Arbeitgeber/in die Sonderzahlungen nicht oder nicht vollständig bis spätestens 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres leistet. Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe für jede/n Arbeitnehmer/in 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall 4 000 Euro bis 50 000 Euro.

[...]

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Zu den Spruchpunkten a), b) und c):

 

Wie bereits oben ausgeführt, ist gegen die Bf neben dem hier anhängigen Verfahren auch eines zu GZ: LVwG-301107-2016 anhängig, zumal die Bf die ZKO3-Meldung hinsichtlich der drei genannten Arbeitnehmer nicht fristgerecht vor Arbeitsantritt erstattet hat. Demnach konnte die Bf die ZKO3-Meldungen naturgemäß im Zuge der Kontrolle nicht vorlegen.

 

Fraglich ist insofern, ob gegen die Bf neben einer Bestrafung wegen der nicht fristgerechten Meldung auch eine Bestrafung wegen des Nichtbereithaltens der nicht fristgerechten Meldung zu erfolgen hat.

 

V.1.1. Somit stellt sich also die Frage der Konkurrenz bzw. Konsumption.

 

Fälle der Scheinkonkurrenz von Delikten aufgrund von Spezialität, Konsumption oder stillschweigender Subsidiarität sind grundsätzlich durch Auslegung und Anwendung der verschiedenen Strafbestimmungen festzustellen. Dabei muss dem verfassungsrechtlichen Verbot der Doppelbestrafung im Wege verfassungskonformer Auslegung der einzelnen Straftatbestände entsprochen werden. Ob mehrere Delikte eintätig zusammentreffen können oder die Anwendung eines Straftatbestandes die Bestrafung nach einem anderen ausschließt, ist den gesetzlichen materiellen Strafbestimmungen zu entnehmen (vgl. VfSlg. 15199/1998; VfGH 19.6.2000; B 344/98; 19.6.2000; B 246/99; vgl. etwa auch VwGH 19.12.2006, 2006/06/0037; 16.10.2007, 2007/17/0004). Die Konsumption einer deliktischen Handlung durch eine andere Deliktsver­wirklichung liegt dann vor, wenn die Bestrafung für das konsumierende Delikt den Unrechtsgehalt für das konsumierte umfasst. Dies ist bei einer Vortat dann der Fall, wenn die Rechtsgutsverletzungen ganz im Schaden der Haupttat aufgehen. Eine Begleittat ist dann konsumiert, wenn die Verwirklichung des diese Begleittat bestimmenden Deliktstypusses regelmäßig mit der Setzung des die Haupttat bestimmenden Deliktstypusses verbunden ist und die Begleittat im Vergleich zur Haupttat einen wesentlich geringeren Unwertgehalt beinhaltet. Eine Nachtat gilt als konsumiert, wenn sie als eine Deckungs- oder Verwertungshandlung zu qualifizieren ist (vgl. O. Triffterer, Österreichisches Strafrecht Allgemeiner Teil [1985] 461f). Spezialität liegt vor, wenn der eine Deliktstypus zunächst alle Merkmale des anderen enthält, darüber hinaus aber auch noch andere, durch die der Sachverhalt in einer spezifischen Weise erfasst wird, wodurch die beiden Deliktstypen zu einander im Verhältnis von Gattung und Art stehen. Dabei geht das spezielle Delikt dem allgemeinen Delikt vor, letzteres wird durch ersteres verdrängt. Subsidiarität erfasst jene Fälle, in denen entweder das Gesetz selbst ausdrücklich anordnet oder jedenfalls das Verhältnis zweier Delikte (oder verschiedener Erscheinungsformen desselben Delikts) erkennen lässt, dass die eine Strafvorschrift (oder die eine Erscheinungsform) nur für den Fall Anwendung finden soll, dass nicht eine andere Strafvorschrift (oder eine andere Erscheinungsform desselben Delikts) eingreift. Es tritt jene Strafvorschrift (bzw. jene Erscheinungsform) zurück, die entweder zur Folge ausdrücklicher Subsidiaritätklausel oder sonst erkennbar lediglich hilfsweise Geltung hat. Die Subsidiarität findet sich häufig im Verwaltungsstrafrecht. Dies sind insbesondere jene Fälle, in denen das Gesetz anordnet, dass die Tat nur dann nach einer bestimmten Gesetzesstelle strafbar ist, wenn sie nicht nach einer anderen Vorschrift mit strengerer Strafe oder gerichtlich strafbar ist (vgl. hiezu auch Walter/Mayer Rz 823). Eine Konsumption liegt vor, wenn die wertabwägende Auslegung der formal (durch eine Handlung oder durch mehrere Handlungen) erfüllten zwei Tatbestände zeigt, dass durch die Unterstellung der Tat(en) unter den einen der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhalts bereits für sich allein abgegolten ist. Voraussetzung ist, dass durch die Bestrafung wegen des einen Delikts tatsächlich der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens umfasst wird (vgl. VwGH 16.11.1988, 88/02/0144; 14.9.2001, 98/02/0279) [LVwG Wien VGW-001/042/322/2015].

