LVwG-301130/7/Kl/PP

Linz, 04.10.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Arbeitsinspektorates X im Verwaltungsstrafverfahren gegen P K, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F H, X, X, gegen das Straferkenntnis (Bescheid) der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. Juni 2016, Ge96-4144-1-2014, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 31. August 2016 den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird das angefochtene Straferkenntnis (Bescheid) aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis (Bescheid) der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. Juni 2016, Ge96-4144-1-2014, wurde über den Beschuldigten P K gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG eine Ermahnung ausgesprochen und er wurde für schuldig erkannt, dass er als Inhaber einer Gewerbe­berechtigung für „Gastgewerbe in der Betriebsart Hotel (§ 189 Abs. 1 Z 1-4 GewO 1973)“ am Standort X, X, als Inhaber des protokollierten Einzelunternehmens Hotel X, M und E K, Inhaber P K e.U., mit dem Sitz in X, X, nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (AZG) eingehalten wurden.

 

Es wurden für die Arbeitnehmer:

1. A T (ab 15.10.2014) 17. K E

2. A U (vom 24.09. bis 15.10.2014) 18. K P

3. B L 19. L A

4. B B 20. M F

5. B L (bis 20.10.2014) 18. O J

6. C A 19. P S

7. D S 20. R R

8. G M 21. R R

9. G A 22. S M

10. H G 23. S S

11. H A 24. S A

12. H A 25. T T

13. H I 26. W S

14. H D 27. W B

15. H L 28. Z H

16. K M

 

keine Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden der Monate September und Oktober 2014 geführt. Sie konnten dem Arbeitsinspektorat anlässlich der Kontrolle am 30.10.2014 in der Betriebsstätte X, X, für die Arbeitnehmer keine Aufzeichnungen vorlegen. Es war daher den überprüfenden Organen des Arbeitsinspektorates eine Kontrolle der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes für die oben angeführten Arbeitnehmer nicht möglich, obwohl der Arbeitgeber zur Überwachung und Einhaltung der im Arbeitszeitgesetz geregelten Angelegenheiten in der Arbeitsstätte Aufzeich­nungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen hat.

 

2. Dagegen hat das Arbeitsinspektorat X fristgerecht Beschwerde eingebracht und den Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit zur Gänze bekämpft. Begründend wurde ausgeführt, dass Arbeitszeitaufzeichnungen zeitnahe geführt werden müssen und auch der Nachweis der zeitlichen Lagerung von Arbeitszeiten hervorzugehen hat, an welchem Tag zu welcher Stunde der einzelne Arbeitnehmer Arbeitsstunden erbracht hat. Durch die Übertretung des § 26 Abs. 1 AZG wurde das durch die Strafdrohung geschützte Rechtsgut, nämlich die zur Überwachung der Einhaltung der im AZG geregelten Angelegenheiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen, vom Arbeitgeber beeinträchtigt, weil er durch die Nichtführung dieser Aufzeichnungen eine Kontrolle der Arbeitszeiten, der Ruhepausen, der Ruhezeiten sowie der Wochenfreizeit vereitelt hat, sodass iSd § 19 Abs. 1 VStG die Verhängung zumindest der dreifachen Mindeststrafe ange­messen erscheint. Auch sind iSd § 19 Abs. 2 VStG Erschwerungsgründe dahingehend zu berücksichtigen, dass ein höherer Verschuldensgrad gegeben ist, da bereits mit Schreiben des Arbeitsinspektorates vom 31. Juli 2014 der Arbeitgeber aufgefordert wurde, den gesetzlichen Zustand herzustellen, aber dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist. Diesfalls ist zumindest von bedingtem Vorsatz auszugehen und dies als erschwerend zu werten. Auch ist erschwerend zu werten, dass die strafbare Handlung offenbar bereits über mehrere Monate fortgesetzt wurde.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31. August 2016, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen AI Ing. A S und HR Dr. J S geladen und einvernommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Am 30. Oktober 2014 fand im Betrieb Hotel X am X, X, dessen Inhaber und Einzelunternehmer der Beschuldigte ist, eine Kontrolle des Arbeitsinspektorates X statt und wurde anlässlich der Kontrolle eine Betriebsstättenbesichtigung vorgenommen. Der Beschuldigte wurde zu Beginn der Kontrolle telefonisch informiert und kündigte sein umgehendes Kommen an. Er war zunächst bei der Kontrolle nicht anwesend und stieß er in weiterer Folge hinzu. Er wurde dann aufgefordert, Arbeits­zeitaufzeichnungen für September und Oktober 2014 betreffend die im Betrieb Beschäftigten dem Arbeitsinspektorat vorzulegen und Einsicht zu gewähren. Dies wurde vom Beschuldigten bzw. seiner Gattin, die im Betrieb die Zeitauf­zeichnungen durchführt und bei der Aufforderung auch anwesend war, verweigert. Es wurden keine Aufzeichnungen zur Einsichtnahme ausgehändigt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist im Grunde der Angaben des Beschuldigten sowie der einvernommenen Zeugen erwiesen. Hingegen steht der dem Vorbringen des Beschuldigten, dass zwei Ordner mit den Arbeitszeitaufzeichnungen vorhanden waren und auch für die Organe der Arbeitsinspektion erkenntlich waren, aber keine Einsicht gewährt wurde, sondern diese Ordner dann zusammengeschlagen wurden und mitgenommen wurden, den Angaben der Kontrollorgane gegenüber, dass die Einsicht in Arbeitszeitaufzeichnungen mit der Aussage verweigert wurde, dass sich diese Aufzeichnungen beim Steuerberater und daher nicht im Betrieb befinden. Es ist daher als erwiesen anzusehen, dass eine Einsicht in die Unterlagen nicht gewährt wurde. Daraus kann aber nicht nachgewiesen werden, ob solche Arbeitszeitaufzeichnungen tatsächlich für die Monate September und Oktober 2014 nicht gemacht wurden, oder ob Arbeitszeitaufzeichnungen tatsächlich vom Beschuldigten geführt wurden und daher grundsätzlich existierten. Dass – wie vom Beschuldigten weiters angegeben wird – am nächsten Tag eine Vorsprache des Beschuldigten beim Arbeitsinspektorat im Hinblick auf die stattgefundene Kontrolle und die Vorgehensweise bei der Kontrolle stattgefunden hat und dabei Ordner mit Arbeitszeitaufzeichnungen mitgeführt wurden, sowie dass anlässlich einer Kontrolle des Betriebes im Dezember 2015 durch ein Organ der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck Arbeitszeitaufzeichnungen der letzten Monate des Jahres 2015 vorgewiesen wurden, kann ein Vorhandensein zum Zeitpunkt der Kontrolle bzw. die Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zum Kontrollzeitpunkt bzw. zum verlangten Zeitpunkt September und Oktober 2014 nicht nachweisen, allerdings ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die gewünschten Arbeitszeitaufzeichnungen zwar grundsätzlich existierten, aber im Grunde der während der Kontrolle vorherrschenden Gesamtsituation dann nicht ausge­händigt wurden.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 26 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz – AZG hat der Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegen­heiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen. Der Beginn und die Dauer eines Durchrechnungszeitraumes ist festzuhalten.

Gemäß § 26 Abs. 6 AZG haben die Arbeitgeber dem Arbeitsinspektorat die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu geben.

Gemäß § 28 Abs. 2 Z 7 AZG sind Arbeitgeber, die keine Aufzeichnungen gemäß § 26 Abs. 1 bis 5 führen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z 3 AZG sind Arbeitgeber, die die Auskunfts- und Einsichts­pflichten gemäß § 26 Abs. 6 verletzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungs­behörde mit einer Geldstrafe von 20 Euro bis 436 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes kann als erwiesen zugrunde gelegt werden, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle des Arbeitsinspektorates vom Beschuldigten Arbeitszeitaufzeichnungen für die Monate September und Oktober 2014 verlangt wurden, eine Einsicht in die Unterlagen allerdings nicht gewährt wurde. Ob hingegen Arbeitszeitaufzeichnungen tatsächlich für diesen Zeitraum geführt wurden oder aber nicht existieren, kann mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht nachgewiesen werden. Weder aus der Aussage des Beschuldigten, dass zum Kontrollzeitpunkt zwei Ordner vorgewiesen, allerdings keine Einsicht gegeben wurde, noch aus der Zeugenaussage, dass im Dezember 2015 ordnungsgemäße Arbeitszeitauf­zeichnungen vorgelegt wurden, kann mit Sicherheit im Nachhinein festgestellt werden, ob tatsächlich zum Kontrollzeitpunkt Arbeitszeitaufzeichnungen hin­sichtlich der Monate September und Oktober 2014 tatsächlich geführt wurden, noch kann aus den Angaben des Beschuldigten an die Kontrollorgane anlässlich des Einsichtsbegehrens, dass die Aufzeichnungen zur Zeit beim Steuerberater liegen, festgestellt werden, dass diese Aufzeichnungen gar nicht existieren und nicht geführt wurden. Es ist daher die dem Beschuldigten mit dem angefochtenen Bescheid vorgeworfene Tat nicht erwiesen und war daher der Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen. Ein Tatverhalten dahingehend, dass der Beschuldigte seiner Pflicht, auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen zu geben, nicht nachgekommen sei wurde hingegen nicht innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr vorgeworfen. Es ist daher diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

6. Da die Beschwerde nicht vom Beschuldigten erhoben wurde und ein Straferkenntnis nicht bestätigt wurde, entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt