LVwG-410275/2/MS/TK
Linz, 25.03.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn X, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 50 Abs. 4 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 Z. 5 GSpG vom 06. Februar 2014, GZ: Pol96-72-2013,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde statt gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit dem angefochtenem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 06. Februar 2014, Pol96-72-2013, wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
„Sie haben am 11. Juni 2013 um 13:20 Uhr in dem von der X KG betriebenen Lokal mit der Bezeichnung „X“, im Rahmen einer Kontrolle nach dem GSpG durch das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding, Team Finanzpolizei, als Teilhaber der X KG bzw. zu diesem Zeitpunkt Lokalverantwortlicher und somit als Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen entgegen der Bestimmung des § 50 Abs. 4 GSpG nicht ermöglicht, indem Sie trotz zweimaliger Aufforderung durch ein Organ der Abgabenbehörde Testspielgeld zur Verfügung zu stellen, dieses verweigerten, da Sie angaben, dass sie nicht ausbezahlen könnten, weil überhaupt keine Auszahlung bei den Automaten stattfindet und Sie kein Geld aus der Geldtasche, die für die Einnahmen aus dem Verkauf von Getränken und Speisen verwendet werden, dafür ausgeben könnten.
Begründend führt die Behörde im Wesentlichen zusammengefasst Folgendes aus:
Aufgrund der ausführlichen und umfassenden Dokumentation der Kontrolle vom 11. Juli 2013 durch die Organe der Finanzpolizei steht für die Behörde fest, dass Sie ihre Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG verletzt haben, indem Sie trotz zweimaliger Aufforderung der Beamten kein Geld und keine Spieleinsätze bereitstellten. Dadurch erschwerten Sie Durchführung von Testspielen der Finanzpolizei.
Für die Behörde steht ohne jeden Zweifel fest, dass sie als Teilhaber der X KG bzw. zu diesem Zeitpunkt als Lokalverantwortlicher und somit als Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, gemäß § 50 Abs. 4 GSpG ohne Zweifel zur Herausgabe von Spielgeld für Durchführung von Testspielen verpflichtet gewesen wären. Ihre Angaben nicht auszahlen zu können „weil überhaupt keine Auszahlung der Automaten stattfinden und sie kein Geld aus der Geldtasche, die für die Einnahmen aus dem Verkauf von Getränken und Speisen verwendet werden, dafür ausgeben könnten“ sind nicht nachvollziehbar und befreien sie darüber hinaus nicht von dem durch § 50 Abs. 4 GSpG auferlegten Pflichten.
Durch die Weigerung, Spielgeld auszuhändigen, wurde eine Amtshandlung, welche der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes diente, erschwert. Sie hätten die Zustimmung zur Herausgabe von Spielgeld erteilen können, ohne sich damit selbst in irgendeiner Form belasten zu müssen.
Dass Sie zur Zusammenarbeit bzw. Mitwirkung nicht ausreichend bereit waren, zeigt die Verweigerung der Herausgabe von Spielgeld für die Durchführung von Testspielen sowie der Umstand, dass Sie auch nach zweimaliger Aufforderung und Erläuterung der einschlägigen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht dazu bereit waren.
Die Behörde hat zusammengefasst daher keine Zweifel, dass Sie die ihnen vorgeworfene Verwaltungsübertretung, nämlich die Verletzungen Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG dadurch begangen haben, dass Sie Teilhaber der X KG bzw. diesem Zeitpunkt als Lokalverantwortlicher und somit als Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, die Herausgabe von Spielgeld für Testspiele verweigert hat.
Zum Verschulden ist zu bemerken, dass gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist der Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der verletzten Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Da das GSpG keine diesbezügliche Spezialnorm kennt, genügte für die Sanktionsmöglichkeit bereits die fahrlässige Begehung. Umstände, die ein Verschulden ihrerseits ausschließen würden, sind von Ihnen im Verfahren nicht vorgebracht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben. Da ihnen von den Beamten der Finanzpolizei auch die rechtlichen Bestimmungen zur Kenntnis gebracht wurden, ist sogar von Wesentlichkeit auszugehen.
Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen deren Schutz die Strafdrohung dient ist die verhängte Strafe als angemessen zu bezeichnen die Verletzungen Mitwirkungspflicht ist grundsätzlich als schwer wiegende Verfehlung zu qualifizieren, weil durch die Weigerung, Spielgeld bereitzustellen, die Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes wesentlich erschwert wird.
Zur Strafhöhe ist zu bemerken, dass die Strafobergrenze für Übertretungen nach § 52 Abs. 1 5 GSpG € 22.000 beträgt. Die verhängte Geldstrafe von € 1000 liegt als im unteren Bereich des Strafrahmens (unter 10 %) und entspricht auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die Behörde mangels Vorlage von Einkommensnachweisen davon ausgeht, dass über monatliches Einkommen von ca. € 2000 und einem durchschnittlichen Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügen.
Der Milderungsgrund der Unbescholtenheit konnte wegen zahlreicher Verwaltungsvorstrafen bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis nicht berücksichtigt werden, sonstige Straferschwerungs- und Strafmilderungsgründe lagen nicht vor.
Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bf mittels Hinterlegung am 8. Februar 2014 zugegangen ist, richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 5. März 2014.
Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass im Lokal „X“ in der X, habe der Beschuldigte keine Glücksspieleinrichtungen im Sinn des Glücksspielgesetzes bereitgehalten. Es haben daher auch keine Ausspielungen im Sinn des Glücksspielgesetzes stattgefunden. Die Behörde habe keinerlei Feststellungen getroffen, ob Glücksspielautomaten im Sinn des Glücksspielgesetzes im Lokal aufgestellt gewesen sein. Es seien auch keine Feststellungen getroffen worden, in wie weit daher Testspiele erforderlich gewesen sein sollten.
Mit Bescheid vom 25. August 2013, AZ: Pol 96-54-2013, habe die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis im lokalen X, betrieben von der X KG mit Sitz in X Glücksspieleinrichtungen aufgrund des Verdachtes der Übertretung des § 52 Abs. 1 GSpG beschlagnahmt. In diesem Verfahren sei Herr X ebenso als Beschuldigter geführt worden.
In den nunmehrigen Verfahren werde dem Beschuldigten vorgeworfen, dieser habe gegen § 50 Abs. 4 GSpG verstoßen. Aus § 50 Abs. 4 GSpG ergebe sich eine Grenze der Duldung-Mitwirkungspflicht. Diese Pflichten erstrecken sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes. Ab dem Zeitpunkt, wo ein Verdacht gegen den Verstoß gegen das GSpG vorliege, welche aufgrund der Kontrolle der Finanzpolizei und der damit einhergehenden beschlagnahmen von 10 Glücksspieleinrichtungen offensichtlich vorgelegen habe, endet die Duldung-und Mitwirkungspflicht des Beschuldigten, da es sich ab diesem Zeitpunkt um die Tat Aufklärung und Ermittlung gegen einen angenommenen Verstoß gegen das GSpG handele.
Diese Auslegung korreliere jedenfalls betreffend die Mitwirkungspflicht mit den Vorgaben der Verfassung gesetzlich verankerten Prinzips „nemo tenettiur se ispum accusare“, nachdem der Gesetzgeber keine Regelung treffen dürfe, die eine im Verdacht stehende Person verpflichtet, Beweise gegen sich selbst zu liefern.
Das Einschreiten der Finanzpolizei am 11. Juni 2013 habe im Rahmen einer Kontrolle nach dem GSpG und somit wegen Übertretungen gemäß § 52 GSpG stattgefunden. Nach verfassungskonformer Auslegung des § 50 Abs. 4 GSpG habe der Beschuldigte somit seiner Mitwirkungspflicht im Sinnes § 50 Abs. 4 nicht nachzukommen.
Der Bf beantragt daher, der Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 6. Februar 2014, Aktenzahl Pol96-72-2013, zugestellt am 7. Februar 2014, in seinem gesamten Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit ersatzlos aufzuheben sowie die Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung.
II. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 17. März 2014 die Berufung und ihren Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
III. Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde sowie durch die Beischaffung des über die Kontrolle im Lokal X der Firma X KG erstellten Aktenvermerkes der Finanzpolizei des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding mit dem Datum vom 11. Juni 2013.
Für den Oö. Verwaltungssenat steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:
Am 11. Juni 2013 fand um 13:20 Uhr im Lokal „X“ in X, eine vom Finanzamt Brauner-Ried-Schärding, Team Finanzpolizei, durchgeführte Glücksspielkontrolle statt.
Zum Kontrollzeitpunkt befand sich der Mitarbeiter der X KG, Herr X im Lokal. Dieser verständigte telefonisch sein Chef, Herrn X, von der Kontrolle, der die Herausgabe von Spielgeld zur Durchführung von Testspielen mit der Begründung verweigerte, es finde keine Auszahlung der Automaten statt und er könne kein Geld aus der Geldtasche nehmen, die für die Einnahmen aus dem Verkauf von Getränken und Speisen verwendet werden. Trotz nochmaligen Hinweis auf die entsprechende Gesetzesstelle des Glücksspielgesetzes, in der diese Verpflichtung festgeschrieben ist, gab Herr X nochmals bekannt, er könne aus der Geldtasche des Gasbetriebes das geforderte Spielgeld nicht bezahlen.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 30. November 2012, gerichtet an das Finanzamt Ried-Brauner-Schärding, Gerichtsplatz 1-2, 4780 Schärding, wurde das oben genannte Finanzamt aufgrund einer bei der Bezirkshauptmannschaft eingegangenen Anzeige der X Rechtsanwälte GmbH betreffend unter anderem das lokalen X, in dem bei einer Nachschau durch die X GmbH illegale Glücksspielgeräte vorgefunden wurden, ersucht, weitere Erhebungen (bzw. Kontrollen nach dem GSpG) durchzuführen.
Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde bekämpfte Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.
IV. Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
IV.1. Gemäß § 50 Abs 4 GSpG sind die Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG und die im § 50 Abs 2 und 3 leg.cit. genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs 3 GSpG) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsetzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.
Gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG war begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 GSpG vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 GSpG oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verstößt.
IV.2. § 50 Abs 4 GSpG normiert eine "umfassende" Mitwirkungs- und Duldungspflicht, welche sich an verschiedene Adressaten richtet. Im Grunde soll diese Mitwirkungs- und Duldungspflicht die Effizienz der Kontrolle im Rahmen des GSpG steigern (vgl grundlegend EBRV 658 BlgNR 24. GP, 3) und zur Gewinnung der notwendigen Informationen zur Durchführung der Überwachungsaufgaben im Rahmen des GSpG führen, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist (vgl dazu § 50 Abs 4 1. Satz GSpG).
Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung wird eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich. Diese Pflichten erstrecken sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht – welcher im Kern des Begriffes notwendig ein begründeter, d.h. auf Tatsachen zurückzuführender, ist (siehe zum retrospektiv diagnostischen Element des Verdachtsbegriffes im Rahmen der abduktiven Entdeckung und Bewertung von Hypothesen Schulz, Normiertes Misstrauen, 224 ff, 312 ff und 528 f) – auf einen Verstoß gegen das GSpG vor, so endet die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke (arg.: "erforderlich") der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.
Diese Auslegung zur Mitwirkungspflicht korreliert in den überwiegenden Fallkonstellationen mit den Vorgaben des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips "nemo tenetur se ipsum accusare", nach dem der Gesetzgeber keine Regelung treffen darf, die eine im Verdacht einer strafbaren Handlung stehende Person verpflichtet, Beweise gegen sich selbst zu liefern (dazu mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 786).
Darüber hinaus ist aus dem Wortlaut abzuleiten, dass die Duldungs- und Mitwirkungspflicht nicht nur ad personam durch die Anwendbarkeit des Selbstbezichtigungsverbotes begrenzt ist, sondern dass das Entstehen der Verdachtslage auch generell die Zäsur darstellt.
Ist somit aus der objektiven Sichtweise ex ante eine Verdachtslage auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz gegeben, so endet die Mitwirkungs- und Duldungspflicht (siehe zur vorzunehmenden Art der Abgrenzung in ähnlichen Konstellationen Lienbacher, Ist staatsanwaltliches Handeln ein zulässiger Kontrollgegenstand, in Lienbacher/Wielinger, Jahrbuch Öffentliches Recht 2010, 73 f). Denn es geht dann nicht mehr nur um die Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben zur Kontrolle der Einhaltung des Glücksspielgesetzes, sondern um strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen im Hinblick auf den Verdacht einer Übertretung des Glücksspielgesetzes.
Selbst wenn man im bloßen Einschreiten von Hilfsorganen - deren Verhalten allerdings der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde zuzurechnen ist - der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei) noch keinen formalen Beginn eines Strafverfahrens im Sinne des § 32 VStG (arg.: noch keine behördliche Verfolgungshandlung) erkennen wollte, vermag dies am oben dargelegten, verfassungsrechtlich gebotenen Interpretationsergebnis, das nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs aus der materiellen Bedeutung des Anklageprinzips nach Art 90 Abs 2 B-VG folgt und daher auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt (vgl mit Nachw Mayer, B-VG4 [2007] Art 90 B-VG Anm III), sachlich nichts zu ändern. Es liegt auf der Hand, dass das bloße Abstellen auf behördliche Verfolgungshandlungen und ein Ausblenden des Verfolgungsverhaltens von Hilfsorganen nur ein der Aushöhlung und Umgehung dienender Formalismus wäre, der dem Wesensgehalt des verfassungsrechtlichen Selbstbezichtigungsverbots und der Unschuldvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK diametral zuwiderliefe.
IV.3. Vor diesem Hintergrund ist nun aus der Zusammenschau des Akteninhalts, insbesondere der Anzeige der Finanzpolizei aus der Niederschrift über die Einvernahme von Herrn X, aus dem Inhalt des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis an die Finanzpolizei des Finanzsamtes Braunau-Ried-Schärding, und aus dem Umstand, dass in Oberösterreich auch das kleine Glücksspiel immer verboten war (weshalb keine Übergangsfristen gemäß § 60 Abs 25 GSpG in Betracht kommen) zu erkennen, dass für das Einschreiten der Finanzpolizei im gegenständlichen Fall der Verdacht von Eingriffen in das Glücksspielmonopol und damit von Übertretungen der Strafbestimmung des § 52 GSpG im Vordergrund stand.
Die Fragen an Herrn X im Zuge der Vernehmung im Rahmen der Überprüfung des ggst. Lokales gehen weit über jene Fragen hinaus, die erforderlich sind, um zu ermitteln, ob die Bestimmungen des GSpG eingehalten werden oder nicht. Das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, mit dem das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding um die Durchführung von Ermittlungen ersucht wird bzw. um die Durchführung einer Kontrolle, ohne genau anzugeben, in welche Richtung kontrolliert werden soll, lässt seinem Inhalt nach keinen Zweifel zu, dass die Behörde davon ausgeht, dass im ggst. Lokal illegales Glückspiel stattfindet, wie dies im zugrundeliegenden Bericht der X GmbH beschrieben wurde. Zu dieser Frage und nicht zum Umstand, ob im ggst. Lokal Bestimmungen des Glücksspielgesetzes eingehalten werden, sollen weitere Ermittlungen getätigt werden.
Schon zu Beginn der Kontrolle lag somit offenkundig die oben beschriebene Verdachtslage vor und endete damit bei verfassungskonformer Auslegung die Mitwirkungspflicht von Herrn x gemäß § 50 Abs 4 GSpG.
Im Aktenvermerk vom 11. Juni 2013 wurde ausdrücklich festgehalten, dass hinsichtlich jedes einzelnen Geräts "ein hinreichend begründeter Verdacht eines fortgesetzten Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes" vorliege und mit den Glücksspieleinrichtungen fortgesetzt gegen Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen worden sei und diente die Überprüfung offenkundig dem Ziel der strafrechtlichen Aufklärung (= Strafverfolgung).
Damit steht fest, dass für das Einschreiten der Finanzpolizei im gegenständlichen Fall der Verdacht von Eingriffen in das Glücksspielmonopol und damit von Übertretungen der Strafbestimmung des § 52 GSpG im Vordergrund stand.
Da aber – wie bereits oben ausgeführt – schon aufgrund des Wortlauts des § 50 Abs. 4 1. Satz GSpG die Duldungs- und Mitwirkungspflicht schon bei Bestehen eines begründeten Verdachts auf einen Verstoß gegen das GSpG endet und ein solcher – wie sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden Unterlagen der Finanzpolizei zur gegenständlichen Kontrolle zweifelsfrei ergibt – bereits im Rahmen der Kontrolle vorgelegen ist bzw. gar den Grund für die Kontrolle gebildet hat, war mangels Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung und Aufklärung von Delikten keine mit Strafe bedrohte Handlung möglich.
V. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis daher aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
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Mag. Dr. Süß