 

V.1.2. Ebenso führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.12.2006, 2006/06/0037 zur Doppelbestrafung Nachfolgendes aus:

 

Gemäß der Garantie des Art. 4 7. ZP-EMRK darf niemand "wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz oder dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden".

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen (z.B. VfSlg. 15.128, 15.199, 15.293/1998, jeweils mwH, insbesondere auch auf Rechtsprechung des EGMR), dass eine Regelung, wonach durch eine Tat mehrere Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz), noch nicht dem in Art. 4 7. ZP-EMRK normierten Verbot der Doppelbestrafung widerspricht. Die Verfolgung oder Bestrafung wegen ein und derselben Handlung ist auf Grund des Art. 4 7. ZP-EMRK aber dann unzulässig, wenn diese Handlung bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war; dies ist der Fall, wenn der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodass ein weiter gehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst.

 

V.1.3. In seinem Erkenntnis vom 20.11.2015, Ra 2015/02/0148, führte der Verwaltungsgerichtshof aus:

 

Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 VStG sind Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt.

Im Falle der Scheinkonkurrenz, also wenn der gesamte Unrechtsgehalt eines Deliktes von jenem eines anderen, ebenfalls verwirklichten in jeder Beziehung mitumfasst ist, ist es unzulässig, dem Täter ein und denselben Unwert mehrmals zuzurechnen (vgl. Raschauer/Wessely, Kommentar zum VStG, Rz 7 zu § 22).

Neben der Spezialität und der Subsidiarität zählt die Konsumption zu den Fällen der Scheinkonkurrenz (aaO, Rz 8 bis 10).

Nach der Rechtsprechung liegt Konsumption vor, wenn die wertabwägende Auslegung der formal (durch eine Handlung oder durch mehrere Handlungen) erfüllten zwei Tatbestände zeigt, dass durch die Unterstellung der Tat(en) unter den einen der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhalts bereits für sich allein abgegolten ist. Voraussetzung ist, dass durch die Bestrafung wegen des einen Delikts tatsächlich der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens erfasst wird (vgl. die Erkenntnisse vom 14.9.2001, Zl. 98/02/0279, mwN, sowie vom 26. März 2015, Zl. Ra 2014/17/0033).

 

V.1.4. Zusammengefasst ergibt sich vorliegend insofern ein Fall der Konsumption. Nachdem die Bf bereits zu GZ: LVwG-301107-2006 bestraft (bzw. ermahnt) wurde, würde eine nochmalige Bestrafung dem Doppelbestrafungs­verbot widersprechen. Naturgemäß konnte die Bf das ZKO3-Formular ja gar nicht bereithalten, weil zumal eine fristgemäße Meldung nicht erfolgt war. Unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungsverbotes ist daher im Hinblick auf die Spruchpunkte a), b) und c) mittels Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens vorzugehen.

