LVwG-550750/14/Wim/BZ

Linz, 21.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde der X GmbH & Co KG,
X, X, vertreten durch X & Partner Rechtsanwälte GmbH in X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. November 2015,
GZ: Ge20-3321-45-2015-PM/HV, betreffend Abweisung des Antrages auf wasser­rechtliche Bewilligung zur Betriebserweiterung im Grundwasserschongebiet S, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der ange­fochtene Bescheid bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27. November 2015, GZ: Ge20-3321-45-2015-PM/HV, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) auf was­ser­rechtliche Bewilligung für die Erweiterung der genehmigten Betriebsanlage durch Errich­tung einer neuen X-halle („Halle 7“) im Standort X, X, Grundstück Nr. X, KG L, im Grund­wasser­schongebiet S gemäß § 34 Abs. 2 und 7 Wasser­rechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF iVm den §§ 2 und 8 Abs. 1
Z 3 der Grundwasser­schongebietsverordnung S, LGBl. Nr. 125/2014, abgewie­sen.  

 

Begründend wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass das beantragte Bauvorhaben den Bestimmungen der Grundwasserschongebiets­verordnung S widerspreche, die Bf nicht bereit gewesen sei, den Antrag abzuändern und entsprechende Bescheidauflagen jedenfalls als projektändernd anzusehen wären, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid hat die Bf rechtzeitig Beschwerde, datiert mit
30. Dezember 2015, erhoben und die Abänderung des Bescheides dahingehend beantragt, dass dem Antrag stattgegeben werde. Darüber hinaus wird angeregt, das Verwaltungsgericht wolle beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, LGBl. Nr. 125/2014, zum Schutz der Wasserversorgungsanlage „S“ der X GmbH wegen Gesetzwidrigkeit beantragen.

 

Begründend legt die Bf zusammengefasst im Wesentlichen dar, dass die Grund­wasserschongebietsverordnung S gesetzwidrig sei, da die Verordnung weder notwendig noch verhältnismäßig sei, da der Grundsatz der Eingriffs­minimierung nicht beachtet worden sei, eine Weiterentwicklung der bestehenden Nutzungen nicht mehr möglich und grundsätzlich das festgelegte Grundwasser­schongebiet nicht notwendig sei und die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung nicht erfüllt seien. Die Anordnungen in der Verordnung, insbesondere das Aufgrabungsverbot, würden einer Enteignung der Liegenschaft gleich­kommen. Die Bf sei daher in ihren Rechten durch Anwendung einer rechts­widrigen generellen Norm verletzt.

 

1.3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 5. Jänner 2016 die gegenständliche Beschwerde mit ihrem Verfahrensakt dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

2.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Oktober 2016.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung nahm der Amtssachverständige für Hydrogeologie unter anderem ausführlich zu konkreten Beweisfragen hinsichtlich fachlicher Notwendigkeit, (Un-)Verhältnismäßigkeit und Schutzwirkung des in § 8 Abs. 1 Z 3 der Grundwasserschongebietsverordnung S normierten Verbo­tes Stellung. Weiters erstattete der Amtssachverständige zum Vergleich der Grundwasserschongebietsverordnung S zu anderen Schongebiets­verord­nungen (z.B. Grundwasserschongebietsverordnung U, V, S-P ...) aus fachlicher Sicht umfangreiche Ausführungen. Es kann dazu im Detail auf die angeschlossene Verhandlungsschrift verwiesen werden.

 

Des Weiteren hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in Vorbereitung zur mündlichen Verhandlung Stellungnahmen des W P und des Landeshaupt­mannes von Oberösterreich im Wege der Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht als verordnungserlassende Behörde eingeholt.

 

Das W P hat in der schriftlichen Stellungnahme vom 26. September 2016 im Wesentlichen ausgeführt, dass aus ihrer Sicht die Wasserversorgung aus dem Wasserwerk S ein unverzichtbares Standbein zur Sicherstellung der Wasserversorgung im Großraum L, insbesondere im Regelbetrieb aber auch in Krisensituationen, darstelle. Die Aufrechterhaltung eines dem Stand der Technik entsprechenden Schutzes der Wasserversorgungsanlage S liege aus Sicht des W P im übergeordneten öffentlichen Interesse an der Sicherung der Trink- und Nutz­wasserversorgung im Lande gemäß § 105 Abs. 1 lit. l WRG 1959.

 

Die Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht hat in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 27. September 2016 zur behaupteten Verletzung in Rechten durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm sowie zu den Vorwürfen, dass der Grundsatz der Eingriffsminimierung nicht beachtet worden sei, eine Weiterentwicklung der bestehenden Nutzungen nicht mehr möglich und grund­sätzlich das festgelegte Grundwasserschongebiet nicht notwendig sei und die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien, ausführlich dargelegt, warum die Verordnung notwendig und diese auch nicht gesetzwidrig sei.

 

Obige schriftliche Stellungnahmen wurden im Rahmen des Parteiengehörs der Bf auch übermittelt.

 

2.2. Es steht - ergänzend zur Darstellung des Verfahrensablaufes in den Punkten 1.1. bis 2.1. - folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

 

Mit Eingabe vom 10. September 2015 beantragte die Bf die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der X-räume „Halle 7“ und eines - als eigenen Brandabschnitt ausgeführten - X-lagers auf dem Grundstück Nr. X, KG L.

 

Dieses Grundstück befindet sich in der Kernzone des mit Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, LGBl. Nr. 125/2014, zum Schutz der Wasserversorgungsanlage S der X GmbH festgelegten Grundwasserschon­gebietes S, aber nicht auf den in der Kernzone ausgewiesenen abgesenkten Trockenbaggerungsflächen (A bis E dargestellt in den Anlagen 4/1-4/5), deren Gelände zum Verordnungszeitpunkt bereits tiefer als 3 m über dem mittleren Grundwasserspiegel lag. Diese Verordnung wurde mit dem LGBl. Nr. 125 vom 31.12.2014 erlassen.

 

Der mittlere Grundwasserspiegel befindet sich bei einer Höhenlage von etwa 262,30 m üA.

 

Laut Projektsunterlagen hat die Halle 7 Abmessungen von 72 m x 24 m =
1.728 m2. Das X-lager soll unterhalb des X-bereiches errichtet werden. Das Niveau des Erdgeschoßes ist auf einer Höhenlage von rund 268,90 m üA geplant. Die Oberkante des Hallenbodens im untersten Geschoß der geplanten Erweiterung soll sich auf einer Höhenlage von rund 262,40 m üA befinden.

 

2.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifels- und widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt, den ergänzenden Ermittlungen und dem Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 3. Oktober 2016 und dabei insbe­sondere aus den für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des hydrogeologischen Amtssachverstän­digen, denen überdies durch die Bf nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen­getreten wurde. Im Detail kann dazu auf die Ausführungen unter Punkt 3. verwiesen werden.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 34 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) kann der Landeshauptmann zum Schutz der allgemeinen Wasserversorgung ferner mit Verordnung bestimmen, dass in einem näher zu bezeichnenden Teil des Einzugsgebietes (Schongebiet) Maßnahmen, die die Beschaffenheit, Ergiebigkeit oder Spiegellage des Wasservorkommens zu gefährden vermögen, vor ihrer Durch­führung der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen sind oder der wasser­rechtlichen Bewilligung bedürfen, oder nicht oder nur in bestimmter Weise zulässig sind. Zugleich kann die wasserrechtliche Bewilligung für solche Maßnah­men an die Wahrung bestimmter Gesichtspunkte gebunden werden. Solche Regelungen sind im gebotenen Maße nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse abgestuft zu treffen. Die Anordnung von Betretungsverboten darf überdies nur insoweit erfolgen, als das Interesse am Schutz der Wasserversorgung die Interessen von Berechtigten oder der Allgemeinheit am freien Zugang zu den in Betracht kommenden Flächen übersteigt.

 

Nach § 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich zum Schutz der Wasserversorgungsanlage S der X GmbH (Grund­wasser­schon­gebiets­verordnung S), LGBl. Nr. 125/2014, sind in der Anlage 1 die Außengrenzen sowie die Abgrenzung der Kernzone und der Rand­zone des Schongebietes in einem Übersichtsplan im Maßstab 1:10.000 darge­stellt. In den Anlagen 2/1-2/6 ist die parzellenscharfe Abgrenzung des Schon­gebietes durch Detailpläne im Maßstab 1:3.000 dargestellt. Bestehen Zweifel über den Grenzverlauf dieser Darstel­lungen, ist die koordinatenbezogene Dar­stel­lung der Anlage 3 maßgeblich.

 

Nach § 8 Abs. 1 Z 3 der Grundwasserschongebietsverordnung S sind zusätzlich zu den im § 5 angeführten Maßnahmen in der Kernzone Aufgrabungen, Bohrungen und Sprengungen aller Art tiefer als 3 m über dem mittleren Grund­wasserspiegel verboten, wobei

a)   Maßnahmen im Interesse des Betriebs der Wasserversorgungsanlage „S",

b)   Maßnahmen für nach dem WRG 1959 bewilligungspflichtige Grundwasser­entnahmen und bewilligungsfreie Grundwasserentnahmen im Sinn des § 10 Abs. 1 WRG 1959,

c)   Maßnahmen zur Grundwassererkundung oder zur Verbesserung der Grund­wasserqualität,

d)   Maßnahmen zur Errichtung oder Erweiterung von Infrastruktureinrichtungen wie für Wasser, Abwasser, Gas, Fernwärme, Telekommunikation, Elektri­zitätsversorgung oder für den Straßen- oder Schienenverkehr im Sinn des § 7 Abs. 1 Z 3 und 4 usw.,

e)   Maßnahmen zur Wartung, Instandhaltung oder Sanierung von rechtmäßig bestehenden Anlagen,

f)    Maßnahmen zur Errichtung von Bauwerken oder flächenmäßigen Befesti­gungen, deren Fußbodenoberkante des untersten oder einzigen Geschosses jedoch nicht tiefer als 3 m über den mittleren Grundwasserspiegel reicht,

g)   Maßnahmen zur Errichtung von Bauwerken oder flächenmäßigen Befesti­gungen auf den in der Kernzone ausgewiesenen abgesenkten Trocken­bagge­rungs­flächen (A bis E dargestellt in den Anlagen 4/1-4/5), deren Gelände zum Verordnungszeitpunkt bereits tiefer als 3 m über dem mittleren Grundwas­serspiegel liegt, wenn die Fußbodenoberkante des untersten oder einzigen Geschosses bzw. die Oberkante der flächenmäßigen Befestigung das Niveau des Geländes zum Verordnungszeitpunkt nicht unterschreitet,

vom Verbot ausgenommen sind.

 

Nach § 8 Abs. 2 Grundwasserschongebietsverordnung S sind von den Verboten gemäß Abs. 1 Maßnahmen ausgenommen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung rechtmäßig begonnen wurden und weiter fortgesetzt werden oder für die alle erforderlichen behördlichen Bewilligungen, Genehmigungen, Feststel­lungen oder Nicht-Untersagungen vor Inkrafttreten dieser Verordnung bereits vorlagen.

 

3.2. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass das beantragte Vorhaben in der Kernzone des Grundwasserschongebietes S liegt. § 8 Abs. 1 Z 3 der Grundwasserschongebietsverordnung S normiert, dass Aufgrabungen, Bohrungen und Sprengungen aller Art tiefer als 3 m über dem mittleren Grund­wasserspiegel verboten sind. Der mittlere Grundwasserspiegel befindet sich bei einer Höhenlage von etwa 262,30 m üA, sodass dieses Verbot Aufgrabungen, Boh­rungen und Sprengungen aller Art, welche über eine Tiefe von rund 265,30 m üA hinausgehen, umfasst.

 

Vorgesehen ist die Herstellung der Oberkante des Hallenbodens im untersten Geschoß auf einer Höhenlage von rund 262,40 m üA, sodass die geplante Erweiterung jedenfalls § 8 Abs. 1 Z 3 der Grundwasserschongebietsverordnung S widerspricht. Da auch die Ausnahmetatbestände des Abs. 1 Z 3 lit. a bis g und des Abs. 2 leg. cit. nicht einschlägig sind, steht das geplante Vorhaben im Widerspruch zur Grundwasserschongebietsverordnung S.

 

3.3. Zur behaupteten Gesetzeswidrigkeit der Verordnung:

 

3.3.1. Zum Vorbringen in der Beschwerde, dass die Verordnung weder notwendig noch verhältnismäßig sei, führte der Amtssachverständige für Hydrogeologie in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und schlüssig aus, dass der Grundwasserüberdeckung im Hinblick auf die Schutzfunktion sowohl gegen­über bakteriologischen als auch gegenüber chemischen (und damit zumeist schwer bis nicht abbaubaren) Schadstoffeinträgen ins Grundwasser eine beson­dere Bedeutung zukomme. Eine intakte und ausreichend mächtige Grund­was­serüberdeckung stelle nämlich sicher, dass allfällige Schadstoffe noch vor Erreichen der Grundwasseroberfläche zur Gänze oder zumindest in hohem Ausmaß in die Bodenmatrix eingelagert, abgebaut oder aber durch rechtzeitig gesetzte Maßnahmen entfernt werden können. Im überlagernden Oberboden würden zudem Filtrations-, Fällungs- und Adsorptionsprozesse stattfinden und es erfolge ein allfälliger Abbau von Schadstoffen durch Mikroorganismen oder eine Einlagerung in Biomasse. Einmal ins Grundwasser eingetragene Schadstoffe würden hingegen nicht mehr oder nur mehr mit überaus hohem technischem und finanziellem Aufwand aus diesem entfernt werden können. Der Schutz und Erhalt einer möglichst intakten Grundwasserüberdeckung spiele daher im besonderen (vorsorgenden) Grundwasserschutz für die native Trinkwassernutzung bei der fachlichen Entwicklung eines jeden Schutzkonzeptes eine zentrale Rolle.

 

Mit der unter § 8 Abs. 1 Z 3 Grundwasserschongebietsverordnung S formu­lierten Anordnung reduziere sich eine Grundwassergefährdung bei Eingrif­fen in den Untergrund (Grabungen, Bohrungen) auf das fachlich notwendige Ausmaß, die Grundwasserüberdeckung werde ausreichend geschützt bzw. werde bei Eingriffen in den Untergrund eine entsprechende Restüberdeckung über dem Grund­wasserleiter erhalten und wären großflächige Eingriffe in das Grundwasser oder in dessen Schwankungsbereich verboten. Die Notwendigkeit dieses Verbo­tes würde sich dabei aus den im Rahmen der Gefahrenpotenzialerhebung fest­gestellten und bewerteten konkreten Gefahrenmomenten aus fachlicher Sicht klar ableiten lassen. Der Amtssachverständige stellte weiters klar, dass mit den Schutzanordnungen ausschließlich auf Gefahrenpotenziale abgestellt werde, weshalb von der Schongebietsverordnung nicht nur Bereiche aus Gewerbe, Industrie, Wirtschaft berührt seien, sondern in Abhängigkeit des jeweils betrachteten Gefahrenpotenzials auch andere Bereiche, wie z.B. Landwirtschaft, Verkehr, Infrastruktur, privater und kommunaler Wohnbau, tangiert werden würden.

 

3.3.2. Entgegen den Darlegungen in der Beschwerde kann auch nicht von einem absoluten Grabungsverbot gesprochen werden, da zum einen einige Ausnahme­tatbestände in der Verordnung normiert sind und zum anderen lediglich Aufgrabungen, Bohrungen etc. tiefer als 3 m vom Verbot erfasst sind.

 

Weiters ist eine widmungsgemäße Nutzung der Liegenschaft der Bf auch grundsätzlich möglich und kann demnach dem Vorbringen in der Beschwerde, dass die Verordnung einer Enteignung der Liegenschaft gleichkomme, nicht gefolgt werden (vgl. auch VwGH 27.09.2000, 2000/07/0228, worin der Verwaltungsgerichtshof konstatiert, dass es sich bei Anordnungen nach § 34 WRG 1959 und deren Auswirkungen auf das Grundeigentum nicht um eine Enteignung handelt, sondern um eine Eigentumsbeschränkung). In diesem Zusammenhang ist ferner festzuhalten, dass die Bf in das Verordnungser­lassungs­verfahren auch eingebunden war und - neben anderen Gewerbe­betrieben - auch eingeladen wurde, die für die nächsten Jahre beabsichtigten Vorhaben bekanntzugeben, damit geprüft werden konnte, inwieweit sie in ihrer Entwicklung durch die Anordnungen für das Schongebiet S beeinträchtigt sein würde. Die fachliche Prüfung dieser Projekte im Zuge des Verordnungs­erlassungsverfahrens hat ergeben, dass diese bei entsprechender Einhaltung des Standes der Technik aus fachlicher Sicht ohne nennenswerten finanziellen Mehraufwand realisierbar seien.

 

So wurde vom Amtssachverständigen auch unwidersprochen dargelegt (Verhand­lungsschrift Seite 7), dass auf der Liegenschaft der Bf beim konkreten Vorhaben eine Kellerausführung in einer Tiefe von 3,60 m unterhalb des Erdgeschoß­niveaus und zusätzliche Fundamentierungen zulässig sind. Überdies wurde auch im Beschwerdeverfahren zugestanden, dass sehr wohl auch eine andere Positionierung bzw. Ausgestaltung der X-lagerung möglich wäre und derzeit die X in den jeweiligen Hallen einfach seitlich an den Hallenwänden gelagert werden.

 

Auch zur fachlichen Vertretbarkeit der Gewährung der in § 8 Abs. 1 Z 3 gewährten Ausnahmetatbestände wurden vom Amtssachverständigen schlüssige und nachvollziehbare Ausführungen getroffen. So wurde dargelegt, dass bei den Infrastruktureinrichtungen es sich in der Regel um Längsbauwerke (Kanal, Wasser, Gas, Telekommunikation etc.) oder punktuelle Bauwerke (Fundamente bei Straßenobjekten etc.) handelt, im Zuge deren Errichtung der Erdaushub für die Baugrube der Künette zumeist nur wenige Quadratmeter Grundfläche beträgt, wobei nach Leitungsverlegung bzw. Fundamenterrichtung sofort wieder eine Hinterfüllung erfolgt, während bei der Errichtung von größeren Betrieben oftmals Baugruben mit mehreren 1000 Grundfläche freigelegt werden und diese Baugruben oft mehrere Wochen bestehen bleiben und hier auch ent­sprechende Manipulationen erfolgen, die eine Grundwassergefahr mit sich bringen. Auch durch die laufende nicht auszuschließende faktische Nutzung, z.B. Manipulation mit und Lagerung von wassergefährdenden Stoffen (wenn auch eventuell unerlaubt), besteht ein erhöhtes Gefahrenpotenzial für das Grund­wasser.

 

Wenn die Bf als Beispiel einen den Ausnahmen gleichzuhaltenden Einbau einer wasserdichten Wanne 2,5 m über mittlerem Grundwasserspiegel, der binnen dreier niederschlagsfreier Tage errichtet wird, für eine gleichwertige Gefähr­dungssituation darlegt (Seite 19 der Verhandlungsschrift), so ist dazu dem Sachverständigen grundsätzlich beizupflichten, dass es sich dabei um ein durchaus konstruiertes Szenario handelt mit sehr vielen Wenns und Abers.

 

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ist der Rechtsform der Verordnung als generellem Rechtsakt schon immanent, dass nicht alle möglichen und auch sehr unwahrscheinlichen Szenarien abgedeckt werden können, sondern eine gewisse Generalisierung schon aus dem Typus der Rechtsform zuzugestehen ist, wobei die grundlegende sachliche Rechtfertigung im Grundwasserschutz im Konkreten auf jeden Fall gegeben erscheint.

 

Überdies ist das dargelegte Szenario keinesfalls mit dem Vorhaben der Bf auch nur im weitesten Sinne vergleichbar, sondern handelt es sich dabei um die klassische großflächige Aufgrabung zur Errichtung eines großen Hallengebäudes, der die vom Sachverständigen dargelegten Gefährdungspotenziale auf jeden Fall zuzurechnen sind, sodass hier keinesfalls eine individuelle Betroffenheit aus dem Szenario und ein Anlassfall für die Bf abgeleitet werden können.

