LVwG-650738/5/ZO/HK

Linz, 22.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Zöbl über die Beschwerde des Herrn R L, geb. 1977, P vom 2.9.2016 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Perg vom 24.8.2016, GZ: VerkR20-309595-2016, wegen Erteilung der Lenkberechtigung unter Einschränkungen

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben, die Befristung der Lenkberechtigung bis 9.8.2017 sowie die im Spruch des Bescheides angeführten Einschränkungen (Code 104) werden aufgehoben.

 

 

II.      Gegen diese Entscheidung ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B befristet bis 9.8.2017 und unter folgenden Einschränkungen erteilt:

„Folgenden Facharztbefund bzw. Laborbefund haben Sie in nachstehenden Abständen nach Aufforderung durch die Abteilung Sanitätsdienst der Bezirkshauptmannschaft Perg innerhalb einer Frist von 10 Tagen der Bezirkshauptmannschaft Perg vorzulegen:

In Abständen von 3 Monaten, beginnend mit 9.8.2016 bis zum 9.8.2017 sind vorzulegen:

Befunde: Kontrolluntersuchung auf GOT, GPT, MCV, Gamma GT, CDT (Vorlage des Laborbefundes).“

 

Dieser Bescheid wurde mit dem amtsärztlichen Gutachten vom 9.8.2016 begründet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass er einsichtig sei und die von ihm vorgelegten Befunde in Ordnung seien. Dies habe auch die Amtsärztin bestätigt. Laut deren Angaben seien seine Aussagen auch glaubwürdig. Auch aus der VPU ergebe sich, dass sein Fehlverhalten mit Alkohol nicht als ständiger Zustand anzusehen sei. Es habe sich um eine einmalige und für ihn selbst nicht nachvollziehbare Tat gehandelt, weshalb insgesamt kein Grund bestehe, seinen Führerschein nur eingeschränkt auszustellen. Er beantragte daher die Rücknahme der Beschränkung und eine Neuausstellung des Führerscheines.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Beschwerde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergab sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung einer Stellungnahme der Amtsärztin der belangten Behörde. Aus diesen Unterlagen ergibt sich, dass die angefochtenen Einschränkungen aufzuheben waren. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war daher nicht erforderlich.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer hatte am 23.1.2016 einen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,78 Promille) gelenkt. Dabei war es zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gekommen, die Lenkberechtigung war dem Beschwerdeführer für die Dauer von 7 Monaten entzogen worden. Weiters wurde er verpflichtet, eine verkehrspsychologische Untersuchung durchzuführen und ein amtsärztliches Gutachten beizubringen.

 

Die verkehrspsychologische Untersuchung vom 17.5.2016 ergab zusammengefasst, dass der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B geeignet ist. Es wurde empfohlen, die Wiedererteilung der Lenkberechtigung von unauffälligen alkoholsensitiven Laborwerten abhängig zu machen. Ein bedenklich erhöhtes Alkoholkonsumverhalten sei nicht zwingend zu erschließen, der Beschwerdeführer konnte eine Veränderung seines Alkoholkonsumverhaltens glaubhaft machen. Die Testverfahren ergaben eine stabile, kontrollierte und verantwortungsbewusste Persönlichkeit mit einer geringen Risikobereitschaft. Eine erhöhte funktionale Bedeutung des Alkohols war nicht feststellbar, es zeigten sich lediglich geringe Tendenzen, den Alkohol zur leichteren Integrierung in eine soziale Gruppe einzusetzen. Eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für neuerliche Trunkenheitsdelikte bei der Teilnahme am Straßenverkehr könne aus der aktuellen Befundlage nicht abgeleitet werden, weshalb eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung bestätigt wurde.

 

Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Laborwerte vom April, Juli und August 2016 waren hinsichtlich CDT jeweils unauffällig, GPT und Gamma GT waren jedoch erhöht.

 

Die Amtsärztin kam unter Berücksichtigung dieser VPU sowie der Laborwerte in ihrem Gutachten vom 9.8.2016 zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer glaubhaft dargestellt habe, seinen Alkoholkonsum soweit eingeschränkt und ein entsprechendes Problembewusstsein entwickelt zu haben, dass mit einer neuerlichen Autofahrt im alkoholisierten Zustand nicht zu rechnen sei. Auch die vorgelegten Laborwerte würden dem nicht entgegensprechen. Wegen des hohen Alkoholisierungsgrades (gemeint beim Alkoholdelikt) sei eine gewisse Toleranz und gestörte Wahrnehmung der Alkoholisierung mit einer Rückfallgefahr anzunehmen, weshalb eine Befristung auf ein Jahr mit vierteljährlicher Laborbefundvorlage erforderlich sei.