 

V.2. Zu den Spruchpunkten d) und e):

 

V.2.1. Nachdem sich die Bf zu dem gegen sie erhobenen Tatvorwurf geständig verantwortet hat, sind im Hinblick auf die Strafhöhe die Milderungs- und Erschwerungsgründe gegeneinander abzuwägen bzw. sind die Voraussetzungen für das Vorgehen mittels Ermahnung oder außerordentlicher Strafmilderung zu prüfen.

 

V.2.2. Bei der Strafbemessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb des gesetzli­chen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begrün­dung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung des Ermessensaktes auf eine Überein­stimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (VwSlg. 8134 A/1971).

 

V.2.3. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe, die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

 

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

V.2.4. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

V.2.4.1. Im Erkenntnis des VwGH vom 5.5.2014, Ro 2014/03/0052, setzte sich dieser mit der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG auseinander. Der dortige Revisionswerber begründete die Zulässigkeit seiner Revision damit, dass es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der seit 1. Juli 2013 geltenden neuen Rechtslage des § 45 Abs. 1 VStG, und zwar insbesondere in Bezug auf § 45 Abs. 1 Z 4 und den letzten Absatz des § 45 Abs. 1 VStG, gebe. Zu prüfen sei die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und inwieweit das Verschulden eines Beschuldigten als gering anzusehen sei.

 

Der VwGH führte dazu aus, dass mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013 § 45 VStG (unter anderem) um den – im gegenständlichen Fall maßgeblichen – Einstellungstatbestand der Z 4 erweitert wurde, wonach von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde – nach dem Schlusssatz des § 45 Abs. 1 VStG – dem Beschuldigten in diesem Fall unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. In den Gesetzesmaterialien (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, 19) wird dazu erläutert, dass mit dem neu formulierten § 45
Abs. 1 VStG insbesondere die bisher in § 21 Abs. 1 VStG enthaltenen Bestimmungen zusammengeführt werden sollen.

 

§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG und der neue Schlusssatz dieses Absatzes entsprächen im Wesentlichen § 21 Abs. 1 VStG (alte Fassung). Zu der zuletzt genannten Bestimmung, die ein Absehen von der Verhängung einer Strafe (bei allfälliger Ermahnung des Beschuldigten) vorsah, „wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind“, besteht eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 21 VStG E 5 ff, und in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6 bis 11 und 18 wiedergegebene Judikatur), anhand derer auch die Rechtsfragen, die der vorliegende Fall aufwirft gelöst werden können, sodass es keiner neuen Leitlinien bedarf.

 

Nichts anderes kann auch im vorliegenden Fall gelten und ist dieser anhand der bisherigen Rechtsprechung zu beurteilen.

 

V.2.4.2. Sander führt in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6 ff dazu aus: Für das Vorgehen nach § 21 VStG [nunmehr § 45 Abs. 1 Z 4 VStG] müssen im Wesentlichen zwei Kriterien vorliegen: Das Verschulden des Beschuldigten muss gering sein und die Folgen der Übertretung unbedeutend. Feststellungen dazu und damit die Basis für die Entscheidung werden sich in aller Regel aus den Erhebungsergebnissen bzw. im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ergeben. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (zB VwGH 16.3.1987, 87/10/0024; 19.5.1993, 92/09/0031; 10.12.1996, 96/04/0154; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92; 8.9.1994, 12 Os 109/94).

 

Unter geringfügigem Verschulden versteht die Rspr solche Fälle, in denen das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt zurückbleibt (zB VwGH 12.9.1986, 86/18/0059; 8.10.1990, 90/19/0483; 18.9.1996, 94/03/0128; 10.12.2001, 2001/10/0049; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92). Durch eine solche Auslegung des § 21 VStG ist gleichzeitig klargestellt, dass die Bestimmungen des § 21 VStG nicht nur im Fall der leichten Fahrlässigkeit angewendet werden können (zB VwGH 5.9.1986, 86/18/0167; 20.9.1995, 93/03/0083; 29.5.1998, 98/02/0050; 14.10.2005, 2004/05/0221). Die Meinung, dass ein geringfügiges Verschulden nur dann vorliegen kann, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, wird von der Rspr abgelehnt (VwGH 29.5.1998, 98/02/0050).

