LVwG-601543/4/ZO/CG
Linz, 13.12.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Zöbl über die Beschwerde des Herrn H E, geb. 1957, vom 2.9.2016, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Ried im Innkreis vom 11.8.2016, GZ. VerkR96-1967-2016, wegen zwei Übertretungen des KFG,
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde gegen die Strafhöhe wird teilweise stattgegeben, die verhängten Geldstrafen werden jeweils auf 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 30 Stunden) herabgesetzt.
II. Die behördlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 30 Euro, für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.
III. Gegen diese Entscheidung ist keine ordentliche Revision zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:
Euro ist, Ersatzfreiheitsstrafe
[Hervorhebungen nicht übernommen]
2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass ihn der Polizeibeamte ungerecht behandelt hätte. Es handle sich um zwei lächerliche geringfügige Delikte, nämlich einerseits eine Nachlässigkeit und andererseits einen möglichen Bedienungsfehler. Er verstehe nicht, dass ihm deswegen zwei schwere Verbrechen vorgeworfen würden. Es sei richtig, dass er die Rückseite der Tachoscheiben nicht ausgefüllt habe, dies sei jedoch bei früheren Kontrollen nie geahndet worden, weil alle relevanten Daten auf der Vorderseite dokumentiert seien. Er habe weder die Lenkzeit überschritten noch Ruhepausen verkürzt. Den zweiten Vorwurf, dass er bei der Herausnahme der Fahrerkarte auf Bereitschaft statt auf Pause geschaltet habe, kann er sich nur dadurch erklären, dass er wegen der verschiedenen Softwareversionen den richtigen Knopf zu spät gedrückt habe.
Die Strafe in Höhe von 660 Euro für diese beiden Delikte sei völlig unangemessen, sie entspreche einem halben Monatslohn.
Der Beschwerdeführer machte weitere Ausführungen zu der aus seiner Sicht unangemessenen Vorgehensweise des Polizeibeamten bei der Kontrolle und behauptete, dass in Österreich fast ausschließlich einheimische Kraftfahrer kontrolliert würden. Diese Ausführungen sind jedoch für die gegenständliche Entscheidung nicht relevant.
3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs-gericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung, welches durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter entscheidet.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Eine solche wurde auch nicht beantragt.
4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Beschwerdeführer lenkte den LKW mit dem Kennzeichen x in Mehrnbach auf der B141. Er wurde am 8.2.2016 um 14.20 Uhr bei km 27,150 von einem Polizeibeamten zu einer Verkehrskontrolle angehalten. Bei dieser Kontrolle wurde festgestellt, dass der gegenständliche LKW mit einem analogen Kontrollgerät ausgestattet ist, wobei der Beschwerdeführer auf den Schaublättern vom 3.2. bis 8.2.2016 die täglichen sowie die wöchentlichen Ruhezeiten nicht aufgezeichnet hatte. Die Auswertung der Fahrerkarte ergab, dass der Beschwerdeführer am 1.2.2016 einen LKW mit einem digitalen Kontrollgerät gelenkt hatte, wobei er die Schaltvorrichtung des Kontrollgerätes nicht so betätigt hatte, dass die Ruhezeit aufgezeichnet wurde.
Der Beschwerdeführer hat nach Einbringung der Beschwerde den gesamten Strafbetrag an die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis überwiesen, weshalb er um Klarstellung gebeten wurde, ob er seine Beschwerde aufrecht erhalten will. Dazu teilte er mit E-Mail vom 25.9. bzw. 27.9.2016 mit, dass er seine Beschwerde aufrecht erhalte und wissen möchte, ob er wegen der ihm vorgeworfenen Delikte ein „Schwerverbrecher“ sei.
5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
5.1. Vorerst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfenen Übertretungen nicht bestritten hat und sich die Beschwerde ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe richtet, weshalb der Schuldspruch der beiden Übertretungen in Rechtskraft erwachsen ist und lediglich die Strafbemessung zu überprüfen bleibt.
5.2. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.
Gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art. 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABL Nr. L353 vom 17.12.1990, Seite 12, zuwiderhandelt.
Gemäß § 134 Abs. 1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 30. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.
Die gesetzliche Mindeststrafe ist daher bei den vom Beschwerdeführer übergangenen Übertretungen davon abhängig, in welche Kategorie laut Anhang III der angeführten Richtlinie diese fallen. Entsprechend der angeführten Richtlinie stellen fehlende Eintragungen auf dem Schaublatt oder der Fahrerkarte von Hand, wenn diese vorgeschrieben sind, bzw. die unzulässige Betätigung der Schaltvorrichtung jeweils einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar. Die gesetzliche Mindeststrafe für die beiden dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Übertretungen beträgt daher jeweils 300 Euro.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
Im gegenständlichen Fall ist als wesentlicher Strafmilderungsgrund zu berücksichtigen, dass die fehlenden Aufzeichnungen der täglichen bzw. wöchentlichen Ruhezeit auf der Rückseite der Schaublätter sowie die fehlende Aufzeichnung der Ruhezeiten auf der Fahrerkarte des Beschwerdeführers den Zweck der Kontrolle nicht vereitelt haben. Die Aufzeichnungen auf der Fahrerkarte am 1.2. sowie die am nächsten Tag beginnenden Aufzeichnungen auf den Schaublättern lassen erkennen, dass der Beschwerdeführer die täglichen Lenkzeiten eingehalten hat. Hinweise auf ein Unterschreiten der täglichen Ruhezeit liegen nicht vor. Dabei handelt es sich nach hs. Ansicht um schwerwiegende Milderungsgründe, welchen keine Straferschwerungsgründe gegenüberstehen. Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass es sich lediglich um „Nachlässigkeiten“ seinerseits handelt. Der Beschwerdeführer weist zwar eine verkehrsrechtliche Vormerkung vom Februar 2014 auf, diese steht jedoch nicht im Zusammenhang mit der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten bzw. den dazugehörenden Aufzeichnungen. Es ist daher gerechtfertigt, in diesem Fall § 20 VStG anzuwenden und die gesetzlichen Mindeststrafen auf die Hälfte zu reduzieren. Diese betragen daher jeweils 150 Euro.
Weder general- noch spezialpräventive Überlegungen sprechen gegen eine Herabsetzung der Geldstrafen. Die reduzierten Strafen sind nach hs. Ansicht ausreichend, um den Beschwerdeführer in Zukunft zur genaueren Einhaltung dieser Bestimmungen anzuhalten. Sie entsprechen auch seinen finanziellen Verhältnissen, wobei die behördliche Einschätzung (monatliches Nettoeinkommen 1.300 Euro, durchschnittliches Vermögen und keine Sorgepflichten) zu Grunde gelegt wird, weil der Beschwerdeführer dieser nicht widersprochen hat.
II.: Die behördlichen Verfahrenskosten reduzieren sich gemäß § 64 VStG auf insgesamt 30 Euro, für das Beschwerdeverfahren sind gemäß § 52 VwGVG keine Kosten vorzuschreiben.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Zöbl