 

Vom LVwG Oberösterreich wurde die Amtsärztin mit Schreiben vom 24.10.2016 aufgefordert, ihr Gutachten in Hinblick auf die geforderten Einschränkungen näher zu konkretisieren.

 

Dazu führte sie mit Schreiben vom 17.11.2016 aus, dass bei der amtsärztlichen Untersuchung die grundsätzliche gegenwärtige Eignung zur Verkehrsteilnahme festgestellt worden sei. Aufgrund der Einsicht und des Problembewusstseins des Beschwerdeführers sei zum Zeitpunkt der amtsärztlichen Untersuchung nicht mit einer Autofahrt im alkoholisierten Zustand zu rechnen gewesen.

 

Gleichzeitig sei aufgrund des hohen Alkoholisierungsgrades eine Toleranzentwicklung gegenüber Alkohol und eine gestörte Wahrnehmung der Alkoholisierung vermutet worden, weshalb eine entsprechende Befristung notwendig sei. Personen, welche nicht an regelmäßigen größeren Alkoholkonsum gewöhnt seien, seien mit einem derartigen Alkoholisierungsgrad nicht in der Lage, ein KFZ in Betrieb zu nehmen oder am komplexen Verkehrsgeschehen teilzunehmen. Aufgrund der Erkenntnisse in der einschlägigen Fachliteratur, wonach bei einem Alkoholdelikt von über 1,6 Promille ein chronischer Alkoholkonsum mit besonderer Gewöhnung und Verlust der kritischen Einschätzung des Verkehrsrisikos anzunehmen sei, könne nach wie vor innerhalb des ersten Jahres von einer erhöhten Rückfallquote ausgegangen werden. Dazu verwies sie auf die „Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von KFZ-Lenkern“.

 

Durch die regelmäßige Kontrolle der alkoholtypischen Laborparameter soll ein Rückfall in frühere Trinkmuster (Kontrollverlust über die Trinkmenge, unzureichende Wahrnehmung des Alkoholisierungsgrades und Teilnahme am Straßenverkehr im alkoholbeeinträchtigten Zustand) möglichst erkannt werden. Es sei selbstverständlich davon auszugehen, dass bei Personen, die bereits Alkohol missbräuchlich verwendet haben, die Wahrscheinlichkeit, ein KFZ alkoholisiert in Betrieb zu nehmen, höher sei als bei Personen, die ein restriktives und verantwortungsbewusstes Verhalten in Bezug auf Alkoholkonsum vor aktiver Teilnahme am Straßenverkehr aufweisen.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 14 Abs. 1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht soweit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

 

Gemäß § 14 Abs. 2 FSG-GV haben Lenker von Kraftfahrzeugen, bei denen ein Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 g/l oder mehr oder der Atemluft von 0,8 mg/l oder mehr festgestellt wurde, ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen.

 

Gemäß § 14 Abs. 5 FSG-GV ist Personen, die Alkohol, Sucht- oder Arzneimittel abhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.2.1. Die Frage der gesundheitlichen Eignung von Personen zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Zusammenhang mit Alkohol sind im § 14 FSG-GV zusammengefasst wie folgt geregelt:

Personen, die alkoholabhängig sind, gelten als nicht geeignet. Ihnen darf eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Bei Verdacht auf Alkoholabhängigkeit ist eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen (§ 14 Abs. 1 FSG-GV).

Personen, die in der Vergangenheit alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, gelten unter der Voraussetzung einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme grundsätzlich als gesundheitlich geeignet, wobei jedoch ärztliche Kontrolluntersuchungen vorzuschreiben sind    (§ 14 Abs. 5 FSG-GV).

