LVwG-301367/2/Py

Linz, 29.11.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Panny über den Antrag des Herrn P L, x, G, auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers im Verfahren betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7. Oktober 2016, GZ: SanRB96-551-2015, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz den

 

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

I.         Der Antrag wird gemäß § 40 Abs. 1 iVm § 31 Verwaltungsgerichts­verfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.

 

 

 

II.      Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshof­gesetz (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Straferkenntnis vom 7. Oktober 2016, GZ: SanRB96-551-2015, Herrn P L, x, G (in der Folge: Antragsteller), nachstehende Verwaltungsübertretung zur Last gelegt:

 

„Aufgrund einer Anzeige wurde bekannt, dass Sie Herr L im Zeitraum von 1.11.2014 bis 20.3.2015 und von 21.3.2015 bis 14.4.2015 vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen haben, ohne dazu berechtigt zu sein.

Diese Verwaltungsübertretung wurde durch Strafantrag der F T x für das Finanzamt Grieskirchen Wels vom 8.9.2015 der Behörde bekannt.“

 

Der Antragsteller habe dadurch § 71 Abs. 2 iVm §§ 12 Abs. 3 lit.a , 25 Abs. 2 und 50 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt wurde.

 

2. Das Straferkenntnis wurde dem Antragsteller laut dem im Akt einliegenden Postrückschein am 14. Oktober 2016 durch Hinterlegung zugestellt.

 

3. Mit Schreiben vom 10. November 2016, eingelangt bei der belangten Behörde am 11. November 2016, gab der Antragsteller an, dass er zur Erhebung einer Beschwerde gegen das oben zit. Straferkenntnis die Bewilligung von Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Verteidigers beantrage. Er füllte das im Formular vorgesehene Vermögensbekenntnis aus und führte in einem Beiblatt zu diesem Antrag aus, dass er außerstande sei, ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts für sich und seine Familie die Kosten der Verteidigung zu tragen. Dazu legte er seinem Antrag die Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2014 und 2015, eine Lohn/Gehaltsabrechnung Oktober 2016, einen Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 13. Juli 2012 betreffend Fahrnisexekution, einen Bescheid des Finanzamtes Linz vom 31. Mai 2016 betreffend Pfändung einer Geldforderung, eine Zahlungserinnerung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 15. März 2016 betreffend Beitragsschuld in Höhe von 29.250,91 Euro sowie eine Quittung über eine Kreditrückzahlung vom 31. Oktober 2016 in der Höhe von 750 Euro bei.

 

4. Die belangte Behörde legte den Verfahrenshilfeantrag unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes mit Schreiben vom 14. November 2016 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, eingelangt am 17. April 2016 zur Entscheidung vor.

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den übermittelten Verwaltungsstrafakt zum gegenständlichen Antrag auf Verfahrenshilfe erwogen:

 

5.1. Gemäß § 40 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Landesverwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, wenn dieser außer Stande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und Personen, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, insbesondere einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist.

 

Nach § 40 Abs. 4 VwGVG hat der Beschuldigte innerhalb der Beschwerdefrist die Beigebung eines Verteidigers zu beantragen.

 

5.2. Der Antrag auf Verfahrenshilfe wurde vom Antragsteller innerhalb der Beschwerdefrist und somit gemäß § 40 Abs. 4 VwGVG rechtzeitig gestellt.

 

Die Zuerkennung von Verfahrenshilfe im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist aufgrund der zitierten Rechtslage an zwei kumulativ erforderliche Voraussetzungen geknüpft. Neben den eingeschränkten finanziellen Verhältnissen eines Antragsstellers verlangt das Gesetz die Erforderlichkeit der (kostenlosen) Beistellung eines Verteidigers im Interesse der Rechtspflege, insbesondere im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 51 a Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ist die Verfahrenshilfe dann zu genehmigen, wenn der Antragsteller die Kosten eines Rechtsanwaltes nicht tragen kann und die Beigabe eines Verteidigers im Interesse der Rechtspflege, insbesondere zu einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist, wobei beide Voraussetzungen (unzureichende finanzielle Verhältnisse und Interessen der Rechtspflege) erfüllt sein müssen (vgl. VwGH vom 29.9.2005, 2005/11/0094).

