LVwG-601211/6/KH/Bb
Linz, 19.12.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Hörzing über die Beschwerde der Frau B F, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. P H, vom 4. Jänner 2016, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 25. November 2015, GZ: VerkR96-13194-2015/Hai, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 – KFG, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 19. Juli 2016,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 300 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht keinen Kostenbeitrag zu leisten. Die Kosten des behördlichen Verfahrens reduzieren sich auf 30 Euro (§ 64 Abs. 2 VStG).
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) warf Frau B F (im Folgenden: Beschwerdeführerin – Bf) mit Straferkenntnis vom 25. November 2015, GZ: VerkR96-13194-2015/Hai, eine Verwaltungs-übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG vor und verhängte gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 73 Stunden. Weiters wurde der Bf von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 36,50 Euro auferlegt. Vorausgegangen ist diesem Straferkenntnis eine Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 27. Mai 2015 wegen Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet im Ausmaß von 56 km/h mit dem Pkw, Kennzeichen x, am 20. Mai 2015 um 13.47 Uhr sowie eine Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG, eine entsprechende Strafverfügung vom 3. September 2015, gegen die rechtzeitig Einspruch erhoben wurde und die behördliche Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21. September 2015.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):
„Sie haben als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck auf Verlangen vom 16.07.2015 nicht binnen zwei Wochen nach der am 20.07.2015 erfolgten Zustellung der schriftlichen Aufforderung Auskunft erteilt, von wem dieses Fahrzeug am 20.05.2015 um 13.47 Uhr in Oberndorf bei Schwanenstadt auf der L 1259 bei Strkm 10,150 gelenkt wurde und auch jene Person nicht benannt, die die Auskunft erteilen hätte können.
Tatort: Gemeinde Vöcklabruck
Tatzeit: 04.08.2015
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 103 Abs. 2 KFG
Fahrzeug: Kennzeichen x, PKW.“
Begründend hielt die belangte Behörde u.a. fest, dass die Bf als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges gemäß § 103 Abs. 2 KFG verwaltungsstrafrechtlich verpflichtet sei, die Auskunft zu erteilen, wer zur angeführten Zeit das betreffende Kraftfahrzeug gelenkt habe. Sinn und Zweck dieser Regelung sei es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Kraftfahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Im vorliegenden Fall habe die Bf durch den auf der Lenkerauskunft vom 4. August 2015 angeführten Vermerk „Ich kann Ihnen dazu keine Auskunft erteilen, da es bereits über 2 Monate her ist“, eben diesem Gebot der Klarheit und Widerspruchsfreiheit der Lenkerauskunft nicht entsprochen. Die Auskunftspflicht werde auch durch die abgegebene Erklärung, dass das Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt einem Kaufinteressenten zur Probefahrt überlassen worden sei und daher nicht mehr angegeben werden könne, wer dieses zum Tatzeitpunkt gelenkt habe, verletzt. Die festgesetzte Geldstrafe wurde unter Hinweis auf § 19 VStG, dem Vorliegen einer einschlägigen Vormerkung und den geschätzten persönlichen Verhältnissen der Bf begründet.
I.2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 7. Dezember 2015, erhob die Bf mit Schriftsatz vom 4. Jänner 2016 durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, in welchem sie erneut vorbringt, dass zum angefragten Zeitpunkt ein ihr unbekannter Kaufinteressent mit dem Kraftfahrzeug eine Probefahrt unternommen habe, sodass es ihr nicht möglich gewesen sei, den Lenker oder jene Person bekanntzugeben, welche die Auskunft erteilen hätte können.
Ergänzend führt sie aus, dass sie bereits zum Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens versucht habe, die Kontaktaufnahme des Kaufinteressenten nachzuvollziehen. Im Gesprächsverlauf ihres Mobiltelefons seien allerdings mehr als zwei Monate danach keine Telefonnummern mehr ersichtlich gewesen. Es sei ihr kein Name des Kaufinteressenten mehr in Erinnerung, sie habe darauf vertraut, dass dieser das Fahrzeug nach der Fahrt wieder ordnungsgemäß zurückstellt.
Entgegen der Annahme der Behörde sei es gängige Praxis, dass gerade bei Privatverkäufen von Kraftfahrzeugen keine Aufzeichnungen über einen Probe fahrenden Kaufinteressenten geführt werden, wenn – wie geschehen – der Interessent selbst mit einem Kraftfahrzeug zur Probefahrt anreist und somit dieses während der Probefahrt zurücklässt. Beim gegenständlichen Kraftfahrzeug handle es sich um einen Audi A4 mit 143 PS, sodass es nicht gänzlich außerhalb der Lebenserfahrung liege, dass ein Kaufinteressent auf der Probefahrt die festgestellte Geschwindigkeit fährt. Am Standort der Geschwindigkeitsfeststellung habe vor rund einem Jahr außerdem noch eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h bestanden. Möglicherweise sei der Lenker ortskundig gewesen, habe aber die veränderte Geschwindigkeitsbeschränkung durch die versetzte Ortsanfangstafel aus Gewohnheitsgründen nicht beachtet oder schlichtweg übersehen.
So das Gericht zur Ansicht komme, dass der Tatbestand des § 103 Abs. 2 KFG erfüllt sei, treffe sie aus den genannten Gründen kein Verschulden. Die Behörde habe zudem nicht ausgeführt, welche einschlägige Vorstrafe seit wann gegen sie vorliege.
Die Bf beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung der Verwaltungsstrafsache.
I.3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Vorlageschreiben vom 18. Jänner 2016 unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit der GZ: VerkR96-13194-2015 zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.
Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und in Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
An der am 19. Juli 2016 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu welcher beide Verfahrensparteien nachweislich geladen wurden, haben die Bf und ihr Rechtsvertreter sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilgenommen und wurden zum Sachverhalt gehört und befragt.
II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 16. Juli 2015, GZ: VerkR96-13194-2015, wurde die Bf in ihrer Eigenschaft als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x gemäß § 103 Abs. 2 KFG binnen zwei Wochen ab Zustellung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers vom 20. Mai 2015 um 13.47 Uhr unter Angabe der Tatortörtlichkeit Oberndorf bei Schwanenstadt, L 1259 bei km 10,150 in Fahrtrichtung Schwanenstadt, oder jener Person, welche Auskunft darüber erteilen kann, aufgefordert. In dieser Aufforderung befand sich der Hinweis auf die Strafbarkeit bei Nichterteilen der Auskunft oder unrichtiger Auskunftserteilung. Die Lenkeranfrage wurde der Bf am 20. Juli 2015 zugestellt.
Diese teilte auf die behördliche Anfrage mit Antwortschreiben, zur Post gegeben am 3. August 2015, bei der Behörde eingelangt am 4. August 2015, mit, keine Auskunft erteilen zu können, da der Vorfall bereits über zwei Monate her sei.
Im weiteren Verfahren äußerte sie, dass zur Tatzeit ein Kaufinteressent alleine mit dem Fahrzeug eine Probefahrt durchgeführt habe, wobei sie an den unbekannten Lenker keine detaillierte Erinnerung mehr habe.
Nachdem die Bf innerhalb der zweiwöchigen Frist keine dem Gesetz entsprechende Lenkerauskunft erteilte, wurde sie sodann wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG verfolgt und es erging in der Folge das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.
Die Bf verfügt über monatliche Einkünfte in Höhe von 1.500 Euro, besitzt kein Vermögen und hat keine Sorgepflichten. Sie ist verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten, weist aber keine einschlägige rechtskräftige Vormerkung auf.
II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem behördlichen Verfahrensakt sowie als Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht. Die Bf bestreitet nicht, rechtswirksam zur Auskunftserteilung aufgefordert worden zu sein und binnen der zweiwöchigen Frist keine dem Gesetz entsprechende Lenkerauskunft erteilt zu haben, behauptet jedoch, es treffe sie kein Verschulden.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
III.1. Die im Anlassfall heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmungen lauten (auszugsweise):
Gemäß § 103 Abs. 2 KFG, BGBl. Nr. 267/1967 in der hier anzuwendenden Fassung der 31. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 43/2013, kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Gemäß § 134 Abs. 1 KFG in der anzuwendenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz […], zuwiderhandelt […].
III.2. Dem angefochtenen Straferkenntnis liegt eine schriftliche Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gemäß § 103 Abs. 2 KFG vom 16. Juli 2015, GZ: VerkR96-13194-2015, an die Bf in der Eigenschaft als Zulassungsbesitzerin zugrunde, in der das Auskunftsverlangen der Behörde binnen zwei Wochen ab Zustellung auf die Bekanntgabe desjenigen, der das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x am 20. Mai 2015 um 13.47 Uhr in Oberndorf bei Schwanenstadt, L 1259 bei km 10,150 in Fahrtrichtung Schwanenstadt, gelenkt hat oder jene Person zu benennen, die Auskunft über den Fahrzeuglenker erteilen kann, gerichtet war. Die am 20. Juli 2015 erfolgte Zustellung des Auskunftsverlangens setzte die gesetzlich vorgegebene – und daher behördlicherseits nicht erstreckbare – Frist von zwei Wochen nach Zustellung in Gang, die demnach am 3. August 2015 ablief.
Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge schützt die Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (VwGH 22. März 2000, 99/03/0434 mwN). Sinn und Zweck der Regelung ist es daher, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (VwGH 23. April 2010, 2010/02/0090 uvm.).
An die Lenkerauskunft sind strenge Anforderungen geknüpft. Die Auskunftspflicht im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG ist erst dann erfüllt, wenn die geschuldete Auskunft fristgerecht und dem Gesetz entsprechend vollständig und richtig der Behörde, die die Anfrage gestellt hat, erteilt wird.
Um der Auskunftspflicht Genüge zu tun, hätte die Bf die Verpflichtung getroffen, innerhalb der vorgeschriebenen Frist den tatsächlichen Fahrzeuglenker bzw. eine Auskunftsperson mitzuteilen, wobei die Auskunft gemäß § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG den Namen und die genaue Anschrift der betreffenden Person enthalten hätte müssen (vgl. dazu auch VwGH 5. Oktober 1990, 90/18/0190; 18. September 1991, 91/03/0165 uva.).
Dieser Verpflichtung hat die Bf aber nicht entsprochen, hat sie doch der anfragenden Behörde in ihrer am 3. August 2015 der Post zur Beförderung übergebenen Eingabe bloß mitgeteilt, keine Auskunft erteilen zu können, weshalb sie das objektive Tatbild des § 103 Abs. 2 KFG verwirklichte.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht des § 103 Abs. 2 KFG vor, wenn die Partei erklärt, nicht (mehr) angeben zu können, wer den Pkw zur Tatzeit gelenkt habe (VwGH 17 März 1982, 81/03/0021).
III.3. Es ist der Bf auch nicht gelungen darzutun, dass sie an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG trifft. Der Hinweis rund zwei Monate nach der betreffenden Tat keine Erinnerung mehr an den damaligen Lenker gehabt zu haben, vermag nicht zu exkulpieren, da § 103 Abs. 2 KFG keine zeitliche Beschränkung der Auskunftspflicht vorsieht (VwGH 2. Dezember 2015, Ra 2015/02/0221), sondern die Führung von Aufzeichnungen verlangt (vgl. vorletzter Satz zu § 103 Abs. 2 KFG), aus denen unverzüglich entnommen werden kann, wer das Fahrzeug jeweils gelenkt hat, wenn die Auskunft ohne diese etwa wegen des seit dem Vorfall verstrichenen Zeitraumes oder mangels Erinnerung an einen einzelnen Vorfall nicht erteilt werden kann (VwGH z. B. 18. Jänner 1989, 88/03/0099; 15. Mai 1990, 89/02/0206 uva.).
Es liegt im Verantwortungsbereich eines Zulassungsbesitzers bereits bei Überlassung eines Fahrzeuges an eine andere Person jene Daten festzustellen, die ihn im Falle einer Aufforderung durch die Behörde in die Lage versetzen, eine richtige und vollständige Lenkerauskunft zu erteilen. Ist er zur Erteilung der gesetzlichen Auskunft mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht in der Lage, so fällt ihm dies zur Last (Hinweis VwGH 24. Februar 2012, 2011/02/0140). Es muss von jedem Kraftfahrzeuglenker sowie Halter eines Kraftfahrzeuges verlangt werden, dass er in Kenntnis des Inhaltes der kraftfahrrechtlichen Vorschrift des § 103 Abs. 2 KFG ist. Bei geprüften Kraftfahrzeuglenkern kann eine Unkenntnis oder irrige Auslegung dieser Norm nicht als unverschuldet angesehen werden (VwGH 16. März 1994, 93/03/0204).
Der Bf ist zwar beizupflichten, dass Probefahrten mit zum Verkauf stehenden Fahrzeugen durch potentielle Kaufinteressenten auch im Rahmen von Privatverkäufen einen allgemein üblichen Vorgang darstellen, jedoch mutet es geradezu unlogisch an und widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, einen Pkw von nicht unerheblichem Wert (Listenpreis laut Bf damals ca. 14.000 Euro) einer völlig unbekannten Person zum alleinigen Lenken zu überlassen, ohne entsprechende Daten wie Name und genaue Anschrift, Kopie des Führerscheines oder eines Personaldokumentes einzufordern oder ohne an der betreffenden Fahrt teilzunehmen. Die Verantwortung, das Fahrzeug einem unbekannten Lenker überlassen zu haben, vermochte daher letztlich mangels lebensnaher Nachvollziehbarkeit in Verbindung mit jeglicher realer Überprüfbarkeit nicht wirklich zu überzeugen und war schließlich als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Es entstand vor allem der Eindruck, dass dieses Vorbringen darauf abgezielt hat, die eigene Lenkereigenschaft bzw. jene einer nahe stehenden Person zu verschleiern, um eine allfällige Entziehung der Lenkberechtigung abzuwenden.