Von diesen Personengruppen unterscheidet § 14 Abs. 2 FSG-GV jene Personen, welche ein Kraftfahrzeug mit einem Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 Promille oder mehr gelenkt haben. Bei diesen ist die psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen. § 14 Abs. 2 FSG-GV geht jedoch nicht davon aus, dass diese Personen bereits einen gehäuften Alkoholmissbrauch begangen hätten oder gar alkoholabhängig seien (wäre dies der Fall, so würden diese Personen unter die Bestimmungen des § 14 Abs. 5 FSG-GV bzw. § 14 Abs. 1 FSG-GV fallen und die Bestimmung des § 14 Abs. 2 FSG-GV wäre nicht notwendig).

 

Der Beschwerdeführer hatte seinen PKW mit einem Blutalkoholgehalt von mehr als 1,6 Promille gelenkt, weshalb er eine verkehrspsychologische Stellungnahme erbringen musste. Diese ergab seine uneingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Konkrete Hinweise auf einen gehäuften Alkoholmissbrauch oder Abhängigkeit liegen nicht vor.

 

5.2.2. In den „Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von Kfz-Lenkern“ wird in diesem Zusammenhang Folgendes ausgeführt:

„Im Hinblick auf die einschlägige Fachliteratur ist bei einem Alkoholgehalt von über 1,6 Promille die Annahme eines chronischen Alkoholkonsums mit besonderer Gewöhnung und Verlust der kritischen Einschätzung des Verkehrsrisikos anzunehmen. Dies gilt auch bei wiederholten Auffälligkeiten (auch mit geringeren Promillewerten) unter Alkohol im Straßenverkehr innerhalb weniger Jahre, sodass grundsätzlich von einem erhöhten Rückfallrisiko auszugehen ist. Wenn nun im Einzelfall geklärt wurde, dass die nötige kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen ausreichend vorhanden sind und gegenwärtig die erforderliche Bereitschaft zur Verkehrsanpassung (durch begonnene Änderung der Trinkgewohnheiten, eventuell durch strikte Abstinenz, durch entsprechendes Problembewusstsein, Einstellungs- bzw. Verhaltensänderung, usw.) vorliegt, muss allerdings in Hinblick auf das Bedienungsgefüge der Alkoholproblematik nach wie vor innerhalb des ersten Jahres von einer erhöhten Rückfallquote ausgegangen werden bis eine ausreichende Stabilität erreicht wird. Dies begründet sich auch auf die körperlichen Faktoren, die sowohl bei Abhängigkeit als auch bei Missbrauch von Bedeutung sind. Durch eine erhöhte Alkoholtoleranz (Trink-/Giftfestigkeit) fehlt diesen Personen über einen längeren Zeitraum die körperliche Sensibilität für ihre akute Alkoholisierung. Dies gilt insbesondere unter dem Einfluss von Restalkohol. Somit ist bis zu einem entsprechenden Eintritt einer Stabilität mit positiver Veränderung („zufriedene Abstinenz“, positive Rückmeldungen durch das soziale Umfeld usw.) noch mit einer Verschlechterung zu rechnen und somit eine Befristung indiziert.“

Diese „Leitlinien“ stellen einen Erlass des BMVIT dar und sind auf dessen Homepage veröffentlicht.

 

Die Amtsärztin begründet die von ihr vorgeschlagenen Einschränkungen erkennbar mit diesen Ausführungen in den Leitlinien für die Beurteilung zur gesundheitlichen Eignung. Diesen steht jedoch die oben dargestellte Verordnungslage des § 14 FSG-GV gegenüber, welche bei Personen, die mit einem Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille oder mehr zwar zwingend eine verkehrspsychologische Stellungnahme, jedoch keinesfalls verpflichtend weitere Einschränkungen vorsieht.

 

5.2.3. Auch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Thematik ist bezüglich Einschränkungen der Lenkberechtigung eher restriktiv. Aus dieser ergibt sich, dass auch exzessiver Alkoholkonsum die Eignung des Betroffenen zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht in jeden Fall ausschließt. Es müssen vielmehr konkrete Umstände dafür vorliegen, dass der Betreffende nicht willens oder nicht in der Lage sei, sein Verhalten in Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen. Eine Einschränkung der Lenkberechtigung ist nur dann zulässig, wenn konkret zu befürchten ist, dass der Betreffende in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnehmen werde (VwGH 24.11.2005, 2004/11/0121, 21.9.2010, 2010/11/0126 u.a.). Auch eine erhöhte Alkoholtoleranz rechtfertigt nicht die Annahme, dass konkret zu befürchten sei, der Betroffene werde neuerlich ein Alkoholdelikt begehen. Dies insbesondere deshalb, weil nicht nachvollziehbar ist, warum bei Personen mit „Alkoholintoleranz“ eine solche Gefahr auszuschließen sein sollte. Entscheidend für die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol ist, dass der Betreffende – sei es nun aus Überzeugung vor den schädlichen Wirkungen des Alkoholkonsums auf die Gesundheit, sei es aufgrund der Furcht vor Bestrafung und Verlust der Lenkberechtigung – den Konsum von Alkohol vor dem Lenken eines Kraftfahrzeuges vermeidet oder zumindest so weit einschränkt, dass er durch den Alkoholkonsum beim Lenken nicht beeinträchtigt ist (VwGH 20.11.2012, 2012/11/0172).

