LVwG-550942/11/SE

Linz, 20.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Ellmer über die Beschwerde von Herrn M W, vertreten durch DI W W, X, K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried i. I. vom 2. Juni 2016,
GZ: N10-70-2015, betreffend Anordnung von naturschutzrechtlichen Maßnahmen hinsichtlich der Rodung einer Gehölzgruppe  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid der Bezirks­hauptmannschaft Ried i. I. vom 2. Juni 2016, GZ: N10-70-2015,  ersatzlos behoben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichts­hofgesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.             1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried i. I. (kurz: belangte Behörde) vom 2. Juni 2016, GZ: N10-70-2015, wurde Herrn M W, X, P, aufgetragen, die auf dem Grundstück Nr. X, KG X, Marktgemeinde X, ohne erforderliche Bewilligung gem. § 5 Z 14 Oö. NSchG 2011 i.d.g.F. und somit widerrechtlich gerodete Gehölzgruppe unter näher bestimmten Auflagen bis
31. Oktober 2016 wieder aufzuforsten.   

 

Im Wesentlichen wurde begründend ausgeführt, dass es unbestritten sei, dass der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Rodung ohne die dafür erforderliche Bewilligung durchgeführt habe. Der vom Beschwerdeführer eingebrachte Antrag auf Bewilligung sei abgewiesen worden.

 

I. 2. Gegen diesen Bescheid hat Herr M W, vertreten durch
DI W W, X, K (in der Folge kurz: Beschwerdeführer), mit Schriftsatz vom
1. Juli 2016 Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer kündigte eine Projektergänzung an und beantragte seinen Antrag zu genehmigen.

 

Zusammenfassend wurde vorgebracht, dass aufgrund der starken Vernässung des gegenständlichen Grundstücks eine Drainage erforderlich war. Die Wiederbepflanzung sei nicht möglich, da sich die wasserwirtschaftliche Situation nochmals verschlechtert habe. Eine Bewirtschaftung sei sonst nicht möglich. Mit der angeführten Projektergänzung würde eine Beeinträchtigung des Natur- und Landschaftsschutzes nicht mehr vorliegen.

 

I. 3. Die von der belangten Behörde übermittelte Beschwerde unter Anschluss des Verfahrensaktes ist am 30. August 2016 beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung ergibt sich aus Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm
§ 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

I. 4. Am 12. Dezember 2016 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Neben den Verfahrensparteien war auch der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz der belangten Behörde anwesend.

 

Nach eingehender Erörterung und Diskussion ergänzte der Beschwerdeführer wie schon in seiner Beschwerde angekündigt seinen Antrag vom 11. November 2016 insofern, als nunmehr im östlichen Bereich des Grundstückes Nr. X,
KG X, im Bereich des bestehenden Mäanders statt 80 m2 insgesamt
400 m2 zusätzlich zu den im Projekt verzeichneten Anpflanzungen im Bereich des ursprünglichen Heckenbereichs mit Gehölzen bepflanzt werden.

 

Der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz bewertete diese Projektergänzung, mit der eine Fläche von ca. 520 m2 neu mit standortgerechten Gehölzen bepflanzt wird, unter Vorschreibung der nachstehenden Auflagen, Bedingungen und Befristungen als ausreichend, die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes hinreichend zu schützen:

 

1.    Es dürfen ausschließlich standortgerechte heimische Gehölze ohne Esche wie: Pfaffenkapperl, Bergahorn, Stieleiche, Schwarzerle, Weide für den Mäanderbereich, für den Heckenbereich Strauchförmige Pflanzen wie Schwarzer Holunder, Haselnuss, Schlehdorn verwendet werden.

2.    Sofern Eschen bereits nachgepflanzt wurden, sind diese durch die 1. angeführten Gehölze aufgrund des Eschentriebsterbens zu ersetzen.

3.    Die Anpflanzungen sind vor Verbiss und Verfegung zu schützen und das Aufkommen ist sicher zu stellen. Ausfälle sind in der kommenden Vegetationsperiode im Frühling oder Herbst nach zu pflanzen.

4.    Die Fertigstellung der Maßnahme ist bis zum 30. April 2017 zu befristen und der Bezirksverwaltungsbehörde ist umgehend unter Vorlage einer aussagekräftigen Fotodokumentation die Fertigstellung zu melden.

 

Die Oö. U, die belangte Behörde und der Beschwerdeführer nahmen das Verhandlungsergebnis zustimmend zur Kenntnis.

 

 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in die vorgelegten Verfahrensakten und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2016.

 

II.           2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens gilt folgender entschei­dungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen:

 

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des als Grünland gewidmeten Grundstückes Nr. X, KG X, Marktgemeinde X.

Mit Schriftsatz vom 11. November 2015 beantragte der Beschwerdeführer die Rodung eines Teils einer auf dem gegenständlichen Grundstück befindlichen Gehölzgruppe im Ausmaß von ca. 200 m2. Das ist ca. ein Drittel der gesamten Gehölzgruppe bzw. dieses Landschaftselements. Das beantragte Vorhaben ermöglicht eine Drainagierung und bewirkt somit die Verhinderung der Vernässung des gegenständlichen Grundstücks.