 

Neben der Voraussetzung des Vorliegens von bloß geringfügigem Verschulden, bei dessen Nichtvorliegen nach der Judikatur des VwGH die zweite Voraussetzung in aller Regel nicht mehr geprüft wird, darf die Verwaltungsübertretung für die Anwendung von § 21 VStG nur unbedeutende Folgen nach sich ziehen. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (zB VwGH 16.3.1987, 87/10/0024; 19.5.1993, 92/09/0031; 10.12.1996, 96/04/0154; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92; 8.9.1994, 12 Os 109/94).

 

V.2.4.3. Im Fall des AuslBG erwähnt Sander in Raschauer/Wessely, VStG, § 21
Rz 6ff nachfolgende Fälle: Bloß geringfügiges Verschulden kann (betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG) etwa dann vorliegen, wenn nicht eine Umgehungshandlung gesetzt werden sollte, sondern die Tatbestandsmäßigkeit in der Person des Ausländers verkannt wurde (VwGH 19.9.2001, 99/09/0264; 2007.09/0229). Wenn im Ergebnis ein Ausländer fahrlässig ohne die formellen Voraussetzungen nach dem AuslBG beschäftigt wurde, dieser aber materiell die Voraussetzungen für die Verlängerung seines Befreiungsscheines erfüllt hat, sodass die Beschäftigung im Ergebnis nur der gesetzlichen Ordnung widersprach und es für die konkrete Tat daher charakteristisch ist, dass sie in allen für die Strafbarkeit relevanten Gesichtspunkten eklatant hinter den typischen Straftaten nach § 28 AuslBG zurückbleibt, ist von bloß geringem Verschulden auszugehen (VwGH 4.9.2006, 2005/09/0073; 24.5.2007, 2006/09/0086; 18.9.2008, 2007/09/0241).

 

V.2.4.4. Sander führt in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 18 ff zum Ausspruch einer Ermahnung aus: Wenn die Behörde gemäß § 45 Abs. 1 vorzugehen hat, kann sie den Beschuldigten mittels Bescheid ermahnen, wenn dies erforderlich ist, um ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. [...] Die Rspr nimmt an, dass die bescheidmäßige Ermahnung denselben Vorschriften unterliegt, wie die bescheidmäßige Erlassung eines Straferkenntnisses (zB VwGH 22.6.1971, 253/71; 19.11.1974, 799/73; 19.5.1980, 3407/79). Dadurch kann eine bescheidmäßig ausgesprochene Ermahnung auch vor den UVS [nunmehr: LVwG] und den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten werden (z.B. VwGH 8.2.1988, 87/10(0188). Der Ausspruch einer Ermahnung ist jedoch nur zulässig, wenn die Voraussetzungen hiefür, nämlich die Notwendigkeit, dadurch den Beschuldigten von der Begehung weiterer Handlungen der gleichen Art abzuhalten, vorliegen.

 

Diese Erwägungen zur Ermahnung im Hinblick auf das AuslBG lassen sich auch auf das AVRAG übertragen.

 

V.2.5. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Bf zu den gegen sie erhobenen Tatvorwürfen (reumütig) geständig verantwortet. Die Bf ist unbescholten. Die Bf erfüllt daher den Milderungsgrund gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 StGB, nachdem sie bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat. Die Bf hat kurz vor dem nunmehrigen Tatvorwurf das Unternehmen ihres Vaters übernommen; es handelte sich für die Bf um ihren ersten Auftrag in Österreich bzw. überhaupt um ihren ersten grenzüberschreitenden Auftrag. Ebenso ist der Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 17 StGB, das Vorliegen eines Geständnisses, erfüllt.

