LVwG-170021/3/VG/DC
Linz, 18.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde des H K, wohnhaft in x O, vertreten durch RA Dr. S G, F.-T-S x, x R, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Aspach vom 29.04.2016, GZ: 131/9-2015, über die Abweisung eines Devolutionsantrages,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Aspach behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt, Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ist Eigentümer des Grundstücks Nr. x, KG O. Auf diesem Grundstück wurde unter anderem mit Bescheid vom 30.08.1977, GZ: 143/3-90/72, der Neubau eines Gasthauses und mit Bescheid vom 06.03.1997, GZ: 131/9-09/1997, der Umbau des Tanzlokales „W“ baubehördlich genehmigt. Am 18.06.2015 erfolgte eine baupolizeiliche Überprüfung des gegenständlichen Objekts durch die zuständige Baubehörde.
1.2. Mit Mandatsbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Aspach (im Folgenden: Erstbehörde) vom 19.06.2015 wurde dem Bf Folgendes aufgetragen:
„1. Gemäß § 41 (3) Z. 1 Oö. BauO 1994 LGBl. 66/1994 idF. LGBl. 34/2013 iVm § 38 (2) Oö. BauO 1994 LGBl. 66/1994 idF. LGBl. 34/2013 wird Ihnen die Fortsetzung der Bauausführungen zu den beiden Bauvorhaben Neubau eines Gasthauses (Bescheid vom 30.08.1977, AZ. 143/3-90/72) und Umbau des Tanzlokales ‚W‘ (Bescheid vom 06.03.1997, AZ. 131/9-09/1997) auf dem Grundstück Nr. x der KG x O untersagt.
2. Gemäß § 49 (1) O.ö. BauO 1994 LGBl. 66/1994 idF. LGBl. 34/2013, iVm § 49 (4) O.ö. BauO 1994 LGBl. 66/1994 idF. LGBl. 34/2013 wird Ihnen aufgetragen, den Gebäudeteil, für jenen die o.a. Baubewilligungen erloschen sind (Hauptgebäude mit Gasthaus, Diskothek, Fremdenzimmer und Dachraum), auf dem Grundstück Nr. x der KG x O innerhalb einer Frist von 6 Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides abzutragen.
3. Dieser Beseitigungsauftrag ist gegenstandslos, wenn innerhalb der angeführten Frist von 6 Monaten eine Baubewilligung für den angeführten Bauteil rechtskräftig vorliegt.
4. Verpflichtung gemäß Punkt 2. wird gehemmt während der Dauer der nachgewiesenen Unterlassung der Benützung des Bauteils.
5. Gemäß § 57 (2) AVG 1991 hat eine eventuelle Vorstellung gegen den gegenständlichen Bescheid aufgrund von unaufschiebbaren Maßnahmen bei Gefahr im Verzug keine aufschiebende Wirkung.“
Begründet wurde der Mandatsbescheid zusammengefasst damit, dass entsprechend den Bestimmungen und Fristen des § 38 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) aufgrund der fehlenden Benützungsbewilligung bzw. Fertigstellungsanzeige die Baubewilligungen für das Hauptgebäude der Liegenschaft K x (Gasthaus mit Diskothek, Fremdenzimmer und Dachraum) erloschen seien. Es handle sich dabei konkret um die beiden Baubewilligungen zu den beiden Bauvorhaben Neubau eines Gasthauses (Bescheid vom 30.08.1977, GZ: 143/3-90/72) und Umbau des Tanzlokales „W“ (Bescheid vom 06.03.1997, GZ: 131/9-09/1997). Somit handle es sich bei dem angeführten Gebäudeteil (Hauptgebäude mit Gasthaus, Diskothek, Fremdenzimmer und Dachraum) um eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage, die ohne Baubewilligung ausgeführt werde bzw. worden sei, was die Anwendung der § 41 Abs. 3 Z 1 und § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 erforderlich mache. Weiters wurde in der Begründung ausgeführt, dass Gefahr im Verzug hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 2. bestehen würde, da im Zuge der Benützungsbewilligung bzw. der Baufertigstellung der Nachweis über die gefahrlose Benützung zu erfolgen habe. Dieser Nachweis sei für die angeführten Gebäudeteile nicht erbracht worden, weshalb zur Sicherung der gefahrlosen Nutzung die angeordneten Maßnahmen erforderlich seien. In der Rechtsmittelbelehrung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass gegen den Bescheid binnen zwei Wochen nach Zustellung das Rechtsmittel der Vorstellung ergriffen werden könne. Diese habe keine aufschiebende Wirkung gemäß § 57 Abs. 2 AVG.
I.3. Gegen diesen Mandatsbescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Bf mit Eingabe vom 01.07.2015, bei der Erstbehörde eingelangt am 03.07.2015, rechtzeitig Vorstellung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Spruchpunkte 2. und 3. des Mandatsbescheides vom 19.06.2015 rechts- und gesetzwidrig seien, da § 49 Oö. BauO 1994 nicht vorsehe, dass innerhalb einer festzusetzenden Frist eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegen müsse. Darüber hinaus wurde bestritten, dass Gefahr im Verzug gegeben sei, da das gegenständliche Gebäude seit rund 15 Jahren in Kenntnis der Gewerbebehörde und der Baubehörde genutzt werde.
I.4. In der Folge übermittelte die Erstbehörde mit Schreiben vom 13.07.2015 (dem Bf am 14.07.2015 zugestellt) dem Bf die Niederschrift der baupolizeilichen Überprüfung vom 18.06.2015 mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme.
In der seitens des Bf am 10.08.2015 dazu erstatteten Stellungnahme wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es für die Beurteilung der Fristen in Bezug auf das Erlöschen einer Baubewilligung auf den tatsächlichen Baubeginn und die tatsächliche Baufertigstellung ankomme. Daher sei die Rechtsansicht der Marktgemeinde unrichtig und rechtswidrig. In diesem Zusammenhang wurden vier Zeugenerklärungen beigelegt, aus denen sich die rechtmäßigen tatsächlichen Baubeginne und die rechtmäßigen tatsächlichen Baufertigstellungen ergäben. Weiters wurde erneut das Vorliegen von Gefahr im Verzug bestritten.
I.5. Mit Eingabe vom 07.09.2015, eingelangt am 14.09.2015, erstattete der Bf eine Baufertigstellungsanzeige und gab der Bf die Behebung der in der Niederschrift zur baupolizeilichen Überprüfung vom 18.06.2015 aufgeführten Mängel bekannt.
Am 22.10.2015 erfolgte eine erneute baupolizeiliche Überprüfung vor Ort. Dabei wurde festgestellt, dass nicht alle bei der Überprüfung am 18.06.2015 festgestellten Mängel behoben wurden. Zum einen sei an einem Geländer beim Hintereingang noch keine Geländerausfachung montiert worden, zum anderen liege nach wie vor keine Baubewilligung für einen konsenslos errichteten Zubau im Eingangsbereich (Windfang) vor. Im Zuge dieser Überprüfung vom 22.10.2015 wurde vereinbart, dass entsprechende Einreichunterlagen für den errichteten Windfang bis spätestens Mitte November 2015 vom Bf eingereicht werden.
Mit Eingabe vom 16.11.2015 wurde vom Bf die Montage einer entsprechenden Geländerausfachung angezeigt.
Mit Schreiben vom 18.02.2016 teilte die Erstbehörde dem Bf mit, dass bis dato keine Einreichunterlagen eingelangt seien und setzte dem Bf eine 14-tägige Frist zur Einbringung entsprechender Unterlagen, andernfalls sei nach § 49 Oö. BauO 1994 vorzugehen.
