LVwG-650752/4/KOF/MSt

Linz, 20.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Kofler über die Beschwerde des Herrn H S, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. Oktober 2016, GZ: BHBR VERK-2016-300477/13, betreffend Abweisung des Antrages auf Erteilung
einer Fahrschulbewilligung, nach der am 15. Dezember 2016 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses,

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und
Herrn H S die Bewilligung zur Errichtung einer Fahrschule für
alle Klassen im Standort M erteilt.

 

 

II.       

Der Beschwerdeführer hat an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn eine Verwaltungsabgabe von 196 Euro zu entrichten.

 

 

III.    

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichthof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

  

 

Zu I.

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid
den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers (Bf) auf Erteilung einer Fahrschulbewilligung gemäß § 108 und 109 KFG abgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist eine ausführlich begründete Beschwerde erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs. 1 1. Satz B-VG) erwogen:

 

Die belangte Behörde hat am 18. August 2016 – im Beisein eines technischen Amtssachverständigen sowie des Bf – die Räumlichkeiten des beabsichtigten Standortes der Fahrschule überprüft und darüber Befund und Gutachten erstellt.

 

Gutachten:

„Die Überprüfung der Räumlichkeiten und der Ausstattung der Fahrschule hat ergeben, dass die Voraussetzungen für einen sachgemäßen und modernen Fahrschulunterricht vorhanden sind. Aus technischer Sicht bestehen daher keine Bedenken gegen die Erteilung einer Bewilligung für den Betrieb der Fahrschule.

Folgende Auflagen sind aber noch zu erfüllen:

1. Die Lehrräume sind ihrem Verwendungszweck entsprechend an den Eingangstüren zu kennzeichnen.

2. Der Fluchtweg ins Freie ist Normgemäß zu kennzeichnen.

3. Es sind mindestens zwei geeignete und überprüfte Feuerlöscher bereitzuhalten und  gut sichtbar anzubringen.

4. Am Ende der Prüfstrecke für Motorräder ist ein Anprallschutz und Absturzschutz (untereinander verbundene Reifenstapel) anzubringen.

5. Während der Fahrprüfungen ist der Prüfplatz mittels Absperrgitter verkehrsfrei
zu halten.

6. Ein Modell einer Sattelkupplung ist im C-Unterrichtsraum bereitzuhalten.

7. Eine aktualisierte und dem tatsächlichen Fahrzeugbestand entsprechende Liste
      der Schulfahrzeuge ist nach erfolgter Zulassung auf die neue Fahrschule
      (mit Verwendungsbestimmung „Fahrschulfahrzeug") an die Behörde zu übermitteln.

8. Nach der Bewilligung der Fahrschule sind für die verwendeten Fahrschullehrer und   Fahrlehrer Fahrlehrerausweise zu beantragen.“

 [Hervorhebungen nicht übernommen]

 

Der Verhandlungsleiter der belangten Behörde hat am 29. November 2016
eine neuerliche Überprüfung vorgenommen und dabei festgestellt, dass die im Gutachten angeführten Punkte 1. bis 6. mittlerweile bereits erfüllt wurden.

 

 

 

Die Punkte 7. und 8. sind derzeit nicht relevant, wobei sich die darin enthaltenen Verpflichtungen ohnedies aus dem Gesetz (§§ 112 ff KFG) ergeben.

 

Bereits aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde steht fest, dass
die sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Errichtungsbewilligung zur Gänze vorliegen.

 

Aus dem behördlichen Verfahrensakt geht ebenso hervor, dass der Bf die in § 109 Abs. 1 lit. .. KFG:

a: Österreichische Staatsbürgerschaft und Vollendung des 27. Lebensjahres,

b: Vertrauenswürdigkeit,

c: Leistungsfähigkeit der Fahrschule;  siehe die Bestätigung der Raiffeisenbank Handenberg – St. Georgen am Fillmannsbach vom 25. August 2016, wonach beim Bf die finanzielle Liquidität sichergestellt ist,

d: die im Hinblick auf die Lage seines Hauptwohnsitzes unmittelbare persönliche Leitung der Fahrschule,

f: Besitz der Fahrschullehrerberechtigung für die in Betracht kommenden Klassen,

g: Besitz einer Lenkberechtigung für die Klassen von Kraftfahrzeugen, für welche die Lenker ausgebildet werden sollen, seit mindestens drei Jahren,

h: Der Bf ist seit 04. August 2011 – somit seit mehr als fünf Jahren – im Besitz einer Fahrschulerlaubnis für alle Klassen für eine Fahrschule mit Standort in  Simbach, Deutschland,  

j: Der Bf besitzt in Österreich bislang keine Fahrschulbewilligung

erfüllt.

 

Auf Grund des von der belangten Behörde durchgeführten umfangreichen Ermittlungsverfahrens steht fest, dass der Bf die in § 109 Abs. 1 KFG angeführten Voraussetzungen – ausgenommen lit. e – erfüllt.

 

Gemäß § 109 Abs. 1 lit. e KFG darf eine Fahrschulbewilligung nur natürlichen Personen erteilt werden, welche im Bereich Maschinenbau oder Elektrotechnik bestanden haben:

·         den Abschluss eines Diplom- oder Master- oder Bachelorstudiums an einer Fachhochschule oder

·         eine Reife- oder Diplomprüfung an einer höheren technischen Lehranstalt.

 

Da der Bf diese Voraussetzung nicht erfüllt, wurde von der belangten Behörde der gegenständliche Antrag auf Erteilung einer Fahrschulbewilligung abgewiesen.

 

 

 

 

 

Gemäß § 109 Abs. 5 KFG sind bei Prüfung der persönlichen Voraussetzungen gemäß Abs. 1 lit. e leg.cit. auch die in einem anderen Mitgliedsstaat erworbenen Qualifikationen entsprechend zu berücksichtigen und ist zu beurteilen, ob und inwieweit diese den nationalen Erfordernissen entsprechen.

 

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 15.10.2015, 2013/11/0127 ausgeführt,
dass gemäß Art. 13 der Richtlinie 2005/36/EG bzw. des § 109 Abs. 5 KFG
das Qualifikationsniveau des Bf zu prüfen ist (= sog. „Gleichstellung“).

 

Grundsätzlich ist festzustellen:

Eine in einem EWR-Staat (verfahrensgegenständlich: Deutschland) ausgestellte Lenkberechtigung ist gemäß dem § 1 Abs. 4 FSG einer österreichischen Lenkberechtigung gleichwertig!

 

Daraus ergibt sich, dass in der BRD

-      die Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern,

-      die fachliche Befähigung des Lehrpersonals in Fahrschulen und

-      die fachliche Befähigung der Fahrschulbesitzer

nicht „unter dem Niveau des jeweiligen österreichischen Standard“ liegen kann.

 

Gemäß § 109 Abs. 6 KFG kann die Gleichstellung nach Abs. 1 iVm Abs. 5 leg. cit – unter anderem – durch die Ablegung einer Eignungsprüfung nachgewiesen werden.

 

Gemäß § 109 Abs. 8 letzter Satz KFG kann als Inhalt der vorzuschreibenden Eignungsprüfung die Ablegung einer Lehrbefähigungsprüfung nach § 118 KFG
– Lehrbefähigungsprüfung für Fahrschullehrer und Fahrlehrer – vorgesehen werden.

 

Der Bf

·         ist im Besitz

-   einer (österreichischen) Fahrlehrerberechtigung für die Klassen A, B, C, E, F
  seit dem Jahr 1993 und

-   einer (österreichischen) Fahrschullehrerberechtigung für die Klassen A, B, C  

  und E seit dem im Jahr 1999 sowie für die Klasse D seit dem Jahr 2002 

und

·           war in den Jahren 1993 bis 2005 als Fahrlehrer und Fahrschullehrer bei österreichischen Fahrschulen beschäftigt.

 

Beim Bf liegt daher die Gleichstellung nach § 109 Abs. 6 KFG und liegen
dadurch alle Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung zur Errichtung
der beantragten Fahrschule vor.

 

 

Unabhängig davon ist noch festzustellen, dass der Bf zum sachverständigen Fahrprüfer nach § 34 FSG bestellt wurde:

·         ab dem Jahr 2005 für die Klassen A, B und F  

·         ab dem Jahr 2007 für alle Klassen

 

Der Bf war im Zeitraum 2005 bis 2014 als sachverständiger Fahrprüfer tätig und verfügt dadurch sogar noch über eine zusätzliche einschlägige Qualifikation.

 

Es war daher der Beschwerde stattzugeben und dem Bf die Bewilligung zur Errichtung einer Fahrschule an dem im Spruch genannten Standort zu erteilen.

 

 

Zu II.

Gemäß TP 337 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung hat der Bf eine Verwaltungsabgabe von 196 Euro an die belangte Behörde zu bezahlen.

 

 

Zu. III.    Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da bisher keine Rechtsprechung des VwGH zur Gleichstellung nach § 109 Abs. 6 iVm Abs. 8 letzter Satz KFG vorliegt.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Kofler