Umstände, welche das Verschulden der Bf ausschließen würden, sind damit nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 38 VwGVG iVm § 5 Abs. 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen und somit auch die subjektive Tatseite zu bejahen ist. Die Bf hat daher ihr objektiv rechtswidriges Verhalten auch subjektiv zu verantworten.
III.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG iVm § 38 VwGVG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung beträgt gemäß § 134 Abs. 1 KFG 5.000 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe bis zu sechs Wochen.
Die Behörde hat bei der Bemessung der Strafe die persönlichen Verhältnisse der Bf mit einem Einkommen in Höhe von 1.500 Euro monatlich bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten geschätzt. Die Bf hat diesen Bemessungsgrundlagen nicht widersprochen, weshalb von diesen Grundlagen auch im Beschwerdeverfahren ausgegangen werden konnte.
Als straferschwerend wurde eine einschlägige Vormerkung berücksichtigt. Dem Verwaltungsvorstrafenregister lässt sich jedoch entnehmen, dass diese Übertretung offensichtlich zwischenzeitlich getilgt ist (§ 55 Abs. 1 und 2 VStG). Daraus folgt, dass die Bf im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung keine rechtskräftige Bestrafung nach § 103 Abs. 2 KFG aufweist. Straferschwerend ist damit kein Umstand zu werten, auch strafmildernde Umstände liegen nicht vor.
Angesichts der Tatsache, dass die Bf in Zusammenhang mit „Lenkerauskünften“ wiederum als „Ersttäterin“ anzusehen ist, ist eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf 300 Euro und der Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden gerechtfertigt und geboten.
Der Erschwerungsgrund einer einschlägigen Vorstrafe besteht nur dann, wenn diese zum Zeitpunkt der Begehung der neuen Straftat bereits rechtskräftig und noch nicht getilgt war (VwGH 23. Februar 1994, 93/09/0191; 15. April 2005, 2004/02/0309). Bereits getilgte Vorstrafen dürfen bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt werden (VwGH 11. April 1983, 83/10/0058). Die Berufungsbehörde (und damit auch das Verwaltungsgericht) hat allenfalls auch erst während des Verfahrens eingetretene Umstände bei der Strafbemessung wahrzunehmen. Dies gilt auch für den Ablauf der Tilgungsfrist hinsichtlich einer Vorstrafe (VwGH 12. Februar 1982, 81/04/0100, 24. März 1993, 92/03/0246).
Durch die Tat der Bf wurde das öffentliche Interesse an der raschen Feststellung der vollständigen Daten des verantwortlichen Fahrzeuglenkers erheblich beeinträchtigt, schließlich sogar unmöglich gemacht. Aufgrund der nicht dem Gesetz entsprechend erteilten Lenkerauskunft war eine Ahndung des für die Lenkeranfrage anlassgebenden Grunddeliktes nicht möglich. Es wurde die strafrechtliche Verfolgung einer nicht unbedeutenden Verwaltungsübertretung (Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet im Ausmaß von 56 km/h!) und in weiterer Folge auch ein Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung vereitelt. Nachdem hohe Geschwindigkeitsübertretungen immer wieder Ursache für Verkehrsunfälle mit teils schwerwiegenden Folgen sind, ist es im Interesse der Allgemeinheit gelegen, derartige Lenker unverzüglich auszuforschen und zu bestrafen.
Wer die ihm nach § 103 Abs. 2 KFG obliegende Auskunftspflicht verletzt, vereitelt in der Regel die Strafverfolgung einer Verwaltungsübertretung und gefährdet damit diejenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient (VwGH 24. Februar 1988, 87/03/0253; 22. März 2000, 99/03/0434).
Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Umstände erweist sich die nunmehr festgesetzte Geldstrafe tat- und schuldangemessen, aber auch dringend erforderlich, um die Bf in Hinkunft zur sorgfältigeren Wahrnehmung ihrer Auskunftspflicht anzuhalten und darauf hinzuweisen, dass die kraftfahrrechtliche Vorschrift des § 103 Abs. 2 KFG speziell für die Ahndung von Verkehrsdelikten im Straßenverkehr von zentraler Bedeutung ist. Die verhängte Geldstrafe beträgt 6 % der Maximalstrafdrohung, sodass sich für eine weitere Strafherabsetzung kein Ansatz findet. Der Verhängung einer noch geringeren Strafe stehen insbesondere spezial- bzw. generalpräventive Grundsätze entgegen.
III.5. Der Ausspruch betreffend Verfahrenskostenbeitrag ist in den zitierten Gesetzesbestimmungen begründet.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Katja Hörzing