 

Die Bf hat sich auch darum bemüht, die von ihr begangene Verwaltungs­übertretung dahingehend wieder gut zu machen, als sie die fehlenden A1-Dokumente nachgereicht hat. Aus den im Akt befindlichen Unterlagen ergibt sich, dass eine Unterentlohnung der entsendeten Arbeitnehmer nicht vorlag. Der Schutzzweck der übertretenen Norm wurde insofern nicht beeinträchtigt. Die Vorgehensweise der Bf kommt insofern dem Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 15 StGB – der Schadensgutmachung – gleich.

 

Letztendlich haben sich aus den persönlichen Verhältnissen der Bf keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Wiederholungsgefahr bestehen könnte und daher aus spezialpräventiven Gründen jedenfalls die Verhängung einer Strafe erforderlich wäre.

 

Dem gegenüber konnten keine Erschwerungsgründe festgestellt werden. Den fehlenden Erschwerungsgründen stehen drei Milderungsgründe gegenüber. Auch aus den gesamten Umständen des Sachverhaltes ergibt sich darüber hinaus, dass das Verschulden der Bf als im unteren Bereich gelegen gewertet werden kann.

 

Darüber hinaus hat eben eine Unterentlohnung der entsendeten Arbeitnehmer nicht stattgefunden, sodass der eigentliche Schutzzweck, die Verhinderung von Lohn- und Sozialdumping, nicht verletzt wurde. Außerdem hat sich ergeben, dass für einen der Arbeiter, nämlich den Zeugen M K, das A1-Dokument auf der Baustelle vorlag, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die anderen beiden A1-Dokumente aus Fahrlässigkeit nicht auf der Baustelle vorhanden waren und die Bf keine Normübertretungsabsicht hatte bzw. keine Verschleierung angedacht war.

 

V.2.6. Dem erkennenden Gericht ist durchaus bewusst, dass es sich bei Übertretungen des AVRAG um schwerwiegende Verstöße handelt und nur in seltenen Fällen mit einer Ermahnung vorgegangen werden kann. Allerdings hat sich durch das Verhalten und die Verantwortung der Bf in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht der positive Eindruck ergeben, dass gegenständlich einer dieser seltenen Fälle vorliegt.

 

V.2.7. Insofern konnte im Hinblick auf die Spruchpunkte d) und e) gerade noch mit einer Ermahnung vorgegangen werden. Die Bf hat keine Kostenbeiträge zu bezahlen.

 

Die Bf wird allerdings darauf hingewiesen, dass sie für den Fall einer weiteren Übertretung des AVRAG jedenfalls mit der Verhängung einer Geldstrafe zu rechnen hat.

 

V.3. Zusammengefasst war betreffend Spruchpunkte a), b) und c) mittels Einstellung sowie betreffend Spruchpunkte d) und e) mittels Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG vorzugehen. Darüber hinaus war die Beschwerde abzuweisen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtspre­chung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

VI.2. Die Beurteilung und Abwägung der Milderungs- und Erschwerungsgründe sowie das Vorgehen mittels Ermahnung iSd § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist außerdem im Hinblick auf die Bf in concreto und den speziellen Sachverhalt vorzunehmen. Diese Würdigung ist stets einzelfallbezogen sowie ein Ergebnis der jeweiligen Beweiswürdigung und daher nicht verallgemeinerungsfähig. Auch aus diesem Grund ist die ordentliche Revision ausgeschlossen.

 

Letztendlich steht das Vorgehen mittels Ermahnung im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (V.2.), sodass auch deshalb die Revision für unzulässig zu erklären war.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s e

 

1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

2. Gemäß § 7n Abs. 2 AVRAG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechts­kräftigen Bestrafung die Eintragung in die Evidenz des Kompetenzzentrum LSDB verbunden ist.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer