LVwG-601649/2/WP

Linz, 07.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Peterseil über die Beschwerde des E E S, J, H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 27. Juli 2016, GZ: BHBRVERK-2016-263060/3-Wid, wegen einer Übertretung des Führerschein­gesetzes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und die behördlichen Verfahrenskosten auf 498,00 Euro herab­gesetzt. Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher (Geldstrafe samt Verfahrenskosten) 2.678,00 Euro. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.         Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Bisheriges Verwaltungsgeschehen:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (in der Folge kurz: belangte Behörde) wirft dem Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf) im angefochtenen Straferkenntnis vor, er habe am 11.05.2016 um 12:05 Uhr in der Gemeinde St. Pantaleon, L 504 bei Straßenkilometer 14.870 in Fahrtrichtung Ostermiething, das Kraftfahrzeug Renault MASTER, weiß, amtliches Kennzeichen im Akt, zugelassen auf N P, R, S, auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl er nicht im Besitze einer von einer Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung gewesen sei. Der Bf habe dadurch § 1 Abs 3 FSG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bf gem § 37 Abs 2 FSG eine (primäre) Freiheitsstrafe in der Dauer von 28 Tagen, gem § 37 Abs 1 und 3 Z 1 FSG eine Geldstrafe in der Höhe von 2.180,00 Euro sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 42 Tagen verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskosten­beitrages idHv insgesamt 3.018,00 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sich der Bf ausschließlich gegen die Strafhöhe wendet.

 

3. Mit Schreiben vom 24. November 2016, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 29. November 2016 eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

 

 

II.            Beweiswürdigung und festgestellter Sachverhalt:

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, dem darin einliegenden Schriftsatz des Bf sowie das von der belangten Behörde beigeschaffte Register der Bezirkshauptmannschaft Hallein über die verwaltungs­strafrechtlichen Vormerkungen des Bf.

 

2. Folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt steht fest:

 

2.1. Der Bf lenkte am 11. Mai 2016 um ca 12:05 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen x (LKW, Renault MASTER, weiß) auf der L 504 in der Gemeinde St. Pantaleon, Fahrtrichtung Ostermiething, bei Straßenkilometer 14.870. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Bf über keine gültige – von einer Behörde erteilten – Lenkberechtigung.

 

2.2. Der Bf wurde mit jeweils rechtskräftigem Bescheid (Straferkenntnis) der Bezirkshaupt­mannschaft Hallein zu den Aktenzahlen 30206/369-63465-2014, 30206/369-70901-2014, 30206/369-70521-2014, 30206/369-74261-2014, 30206/369-70902-2014, 30206/369-69066-2014, 30206/369-67946-2014, 30206/369-33781-2013, 30206/369-32684-2013, 30206/369-36208-2013, 30206/369-10080-2016, 30206/369-39377-2016, 30206/369-40861-2016, 30206/369-40860-2016, 30206/369-33417-2016, 30206/369-45464-2016, 30206/369-28789-2013, 30206/369-33945-2013, 30206/369-48725-2016 wegen Übertretung der §§ 1 Abs 3 iVm 37 Abs 1 und 3 Z 1 FSG verwaltungs­behördlich bestraft, wobei bei den Straferkenntnissen zu den AZ 30206/369-39377-2016, 30206/369-40861-2016, 30206/369-40860-2016, 30206/369-33417-2016 die Maximal­strafdrohung von 2.180,00 Euro (Geldstrafe) sowie sechs Wochen (primäre Freiheitsstrafe) ausgeschöpft wurde. Das Register über die verwaltungs­strafrechtlichen Vormerkungen (ON 35ff des verwaltungs­behördlichen Aktes) enthält über die zitierten Übertretungen hinaus noch zahlreiche weitere – nicht getilgte – einschlägige Verwaltungs­übertretungen (KFG, StVO).

 

3. Gem § 44 Abs 3 Z 2 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Höhe der Strafe richtet und von keiner Partei die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt wurde.

 

 

III.           Rechtslage:

 

Das Führerscheingesetz, BGBl I 1997/120, in der zur Tatzeit gültigen Fassung lautet auszugsweise wie folgt:

 

Geltungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für das Lenken von Kraftfahrzeugen […] auf Straßen mit öffentlichem Verkehr.

(2) […]

(3) Das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers ist, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt. […]

 

Strafausmaß

§ 37. (1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. […]

(2) Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

(2a) […]

(3) Eine Mindeststrafe von 363 Euro ist zu verhängen für das Lenken

1. eines Kraftfahrzeuges entgegen der Bestimmung des § 1 Abs. 3, sofern der Lenker überhaupt keine gültige Klasse von Lenkberechtigungen besitzt,

2. […]

 

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG) hat gem Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter im Rahmen des § 27 VwGVG über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde erwogen:

 

1. Da der Bf die Verwirklichung der ihm von der Behörde angelasteten Tat nicht in Abrede stellt und sich somit ausschließlich gegen die Höhe der von der belangten Behörde verhängten Strafe wendet, ist die Übertretungen des § 1 Abs 3 FSG als erwiesen anzusehen und ist vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich lediglich die Bemessung der Strafe zu überprüfen.

 

2. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

3.1. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung gemäß § 1 Abs 3 FSG gehört zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrrecht (vgl VwGH 27.2.2004, 2004/02/0025). Die der Bestrafung zugrunde liegende Handlung schädigt in nicht unerheblichem Maße das Interesse, dem die Strafdrohung dient, nämlich das Interesse an der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit durch den Ausschluss von nicht lenkberechtigten Personen an der Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr, sodass der objektive Unrechtsgehalt selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen als erheblich anzusehen ist.

 

3.2. Betreffend den Bf sind 23 Vormerkungen wegen Übertretungen nach § 1 Abs 3 FSG in der Verwaltungsstrafevidenz (der Bezirkshauptmannschaft Hallein) eingetragen, wobei 21 dieser Vormerkungen gemäß § 55 Abs 1 VStG nicht getilgt sind. Da der Bf somit wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits ([viel] mehr als) zweimal bestraft wurde, ist die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz FSG zulässig. Aufgrund der bereits zahlreichen einschlägigen Vormerkungen wusste der Bf völlig unzweifelhaft um die Strafbarkeit seines Handelns, sodass bei der Strafbemessung von vorsätzlichem Verhalten in der qualifizierten Form der Wissentlichkeit und somit von erheblichem Verschulden auszugehen ist.

 

3.3. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist jedoch nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten, es müssen sohin „spezialpräventive“ Gründe für die Verhängung einer Freiheitsstrafe – sofern die anderen Voraussetzungen zu bejahen sind – vorliegen (VwGH 30.11.2007, 2007/02/0267). Bei Prüfung der Erforderlichkeit der Verhängung einer primären Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Gründen sind getilgte Vorstrafen nicht zu berücksichtigen (VwGH 31.7.2007, 2007/02/0016), beim Bf schlagen daher für die weitere Beurteilung (zumindest) 21 Übertretungen zu Buche. Vor diesem Hintergrund ist auszuführen, dass sich der Bf trotz dieser zahlreichen einschlägigen Verurteilungen im Tilgungszeitraum nicht davon abhalten ließ, wiederum eine Übertretung des § 1 Abs 3 FSG zu begehen. Aus spezialpräventiver Sicht ist es daher aufgrund des bisher völlig uneinsichtigen Verhaltens des Bf notwendig, eine primäre Freiheitsstrafe zu verhängen, um den Bf von einer neuerlichen Wiederholung der Tat abzuhalten.

 

3.4. Nach hg Rechtsprechung ist es grundsätzlich geboten, trotz einer derartigen Häufung von Übertretungen des § 1 Abs 3 FSG eine Annäherung an die Höchststrafe vorzunehmen. Diesem Gebot haben die beteiligten Behörden entsprochen. Erst bei den jüngeren Übertretungen wurde die Höchststrafe verhängt. Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die Geldstrafe die Maximalstrafdrohung ausschöpft, da es – wie bereits oben dargelegt – beim Bf aufgrund seines bisherigen uneinsichtigen Verhaltens erforderlich ist, die Höchststrafe zu verhängen. Da die belangte Behörde bei der Bemessung der (primären) Freiheitsstrafe das gesetzliche Höchstmaß von sechs Wochen deutlich unterschritt, obwohl von der Bezirkshauptmannschaft Hallein bereits mehrfach das Höchstmaß verhängt wurde, erweist sich auch das Ausmaß der (primären) Freiheitsstrafe angesichts der spezialpräventiven Notwendigkeit als angemessen. Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben die Strafbemessung durchgeführt, weshalb dem Begehren des Bf auf Herabsetzung der Strafe nicht beigetreten werden kann.

 

4.1. Gem § 64 Abs 2 VStG ist bei Freiheitsstrafen zur Berechnung der Kosten (des behördlichen) Strafverfahrens ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzu­rechnen. Von dieser Bemessungsgrundlage sind gem § 64 Abs 2 erster Satz VStG zehn Prozent als Verfahrenskosten vorzuschreiben. Dies hat die belangte Behörde verkannt, indem sie dem Bf je verhängtem Tag Freiheitsstrafe 100,00 Euro Verfahrenskosten vorschrieb. Das Ausmaß der behördlichen Verfahrenskosten war daher entsprechend anzupassen.

 

4.2. Da der Beschwerde des Bf hinsichtlich der Vorschreibung der behördlichen Verfahrenskosten stattzugeben war, hatte die Auferlegung der Kosten für das verwaltungs­gerichtliche Verfahren gem § 52 Abs 8 VwGVG zu entfallen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen – in der Entscheidung zitierten – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Peterseil