 

3.3.3. Zum Beschwerdevorbringen, dass auch im Vergleich mit anderen oberösterreichischen Grundwasserschongebietsverordnungen deutlich werde, dass die in Rede stehende Verordnung nicht verhältnismäßig sei, ist zunächst festzuhalten, dass jedes Schongebietsverfahren ein Einzelverfahren darstellt. Im jeweiligen Einzelverfahren sind die maßgeblichen, für jeden Standort charak­teristischen Eigenschaften zu erheben und zu bewerten. Als Ergebnis dieser Gesamtbewertung ergibt sich sodann ein „maßgeschneidertes“ Schutzkonzept für den Einzelfall. Schon aus diesem Grund erscheint ein direkter Vergleich der Grundwasserschongebietsverordnung S mit anderen Schongebietsverord­nungen als nicht zielführend.

 

Der Amtssachverständige für Hydrogeologie hat dessen ungeachtet dazu in der öffentlichen mündlichen Verhandlung die charakteristischen Standort­eigen­schaften und die darauf aufbauende fachliche Entwicklung von Schutzkonzepten der Grundwasserschongebietsverordnungen S, E, H, V, U und S-P kurz dargestellt und sodann aus fachlicher Sicht die Ähnlichkeiten und/oder die Unterschiede dargelegt.

 

Anhand der Ergebnisse der inhaltlichen Überprüfung der angeführten Schon­gebiete kann zusammenfassend festgehalten werden, dass in den jeweils „maßgeschneiderten“ Schutzkonzepten für die verschiedenen Anlagen der Schutz der Grundwasserüberdeckung in Form von Eingriffsverboten ab einer bestimm­ten, im konkreten Einzelfall festgelegten Tiefe, klar Anwendung findet. Somit wurde auch dieser Einwand entkräftet, da der angestellte „Vergleich“ nicht aufzeigte, dass die in Rede stehende Verordnung unverhältnismäßig ist.

 

3.3.4. Zum Einwand der fehlenden Erforderlichkeit nach § 34 WRG sowie zum Einwand des Missbrauchs der Verordnungsform ist festzuhalten, dass vorbeugend zum Schutz einer Wasserversorgungsanlage (konkret der Quantität und Qualität des Wassers) gegen Verunreinigungen Anordnungen festzulegen sind. Nach der Trinkwasserverordnung soll das Lebensmittel Wasser im unbehandelten Zustand dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden. Es entspricht dem Stand der Technik, dass große öffentliche Wasserversorgungsanlagen, die der allgemeinen Wasserversorgung dienen, auch durch Schongebiete geschützt werden. Im Übrigen wurde bereits im Verordnungs­erlassungs­verfahren die (fachliche) Not­wen­digkeit durch die Fachabteilung beim Amt der Oö. Landesregierung einge­hend geprüft und festgestellt.

 

Weiters ist anzumerken, dass bereits die Materialien zur WRG-Novelle 1997 (vgl. RV 321 BlgNR 20. GP 16) zu § 34 Abs. 2 WRG Folgendes ausführen: „Hier wird klargestellt, dass Schongebietsverordnungen immer dann möglich sind, wenn es der Schutz der allgemeinen Wasserversorgung verlangt. Dies ergänzt die Parteistellung der Gemeinden zum Schutz der örtlichen Wasserversorgung (§ 13 Abs. 3). Unter dem Begriff ‚allgemeine Wasserversorgung‘ ist nicht allein die öffentliche Wasserversorgung im Sinne des § 36 zu verstehen, sondern auch die flächenhafte Selbstversorgung durch Haus­brunnen (vgl. § 13 Abs. 3). Wie bisher kann eine Schongebietsverordnung auch für einzelne Wasserversorgungsanlagen in Betracht kommen, wenn diese unter den Begriff der ‚allgemeinen Wasserversorgung‘ subsumiert werden können und mit Schutzanord­nungen nach Abs. 1 nicht das Auslangen gefunden werden kann.“

 

Ferner hat auch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in einem Schreiben vom 22. Juli 2013 ausdrücklich aus­geführt, dass aufgrund der wasserwirtschaftlichen Bedeutung der Wasser­versorgungsanlage S für die öffentliche Wasserversorgung des Raumes L die Subsumtion der Anlage unter den Begriff „allgemeine Wasserversorgung“ im Sinne des § 34 Abs. 2 WRG unstrittig ist und damit neben dem Schutzgebiets­bescheid auch eine Schongebietsverordnung möglich ist.

 

Zum Vorbringen, dass kein gesteigerter Entnahmebedarf aus dem Wasserwerk S bestehe, sondern die Entnahmemengen rückläufig seien, wird ausge­führt, dass die Grenzen des verfahrensgegenständlichen Schongebietes auf Basis der am Standort anzutreffenden geologischen und hydrogeologischen Rahmen­bedingungen sowie des wasserrechtlich bewilligten Entnahmekonsenses gezogen wurden und diese den tatsächlich von der Konsensinhaberin eingezogenen Ent­nahme­bereich umfassen, sodass nicht von „bloßen Hortungen“ oder von „Reserven“ gesprochen werden kann.

Überdies muss festgehalten werden, dass das Wasserwerk S zu ungefähr einem Drittel zur Deckung der Wasserversorgung der Stadt L und Umgebung beiträgt und vor allem auch in Krisenszenarien, wie etwa im Hochwasserfall, wenn die Entnahme aus dem donaunahen Wasserwerk G nicht möglich ist, einen sehr wesentlichen Beitrag zur Sicherung der kommunalen Wasserver­sorgung leistet.

 

3.3.5. Zum Vorbringen der Verletzung der Berücksichtigungspflicht ist einerseits auf die obigen Feststellungen zur Einbindung ins Verordnungserlassungs­verfahren (siehe Punkt 3.3.2.) zu verweisen und andererseits anzumerken, dass § 34 WRG - insbesondere Abs. 4 - ausdrücklich vorsieht, dass mit Schongebiets­verordnungen auch in bestehende Rechte eingegriffen werden kann. Schon daraus ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass durch die Schongebietsverordnungen auch bestehende Planungen eingeschränkt werden können. Aus diesem Grund sieht das Gesetz auch eine Entschädigungs­mög­lichkeit vor. Die Festlegung eines Schongebietes ist grundsätzlich unabhängig von einer Interessensabwägung und hat bei Vorliegen der fachlichen Voraus­setzungen und der Notwendigkeit für den Schutz der allgemeinen Wasserver­sorgung gemäß § 34 Abs. 2 WRG zu erfolgen (so auch VwGH 24.03.2011, 2007/07/0109).

 

Im Rahmen der Schongebietserlasssung wurde ein sehr umfangreiches Ermitt­lungsverfahren unter intensiver (sogar mehrmaliger) Beteiligung der Betroffenen sowie der jeweiligen Interessenvertretungen durchgeführt.

 

3.4. Das erkennende Gericht kann keinen Anhaltspunkt dafür erkennen, dass die gegenständlichen, im Schongebiet erlassenen Anordnungen nicht unter Berück­sichtigung des Gebotes der Eingriffsminimierung festgelegt worden wären und sie nicht zum Schutz des Wasserwerkes und zur Gewährleistung der Versorgungs­sicherheit nötig wären.

 

Der erkennende Richter sieht es daher insgesamt, insbesondere auch aufgrund der schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen für Hydrogeologie, denen im Übrigen, wie bereits ausgeführt, auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde, als erwiesen an, dass die in Rede stehende Verordnung verhältnismäßig ist. Auch ist sie zum Schutz der Wasserver­sorgungsanlage der X GmbH jedenfalls notwendig und im Vergleich zu anderen Schon­gebiets­verordnungen auch nicht überschießend.

 

Zusammenfassend geht der erkennende Richter folglich davon aus, dass die Grundwasserschongebietsverordnung S nicht gesetzeswidrig ist und konnte somit eine Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung der in Rede stehenden Verordnung unterbleiben.

 

Im Ergebnis war somit die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

Zu II.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Leopold Wimmer