LVwG-301013/4/Kl/Rd
Linz, 03.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Beschwerde des Herrn M.E., p.A. E. GmbH, X, L., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. Februar 2016, GZ: 0033761/2015, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) iVm der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV),
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die hinsichtlich Fakten 1, 2 und 3 jeweils verhängten Geldstrafen auf jeweils 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 20 Stunden herabgesetzt werden.
II. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren wird mit insgesamt 150 Euro (10 % der nunmehr verhängten Geldstrafen) bestimmt. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. Februar 2016, GZ: 0033761/2015, wurden über den Beschwerdeführer hinsichtlich der Fakten 1., 2. und 3. Geldstrafen von jeweils 800 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 30 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 iZm § 118 Abs. 3 ASchG iVm §§ 87 Abs. 3 und § 161 BauV (Fakten 1, 2 und 3), verhängt.
Nachstehender Sachverhalt wurde dem Beschwerdeführer im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:
"Der Beschuldigte, Herr M.E., geb. am X, wohnhaft in K., X, hat folgende Verwaltungsübertretungen als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma E. GmbH (FN X) mit dem Sitz in L., X, gemäß § 9 Abs.1 VStG zu vertreten:
Am 29.6.2015 hat die Firma E. GmbH als Arbeitgeberin auf der Baustelle in B., X, folgende drei Arbeitnehmer auf einer ca. 25° bis 30° geneigten, südöstlichen Dachfläche des Stallgebäudes in X, B. bei einer Absturzhöhe von ca. 5 m mit der Montage einer Photovoltaikanlage beschäftigt, obwohl vor Ort keine Schutzeinrichtungen vorhanden waren, die einen Absturz von Menschen (Arbeitnehmern) verhindert hätten:
1. D.M., geb.: x
2. S.A., geb. x
3. T.B., geb.: x
Dadurch wurde hinsichtlich der Arbeitnehmer ad 1. bis ad 3. jeweils § 87 Abs.3 BauV übertreten, wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen, um den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise zu verhindern."
2. Dagegen wurde fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Beschwerde eingebracht und die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen beantragt, da der Beschwerdeführer derzeit nicht in der Lage sei, die Strafe von 2.640 Euro zu begleichen. Er sei für zwei Kinder im Alter von 14 und 16 Jahren sorgepflichtig und verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.300 Euro. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage beziehe er auch kein Geschäftsführergehalt.
3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde am Verfahren beteiligt und äußerte sich mit Stellungnahme vom 14. April 2016 dahingehend, dass seitens der belangten Behörde bereits eine geringfügige Strafherabsetzung durchgeführt worden sei. Das Arbeitsinspektorat habe bereits bei der zweiten Anzeige vom 4.9.2015 darauf hingewiesen, dass bei den Baustellen nach zwei Monaten noch immer keine sicherheitstechnisch relevante Verbesserung der Situation für die Dacharbeiten festgestellt werden konnte. Eine weitere Reduzierung wäre aus Sicht des Arbeitsinspektorates beim Strafantrag vom 4.9.2015 aufgrund der geringen Dachneigung möglich. Angeblich schwierige finanzielle Verhältnisse könnten nach Ansicht des Arbeitsinspektorates nicht auf Kosten der Sicherheit der Arbeitnehmer abgewälzt werden.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.
Gemäß § 44 Abs. 3 Z 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Von keiner Partei des Verfahrens wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt, sodass von der Durchführung einer solchen abgesehen werden konnte.
5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
5.1. Zumal das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gemäß § 9 VwGVG an die vom Beschwerdeführer angegebenen Beschwerdepunkte gebunden ist und gegenständlich ausschließlich die Strafbemessung in Beschwerde gezogen wurde, war auf den Tatvorwurf dem Grunde nach nicht einzugehen.
5.2.1. Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt. Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.
5.2.2. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.
5.2.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hierdurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.
5.2.4. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis über den Beschwerdeführer hinsichtlich der Fakten 1, 2 und 3 Geldstrafen von jeweils 800 Euro verhängt. Der Strafrahmen für die zur Last gelegten Übertretungen reicht von 166 Euro bis 8.324 Euro. Strafmildernd wurde von der belangten Behörde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und straferschwerend kein Umstand gewertet. Die belangte Behörde hat ihrer Strafbemessung ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro sowie die Sorgepflicht für zwei Kinder zugrunde gelegt, zumal diese Angaben anlässlich der Vernehmung des Beschuldigten am 9.2.2016 bekannt gegeben wurden. Anlässlich der Beschwerdeerhebung wurde das monatliche Nettoeinkommen mit 1.300 Euro beziffert, da der Beschwerdeführer aufgrund der wirtschaftlichen Lage kein Geschäftsführergehalt beziehe.
5.2.5. Die von der belangten Behörde im Straferkenntnis festgesetzten Geldstrafen von 800 Euro pro Arbeitnehmer stellen die fünffache Mindeststrafe für die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen dar und erscheinen aufgrund des bislang verwaltungsstrafrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Beschwerdeführers überhöht. Die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nunmehr verhängten Geldstrafen in Höhe von 500 Euro pro Arbeitnehmer erscheinen unter Berücksichtigung der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, dem Fehlen von straferschwerenden Gründen aber auch im Hinblick auf die geänderten Einkommensverhältnisse tat- und schuldangemessen und auch noch geeignet, den Beschwerdeführer künftighin zur Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen anzuhalten. Wenngleich der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen ist, dass bei neuerlicher Nichteinhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen mit empfindlicheren Strafen – der Strafrahmen reicht dabei von 333 Euro bis 16.659 Euro – zu rechnen ist.
Einer Anwendung des § 20 VStG konnte nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen, nämlich ein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe – das Vorliegen der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit reicht hierfür nicht aus – nicht vorlag.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung und Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese kumulativen Anwendungsvoraussetzungen wurden durch den Beschwerdeführer nicht erfüllt. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ermahnung liegen gegenständlich nicht vor, schon gar nicht jene zur Einstellung des Verfahrens.
II. Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren war entsprechend herabzusetzen (§ 64 Abs. 1 und 2 VStG).
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt