LVwG-450171/4/MZ

Linz, 05.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Zeinhofer über die Beschwerde des M S, vertreten durch RA Mag. G S, x, R, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde A vom 10.10.2016, Zl. 851/2016, betreffend die Vorschreibung ergänzender Kanal­anschlussgebühr

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als im Spruch an Stelle des Wortes „Kanalanschlussgebühr“ die Worte „ergänzende Kanalanschlussgebühr“ treten.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.a) Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 14.07.1997, Zl. BAU-913/1997-36, wurde dem Bf die Bewilligung für den Umbau des Wohnhauses und den Anbau eines Heiz- und Brennstofflagerraumes auf ParzNr x, KG F, entsprechend der vorgelegten Unterlagen erteilt.

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 22.02.2000, Zl. BAU-1057/2000-4, wurde auf dem genannten Grundstück die Errichtung einer Werkstätte, mit Bescheid vom 09.11.2015, Zl. BAU-1730/2015-46, der Ausbau des Obergeschosses für Wohnzwecke und der Neubau eines Verbindungstraktes genehmigt.

 

Als Auflage wird in sämtlichen Bescheiden ua die Anzeige der Beendigung der Bauausführung bei der Baubehörde gefordert.

 

b) Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 09.06.2016, Zl. 851/2016, wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) gegenüber wie folgt abgesprochen:

 

„Rechtsgrundlage: Kanalgebührenordnung der Marktgemeinde A vom 15. Dezember 1999 i.d.g.F.

 

Für Ihr Grundstück Parz. x – KG – F (Liegenschaft x) sind Sie verpflichtet, eine Kanalanschlussgebühr in der Höhe

von € 6.290,85

zuzüglich 10 % MwSt. €    629,09

Gesamtsumme 6.919,94

zu entrichten. Der fällige Betrag ist innerhalb eines Monats … einzuzahlen bzw. zu überweisen.“

 

Dem Bescheid liegt ein Berechnungsblatt, aus welchem die Berechnungs­grundlagen zu entnehmen sind. Zudem kann dem Blatt entnommen werden, dass der Anschluss der Liegenschaft an das gemeindeeigene Kanalnetz im Jahr 1982 erfolgte und die Mindestanschlussgebühr entrichtet wurde.

 

c) Gegen den in vorigem Punkt genannten Bescheid erhob der Bf das Rechtsmittel der Berufung, in welchem er die Verjährung der von der belangten Behörde festgesetzten Gebühren geltend macht.

 

d) Mit dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid des Gemeinde­rates der Marktgemeinde A vom 10.10.2016, Zl. 851/2016, wurde die in vorigem Punkt genannte Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung – auf das Wesentliche verkürzt – dahingehend, dass die Baufertigstellungsanzeige für das im Jahr 2015 bewilligten Bauvorhaben am 02.03.2016, die Anzeigen für die in den Jahren 1997 und 2000 bewilligten Bauvorhaben am 09.05.2016 bei ihr eingetroffen und angesichts der Kanalgebührenordnung der Gemeinde der Abgabenanspruch auch erst in diesem Zeitpunkt entstanden sei.

 

e) Gegen den in vorigem Punkt genannten Bescheid erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde. Diese begründet der Bf mit Verjährung der aus den Bauvorhaben 1997 und 2000 resultierenden Abgaben. Ginge man mit der belangten Behörde vom entstehen des Abgabenanspruchs erst mit Einlangen der Baufertigstellungsanzeigen aus, hätte es der Abgabenpflichtige in der Hand, die Fälligkeit der Gebühr auszulösen, was dazu führen würde, dass ohne Vorliegen einer Fertigstellungsanzeige, zu der der Abgabenpflichtige nicht gezwungen werden könne, kein Gebührenanspruch entstünde. Zudem sei der belangten Behörde die Fertigstellung der Bauvorhaben faktisch bekannt gewesen und musste diese daher auch wissen, dass Fertigstellungsanzeigen fehlten. Zur Untermauerung dieser Rechtsansicht verweist der Bf auf die Entscheidung LVwG 30.06.2015, LVwG-450073/2/ZO/BC.

 

Hinsichtlich der Höhe der vorgeschriebenen Abgaben finden sich keine Aus­führungen. Nicht entgegengetreten wird zudem der Vorschreibung hinsichtlich des Ausbaus Obergeschoss für Wohnzwecke und Neubau Verbindungstrakt mit einer Fläche von 63,88 .

 

Vor diesem Hintergrund beantragt der Bf die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides.

 

 

II.a) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Behördenakt. Auf Grundlage der darin enthaltenen Ermittlungsergebnisse konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO entfallen, zumal der Bf keine Verhandlung beantragt hat und der zuständige Einzelrichter diese nicht für erforderlich hält, da angesichts des erschöpfenden Ermittlungsstandes und der übereinstimmenden Sachverhalts­annahmen eine weitere Klärung des Sachverhaltes nicht zu erwarten ist und ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen sind.

 

b) Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den Punkten I.a) bis I.e).

 


 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a.1) Die einschlägigen Bestimmungen der am 01.01.2000 in Kraft getretenen Verordnung des Gemeindesrates der Marktgemeinde A vom 15.12.1999, mit der eine neue Kanalgebührenordnung für die Marktgemeinde x erlassen wird (in Folge: Kanalgebührenordnung 1999), zuletzt geändert mit Wirksamkeit vom 01.01.2016, lauten:

 

„§ 2 Ausmaß der Anschlussgebühr:

Abs. 1: Die Kanalanschlussgebühr – Mindestanschlussgebühr – beträgt für bebaute Grundstücke bis zu einer Nutzfläche von 130 m2 € 3.207,-, bei einer Nutzfläche über 130 m2 € 24,67 der Bemessungsgrundlage nach Abs. 2 zuzüglich der jeweils gesetz­lichen Mehrwertsteuer.

Abs. 2: …

Abs. 5: Bei nachträglichen Änderungen der angeschlossenen Grundstücke ist eine ergänzende Kanalanschlußgebühr zu entrichten, die im Sinne der obigen Bestimmungen mit folgender Maßgabe errechnet wird:

a) Wird auf einem unbebauten Grundstück ein Gebäude errichtet, …

b) Bei Änderung eines angeschlossenen Gebäudes durch Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau sowie bei Neubau nach einem Abbruch ist die Kanalanschlußgebühr in dem Umfang zu entrichten, als gegenüber dem bisherigen Zustand eine Vergrößerung der Berechnungsgrundlage gemäß Abs. 2 gegeben ist.

c)… .

 

§ 5 Entstehen des Abgabenanspruches:

Abs. 1: Die Kanalanschlußgebühr wird von der Gemeinde mittels Bescheid vorgeschrieben. Sie ist mit Fertigstellung des Kanalanschlusses fällig, spätestens mit den im Bescheid festgesetzten Zahlungsterminen vom Grundstückseigentümer zu entrichten.

Abs. 2: Die Verpflichtung zur Entrichtung einer ergänzenden Kanalanschlußgebühr gemäß § 2 Abs. 5 entsteht mit dem Einlangen der Anzeige über die Vollendung der Bauarbeiten bei der Gemeinde. Diese Anzeige hat der Grundstückseigentümer binnen 2 Wochen nach Vollendung der Bauarbeiten zu erstatten.

Abs. 3: …“

 

a.2) Die einschlägige Bestimmung der am 05.04.1988 in Kraft und am 01.01.2000 außer Kraft getretenen Verordnung des Gemeindesrates der Markt­gemeinde A vom 17.03.1988 (in Folge: Kanalgebührenordnung 1988) lautet:

 

„§ 5 Fälligkeit

Abs. 1: Die Kanal-Anschlußgebühr wird mit dem Anschluß eines Grundstückes an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz fällig. …

Abs. 2: Die Verpflichtung zur Entrichtung einer ergänzenden Kanalanschlußgebühr gemäß § 2 (4) lit. a oder b entsteht mit dem Einlangen der Anzeige über die Vollendung der Bauarbeiten bei der Gemeinde. Diese Anzeige hat der Grundstückseigentümer binnen 2 Wochen nach Vollendung der Bauarbeiten zu erstatten.

Abs. 3: …“

 

b) Hinsichtlich des im Jahr 2015 bewilligten Bauvorhabens erachtet der Bf die Gebührenvorschreibung als korrekt und braucht diese Vorschreibung daher nicht weiter geprüft werden.

 

c) Im Hinblick auf die Gebührenvorschreibung für das im Jahr 2000 bewilligte Bauvorhaben ist festzuhalten:

 

Es handelt sich – wenn dies im Spruch des angefochtenen Bescheides auch nicht explizit zum Ausdruck kommt – um die Vorschreibung einer ergänzenden Kanal­anschlussgebühr. Einschlägig ist somit § 5 Abs. 2 erster Satz Kanalgebühren­ordnung 1999. Dieser lautet unmissverständlich: „Die Verpflichtung zur Entrichtung einer ergänzenden Kanalanschlußgebühr gemäß § 2 Abs. 5 entsteht mit dem Einlangen der Anzeige über die Vollendung der Bauarbeiten bei der Gemeinde.“

 

Es steht vom Bf unbestritten fest, dass die Baufertigstellungsanzeige für das in Rede stehende Bauvorhaben am 09.05.2016 bei der Baubehörde einlangte. Dem klaren Wortlaut der zuvor zitierten Bestimmung nach (sowie gemäß § 4 Abs. 1 BAO, wonach der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft) entstand in diesem Zeitpunkt der Abgabenanspruch und die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, konkret also mit Ablauf des Jahres 2016. Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungs­frist grundsätzlich fünf Jahre. Im vorliegenden Fall tritt Verjährung somit mit Ablauf des Jahres 2021 ein.

 

Anderes würde allenfalls für die Kanalanschlussgebühr gemäß § 5 Abs. 1 Kanalgebührenordnung 1999 gelten, was hier jedoch nicht näher untersucht zu werden braucht.

 

Dass, wie der Bf vermeint, eine Fertigstellungsanzeige nicht erzwungen werden kann, vermag, da eine solche Anzeige vorliegt, außer Betracht zu bleiben. Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass die Unterlassung einer (auch als Auflage in den Bewilligungsbescheiden vorgeschriebene) Fertigstellungsanzeige baurechtlich mit Strafe bedroht ist und somit wohl mittelbar eine Erzwingung möglich sein sollte. Insofern der Bf zur Untermauerung seiner Rechtsansicht in seinem Rechtsmittelschriftsatz auf die Entscheidung LVwG 30.06.2015, LVwG‑450073/2/ZO/BC, verweist, ist ihm zu entgegnen, dass die in diesem Fall einschlägige Bestimmung der Kanalgebührenordnung folgenden Wortlaut hatte: „Bei Neu-, Zu-, Auf- und Umbauten oder Umwidmung von Gebäuden tritt die Fälligkeit der Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Rohbaus ein.“ Der Verordnungsgeber stellte also explizit auf die Rohbau­fertigstellung ab und nicht – wie im hier verfahrensgegenständlichen Fall – auf das Einlangen der Fertigstellungsanzeige bei der Baubehörde ein. Ein vergleich­barer Sachverhalt ist schon vor diesem Hintergrund nicht gegeben.

 

d) Im Hinblick auf die Gebührenvorschreibung für das im Jahr 1997 bewilligte Bauvorhaben gilt angesichts des im Wesentlichen identen Wortlautes in den Kanalgebührenordnungen 1988 und 1998 obig gesagtes. Verjährung wäre nur dann eingetreten, hätte die Kanalgebührenordnung 1988 auf die Fertigstellung an sich und nicht auf die Übermittlung einer entsprechenden Anzeige abgestellt und wäre die Fertigstellung – was hier allerdings nicht weiter zu thematisieren ist – noch vor Inkrafttreten der Kanalgebührenordnung 1998 erfolgt.

 

e) Im Ergebnis ist die Beschwerde somit aufgrund des klaren Verordnungs­wortlautes der Kanalgebührenordnungen als unbegründet abzuweisen, wenn auch zur Klarstellung der Spruch zu präzisieren war.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da hinsichtlich der Frage, wann im gegenständlichen Fall der Abgabenanspruch entsteht, der Wortlaut des § 5 Abs. 2 Kanalgebührenordnung 1988 und des § 5 Abs. 2 Kanalgebührenordnung 1998 unzweideutig ist uns somit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Zeinhofer