 

Aus der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass eine Einschränkung der Lenkberechtigung nur dann zulässig ist, wenn aufgrund konkreter Umstände zu befürchten ist, dass der Betroffene – ohne diese Einschränkungen seiner Lenkberechtigung – wiederum ein Alkoholdelikt im Straßenverkehr begehen würde. Derartige Untersuchungsergebnisse liegen im gegenständlichen Fall jedoch nicht vor. Ganz im Gegenteil wurde dem Beschwerdeführer in der VPU eine uneingeschränkte Bereitschaft zur Verkehrsanpassung attestiert und auch die Amtsärztin erachtete die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach mit einer neuerlichen Autofahrt im alkoholisierten Zustand nicht zu rechnen sei, als glaubhaft.

 

5.2.4. Die angeführten Bestimmungen des § 14 der Führerscheingesetz- Gesundheitsverordnung rechtfertigen bei Personen, welche mit einem Blutalkoholgehalt von mehr als 1,6 Promille ein KFZ gelenkt haben, nicht in jeden Fall eine Einschränkung der Lenkberechtigung bei deren Wiedererteilung. Diese wären nur dann gerechtfertigt, wenn bei den vorgeschriebenen Untersuchungen konkrete Umstände hervorkämen, welche befürchten lassen, dass der Untersuchte neuerlich in einem alkoholisierten Zustand ein Fahrzeug lenken werde. Dies mag bei dem unter § 14 Abs. 2 FSG-GV fallenden Personenkreis zwar in vielen Fällen zutreffen, beim Betroffenen liegen solche Untersuchungsergebnisse jedoch gerade nicht vor. Die Einschränkung seiner Lenkberechtigung war daher rechtswidrig und deshalb aufzuheben.

 

5.3. Sollten die Ausführungen in den „Leitlinien für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung von Kfz-Lenkern“ so zu verstehen sein, dass nach dem aktuellen Stand der Wissenschaften bei Personen, welche ein Alkoholdelikt mit mehr als 1,6 Promille begangen haben, aufgrund deren erhöhter Alkoholtoleranz innerhalb des ersten Jahres geradezu regelmäßig von einer erhöhten Rückfallgefahr auszugehen ist, so wäre wohl § 14 Abs. 2 FSG-GV entsprechend anzupassen. Wenn – wie man den Leitlinien zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung entnehmen könnte – bei allen Personen, welche ein Alkoholdelikt mit mehr als 1,6 Promille begangen haben, eine Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr (und allenfalls eine Überwachung des Alkoholkonsums durch entsprechende Laborparameter in diesem Jahr) aus fachlicher Sicht indiziert wäre, so könnte der Verordnungsgeber dies in § 14 Abs. 2 FSG-GV unmittelbar anordnen. Eine amtsärztliche Begutachtung bzw. eine verkehrspsychologische Untersuchung wäre dann für diese Fälle überhaupt nicht erforderlich.

 

Auf Basis der derzeitigen Verordnungslage und der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist jedoch eine Einschränkung der Lenkberechtigung bei dem unter § 14 Abs. 2 FSG-GV fallenden Personenkreis nur bei konkreten Untersuchungsergebnissen zulässig, aus denen abgeleitet werden kann, dass der Betroffene neuerlich ein Alkoholdelikt begehen werde. Bloß allgemeine Befürchtungen reichen dafür hingegen nicht.