I.6. Mit Eingabe vom 19.02.2016, eingelangt am 23.02.2016, stellte der Rechtsvertreter des Bf einen Devolutionsantrag an den Gemeinderat der Marktgemeinde Aspach. Begründend wurde ausgeführt, dass die sechsmonatige Entscheidungsfrist am 02.01.2016 abgelaufen sei. Der Bf sei als Liegenschaftseigentümer durch die Nichterledigung bzw. durch den Mandatsbescheid in seinem rechtlichen Interesse beeinträchtigt. Die Behörde habe seit dem Einbringen der Stellungnahme des Bf vom 10.08.2015 keine weiteren Verfahrensschritte vorgenommen. Im Wesentlichen handle es sich um Rechtsfragen. Diese wären bei ordnungsgemäßer Tätigkeit längst zu entscheiden gewesen.
I.7. Dieser Antrag wurde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Aspach (im Folgenden: belangte Behörde) vom 29.04.2016 (Gemeinderatsbeschlusses vom 26.02.2016) als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass zwar tatsächlich die Frist von sechs Monaten abgelaufen sei und der Bf ein entsprechendes rechtliches Interesse an einer Entscheidung habe, allerdings liege kein Verschulden der erstinstanzlichen Baubehörde hinsichtlich der Verzögerung vor. Seit der Vorstellung vom 01.07.2015 seien mehrere verwaltungsbehördliche Schritte gesetzt worden, die Prüfung der umfangreichen und umfassenden Unterlagen des Objektes nehme entsprechende Zeit in Anspruch und vor allem seien seitens des Grundeigentümers noch nicht alle notwendigen Erledigungen und Mängelbehebungen erfolgt. Darüber hinaus listete die belangte Behörde die folgenden durchgeführten Verfahrensschritte auf:
„ - 14.09.2015: Einbringung der Baufertigstellungsanzeige samt Beilagen für die offenen Bauvorhaben seitens des Grundeigentümers, Prüfung der Unterlagen seitens der Baubehörde;
- 14.09.2015: Meldung der Behebung der bei der baupolizeilichen Überprüfung am 18.06.2015 festgestellten baulichen Mängel, Prüfung der Unterlagen seitens der Baubehörde;
- 22.10.2015: Durchführung einer weiteren baubehördlichen Überprüfung in Beisein des Grundeigentümers;
- 16.11.2015: Meldung des Grundeigentümers über die teilweise Mängelbehebung, Prüfung seitens der Baubehörde.
- 18.02.2016: schriftliche Aufforderung an den Grundeigentümer zur Behebung des letzten Mangels“
I.8. Gegen diese Entscheidung der belangten Behörde erhob der Bf mit Eingabe vom 31.05.2016 rechtzeitig Beschwerde. Zusammengefasst wurde diese damit begründet, dass die vorgenommenen Verfahrensschritte in keinem Zusammenhang mit den aufgetragenen baupolizeilichen Maßnahmen und deren Begründung des Nichtvorliegens der baubehördlichen Kollaudierung bzw. der nicht vorliegenden Fertigstellungsanzeige stünden. Die in diesem Zusammenhang von der Erstbehörde als Baubehörde erste Instanz vertretene Rechtsansicht hinsichtlich des Erlöschens der Baubewilligung sei rechtswidrig und nur darum gehe es im gegenständlichen Mandatsbescheid. Dies stelle eine Rechtsfrage dar. Die einzigen relevanten Erhebungen wären hinsichtlich der Feststellung des tatsächlichen Baubeginns und der tatsächlichen Baufertigstellung durchzuführen gewesen. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die am 14.09.2015 vom Bf erstattete Fertigstellungsanzeige nur eingebracht worden sei, um auch dieses Kriterium, welches jedoch in keinem Zusammenhang mit dem Erlöschen der Baubewilligung stehe, zu erfüllen. Daher wurde beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Devolutionsantrag Folge gegeben wird bzw. in der Sache selbst zu entscheiden und den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben.
II. Beweiswürdigung:
Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde. Daraus ergibt sich der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt widerspruchsfrei. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht erforderlich, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).
III. Maßgebliche Rechtslage:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 161/2013, lauten auszugsweise:
„§ 57. (1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.
(2) Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.
[…]
3. Abschnitt: Entscheidungspflicht
§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.
(2) Wird ein Bescheid, gegen den Berufung erhoben werden kann, nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Berufungsbehörde über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Berufungsbehörde einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(3) Für die Berufungsbehörde beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen.“
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
IV.1. Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der Rechtsprechung des VwGH für die Beurteilung der Frage, ob eine konkrete Erledigung als Mandatsbescheid zu qualifizieren ist, nicht darauf ankommt, ob die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG vorlagen und sich die Behörde daher mit Recht auf diese Gesetzesstelle stützen durfte (vgl. u.a. VwGH 14.04.1993, 93/18/0013). Maßgebend ist vielmehr, ob sich die Behörde unmissverständlich auf diese Gesetzesstelle gestützt hat (vgl. u.a. VwGH 22.11.1994, 93/11/0226). Im Beschwerdefall geht sowohl aus dem Spruchpunkt 5. des Bescheides der Erstbehörde als auch aus der Begründung eindeutig hervor, dass die Erstbehörde ihre Entscheidung unter Anwendung des § 57 Abs. 1 AVG getroffen hat und den Bescheid mit dem Vorliegen von unaufschiebbaren Maßnahmen wegen Gefahr im Verzug rechtfertigte. Darüber hinaus wird auch in der Rechtsmittelbelehrung – einem Mandatsbescheid entsprechend – auf die Möglichkeit der Vorstellung innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung hingewiesen. Somit ist der Bescheid der Erstbehörde vom 19.06.2015 als Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG zu qualifizieren.
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der belangten Behörde über den Devolutionsantrag des Bf vom 19.02.2016. Dieser wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 29.04.2016 als unbegründet abgewiesen. Dem beschwerdegegenständlichen Devolutionsantrag liegt der Einwand des Bf zugrunde, dass die Erstbehörde ihre Entscheidungspflicht über die vom Bf erhobene Vorstellung gegen den Mandatsbescheid verletzt habe.
Dazu ist zunächst anzumerken, dass gemäß § 57 Abs. 3 AVG die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten hat, widrigenfalls der angefochtene Bescheid ex lege außer Kraft tritt. Leitet die Behörde das Ermittlungsverfahren rechtzeitig ein, so tritt der Mandatsbescheid nicht iSd § 57 Abs. 3 AVG außer Kraft, sondern bleibt so lange aufrecht, bis der Vorstellungsbescheid an seine Stelle tritt (vgl. VwSlg 10.881 A/1982; VwGH 19.02.1986, 85/11/0231). Ob die Erstbehörde das Ermittlungsverfahren überhaupt bzw. rechtzeitig eingeleitet hat, ist in der gegenständlichen Angelegenheit somit von maßgeblicher Bedeutung, wird dadurch doch erst die Entscheidungspflicht der Erstbehörde begründet (vgl. VwGH 04.12.1987, 87/11/0115) und das ex lege Außerkrafttreten des Mandatsbescheides verhindert.
Für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens ist eine bestimmte Art von Ermittlungen oder eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Es kommt vielmehr darauf an, dass die Behörde eindeutig zu erkennen gibt, dass die sich nach Erhebung der Vorstellung durch die Anordnung von Ermittlungen mit der den Gegenstand des Mandatsbescheides bildenden Angelegenheit befasst (Hengstschläger/Leeb, AVG² § 57 [Stand 1.1.2014, rdb.at] Rz 40, mwN). Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist die Gewährung des Parteiengehörs als Einleitung des Ermittlungsverfahrens anzusehen (vgl. VwGH 21.10.1994, 94/11/0202; 29.10.1996, 96/11/0137). Im Beschwerdefall langte die Vorstellung des Bf am 03.07.2015 bei der Erstbehörde ein. Die Erstbehörde übermittelte daraufhin dem Bf mit Schreiben vom 13.07.2015, zugestellt am 14.07.2015 – und damit innerhalb der normierten zweiwöchigen Frist – die Niederschrift der baupolizeilichen Überprüfung zur Wahrung des Parteiengehörs. Dieser Schritt ist im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur als Einleitung des Ermittlungsverfahrens zu werten, wurde doch damit dem Bf die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu den mittels Mandatsbescheid aufgetragenen baupolizeilichen Maßnahmen eingeräumt. Damit wurde, mangels Außerkrafttretens des Mandatsbescheides, die Entscheidungspflicht der Erstbehörde über die Vorstellung des Bf begründet.
IV.2. Zur Zulässigkeit des Devolutionsantrags:
Der Mandatsbescheid vom 19.06.2015, zugestellt am 22.06.2015, richtete sich gegen den Bf als Grundstückseigentümer des Grundstücks Nr. x, KG O. Der Bf erhob mit Schriftsatz vom 01.07.2015, eingelangt bei der Erstbehörde am 03.07.2015, rechtzeitig das Rechtsmittel der Vorstellung. Als Vorstellungswerber ist der Bf zur Stellung eines Devolutionsantrages jedenfalls antragslegitimiert.
IV.2.1. Grundsätzlich ist ein Devolutionsantrag nur unter zwei Voraussetzungen zulässig. Einerseits kommt der Antrag nur gegen einen Bescheid in Betracht, gegen den Berufung erhoben werden kann und andererseits muss die gesetzliche Frist zur Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung bereits fruchtlos abgelaufen sein. Ein vor dem Ende der Entscheidungsfrist eingebrachter Devolutionsantrag ist jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen, auch wenn die Behörde die Entscheidung unnötig verzögert hätte. Die Entscheidungsfrist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem das Anbringen iSd § 73 AVG bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war (vgl. VwGH 15.01.1998, 97/07/0146; 25.04.2006, 2004/06/0182; 14.06.2007, 2007/18/0273). Eine Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid stellt grundsätzlich ein solches Anbringen gemäß § 73 AVG dar (vgl. VwGH 29.02.1984, 84/11/0032; 11.06.2003, 2003/10/0072). Aufgrund fehlender besonderer Bestimmung, bemisst sich im Beschwerdefall die Entscheidungsfrist nach den allgemeinen Regelungen der §§ 32 f AVG.
IV.2.2. Im Beschwerdefall wäre über die Vorstellung des Bf gegen den Mandatsbescheid der Erstbehörde mittels Bescheid abzusprechen gewesen. Gegen diesen Bescheid wäre die Berufung an die Baubehörde zweiter Instanz, also die belangte Behörde, möglich. Die gesetzliche Entscheidungsfrist begann mit Einlangen der Vorstellung des Bf am 03.07.2015. Im Zeitpunkt des Einbringens des schriftlichen Devolutionsantrages an die belangte Behörde am 19.02.2016 war somit die sechsmonatige Entscheidungsfrist bereits verstrichen und es lag zu diesem Zeitpunkt auch noch keine bescheidmäßige Erledigung der Vorstellung durch den Bürgermeister der Marktgemeinde Aspach vor. Vor diesem Hintergrund erweist sich der vom Bf am 19.02.2016 bei der belangten Behörde eingebrachte Devolutionsantrag als zulässig.
IV.3. In der Sache:
IV.3.1. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist ein zulässiger Devolutionsantrag von der Berufungsbehörde mangels überwiegenden unterinstanzlichen Verschuldens mit verfahrensrechtlichem Bescheid abzuweisen, wenn die Behörde zur Verzögerung der Entscheidung einen rechtlich anerkannten Grund hatte (vgl. dazu z.B. VwGH 03.10.1991, 88/07/0035; 16.12.1998, 98/03/0091 bzw. VfSlg 8628/1979). Anderenfalls hat die Berufungsbehörde an Stelle der Unterinstanz die Sachentscheidung zu fällen.