 

Als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers im Zusammenhang mit dem Kriterium „zweckentsprechende Verteidigung“ sind primär die Bedeutung und Schwere des Deliktes und die Schwere der drohenden Sanktionen zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist insbesondere die Komplexität des Falles ausschlaggebend, wobei auf die Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art Bedacht zu nehmen ist (VwGH vom 30.6.2010, 2010/08/0102). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Jänner 2001, 2001/02/0012, ausgesprochen, dass als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (etwa die Höhe der drohenden Strafe) zu berücksichtigen seien.

 

Hinsichtlich der Voraussetzung, dass die Beistellung eines Verfahrens-hilfeverteidigers im Interesse der Rechtspflege geboten sein muss, ist demnach zu prüfen, ob die Komplexität der Sach- und Rechtslage oder das Ausmaß der verhängten Strafe die Beigebung eines Verteidigers erfordern. Geht es um die Beurteilung einfach gelagerter Sachverhalte und stehen keine wesentlichen Rechtsfragen zur Entscheidung an, ist das Vorliegen eines Interesses der Rechtspflege zu verneinen.

 

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht kein Anwaltszwang besteht. Das Landesver-waltungsgericht ist gemäß § 13a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 VStG iVm § 38 VwGVG von Gesetzes wegen verpflichtet, jenen Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben. Daraus ergibt sich, dass die Beigabe eines Verteidigers für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht nur in jenen Ausnahmefällen zu bewilligen ist, in denen es die Erwerbsfähigkeit des Beschuldigten, seine Vermögenssituation, die Komplexität der Rechtssache und die Höhe der drohenden Strafe erfordern.

 

5.3. Im vorliegenden Verfahren wird im Wesentlichen die Frage zu klären sein, ob der Antragsteller neben Obmann des Vereins Spielgemeinschaft Tennis Gunskirchen zugleich auch Dienstnehmer dieses Vereins war. Die Beurteilung dieser Frage stellt jedoch keine komplexe Rechtsfrage dar, weshalb unter Berücksichtigung der oben ausgeführten Anleitungspflicht des Landesverwaltungsgerichts kein Bedarf zu einer Verteidigung durch einen Anwalt gegeben ist. Überdies lässt die verhängte Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe nicht erwarten, dass damit für den Antragsteller eine besondere Tragweite des Falles verbunden wäre. Die Aktenlage zeigt eindeutig, dass weder der zugrundeliegende Sachverhalt noch die sich daran knüpfenden Rechtsfragen besonders komplex sind, noch eine besondere Tragweite des Rechtsfalles vorliegt.

 

Da somit im konkreten Fall die Tatbestandsvoraussetzung des Vorliegens des Interesses der Rechtspflege gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG nicht vorliegt, zur Gewährung von Verfahrenshilfe jedoch beide Tatbestände des § 40 Abs. 1 VwGVG kumulativ vorliegen müssen, waren die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers nicht mehr näher zu prüfen.

 

Der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers war daher abzuweisen.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Hinsichtlich der bereits ergangenen Rechtsprechung wird auf eindeutige und umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Vorgängerbestimmung des § 40 VwGVG – auf § 51a VStG – verwiesen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e :

 

1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

2. Gemäß § 40 Abs. 4 VwGVG beginnt mit der Zustellung dieses Beschlusses die Beschwerdefrist von 4 Wochen zu laufen. Da Sie bisher keine Beschwerde eingebracht haben und den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zur Erhebung der Beschwerde gestellt haben, werden Sie darauf hingewiesen, dass es Ihnen freisteht, binnen 4 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses entweder selbst oder durch einen Vertreter Ihrer Wahl eine Beschwerde schriftlich bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land einzubringen. Sofern keine Beschwerde eingebracht wird, wird das gegenständliche Straferkenntnis rechtskräftig. 

Bezüglich des erforderlichen Inhalts einer derartigen Beschwerde werden Sie auf die Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses hingewiesen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Panny