LVwG-450147/2/MZ

Linz, 25.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Zeinhofer über die nunmehr als Beschwerde geltende Vorstellung der U. GmbH, vertreten durch P. GmbH, X, W., gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Linz vom 30.11.2012, GZ 0037642/2011 FSA/a,

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Die als Beschwerde geltende Vorstellung wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.a) Die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf), eine in D. ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsgegenstand das Investmentgeschäft in Form der Verwaltung von Sondervermögen ist, unterhält ein Büro in L., in welchem in den streitgegenständlichen Jahren zwei Mitarbeiter beschäftigt waren.

 

Der Tätigkeitsbereich der österreichischen Mitarbeiter gestaltet sich nach den – insoweit unbestritten gebliebenen – Angaben der verwaltungsgerichtlichen Verfahrensparteien folgendermaßen: Ihre Hauptaufgabe ist die Suche nach potentiellen Kunden (Banken, Assetmanagern, Versicherungen, Pensionskassen etc), die im Privatkundengeschäft aktiv sind. Die Mitarbeiter besuchen diese und stellen die Mitbeteiligte als Unternehmen und deren Produktpalette vor. Sobald ein potentieller Kunde an den Produkten Interesse zeigt, können die österreichischen Mitarbeiter allgemeine Auskünfte zu diesen erteilen. Detaillierte Auskünfte zu einzelnen Produkten werden direkt vom zuständigen Fonds- und Produktmanager der Mitbeteiligten in D. erteilt. Die österreichischen Mitarbeiter können weder die Konditionen der Vertriebsverträge mit den Kunden (Banken, Versicherungen) verhandeln noch haben sie Abschlussvollmacht für die Mitbeteiligte. Ihre weiteren Aufgaben sind Marktforschung und Kontakt­management hinsichtlich des österreichischen Markts, die allgemeine Auskunfts­erteilung bei fondsspezifischen Anfragen von Banken und S., die Erstellung von Präsentationen und Infobroschüren sowie die Planung von Events zu Werbe- und Informationszwecken.

 

b) Anlässlich einer Kommunalsteuer-Nachschau schrieb der Magistrat der Stadt L. der Bf Kommunalsteuer samt Säumniszuschlag für die Jahre 2006 bis 2010 vor. Das Büro der Mitbeteiligten in L. begründe nach dem Kommunalsteuergesetz 1993 und dem Doppelbesteuerungsabkommen mit D. (im Folgenden nur: DBA-D.) eine Betriebsstätte in Österreich.

 

c) Gegen diesen Bescheid erhob die Bf Berufung und beantragte die Nichtfestsetzung der Kommunalsteuer. Bei dem Büro in L. handle es sich um keine Betriebsstätte, sondern um eine bloße Repräsentanz. In einer Anfrage­beantwortung des Bundesministers für Finanzen seien Werbeaktivitäten, Kontaktaufbau und -pflege zu Banken und Versicherungen, der Aufbau und die Pflege von Kunden- und Produktdatenbanken sowie die Bereitstellung einer Informationsstelle für Banken, Versicherungen und unabhängige Vermittler als bloße Hilfstätigkeiten angesehen worden, die keine wesentliche Funktion einer Investmentgesellschaft erfüllten. Es handle sich bei diesem Büro somit um eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich dazu unterhalten werde, für das Unternehmen Tätigkeiten vorbereitender Art bzw Hilfstätigkeit auszuüben. Gemäß Art. 5 Abs. 4 lit. e DBA-D. seien solche Einrichtungen keine „Betriebsstätten" im Sinne dieses Abkommens, weshalb die Arbeitslöhne der dem österreichischen Büro der Mitbeteiligten zuzurechnenden Dienstnehmer nicht der Kommunalsteuer unterlägen.

 

d) Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Linz vom 30.11.2012, GZ 0037642/2011 FSA/a, wurde über die Berufung der U. GmbH wie folgt abgesprochen:

 

„1. Ihrer Berufung vom 05.09.2011 zum Bescheid des Magistrates Linz, Finanzrechts- und Steueramt, vom 04.08.2011 wird keine Folge gegeben.

2. Der U. GmbH wurde die Kommunalsteuer für den Abgabenzeitraum 01.12.2006 – 31.12.2010, wie nachstehend angeführt

für 2006 bei einer Bemessungsgrundlage von € 5.600,00 mit € 168,--

für 2007 bei einer Bemessungsgrundlage von € 90.976,12 mit € 2.729,28

für 2008 bei einer Bemessungsgrundlage von € 146.224,14 mit € 4.386,72

für 2009 bei einer Bemessungsgrundlage von € 221.073,04 mit € 6.632,19

für 2010 bei einer Bemessungsgrundlage von € 236.231,01 mit € 7.086,93

zurecht festgesetzt.

Daraus ergibt sich eine Kommunalsteuer in Höhe von € 21.003,12 für obgenannten Zeitraum bei einer Bemessungsgrundlage von € 700.104,31.

3. Da der Beitrag nicht fristgerecht entrichtet wurde, war ein 2 %iger Säumniszuschlag in Höhe von € 420,06 festzusetzen; die noch offene Nachforderung beträgt somit € 21.423,18.

4. Der Ablauf einer mit Bescheid vom 05.10.2011 gewährten Aussetzung der Einhebung wird verfügt.

 

Rechtsgrundlagen i.d.g.F.

Oö. Abgabengesetz (Oö. AbgG), LGBl. Nr. 102/2009;

§§ 34 Abs. 2, 38 Abs. 3 und 64 Statut für die Landeshauptstadt Linz 1992, LGBl. Nr. 7/1992

§§ 1, 217, 217 a und 288 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. I Nr. 20/2009;

Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993;“

 

Begründend führte der Stadtsenat aus, beim Büro der Mitbeteiligten in L. handle es sich um eine Betriebsstätte nach dem DBA-D. Die dort ausgeübte Tätigkeit stelle keine Hilfstätigkeit iSd Art. 5 Abs. 4 lit. e des Abkommens dar, weil es sich um keine unterstützende Tätigkeit für das Unternehmen der Mitbeteiligten, sondern um eine unternehmerische Tätigkeit mit Außenwirkung handle. Dass die Tätigkeit im L. Büro der österreichischen Finanzmarktaufsicht angezeigt worden sei, spreche ebenfalls dafür, dass die Mitbeteiligte dort nicht bloße Hilfstätigkeiten ausübe. Zudem bestehe der Zweck des DBA-D. darin, zu verhindern, dass Steuern doppelt – sowohl in D. als auch in Österreich – erhoben würden. Die Arbeitslöhne der österreichischen Mitarbeiter unterlägen jedoch in D. nicht der Kommunalsteuer oder einer vergleichbaren Steuer. Die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Finanzen sei nicht rechtsverbindlich und es liege ihr ein Sachverhalt zugrunde, der mit dem vorliegenden nicht vergleichbar sei.

 

e) Die Bf erhob dagegen Vorstellung an die Oö. Landesregierung, der in Folge mit Bescheid vom 11.6.2013, Zl. IKD(Gem)-524705/1-2013-Gb/Os, stattgegeben wurde. In der Bescheidbegründung weist die Oö. Landesregierung zunächst daraufhin, dass die Anzeige bei der Finanzmarktaufsicht für die Beurteilung, ob das Büro in L. eine Betriebsstätte iSd DBA-D. darstelle, irrelevant sei. Diese Anzeige sei für den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr notwendig, der aber nicht vom Bestehen einer Betriebsstätte abhängig sei. Arbeitsumfang und Art der Tätigkeiten der Mitarbeiter deckten sich weitgehend mit der Anfragebeantwortung des Bundesministers für Finanzen, die die Beurteilung der Betriebsstätte einer britischen Investmentgesellschaft in Österreich zum Gegenstand gehabt habe. In dieser Anfragebeantwortung seien der Kontaktaufbau und die Kontaktpflege mit Banken und Versicherungen als unabhängigen Vertriebspartnern, welche die Produkte der Investmentgesellschaft schließlich ihren eigenen Kunden anbieten sollten, als Hilfsfunktion qualifiziert worden. Die Ausnahmebestimmung des DBA-G. sei zwar nicht wortident mit jener des DBA-D., es könne jedoch kein rechtlich relevanter Unterschied festgemacht werden. Unter Bezugnahme auf Ausführungen im Rahmen des S. Steuerdialogs 2009 führte die belangte Behörde weiter aus, dass die Durchführung von Verhandlungen mit externen österreichischen Vertriebspartnern dann keine Betriebsstätte begründe, wenn im Wege dieser Verhandlungen nur Informationen über Anlagemöglichkeiten erteilt würden und diese Verhandlungen in das zustande kommende Investment­geschäft nicht entscheidend eingriffen. Gegenständlich sei evident, dass die Mitarbeiter in L. nicht entscheidend in das Zustandekommen der Investmentgeschäfte eingriffen, sondern unterstützend und vorbereitend tätig seien. Bei der Repräsentanz in L. handle es sich daher um eine feste Geschäftseinrichtung, die unter Art. 5 Abs. 4 lit. e des DBA-D. falle.

 

f) Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.9.2016, 2013/15/0219-8, wurde der Vorstellungsbescheid der Oö. Landesregierung vom 11.6.2013, Zl. IKD(Gem)-524705/1-2013-Gb/Os, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

 

II.a) Aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 ist die von der Bf erhobene Vorstellung nunmehr als Beschwerde an das Verwaltungsgericht anzusehen. Dieses hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte, da der Sachverhalt außer Streit steht und kein diesbezüglicher Antrag gestellt wurde, abgesehen werden.

 

b) Da gesetzlich nicht Abweichendes normiert ist, entscheidet das Landesverwaltungsgericht gemäß § 272 Abs. 1 BAO durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht geht von dem in Punkt I. dargestellten, unstrittigen Sachverhalt aus.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

In der dem vorliegenden Fall zugrundeliegenden Entscheidung des Verwaltungs­gerichtshofes vom 15.9.2016 hat das Höchstgericht wie folgt festgehalten (Randziffern wurden entfernt):

„Das DBA-D. 1954, BGBL Nr. 221/1955, das die Anwendbarkeit auf die österreichische Gewerbesteuer ausdrücklich vorsah und aufgrund der Anpassungsklausel des Art. 2 Abs. 2 auch für jede gleiche oder ähnliche Steuer galt, die nach seiner Unterzeichnung von einem der Vertragsstaaten eingeführt wurde, hat sich auch auf die Kommunalsteuer erstreckt (vgl. VwGH vom 3. August 2000, 99/15/0265). Im für die Streitjahre anwendbaren DBA-D. 2002, BGBl. III Nr. 182/2002, ist die Gewerbesteuer bei den bestehenden österreichischen Steuern, für die das Abkommen gilt, nicht mehr angeführt. Auch die neu eingeführte Kommunalsteuer ist im Katalog des Art. 2 nicht angeführt. Abs. 12 lit. a des Protokolls zu Art. 24 DBA-D. 2002 sieht jedoch ausdrücklich vor, dass in der B. D. ansässige Unternehmen, denen nach den Bestimmungen des Abkommens vom 4. Oktober 1954 eine Entlastung von der österreichischen Kommunalsteuer zu gewähren gewesen wäre, diese Entlastung auch weiterhin so lange zusteht, wie Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf Grund ihrer DBA mit der Republik Österreich von dieser Abgabe entlastet werden. In den Streitjahren waren mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen auf die österreichische Gewerbesteuer und damit aufgrund einer entsprechenden Anpassungsklausel auch auf die Kommunalsteuer anwendbar (u.a. die Abkommen mit Frankreich, BGBl 613/1994, Italien, BGBl 125/1985, oder Portugal, BGBl 85/1972). Daher ist im Streitfall nach den Bestimmungen des DBA-D. 1954 zu prüfen, ob der Mitbeteiligten eine Entlastung von der Kommunalsteuer ‚zu gewähren gewesen wäre‘.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass es sich beim Büro der Mitbeteiligten in L um eine feste Geschäftseinrichtung handle, die nur dazu unterhalten werde, für das Unternehmen Tätigkeiten vorbereitender Art bzw. Hilfstätigkeit auszuüben. Gemäß Art. 5 Abs. 4 lit. e DBA-D. 2002 seien solche Einrichtungen keine ‚Betriebsstätten‘, weshalb die Arbeitslöhne der dem österreichischen Büro der Mitbeteiligten zuzurechnenden Dienstnehmer nicht der Kommunalsteuer unterlägen. Ob der Mitbeteiligten auch nach den Bestimmungen des DBA-D. 1954 eine Entlastung von der Kommunalsteuer zu gewähren gewesen wäre, wurde nicht geprüft.

Art. 4 Abs. 3 DBA-D. 1954, BGBl. Nr. 221/1955, lautete:

‚Betriebsstätte im Sinne dieses Abkommens ist eine ständige Geschäftseinrichtung des gewerblichen Unternehmens, in der die Tätigkeit dieses Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.‘

Die Nummern 8 und 9 des Schlussprotokolls zu Art. 4 DBA-D. 1954,

BGBl. Nr. 221/1955, lauteten:

‚8. Betriebstätten sind Zweigniederlassungen, Geschäftsstellen, Fabriken, Werkstätten, Lagerhäuser, Bergwerke, Steinbrüche oder andere Stätten der Ausbeutung von Grund und Boden, dauernde Verkaufsausstellungen; ferner Bauausführungen, Montagen und dergleichen, deren Dauer zwölf Monate überschritten hat oder voraussichtlich überschreiten wird, und andere ständige Geschäftseinrichtungen.

9. Unbeschadet der Vorschriften in Nummer 10 gelten nicht als Betriebstätten:

a) die gelegentliche oder zeitlich beschränkte Benutzung bloßer Stapelgelegenheiten;

b) das bloße Unterhalten eines Warenlagers, auch in einem Lagerhaus, zu Auslieferungs-, nicht aber zu Ausstellungszwecken;

c) das bloße Unterhalten einer ständigen Geschäftseinrichtung ausschließlich für den Einkauf von Gütern und Waren.‘

Im DBA-D. 1954 findet sich keine dem Art. 5 Abs. 4 lit. e DBA-D. 2002 vergleichbare Bestimmung. Nach Art. 4 Abs. 3 DBA-D. 1954 stellen feste Geschäftseinrichtungen, in denen vorbereitende Tätigkeiten und Hilfstätigkeiten ausgeübt werden, nur dann keine Betriebsstätten dar, wenn sie vom Ausnahmekatalog der Nr. 9 des Schlussprotokolls (Stapelgelegenheiten, Warenlager, Einkaufsbetriebsstätten) erfasst sind (vgl. Lang/Schuch, Doppelbesteuerungsabkommen D./Österreich, Art. 4, Rz 118). Daher fielen auch bloße Verbindungsbüros (Repräsentanzen) regelmäßig unter den Betriebsstättenbegriff des Art. 4 Abs. 3 DBA-D. 1954.

Dass im Büro der Mitbeteiligten in L vom Ausnahmekatalog der Nr. 9 des Schlussprotokolls zum DBA-D. 1954 erfasste Tätigkeiten ausgeübt worden wären hat die Mitbeteiligte im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Derartiges wurde von der belangten Behörde auch nicht festgestellt.“

 

Gegen die von der belangten Behörde festgesetzte Höhe sowie den Säumniszuschlag wurden von der Bf keine Bedenken vorgebracht und sind beim Verwaltungsgericht auch keine solche entstanden.

 

Vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Ausführungen ist die nunmehr als Beschwerde geltende Vorstellung der Bf als unbegründet abzuweisen.

 

 

IV. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die Entscheidung der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung vollinhaltlich entspricht.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Zeinhofer