Im Beschwerdefall wurde der Devolutionsantrag des Bf von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dies im Wesentlichen mit dem fehlenden Verschulden der Erstbehörde an der Verzögerung der Entscheidung. Diese Rechtsansicht teilt das Landesverwaltungsgericht aus den nachstehenden Gründen jedoch nicht:
IV.3.2. Gemäß § 73 AVG ist die Behörde verpflichtet, über Anbringen von Parteien „ohne unnötigen Aufschub“, d.h. ohne das Verfahren ungebührlich zu verzögern, zu entscheiden. Der Begriff des behördlichen Verschuldens nach § 73 Abs. 2 AVG ist objektiv zu verstehen. Ein solches Verschulden ist dann anzunehmen, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch ein schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse von der Entscheidung abgehalten wurde. Zur Feststellung, ob ein überwiegendes behördliches Verschulden vorliegt, ist das Verschulden der Partei an der Verzögerung des Verfahrens gegen jenes der Behörde abzuwägen (vgl. VwGH 26.09.2011, 2009/10/0266). Relevanz kommt dem Verschulden der Partei jedoch nur dann zu, wenn es kausal für die Verzögerung und somit für die nicht fristgerechte Erledigung des Antrags war (vgl. etwa VwGH 25.04.1997, 95/19/0926; 12.04.2005, 2005/01/0003). Auch reicht nach der ständigen Judikatur des VwGH der bloße Umstand, dass die Behörde Ermittlungsschritte setzt, nicht aus, um ihr Verschulden auszuschließen. Selbst unter der Annahme, dass für die Entscheidung ein längerdauerndes Ermittlungsverfahren erforderlich war, zählt ein solcher Umstand zu den dem Einflussbereich der Behörde entzogenen Hindernissen nur dann, wenn die Behörde das Verfahren durchgehend zügig betreibt und nicht etwa grundlos zuwartet oder überflüssige (nicht die konkrete Verwaltungssache betreffende) Verfahrenshandlungen setzt (vgl. VwGH 16.12.1998, 98/03/0091). Selbst der mögliche Umstand, dass es sich um eine komplexe Materie handelt, kann nicht als unüberwindliches Hindernis für eine fristgerechte Entscheidung ins Treffen geführt werden (vgl. VwGH 10.03.1992, 91/07/0113; 16.12.2004, 2004/07/0116; ua). Denn auch in diesem Fall hat die Behörde das Ermittlungsverfahren zügig zu betreiben und konkrete, die Verwaltungssache betreffende Verfahrenshandlungen zu setzen (vgl. VwGH 21.09.2007, 2006/05/0145).
Wie bereits ausgeführt wurde, wäre im Beschwerdefall von der Erstbehörde über die Vorstellung des Bf vom 01.07.2015, mittels Bescheid abzusprechen gewesen. Den Gegenstand des Vorstellungsverfahrens bildet der Mandatsbescheid, der durch den Vorstellungsbescheid ersetzt wird. Der Mandatsbescheid ist von der Behörde in jede Richtung, d.h. in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie auf die zweckmäßige Ermessensübung, zu überprüfen. Die Behörde hat bescheidmäßig neu zu entscheiden, d.h. auszusprechen, ob bzw. inwieweit das Mandat aufrecht bleibt oder behoben bzw. abgeändert wird. Der Mandatsbescheid ist nur dann rechtmäßig, wenn sowohl die formellen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG als auch die materiellen Voraussetzungen für die darin getroffene Anordnung vorliegen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 57 Rz 48 f mHa höchstgerichtliche Rechtsprechung).
IV.3.3. Die Erstbehörde hätte daher ermitteln müssen, ob die formellen Voraussetzungen für die Erlassung eines Mandatsbescheides (hier: unaufschiebbare Maßnahmen wegen Gefahr im Verzug) sowie die materiellen Voraussetzungen für die darin aufgetragenen baupolizeilichen Anordnungen vorlagen. Sowohl die Aufforderungen an den Bf in Bezug auf das Beibringen von Einreichunterlagen hinsichtlich des konsenslos errichteten Windfangs, als auch sämtliche im Hinblick auf die Einhaltung von Auflagen und Mängelbehebung gesetzten verwaltungsbehördlichen Schritte, stehen jedoch – wie der Bf im Ergebnis zu Recht vorbringt – in keinem Zusammenhang mit der hier relevanten Frage der Rechtmäßigkeit der angeordneten unaufschiebbaren baupolizeilichen Maßnahmen mittels Mandatsbescheid wegen Gefahr im Verzug.
IV.3.4. Ergebnis:
Vor dem Hintergrund der dargestellten Judikatur des VwGH liegt somit im Beschwerdefall ein überwiegendes Verschulden der Erstbehörde an der Verzögerung der Entscheidung vor. Die Erstbehörde hat zwar Ermittlungsschritte gesetzt, diese betrafen aber (abgesehen vom erwähnten Schreiben vom 13.07.2015, mit dem die in § 57 Abs. 3 AVG normierte Frist gewahrt wurde) nicht die gegenständliche Verwaltungssache.
Aufgrund des zulässigen Devolutionsantrages des Bf ist mit dessen Einlangen bei der belangten Behörde ex lege die Zuständigkeit der Erstbehörde (Bürgermeister der Marktgemeinde Aspach) auf die belangte Behörde (Gemeinderat der Marktgemeinde Aspach) übergegangen. Ab diesem Zeitpunkt kam der belangten Behörde die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Devolutionsantrag und auch in der Sache zu. Die belangte Behörde hätte daher dem Devolutionsantrag des Bf stattgeben und an Stelle der säumigen Erstbehörde eine Sachentscheidung über die Vorstellung des Bf vom 01.07.2015 gegen den Mandatsbescheid vom 19.06.2015 treffen müssen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Aus verfahrensökomischen Gründen sieht sich das Landesverwaltungsgericht noch zu folgenden Ausführungen veranlasst:
Die belangte Behörde (Gemeinderat der Marktgemeinde Aspach) wird im fortgesetzten Verfahren an Stelle der säumigen Erstbehörde zu entscheiden haben. Dabei wird sie zunächst prüfen zu haben, ob die aufgetragenen baupolizeilichen Maßnahmen mittels Mandatsbescheid im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG (hier: unaufschiebbare Maßnahmen wegen Gefahr im Verzug) überhaupt zulässig waren. In diesem Zusammenhang wird auch zu prüfen sein, ob es zulässig war, den (bedingten) baupolizeilichen Auftrag nach § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 mittels Mandatsbescheid nach § 57 AVG zu erlassen. Dies ist schon deshalb fraglich, weil aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 – anders als etwa nach dem Wortlaut des § 41 Abs. 4 Oö. BauO 1994 oder bei Vorliegen von Baugebrechen nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 6 Oö. BauO 1994 – nicht hervorgeht, dass die Behörde bei Vorliegen von Gefahr im Verzug zu einem Vorgehen nach § 57 AVG berechtigt wäre. Vielmehr setzt nach der Judikatur des VwGH die Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages nach § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 voraus, dass die den Gegenstand des Verfahrens bildende bauliche Anlage sowohl im Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist (vgl. als Beispiel für viele etwa VwGH 29.04.2015, 2013/05/0025). Dies wird in der Regel ein Ermittlungsverfahren unter Wahrung des Parteiengehörs erfordern. Davon abgesehen ist für das Landesverwaltungsgericht im hier zu beurteilenden Einzelfall auch nicht ersichtlich, inwiefern der angeordnete (bedingte) Beseitigungsauftrag als Maßnahme der Gefahrenpolizei iSd § 57 AVG überhaupt ein taugliches Mittel darstellen soll um die angenommene Gefahr im Verzug umgehend zu verhindern.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe dazu die in dieser Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Judikatur). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Verena Gubesch