LVwG-301120/4/Py/SH
Linz, 10.11.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn C.P., vertreten durch Dr. C.F., Rechtsanwaltskanzlei, X, P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 2. Juni 2016, GZ: SanRB96-21-2016, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht in Höhe von 400 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen, zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (in der Folge: belangte Behörde) vom 2. Juni 2016, GZ: SanRB96-21-2016, wurden über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 7i Abs. 4 Z 1 iVm § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) zwei Geldstrafen in Höhe von je 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 96 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 200 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:
Arbeitsantritt: 08.03.2016
In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass aufgrund der Meldung der Finanzpolizei eindeutig sei, dass bei der Kontrolle am 21. März 2016 um 9:10 Uhr die im Spruch angeführten Mitarbeiter bei Maurerarbeiten angetroffen wurden. Zu den Rechtfertigungsangaben wird ausgeführt, dass Arbeitgeber mit Sitz im Ausland verpflichtet sind, die Lohnunterlagen für die gesamte Dauer der Entsendung in Österreich am Arbeits-, bzw. Einsatzort bereitzuhalten.
Zur verhängten Strafhöhe wird festgehalten, dass – mangels gegenteiliger Angaben – von den in der Aufforderung zur Rechtfertigung geschätzten Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgegangen werde. Als Milderungsgrund werde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet, Straferschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 17. Juni 2016, in der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren wegen geringer Schuld des Betroffenen bzw. Geringfügigkeit einzustellen. Als Begründung wird auf die schriftliche Stellungnahme vom 10. Mai 2016 verwiesen.
3. Mit Schreiben vom 21. Juni 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.
4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Der Finanzpolizei Team 44 für das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr als am Verfahren beteiligte Organpartei wurde Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen abzugeben. Die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 4 VwGVG entfallen, da sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits aus dem Akteninhalt ergibt, die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, der Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen und der der Entscheidung zu Grunde gelegte Sachverhalt zudem nicht bestritten wird.
4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Am 21. März 2016 führten Organe der Finanzpolizei auf der Baustelle eines Einfamilienhauses in S., X, eine Kontrolle durch. Dabei wurden nachfolgende Dienstnehmer des Bf bei Maurerarbeiten angetroffen:
- J.P., geb. x und
- A.W., geb. x.
Herr W. war laut Arbeitsaufzeichnungen seit 7. März 2016 und Herr P. seit 8. März 2016 vom Unternehmen des Bf zur Arbeitsleistung auf die gegenständliche Baustelle entsandt worden. Hinsichtlich der von den Beamten geforderten Unterlagen betreffend die Lohneinstufung der Arbeiter zur Überprüfung des den entsandten Arbeitnehmern für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts gaben die Arbeiter an, dass nur ein mündlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde. Ein solcher konnte daher nicht vorgelegt werden, dies war auch hinsichtlich bereits erfolgter Lohnzahlungen nicht möglich, da zum Kontrollzeitpunkt noch keine Zahlungen geleistet wurden. Allerdings wurden für den Entsendezeitraum, das heißt für Herrn W. ab 7. März 2016 und für Herrn P. ab 8. März 2016, Stundenaufzeichnungen geführt, die mangels Bereithaltung am Arbeitsort den Beamten bei der Kontrolle nicht vorgelegt werden konnten.
4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und wird in dieser Form nicht bestritten.
5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
5.1. Gemäß § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 idgF, haben Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktages abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.
Gemäß § 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Wiederholungsfall von 4.000 Euro bis 50.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält.
5.2. Vom Bf wurde nicht bestritten, dass den Beamten der Finanzpolizei bei der Überprüfung seiner Mitarbeiter auf der Baustelle in S. am 21. März 2016 die zur Überprüfung des den entsandten Arbeitern für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts nicht vorgelegt werden konnten. Es wurden zwar Arbeitszeitaufzeichnungen geführt, diese wurden allerdings bei der Kontrolle nicht bereitgehalten. Dass dies iSd 7d Abs. 1 AVRAG nicht zumutbar gewesen wäre, ist aus dem Beschwerdevorbringen nicht zu erkennen. Im Erkenntnis vom 4. Mai 2016, Ra 2016/11/0053, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu ausgesprochen, dass auch die Übermittlung von Lohnunterlagen an die Abgabenbehörde kurze Zeit nach einer Kontrolle nichts an der Verletzung der Bereithaltungspflicht gemäß § 7d Abs. 1 AVRAG ändert.
Der objektive Tatbestand der dem Bf zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen ist daher in beiden Spruchpunkten als erfüllt zu werten.
6. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Mit dem Vorbringen des Bf, eine Vorweisung von Arbeitsaufzeichnungen für zurückliegende Abrechnungszeiträume sei in D. nicht erforderlich, vermag er ein mangelndes Verschulden am Zustandekommen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nicht darzulegen. Ein Unternehmer ist verpflichtet, sich mit den bei der Ausübung seiner Tätigkeit in Österreich geltenden Rechtsvorschriften vertraut zu machen und danach zu handeln. Zudem ist selbst aus dem vom Bf zu seiner Rechtfertigung mit Schreiben vom 10. Mai 2016 übermittelten Ausdruck aus dem Internet zweifelsfrei ersichtlich, dass auch in dieser Information angeführt ist, dass die Pflicht zur Bereithaltung von Lohnunterlagen „für die gesamte Dauer der Entsendung in Österreich“ gilt. Der Bf hatte daher auch entsprechende Möglichkeiten, sich mit der herrschenden Gesetzeslage ausreichend vertraut zu machen, weshalb ihm die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen und zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.
7. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung der Entscheidung so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Obwohl die beiden vom Unternehmen des Bf nach Österreich zum Arbeitseinsatz entsandten Dienstnehmer bereits 14 Tage tätig waren, lagen die erforderlichen Lohnunterlagen, insbesondere die von den Dienstnehmern ohnehin geführten Arbeitsaufzeichnungen, bei der Kontrolle am 21. März 2016 nicht vor. Die Verhängung der für diese Übertretung vorgesehenen gesetzlichen Mindeststrafe durch die belangte Behörde kann daher nicht als rechtswidrig erachtet werden, zumal ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe - und damit die Möglichkeit, die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe in Anwendung des § 20 VStG zu unterschreiten, im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. Auch war ein Vorgehen nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht in Erwägung zu ziehen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorlagen. Nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichtes ist die von der Behörde verhängte Strafe sowohl aus spezial-, als auch aus generalpräventiven Gründen angemessen und geeignet, dem Bf die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
II. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Drin. Andrea Panny