 

 

 

Zu II.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der dargestellten und als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Zöbl

 

 

 

LVwG 650738/5/Zo/HK v. 22. Dezember 2016

 

 

§ 14 Abs. 1 FSG-GV

§ 14 Abs. 2 FSG-GV

§ 14 Abs. 5 FSG-GV

Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von Kraftfahrzeuglenkern

 

 

 

Die Frage der gesundheitlichen Eignung von Personen zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Zusammenhang mit Alkohol sind im § 14 FSG-GV zusammengefasst wie folgt geregelt:

Personen, die alkoholabhängig sind, gelten als nicht geeignet. Bei Verdacht auf Alkoholabhängigkeit ist eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen (§ 14 Abs. 1 FSG-GV).

Personen, die in der Vergangenheit alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, gelten unter der Voraussetzung einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme grundsätzlich als gesundheitlich geeignet, wobei jedoch ärztliche Kontrolluntersuchungen vorzuschreiben sind (§ 14 Abs. 5 FSG-GV).

Von diesen Personengruppen unterscheidet § 14 Abs. 2 FSG-GV jene Personen, welche ein Kraftfahrzeug mit einem Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 Promille oder mehr gelenkt haben. Bei diesen ist die psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen. § 14 Abs. 2 FSG-GV geht jedoch nicht davon aus, dass diese Personen bereits einen gehäuften Alkoholmissbrauch begangen hätten oder gar alkoholabhängig seien (wäre dies der Fall, so würde diese Personen unter die Bestimmungen des § 14 Abs. 5 FSG-GV bzw. § 14 Abs. 1 FSG-GV fallen und die Bestimmung des § 14 Abs. 2 FSG-GV wäre nicht notwendig.

 

Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass die Einschränkung der Lenkberechtigung nur dann gerechtfertigt ist, wenn konkret zu befürchten ist, dass der Betreffende in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnehmen werde (VwGH 24.11.2005, 2004/11/0121, 21.9.2010, 2010/11/0126 u.a.). Auch eine erhöhte Alkoholtoleranz rechtfertigt nicht die Annahme, dass konkret zu befürchten sei, der Betroffene werde neuerlich ein Alkoholdelikt begehen. Entscheidend für die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol ist, dass der Betreffende – sei es nun aus Überzeugung, sei es aufgrund der Furcht vor dem Verlust der Lenkberechtigung – den Konsum von Alkohol vor dem Lenken eines Kraftfahrzeuges zumindest so weit einschränkt, dass er durch den Alkoholkonsum beim Lenken nicht beeinträchtigt ist (VwGH 20.11.2012, 2012/11/0172).

 

Auf Basis der derzeitigen Verordnungslage und der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Einschränkung der Lenkberechtigung bei Personen, welche ein Alkoholdelikt mit 1,6 Promille oder mehr begangen haben, nur bei konkreten Untersuchungsergebnissen zulässig, aus denen abgeleitet werden kann, dass der Betroffene neuerlich ein Alkoholdelikt begehen werde. Bloß allgemeine Befürchtungen reichen dafür hingegen nicht.

 

Sollten die Ausführungen in den „Leitlinien für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung von Kfz-Lenkern“ so zu verstehen sein, dass nach dem aktuellen Stand der Wissenschaften bei Personen, welche ein Alkoholdelikt mit mehr als 1,6 Promille begangen haben, aufgrund deren erhöhter Alkoholtoleranz innerhalb des ersten Jahres geradezu regelmäßig von einer erhöhten Rückfallgefahr auszugehen ist, so wäre wohl § 14 Abs. 2 FSG-GV entsprechend anzupassen. Wenn – wie man den Leitlinien zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung entnehmen könnte – bei allen Personen, welche ein Alkoholdelikt mir mehr als 1,6 Promille begangen haben, eine Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr (und allenfalls eine Überwachung des Alkoholkonsums durch entsprechende Laborparameter in diesem Jahr) aus fachlicher Sicht indiziert wäre, so könnte der Verordnungsgeber dies in § 14 Abs. 2 FSG-GV unmittelbar anordnen. Eine amtsärztliche Begutachtung bzw. eine verkehrspsychologische Untersuchung wäre dann für diese Fälle überhaupt nicht erforderlich.

 

 

Beschlagwortung:

 

Alkoholabhängigkeit; Eignung zum Lenken von KFZ; Alkoholtoleranz; Einschränkung; verkehrspsychologische Eignung; Untersuchung