LVwG-301119/4/Py/SH
Linz, 10.11.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn C.P., vertreten durch Dr. C.F., Rechtsanwaltskanzlei, X, P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 2. Juni 2016, GZ: SanRB96-20-2016, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eine Ermahnung erteilt wird.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verfahren.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (in der Folge: belangte Behörde) vom 2. Juni 2016, SanRB96-20-2016, wurden über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 7b Abs. 8 Z 1 iVm § 7b Abs. 3 AVRAG sieben Geldstrafen in Höhe von je 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 48 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:
In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass aufgrund der Meldung der Finanzpolizei eindeutig sei, dass bei der Kontrolle am 21.03.2016 um 9:10 Uhr die im Spruch angeführten Mitarbeiter bei Maurerarbeiten angetroffen wurden. Aufgrund der Aktenlage stehe fest, dass die Meldung einer Entsendung nach Österreich erst am 4. März 2016 gemacht wurde, obwohl der Arbeitsbeginn am 7. bzw. 8. März 2016 war.
Zur verhängten Strafhöhe wird festgehalten, dass – mangels gegenteiliger Angaben – von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.500 Euro, durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen werde. Erschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen, als Milderungsgrund werde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 17. Juni 2016, in der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren wegen geringer Schuld des Betroffenen bzw. Geringfügigkeit einzustellen. Als Begründung wird auf die schriftliche Stellungnahme vom 10. Mai 2016 verwiesen.
3. Mit Schreiben vom 21. Juni 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.
4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Der am Verfahren beteiligten Organpartei wurde Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen abzugeben. Die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 4 VwGVG entfallen, da sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits aus dem Akteninhalt ergibt, die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, der Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen und der der Entscheidung zu Grunde gelegte Sachverhalt zudem nicht bestritten wird.
4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Am 21. März 2016 führten Organe der Finanzpolizei auf der Baustelle eines Einfamilienhauses in S., X, eine Kontrolle durch. Dabei wurden nachfolgende Dienstnehmer des Bf bei Maurerarbeiten angetroffen:
- J.P., geb. x und
- A.W., geb. x.
Herr W. war laut Arbeitsaufzeichnungen seit 7. März 2016 und Herr P. seit 8. März 2016 vom Unternehmen des Bf zur Arbeitsleistung auf die gegenständliche Baustelle entsandt worden. Die Meldung einer Entsendung für die beiden Dienstnehmer durch das vom Bf vertretene Unternehmen an die Zentrale Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung (ZKO) erfolgte am 4. März 2016.
4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und wird in dieser Form nicht bestritten.
5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
5.1. Gemäß § 7b Abs. 3 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 idgF haben Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und dem/der im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein/e Arbeitnehmer/in entsandt wird, diesem/dieser, die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Die Meldung hat ausschließlich automationsunterstützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen ist die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme zu erstatten. Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung an den zuständigen Krankenversicherungsträger (§§ 26 und 30 ASVG), und sofern es sich um Bautätigkeiten handelt, der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse elektronisch zu übermitteln.
Gemäß § 7b Abs. 8 Z 1 erster Fall AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in im Sinne des Abs. 1 die Meldung oder die Meldung über nachträgliche Änderungen bei den Angaben (Änderungsmeldung) entgegen Abs. 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet. Bei grenzüberschreitender Entsendung gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer/innen liegt, bei wechselnden Arbeits(Einsatzorten) am Ort der Kontrolle.
5.2. Vom Bf wurde nicht bestritten, dass die Arbeitsaufnahme der von ihm beschäftigten Personen auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle der ZKO nicht spätestens eine Woche vor der Arbeitsaufnahme gemeldet wurde. Wenn der Bf dazu vorbringt, dass die Entscheidung über den Beginn des Arbeitseinsatzes auf dieser Baustelle von der prognostizierten Wetterlage in Abstimmung mit dem Bauherrn erst am 3. März 2016 möglich war, so ist anzuführen, dass es sich aufgrund der Schilderungen des Bf weder um einen Katastrophenfall, noch um unaufschiebbare Arbeiten oder kurzfristig zu erledigende Aufträge im Sinn des § 7b Abs. 3 AVRAG handelte. Der diesbezügliche Einwand des Bf ist daher im Rahmen seines Verschuldens zu werten, das Nichtvorliegen der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung vermag er damit jedoch nicht zu begründen.
Der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.
6. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Das Vorbringen des Bf ist nicht geeignet, ein mangelndes Verschulden am Zustandekommen der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung darzulegen. Aufgrund der glaubwürdigen Schilderungen des Bf über den Arbeitseinsatz ist ihm jedoch nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
7. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung der Entscheidung so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Zunächst ist festzuhalten, dass die gegenständlichen ZKO-Meldungen vom Bf zwar unwidersprochen nicht bereits eine Woche vor Arbeitsaufnahme durchgeführt wurden, jedoch erfolgte die ZKO-Meldung bereits vor dem Einsatz der Arbeitnehmer in Österreich und wurde diese zudem nicht erst aus Anlass der Kontrolle durch die Organe der Finanzpolizei durchgeführt. Im Hinblick auf die glaubwürdigen Rechtfertigungsangaben des Bf kann daher von einem nur geringen Verschulden ausgegangen werden. Es ist aufgrund der gegenständlichen Fallkonstruktion zwar davon auszugehen, dass objektiv ein Verstoß gegen eine Gebotsnorm vorliegt, jedoch nicht von einer typischen Deliktsverwirklichung, wie sie der Gesetzgeber zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping im Auge hatte. Hinzu kommt, dass sich der Bf reumütig und geständig zeigt, weshalb sich das Oö. Landesverwaltungsgericht veranlasst sieht, aufgrund der besonderen Fallkonstruktion von der Verhängung einer Strafe abzusehen und dem Bf unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen. Gleichzeitig wird er jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass bei künftigen Verstößen gegen die Bestimmungen des AVRAG mit empfindlich höheren Strafen zu rechnen ist.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
II. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Drin. Andrea Panny