Es werden die Lücken der noch bestehenden Gehölzgruppe durch Pflanzung neuer Gehölze im Ausmaß von ca. 60 m2 verdichtet. Ferner wird die bestehende Gehölzgruppe in Richtung Süden im Ausmaß von insgesamt ca. 60 m2 verlängert und verbreitert. Im östlichen Bereich des gegenständlichen Grundstücks wird im Bereich des Mäanders eine Fläche von ca. 400 m2 mit standortgerechten Gehölzen bepflanzt.

 

Der Wert der gegenständlichen Gehölzgruppe hinsichtlich Naturhaushalt und Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten liegt in der Funktion seiner Randlinien, insbesondere für Vögel, diverse Kleinsäuger und verschiedene Insektenarten und dient ebenso als sogenannter „Trittstein“ für diese und zahlreiche andere Arten.

 

Die auf den drei Teilflächen des verfahrensgegenständlichen Grundstückes beantragten Maßnahmen sind geeignet, den durch die Rodung der Gehölzgruppe vorliegenden Verlust aus ökologischer Sicht auszugleichen.

 

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom
16. Dezember 2016, GZ: LVwG-550941/11/SE, wurde dem Beschwerdeführer die naturschutzrechtliche Bewilligung gem. §§ 5 Z 14 iVm 14 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 für die Rodung der gegenständlichen Gehölzgruppe auf dem Grundstück Nr. X, KG X, Marktgemeinde X, unter Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen und Befristungen auf Basis des eingereichten Projekts erteilt.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die Beschwerde erwogen:

 

III. 1. Maßgebliche Rechtslage:

 

Die im konkreten Fall maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 (Oö. NSchG 2001), LGBl. Nr. 129/2001 in der Fassung LGBl. Nr. 92/2014, lauten:

 

„§ 5

Bewilligungspflichtige Vorhaben im Grünland

 

Folgende Vorhaben bedürfen im Grünland (§ 3 Z. 6) unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen - wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind - zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde:

 

[...]

 

14.  die Rodung von Busch- und Gehölzgruppen, von Heckenzügen, von Auwald, von Schluchtwäldern, Moorwäldern sowie von Schneeheide-Föhrenwäldern und Geißklee-Traubeneichenwäldern; die Rodung von Busch- und Gehölz­gruppen sowie von Heckenzügen in einer Entfernung von bis zu 40 m von einem Wohngebäude bedarf keiner Bewilligung;

 

[...]

§ 14

Bewilligungen

 

(1) Eine Bewilligung gemäß den §§ 5, 11 oder 12 oder die in einer auf Grund einer dieser Bestimmungen erlassenen Verordnung vorgesehen ist, ist zu erteilen,

1.    wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten in einer Weise schädigt noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft oder

2.    wenn öffentliche oder private Interessen am beantragten Vorhaben das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

Ansonsten ist eine Bewilligung zu versagen.

 

(2) Eine Bewilligung ist unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen zu erteilen, wenn dies erforderlich ist, um Schädigungen, Beeinträchtigungen bzw. Störungen der im Abs. 1 Z 1 erwähnten Art auszuschließen oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken. In diesem Rahmen kann auch die Vornahme von Rekultivierungsmaßnahmen vorgeschrieben werden.

 

[...]

 

§ 58

Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes

 

(1) Wenn ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne eine nach diesem Landes­gesetz erforderliche Bewilligung verwirklicht oder wesentlich geändert wurde, ist der Person, die das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen oder allenfalls subsidiär der verfügungsberechtigten Person von der Behörde unabhängig von einer allfälligen Bestrafung aufzutragen, entweder

1.        innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist um die nach­trägliche Erteilung der Bewilligung anzusuchen oder

2.        innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist, welche nach Wochen oder Monaten zu bestimmen ist, auf ihre Kosten den vorigen bzw. den bescheidmäßigen Zustand wiederherzustellen oder, wenn dies tatsäch­lich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Die Möglichkeit nach Z 1 ist nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Bewilligung nicht erteilt werden kann. In jedem Fall kann auch die unverzügliche Einstellung der weiteren Ausführung des Vorhabens bis zum Zeitpunkt der Erteilung einer allfälligen Bewilligung verfügt werden.

 

[...]“

 

III. 2. Die gegenständliche Rodung ist ein bewilligungspflichtiger Tatbestand gemäß § 5 Z 14 Oö. NSchG 2001, weil die zu rodende Gehölzgruppe sich im Grünland befindet, unter 1.000 m2 groß ist und mehr als 40 m von einem Wohngebäude entfernt ist.

 

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom
16. Dezember 2016, GZ: LVwG-550941/11/SE, wurde dem Beschwerdeführer die naturschutzrechtliche Bewilligung gem. §§ 5 Z 14 iVm 14 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 für die Rodung der gegenständlichen Gehölzgruppe auf dem Grundstück Nr. X, KG X, Marktgemeinde X, unter Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen und Befristungen auf Basis des eingereichten Projekts erteilt.

 

Nachdem eine naturschutzrechtliche Bewilligung für die Rodung der verfahrensgegenständlichen Gehölzgruppe im Ausmaß vorliegt, war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Ellmer